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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 03.08.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-03
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-190108039
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-19010803
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-19010803
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
- Jahr1901
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- Tag1901-08-03
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632 Gedenktage. 3. August. 1492. Antritt der ersten Entdeckungsfahrt von Christoph ColumbuS. 1770. Friedrich Wilhelm III. von Preußen geboren. 1872. Der Schauspieler Karl AugustDevricnt inLauter- derg am Harz gestorben. 4. August. 1870. Sieg des Kronprinzen von Preußen bei Wcißen- burg; Erstürmung des Gcißbergs. 187S. Der Märchendichter Hans Christian Andersen in Kopenhagen gestorben. s August. 1809. Die Tiroler unter Spcckbacher und HaSpingcr kämpfen am Stilsscr Joch und bei Brixen siegreich gegen Franzosen und Bayern. 1889. Die Romanschriftstellerin Fanny Lcwald in Dresden gestorben. Auf der Felseninsel. Eine Erzählung aus den norwegischen Schären von M. Ottcscn. (Nachdruck verboten.) (n. Fortsetzung.) Und so steuerten wir aus unser Ziel los, an scheinend eine heitere, harmlose Gesellschaft, doch jeder die verschiedensten Entschlüsse im Herzen bergend. WaS würde uns der Abend 'bringen? Thorheit, zu frage». Stunden, eine kleine Ewigkeit, schienen uns davon zu trennen. Noch war alles Lust und Sonnenschein. Freundliche, weißgemalte Häuser mit grünen und blauen Fensterläden umgaben die innere Bucht. Im Hasen herrschte ein reges Leben. Boot an Boot lag da, aus dem Felsen wurden Fische zum Trocknen aufgehangen. Vor vollen Segeln steuerte eine Dacht herein. Die Sonne beleuchtete grell das braune Marssegel und die roten Jacken der Matrosen. Laut- Hin schallte der Refrain: „Hoihollaoi, jetzt geht es ans Land, Hoihollaoi, zieht an, zieht an!" Von dem grotzen Packhause wurden Salzfässer und Ballen heraus- und hereingeschleppt. Die Tonnen hoben sich dunkel ab gegen den sandigen Grund, über welchen die weißen Gänseblumen und grünen Gräser ihren bunten Teppich woben. Dazwischen lagen große Felsstücke, um welche die wilden Rosen und Himbeersträucher ihr üppiges Geflecht rankten. Und über das Ganze wölbte sich ein sommerlicher Himmel mit leichtem, grauen Gewölk, durch welches das schimmernde Blau wie von seinem Flor überzogen hervorblickte. „Eine hübsche Einöde," sagte der Pastor mit gutmütigem Spott, ehe er sich anschickte, behutsam die steile Brücke hinauszuklettern. „Gestatten Hochwürden!" Eine braune, kräftige Hand streckte sich dem alten Herrn entgegen, gerade über mir sah ich die markigen Züge und die klaren Augen Sigurds. Ich beantwortete steif seinen Gruß und sprang rasch ans Land, um mich den Damen anzuschlicßen. Doch diesmal hatte ich im eigentlichsten Sinne des Wortes die Rechnung ohne den Wirt, das soll hier heißen, ohne den Kaufmann Hall, gemacht. Breitspurig stand er da, in jeder Miene den Besitzer ausgeprägt. Geräuschvoll hieß er uns willkommen, geräuschvoll nahm er auch meine Wenigkeit in Beschlag. Wie leuchtete sein breites, rotes Gesicht vor Wonne! Seine ganze Gestalt schien zu wachsen, und er trat so fest auf, als wolle er bei jedem Schritt dokumentieren, daß ihm allein nur Grund und Bpden gehöre. Er strömte völlig über vor Wohlwollen und Behagen, und sonst wenig mitteilsamer Natur, schien er heute überglücklich zu sein, an mir einen Zuhörer zu finden, dem alles, was er erzählte, neu sein mußte. In meiner heutigen Stimmung kam er mir auf dringlich und lächerlich wie ein Parvenü vor. Seine goldene Uhrkette erschien mir zu schwer, seine Stimme zu laut, sein joviales Lachen ordinär, und doch wußte ich, daß, wenn es einen Ehrenmann gab, so war Sigurd Hall son. einer. Als einfacher Matrose hatte er seine Laufbahn begonnen, sich durch Fleiß und Kühnheit zum Schiffs- sührcr ausgeschwungen. Dann hatte er um die einzige Tochter des Reeders geworben, und dos zarte Mädchen hatte gern ihre schmale, weiße Hand in die kräftige Rechte des stattlichen Kapitäns gelegt. Nach dem Tode des Schwiegervaters gab er aus Zureden der Frau die Schiffahrt aus und übernahm daS Geschäft, begnügte sich ober, wie er sich selbst ausdrückte, damit, olles „im alten Fahrwasser zu belasten". „Der