Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850712
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850712
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-12
- Monat1885-07
- Jahr1885
-
-
-
3858
-
3859
-
3860
-
3861
-
3862
-
3863
-
3864
-
3865
-
3866
-
3867
-
3868
-
3869
-
3870
-
3871
-
3872
-
3873
-
3874
-
3875
-
3876
-
3877
-
3878
-
3879
-
3880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1885
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Erscheint täglich früh SV," Uhr. Kedarlion «nd LrpedMan Jvhaauesgasse 8. Sprrchssunükn der Urdartioa: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. yltr d>« Kv«,»d> nn,el<u>dt«e v!»>mlcrNM tu Ait»ctl°o mchr vatiotltch. Tagtlilnlt Umrahme »er für »re «ächftft»l,eab« Nrrmmer befti«»trn Inserate a» Wochentagen bis L Uhr Rach»ttta«s, an Lanu- nn» Festtagen frsth bt»'/,» Uhr 3n den Filialen für Ins.-Ännahme: Otto klemm, Universitätsstraße 1. Louis Lösche, Kaiharineustr. 23, p. nnr bis '/,L Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage I»,LO«. Zbonnementspreis Viertels. 4'/, Mk. incl. Bringenohn 5 Mk., durch die Post bezogen S Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Bebüdrrn für Lxirabeilage» <in Tageblatt.Format «esalzt» ahne Poftbejördernng 39 Ml. Mt» Poftbesörderuog 48 Ml. Iusenür Sgespaltene Prtitzeile 20 Pf. Größere Schnfteu laut uuj. Preisverzeichnis Tabeüanjcher ». Ziffern iatz auch höheren Tarif. Lrrlamru unter dem Nedaction-strich die-gespalt. Zelle SO Pf., vor den Familtennachrichten die Ogespaltene Zeile 40 Pi. Inserate sind siet- an die Erpetition za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnoaawernnä» oder durch Post. Nachnahme. 1S3. Sormtag dm 12. Juli 1885. 7S. Jahrgang. -4 Amtlicher Theil. die Abgabe antarater Lymphe «»» de« hier bestehende» staatlichen Jmpstnstttnt bete. Wir machen hierdurch bekannt, daß da« in hiesiger Stadt für den Regierung«bezirk Leipzig in diesem Jahre errichtete und unter Leitung deS Herrn vr. mack. Blast hier stehende staatliche Impsinstitut nicht nur au öffentliche Impfärzte, sondern auch an Privatärzte, nnv zwar an letztere gegen ein Entgelt von 50 pro Capillare, animale Lymphe avgiebt. Leipzig, am 30. Juni 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. Iw. Georgi. Renker. Bekanntmachung. Die Zinsen der Arege'schen Stiftnag znr Be lohnung trener und nnbescholtener Dienstboten, welche mindestens 2U Jahre hindurch bei einer oder doch nur bei zwei Herrschaften in hiesiger Stadt im Dienste gestanden haben, sind am 2tt. August dsS. J-. in Beträgen von mindestens 30 Mark zu vertheiieu. Empsangöberechligl sind nur wirkliche Dienstboten, d.h. solche, welche zur ausschließlichen Leistung häuslicher Dienste gedungen find und bei der Dienstherrschaft Wohnung nnd Kost haben. Bewerbungen sind bis zum U. August dsS. IS. unter Beifügung von Zeugnissen der Dienstherrschaften bei uns anzubringcu. Spätere Anmeldungen, sowie Bewerbungen von Dienstboten, welche au- obiger Stiftung bereit- einmal belohnt worden sind, können nicht berücksichtigt werden. Leipzig, den 9. Juli 1885. Der Rat- der Stadt Leipzig. Do. Georgi. Kreischmer. Beim uolcrzeichueten Polizeiamte wurde am 6. dsS. Mis. ei» Hundertmarkschein, als am 23. vor. MrS. im Aogang-vestibül des Dre-daer Bahnhof- hier aufgcfunden, eingeliefrrt. Der unbekannte Eigenthümer desselben wird hierdurch aufgefordert, sich zur Empfangnahme rechtzeitig zu melden, audernsalls darüber nach tz. 239 deS Bürger!. Ges.