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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-07-23
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190807236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19080723
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19080723
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1908
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7944 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 169, 23. Juli 1908. langsame, schrittweise. Religiöse Anschauungen, Vorurteile hinderten die Erwerbung anatomischer Kenntnisse auf dem Wege der Zergliederung der toten Hülle des Menschen. Allmählich siegte aber die wissenschaftlich genaue Natur beobachtung. Aristoteles berichtet, daß er Abbildungen von Venen und von den Generationsorganen angefertigt habe. Herophilus und Erasistratus waren so eifrige Anatomen, daß sie nach dem Bericht des Celsus sogar lebende Ver brecher seziert haben. Merkwürdige Abbilder weiblicher Organe sind die altrömischen Votiv-Uteri aus Terra kotta, von denen sich manche Exemplare in italieni schen Museen befinden. Auch auf antiken Vasen und Schalen finden sich gelegentlich bezügliche Abbildungen. Von Soranus, Galenus, Moschion besitzen wir Nach richten über Geburtshilfe, von Mofchion das erste uns bekannte Hebammenbuch. In einer Brüsseler Moschion- handschcift des neunten Jahrhunderts befindet sich die, wie man meint, älteste Abbildung der Gebärmutter. In einer Kopenhagener Moschionhandschrift des zwölften Jahr hunderts befinden sich fünfzehn kolorierte Federzeichungen von Fötnslagen im flaschenförmigen Uterus. Eine Hand schrift aus dem 13. Jahrhundert, die sich seit 1623 im Vatikan befindet, ursprünglich aber der Heidelberger Bibliothek gehörte, enthält sechzehn Uterus- und Fötusbilder, die höchst wahrscheinlich dem 1513 erschienenen ersten gedruckten und mit Holzschnitten versehenen geburtshilflichen Lehrbuch des Wormser Stadtarztes Eucharius Rößlin: »Der swangeren Frawen und Hebammen Rosengarten« als Vorbilder gedient haben. Weitere illustrierte Moschionhandschriften befinden sich in München, Kopenhagen, Dresden. Aus der Dresdener Handschrift sind von Weindler verschiedene Ab bildungen wiedergegeben, auch solche aus der Anatomie des Heinrich von Mondeoille nach Berliner und Pariser Hand schriften. Der Professor Mondino de Luzzi in Bologna zer gliederte zuerst wieder öffentlich menschliche Leichname und schrieb 1316 seine Anatomie, die fast zwei Jahrhunderte lang als Kanon galt. Dieses anatomische Lehrbuch wurde oft kommentiert und gedruckt (1478, 1498, 1500, 1514 usw.) und in den späteren Ausgaben mit anatomischen Holz schnitten versehen. Nach Erfindung der Druckkunst sorgten Gelehrte und Drucker dafür, daß die medizinischen Schriften sich rasch vermehrten. 1491 erschien in Venedig der ,1?L8oi- enlus wsäicinas« des deutschen Arztes Johannes de Ketham, einer der interessantesten illustrierten medizinischen Früh drucke, der uns die ersten Abbildungen gibt. Das Situs- bild der ersten Auflage des Ketham ist sehr primitiv und wird in der zweiten Auflage von 1495 durch ein neues ersetzt. Die sorgfältigste Naturnachbildung bietet auch Leonardo da Vinci, der Schöpfer der bildlichen anatomischen Darstellung, in seinen anatomisch-physiologischen Studien blättern. Im sechzehnten Jahrhundert führen die Zergliederungen, die auf Universitäten und medizinischen Lehranstalten immer fleißiger betrieben werden, zu mannigfachen Aufklärungen und Berichtigungen auf dem Gebiete der gynäkologischen Anatomie. Man bemüht sich auch, die anatomischen Zeich nungen nicht wie ehedem nach Beschreibungen oder eigener Willkür, sondern in anatomisch individueller Nachbildung des Natürlichen anzufertigen. Jakob Berengar von Carpi, der 1521 einen weitläufigen Kommentar über das Lehrbuch der Anatomie des Mondino geschrieben hatte, ließ 1522 einen Grundriß der Anatomie für Studierende der Medizin (»Iss^o^LS brsvss psrlueiäas ne ubsrriwas in