Jugend kommt es zu, Neuerungen ein- zusühren," sagte er und nickte seinem Sohne zu. als dieser mit Gunhilda rasch an uns vorüberschritt, „Und mein Junge, der wird eS verstehen, der hat etwa» gelernt. Eine ordentliche kaufmännische Aus bildung Hot er genoffen — gerade, waS seinem Vater stet« gefehlt Hot. Er wird schon der alten Firma neuen Auifchwung geben — und die Be dingungen sind da. Glauben Sie mir's. So einen geräumigen Hasen soll man weit und breit suchen, und wenn erst ein Werst angelegt wird, wo man Dampfer bauen kann, denn mit den Segelschiffen ist'S nun doch vorbei — aber halt, lieber Freund, rennen Sie nicht so. Wir können den klebrigen nicht davon lausen. Mil Gunhilda ist dos etwas anderes, die ist ja bei unS wie Kind im Hause. Die Mutter, na, kränklich ist sie ja immer und kann nicht viel leisten, wird wohl den Sigurd gebet ., haben, mit ihr ein Ende voraus zu gehen — gern hat's meine Alte, wenn ihr dos Mädchen in der Wirtschaft beisteht. Und schaden thul es keinesfalls, wenn daS junge Ding sich im voraus damit vertraut macht, wie alles in einem großen Hause sein muß. Man kann ja nie wissen, wie eS kommt," und er zwinkerte schlau mit den kleinen, runden Augen. Ich ballte heimlich die Faust und biß mich aus die Lippe. Der gute Mann fuhr aber, unbeirrt durch mein Schweigen, in seinen Mitteilungen fort, ohne zu ahnen, wie sehr er seinen un,reiwilligen Zuhörer aus die Folter spannte. „Da wird erst Leben im Hause, wenn eine junge Frau hier herumwirlschaster und kleine Enkelchen munter herumtrippeln. So ist es ein trauriges Leben für ein junges Blut, und selbst mir wird es mitunter gruselig zu Mut in den alten Zimmern und weitläufigen Treppengängen." Erleichtert atmete ich auf, als wir endlich an Ort und Stelle waren und sich die Uebrigen zu uns gesellten. Die Wirtin, eine zarte, seine Erscheinung im schworzseidenen Kleide, kam uns im Söller entgegen und bewillkommnele uns mit matter Stimme, als strengten sie selbst die wenigen Worte an. Trotz des warmen Tages hüllte sie sich fröstelnd in einen dicken Shawl, und man wußte nicht, was weißer war. die Spitzen ihrer Haube oder ihr blasses Gesicht. Nur wenn sie ihren Sohn oder Gatten ansah, glitt eine leichte Röte über die eingefallenen Wangen, und ich wußte jetzt, von wem Sigurd dies seltsam verschönernde Lächeln, diese klaren, treuen Augen geerbt hatte. Sie nötigte die Pastorin in die Sosaecke und sagte, nachdem wir alle unsere Plätze in dem geräumigen Gartenzimmer eingenommen hatten. „Unsere liebe Gunhilda läßt sich's wieder nicht nehmen, gleich nach dem Rechten zu sehen, damit ich mich ruhig den Gästen widmen kann." „Und S'igurd Hilst ihr?" lachte der Leuchtturm verwalter. Die Frau lächelte still, und ihre Augen schimmerten in feuchtem Glanze. Ich sah sie heimlich die durchsichtigen Hände falten, und ihr mildes Gesicht hatte einen Ausdruck, als bitte sie Gott um die Erfüllung eines Wunsches, dann wäre sie mit dieser Erde fertig. Es war, als ob sich eine Verschwörung gegen mich bildete, mein Herz klopfte unruhig, und ich hatte kaum Fassung genug, einige allgemeine Redens arten mit Hunnah zu wechseln, welche daraus bestand, mir alle Familiendilder in dem großen Album zu erklären. Wie im Traum sah ich das altmodische Mahagoni Mobiliar der Zimmer, die schweren, ver goldeten Spiegel, die riesigen, eisernen Oesen. Endlich öffnete sich eine Thür, Gunhilda trat mit heißen Wangen auf die Hausfrau zu und flüsterte ihr einige Worte ins Ohr. Allgemeiner Ausstand. In feierlicher Ordnung schritten die älteren Herrschaften paarweise ins Neben zimmer. Schon wollte ich Gunhilda meinen Arm onbieten, als mir der Hausherr den Weg vertrat. „Liebe Kleine," sagte er, sich mit altmodischer Galanterie verbeugend, „nimm Du mit mir altem Kerl vorlieb. Die beiden Kavaliere werden sich den übrigen jungen Damen widmen." „Dann führen Sie mich, bitte," rief Hannah und hing sich vertraulich an meinen Arm. „Ich hatte noch nie einen Tischnachbarn. Sie sollen sehen, wie ich Dame sein kann!" Ich verbeugte mich steif mit nicht allzu freundlicher Miene, während Sigurd lachend mit den Zwillingen voranging. Hannah schien wirklich ihre Rolle als Erwachsene allen Ernstes auSsühren zu wollen. Sie sprach mit Eifer und Kenntnis gerade von Dingen, von denen sie denken konnte, daß sie mich interessierten, und erst als sie bemerkte, wie zerstreut und einsilbig ich ihr antwortete, verstummte