-Buch- verfügt werden wird. Leipzig, am 8. Juli 1885. La» Poltzeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Michael. Im Laufe der letztvergangenen drei Monate find die nachverzeich. neten Gegenstände bei dem unterzeichnet»» Amte al« gefunden oder herrenlos abgegeben resp. angemrldet worden: zwei silberne Cylinderuhre«, acht goldene Ring«, ein Haarrlng mit Goldplatte, sechs div. Armbänder, etn halbes Korallenarm- band, vier div. Brachen, zwei goldene Medaillon«, eine Korallen- Halskette mit goldenem Medaillon, drei div. Kreuzchen, drei Klemmer, eine vergoldete Eravatteunadel, ein Manlchcltenknops (langer weißer klein mit goldenem Reif umfaßt), zwei goldene Uhrschlüssel, ein silbernes Kettchen mit zwei alten silbernen Münzen und einem silbernen Schweinchen, zwei einzelne goldene Obrringe, der eine mit schwarzer Perle, der andere mit einem Dollar, ein Opernglas, eine Brille, vier Eigar:enctniS, ein fchwarzlederneS Etni enthaltend Spiegel. Kamm und Sckeerc, ei» Buch in englischer Sprache, eui Quittungsbuch drr Ort«, kronkencasse I. zu Wurzen, eine Anzahl Musterbogen von SkammbuchSblumen, ein Sporn von polirtem Stahl, eine Schnupftabaksdose mit els Patronen, vier PappcartonS mit Hutagrafsen, «ne wollene Bettdecke, darin «»gepackt zwei weiß- leinene Oberhemden, drei Paar weißleinene Manschetten, sieben Stück weißleinene Stehkragen, vier Stück Taschentücher, zwei Paar wollene Socken und ein Paar rothgesütterte Herreu- stieseletten von schwarzem Tuch; ein Muss, eine Boa und rin Damenstrohhut i» Pappschachtel; zwei Damenstrohhüte mit und ohne Aufputz, ein Kinderstrohhut mit braunem Band, eine Biber- pelzniütze, ein Filzhut, ein Guinmiregeumantel, ein schwarzes Umichlagettich mit seidenen Fronten, ein schwarzwollenes gehäkeltes Taillcntnch, ein schwarzes Frauenjaquct, ein neue« Corset, ein Paar braune Fraueiistrümpsr, ein Kindermantel, eine schwarze Tuchjackc für einen Knabe», ein Paar schwarze GlacS- handichuhe, ein Paar neue Kinderstiefeln, drei Meter weiße Lp tze, zwei Kleiderbürsten, ein Waschbrett, ein thönerner Tops mit Deckel, eine dunkelgraue Pferdedecke, eine KipShaut, ein zweirädriger Handwagen mit Federn, ein kleiner vierrädriger Handwagen mit Kaftenaufsatz, eine Handsäge, eine Heugabel, verschiedene Spazierstöcke, Regen- und Sonnenschirme, ein Handtäschchen von Strohgesiecht mit Bluinenstickerei, enthaltend ei» Portemonnaie mit Inhalt, eine Anzahl Portemonnai»« bez. Geldtäschchen ohne Inhalt, sowie mit Beträgen bi- zu 36 ^l 35 verschiedene Baarbetrüge bis zu 10 ^l, etn Loupou eine- känigl. sächs. Schuldscheines, drei Pfandscheine und ein Posten ungestempelte deulsche Briefmarken. Die unbekannten Eigenthümer der vorgedachtcn Gegenstände werden hierdurch ausgefordert, sich zur Empfangnahme derselben in unterem Comimssarial zu melden, andernfalls in Gemäßheit von ß. 239 deS Bürgerlichen Gesetzbuches über die Fundsachen verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche im zweiten Qaariale 1884 Fundgegenständc bei uns abgegeben haben, deren Eigenthümer nickt zu ermitteln gewesen sind, au!, diese Gegenstände zuruckzusordern, andernfalls auch hierüber den Rechten gemäß der sägt werden wird. Lerpzig, am 10. Jul, 1885 Tas Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Breischneider. Michael. Das unter dem 21. December 1883 von der Polizeiverwaltnng z» Forst sür Caroline Bertha Rienkc ans Abschrei ausgestellte Dienstbuch ist im vorigen Jahre in hiesiger Stadl verloren gegangen und im Auffinbungssalle anher abzuliesern. Leipzig, am 8. Juli l88ö. Ta« Polizetamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. vr. B. Vekannlmachung. Der im hiesigen Georgcnhause detinirte, am 4. August 1827 in lbonberg geborene Handarbeiter Johann Gottfried Serbe ist von dem ihn, am 6. vorigen MonatS »erstatteten AuSganqe nicht wieder in die Anstalt zurückgekehrt und treibt sich vermutlich arbeit-lo- and bettelnd umher. Wir bitten, gedachten Serbe im velretuogssalle zu verhaften und uns schleunigst davon zu benachrichtigen. Leipzig, am 4. Juli 1885. Das Polizrtamt der Stadt Leipzig. Bretschn eider. Ridr. Faldlx Uoknungs-Vermiclkung. I» AntdersitülSgebäude, da» Eokleqium Juridicum genannt, Schloßgasse «r. 34 »ft im 1. Lichthofe link« die Maasardemohaaaa an« Borsaal. 