anntowinin buwani corporis«) erscheinen, in dem die zahlreichen Beobach tungen wiedergegeben sind, die Berengar bei den Sektionen von mehr als hundert Leichen gesammelt hatte. Leider hat Berengar die Fesseln des absoluten Autoritätsglaubens nicht abstreifen können, um die alten Fabeln durch Tatsachen zu ersetzen. Im Text wie in den Abbildungen zu Berengars Werk fehlt das ernste Streben nach gründlicher Wiedergabe wirklicher Naturanschauung. Den Berengarschen Abbildungen sehr verwandt sind die Abbildungen in der »^.natoini» Nulläiui« 1541 und im »Arzneispiegel« 1542 des Marburger Anatomen und Mathematikers Johann Eichmann, genannt Dryander. Die Abbildungen der Anatomie des Straßburger W. H. Ryff (1541) sind den Werken Dryanders, Rößlins und Vesals entlehnt. Von Einblattdrucken des sechzehnten Jahrhunderts mit anatomischen Abbildungen haben sich verschiedene in unsere Zeit herübergerettet. Auch von Vesalius gibt es der artige Drucke, 1g.bul»s »ll»toraio»s, von 1538. Andreas Vesalius war der mutige Mann, der die Autorität des seit fast anderthalbtausend Jahren herrschenden galenischen Lehrgebäudes vernichtete und durch sein bahnbrechendes Werk: »Os buwsui corporis iabrioa libri ssptsin«, Oasilias, 8X olücillg, ckoauuis Oporivi 1543, eine neue Epoche in der Geschichte der medizinischen Wissenschaft einleitete, die eigent lich erst durch ihn begründet wurde. Die trefflichen Abbildungen zu dem Werke des Vesalius stammen von Johann Stephan von Calcar, einem Schüler Tizians. Ve salius zieht auch den anatomischen Bau der höheren Tiere zum Vergleich heran; er inauguriert damit die vergleichende Anatomie und wird zum Begründer der vergleichenden bild lichen anatomischen Darstellung. Die Abbildungen Vesals gingen in viele Werke über. Den Werken der bedeutenden Schüler des Vesalius, Gabriel Fallopius, I. C. Arantius, M. R. Columbus sind keine Abbildungen beigegeben. Die berühmten anatomischen Wandtafeln des Barthol. Eustachius (1552), übrigens die ersten, die in solchem Um fang in Kupfer gestochen wurden, blieben nach dem Tode ihres Urhebers anderthalb Jahrhunderte in Vergessenheit. 1714 gab sie I. M. Lancisius mit einigen Erläuterungen heraus. Eustachius hat seinerzeit die Wissenschaft in hervor ragender Weise gefördert und vieles genauer und richtiger gesehen als Vesalius und die Anatomen zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts. Da der Kupferstich die Feinheiten der Zeichnung besser wiederzugeben vermag als der Holz schnitt, wurde er allmählich für die anatomische Abbildung vorherrschend. In Kupfer gestochen sind die technisch voll endeten, anatomisch korrekten Tafeln, die Julius CasserinuS aus Piacenza (Venedig 1627) herausgegeben hat, um dem Meisterwerke des Vesalius eine an Vollständigkeit und künstlerischer Ausführung ebenbürtige bildliche Anatomie an die Seite zu stellen. Die Tafeln stammen von Odoardo Fialetti, dem befähigtsten Schüler Tintorettos. Der »^rnttowi», burasni corporis« des Govert Bidloo (Amsterdam 1685) sind die künstlerisch vollendeten Kupfer des bekannten nieder ländischen Malers Gsrard de Lairesse beigegeben. Als inter essantes Kuriosnm ist die 1773 erschienene, in Farbenkupfer stich hergestellte Anatomie von I. F. G. d'Agoty (1717— 1786) zu bezeichnen. d'Agoty war ein Schüler des Kupfer stechers I. CH. Le Blon und wird von Goethe als ein zwar talentvoller, aber mehr als billig zudringlicher und Aufsehen liebender Mann bezeichnet. Meisterhafte anatomische Ab bildungen sind in den anatomischen Tafelwerken des Albinus, denen die Meisterhand eines Jan Wandelaar die wahre Vollendung gab, in den Hallerschen »Icons« anatoinicLS« (Göttingen 1756), in William Hunters Prachtwerk »^.n^towis. ntsri lluinLni graviäi« (Birmingham 1774) enthalten. Das Weindlersche Werk wird bei Anatomen, Gynäko logen, Ärzten, Sainmlern usw. sicher zahlreiche Liebhaber finden, auch die Antiquare sollten es sich genauer ansehcn. Fr. I. Kleemeier.
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