sie allmählich. Die- Unterhaltung bei Tische war indes so lebhaft, dafl niemand aus uns achtete. Große Freude erregtk der Vorschlag des alten Hall, am Abend einen Ausflug zu Master zu machen, und Hannah meinte, jetzt wäre eS zum ,Lystern'*) dunkel genug. Die Fischpreife wurden sodann eifrig diskutiert, und die Pastorin erklärte, es sei eine Schande, daß. jetzt der beste Lachs, der schönste Hummer noch England ousgeführt werde. „Als ich noch im Elternhause war." ries sie eifrige „machten es sich die Dienstleute zur Bedingung, nicht mehr als dreimal wöchentlich Lachs zu be kommen — und jetzt, prosit Mahlzeit, die verrückten Mylords essen uns alles vor der Nase weg. Freuen muß man sich einmal wieder, ein so köstliches Stück vor sich zu haben." Und sie zerteilte mit sichtbarem Wohlgefallen die ansehnliche Portion, welche ihren Teller füllte. Entrüstet wandte ich mich hinweg. Wie war es nur möglich, daß ich diese Frau verehrt, sie eine würdige Gefährtin Gunhildos genannt hatte! Alles war mir heute an diesen Menschen zuwider. Die Späße zu derb, die Unterhaltung flach, das Essen zu solide, die Weine zu schwer. Auf dem feinen Domastgedcck glitzerten Krystallscholen und sein geschliffene Gläser um die Wette mit dem massiven Silber. Mir sollte dieser prunkhast zur Schau ge trogene Reichtum wahrlich nicht imponieren! So saß ich stumm,und einsilbig da, und wenn mich ein verwunderter Blick Gunhildos traf, raffte ich mich momentan zusammen und richtete verkehrte Fragen an meine Nachbarin. Diese war heute seltsam ernst und verlegen. Der kleine Mund öffnete sich gar nicht mehr, um lachend die blitzenden Zähne zu zeigen, und die Augen hatten einen feuchten Glanz wie von verhaltenen Thränen. Was mochte sie nur haben, hatte ich sie durch mein Benehmen verletzt? Der sinnende Ausdruck verlieh dem feinen Gesichtchen einen neuen Reiz, sie war heute wirklich allerliebst — nur keine Wasserfei mit tiefen, schwarzen Augen und einem seltsam unergründlichen Lächeln!' Das war ja der Zauber, der mich immer von neuem anzog, daß Gunhilda stets eine andere erschien, obgleich sie sich gab, wie sie war, nie daran dachte, sich zu verstellen oder zu täuschen. Und doch schalt ich sie jetzt eine Kokette, ein falsches, herzloses Wesen. Wie konnte sie ihrem wenig zartfühlenden Tisch nachbarn so freundlich zunicken und sich so eifrig mit ihm unterhalten! Warum errötete sie, als der Pastor in salbungsvoller Weise das Wohl des Sohnes vom Hause ausbrachte, und senkte wie in holder Scham das Auge, als der junge Mann, ein sieges gewisses Lächeln aus den Lippen, sein Glas gegen dos ihrige stieß und es bis auf die Neige leerte! Abgeschmackt und lächerlich schienen mir die Toaste, die noch guter, alter Sitte auf jeden der Gäste ausgebracht wurden. Nur mühsam gewann ich es über mich, nicht laut aufzulochen, als auch mein Wohl getrunken wurde und es lustig im Kreise erklang: „Und dies sei unseres Gastes Skaal,**)'Hurra! Schlecht ergehe es dem, der nicht klinken und des Gastes Skaal will trinken. Hurra, der Skaal war brav, Hurra!" Ich wußte jo, daß sie mich alle weit fort wünschten. Eine erwartungsvolle Stille trat ein. Das Dessert wurde herumgereicht, Puddings, Speisen, Früchte und Sahne in jeder Form. . Da knallte der Champagner. Alle blickten überrascht und dankbar zugleich auf den freudestrahlenden Wirt, der alle diese guten Gaben spendete — und dann, merkwürdig genug, aus mich. Sollte jetzt das Wohl des Braut paares ousgebracht werden, bemitleidete man mich, wollte man meine geheimsten Gedanken erspähen? Eine weiche Hand legte sich mit leichtem Druck aus die meinige. „Alle erwarten, daß Sie reden sollen, Herr Doktor," flüsterte Hannah leise, und die braunen Augen strahlten wieder vor Erwartung. „Sie wüsten das Wohl des Hauses ausbringen." „Nie und nimmermehr!" entgegnet« ich kurz. Zu meinem Staunen ließ sich das junge Fräulein indes nicht einschüchtern. „Es muß sein," sagte sie mit einer Bestimmtheit, die ich diesem kindischen Wesen nie zugetraut hätte. „Thun Sie eS Ihrer selbst wegen," fügte sie bittend hinzu. „Sie waren der liebe Gast unserer Insel, nie werden wir diesen Sommer vergessen, nie — und ich wäre so traurig, wenn alle nachher schlecht von Ihnen redeten. Auch *) .Lystre': bei Fackelschein fischen. **) Skaal (sprich: sicodl) --- eigentlich Schale. Hier: Wohlsein, Prosit!
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