2 Staden, 2 Kammern und Küche bestehend nebst Keller- und Bodenraum, vom 1. October d. I. aa »ns drei Jahre anderweit zu vrrrntethra. Nähere« im U»i»ersitLtS-Renta«t. lüni-l. Vlillgeaerlienschrle j» Leipjlg. Der Unterricht im kommeadeo Wintersemester begmut am 5. October früh 8 Uhr. Anmeldungen Neueintretruder stad »KadUch oder schriftttch aa den Unterzeichneten »n richten. Anmeldungen früherer Schüler find, sofern dieselben nicht schrift lich geschehe«, Freitag, de» 3. October, von S—11 Uhr im Schul- local zu bewirken. Die Prüsnng der Neuein trete» de» stabet Donnerstag, den 1. October, früh 8 Uhr, Prüfungen sür höhere Lurse, wie Nachprüfungen stade» Freitag, den 2. October, früh 8 Uhr statt. Zur Ausnahme ist erforderlich: 1) Da« erfüllte 18. Lebensjahr. 2) Eine mindestens aus zwei Halbjahre au-gcdehnte praktisch« Beschäftigung im Baugewerbe. S) Ein« Vorbild»»«, wie sie al« da« Ziel der Volksschule fest- gesetzt ist. Die« ist durch Zeugnisse »achtznwetse» and außerdem ei» Aengaiß über gute- Verhalten, wie et» Impfschein beizubringen. Bei höherer Vorbildung könne» Dispensationen von den beiden ersten Bedingungen eintreten. Tie Direktion. W. Hey, Leibnizstraße 8. Bekanntmachung. Wegen des Umbaues der Schalicranlag«, bleibt die Annahme- teffe sür Packet« bei dem Postamte Nr. 7 (Nanstidter Ltein- tt»«g) hiersclbst vom 12. Juli ab bis aus Weitere« geschloffen. Leipzig, S. Juli 1885. Der Kaiserliche Vbrr-Poftdtrector. Walter. Auf Antrag der Büttitz'schen Erben soll am S7. dieses Monats, vormittag« 11 Uhr, das aus dem Foltum 44 des Grund- und Hypotheken buch« für Dölitz eingetragene Hausqrundstück sammt Zubehör, Nr. 46 des Brandkatasiers und Nr. 108» und b de« Flurbuchs unter den im Termine bekannt zu machenden und schon vorher aus dem Anschläge am GerichtSbrete zu ersehenden Bedingungen au uoterzeichneter Be- richlSstellc, Zimmer Nr. 30, versteigert werden. Diejenigen, welche da« bezeichnete Grundstück erstehen wollen, werden elngeladen, zv der angegebenen Zeit an hiesiger Gericht-Pelle ich «nzufinden, und der Versteigermig gewärtig zu sein. Leipzig, am 6. Juli 1885. Da« K-«tg<»ch« Amtsgericht. Abthrilung V, Sektion 1. Manasfeld. Wr. Bekanntmachung. Da« Umpokstern von 128 Leib- und 86« Kopfmatratze» soll an den Mindestsordernden verdungen werden. Bewerber haben die im Bureau der Unterzeichneten Verwaltnng anSltegenden Bedingungen einzuieden und zu unterschreiben und die Prei-sordernng bi« zum 1L. Juli o. Vormittag« 11 Uhr christlich und versiegelt dajclbst abzugebeu. Leipzig, am 8. Juli 1885. Königliche Garnison-Verwaltung. Steckbrief. Segen den unten beschriebenen Schmrlzermeifter Laut« vtru- fchcin von hier. ged. am 1«. August 18SS z» Rirder-Gebra. Kreis Nordhaufeu, welcher flüchtig ist, ist die Unteriuchung-Hast wegen Vornahme unzüchtiger Handlungen au einer Frauensperson mit Gewalt verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften, in da« nächste Gerichts- Sesängniß abzuliesern und zu den Acten L. 18/85 sofort Nachricht zu geben. Magdeburg, den 8. Juli 1885. Der erste Staatsauwalt. Beschreibung: Alter: 28 Jahre, Größe: ca. 1.58 Meter, Statur: klein und schlank, Haare: blond, Stirn: frei, Bart: blonder chnurrbart, Augenbrauen: blond, Nase: gewöhnlich. Mund: klein, Kinn: rund, Gesichi: klein nnd länglich, Gesichtsfarbe: bleich, Sprache: thüringer Dialekt. Nichtamtlicher Theil. Line veränderte Lage. Durck den Ministerwechsel in England ist die Gesammt- läge in Europa wesentlich verändert worden. ES macht sich daS nicht sogleich bemerkbar, weil die Zustände, welche sich unter Gladstone's Regierung entwickelt haben, zu tief in alle europäischen Verhältnisse «»greisen, al- daß ein sofortiger Umschwung möglich wäre; aber in der England feindlichen Bewegung, welche in den meisten europäischen Cabineten sich feit längerer Zeit vollzog, ist ein Stillstand eingctreten. Ein charakteristisches Merkmal des neuen Zustande- ist die Zurückhaltung, welche die russische, französische und in der )auptsache auch die deutsche Presse dem Ministerium Sali»- ury gegenüber beobachten. Gladstone hatte e- durch sein fortdauerndes Ränkespiel dahin gebracht, daß England bei den übrigen Mächten alles Vertrauen verloren hatte. Frankreich war sich bewußt, daß England Egypten für sich behalten und obenein auch noch einen Theil der Kosten sür die eqyptische Unternebmung aus die französischen Staat-gläubiger Egypten- abwälzen wollte, Frankreich sab sich außerdem in seinen Eolornalinteressen in Afrika und Ostasien von England bedroht und ans Schritt und Tritt gehemmt, wa« Wunder, wenn eS die Gelegenheit wahrnahm, um sich mit Deutsch land, daS sich England gegenüber in Afrika und Australien in gleicher Lage befand» zur Abwehr englischer Anmaßung zu verständigen! AuS dieser Interessengemeinschaft ent stand die Berliner Eonserenz zur Ausstellung eine- neuen ColonialrechtS in Westafrika, und daS führte weiter zur Ver ständigung der europäischen Mächte über die Ccntrole der egypkische» Finanzen und Uber die Neutralisirung de« Suez- canalS. In dieser Entwickelung ist jetzt ein Stillstand erngetreten, weil Europa sich zunächst abwartend verhält, welch? Wege da« Minisierium Salisbury einscblagen wird. Line Regierung, welche die berechtigten Interessen der übrigen Mächte achtet und sich mit ibnen offen und ehrlich in« Einvernehmen seht, bedarf keiner gemeinsamen Abwehr ihrer Bestrebungen, mit ibr läßt sich von Staat zu Staat verhandeln. Unter Gladstone blühte die Aera der Congresse. Zuerst waren die Vertreter Europa- in Konsiantinopel versammelt, dann folgte die eqyptische Eonserenz in London, die bekanntlich unverrich teter Sacke anSeinauderging; eS rechte sich daran die west- afrikanische Confereiiz in Berlin und die Suezcanalconscrenz in Pari-, und wcnnGladstone am Ruder geblieben wäre, so hätten wir noch «ne Eonserenz zur Regelung der afghanischen Frage erleben können. Die eigentliche Ursache dieser Coaserenzen waren englische Anmaßungen. deren Zurückweisung Bündnisse der übrigenMächte sür bestimmte Zweckenöthig macht«. Im Gegen satz zu dieser gespannten Gesammtlage kommt jetzt da« natürtrche Verhältmß der Mächte zu einander wieder allmälig zur Gel tung, man wartet ab, wie sich da« neue Ministerium nnt den Schwierigkeiten der Lage abfinden wird. Rußtanv. welche« stets den günstigen «naenblick zur Wiedergewinnung verlorenen Einflüsse« und zur Vergrößerung seiner Macht zu finden weiß, hatte, abgesehen von seiner Be- theiligunq an der Aclion der Mächte m Egvplen, auch für rein selbstische Zwecke in Asien gewirkt. Diese Macht konnte sich keinen besseren Förderer feiner Machtbestrebungen in Eentralasien wünschen al« Gladstone. Im Begriff. Egypten zu erwerben unk England zur alleinherrschenden Colontalmacht in Afrika aufzuwersen, wurde er in diesen Lieblingebeschäftigungen durch Rußland, welche» sich über Merw den Weg nach Indien bahnte, sehr unangenehm gestört. Da« hals da alle« Krieg«» geschrei, ohne die Kraft, dem Willen auch die Thal folgen zu lassen? Rußland ging, ohne sich irre machen zu lassen, w weit vor. als e« seine Interessen erforderten, und war eben im Begriff, feine Machtsphäre bi« an den Zulsikarpaß und Pcnschdeh auszudehnen. al« Gladstone Salisbury weichen mußte. Dadurch ist Rußland» Lage England gegenüber sehr bedeutend verschoben. Mit Gladstone wußte Giers, wie er daran war; er ließ ihn poltern, so viel er wollte, gab die beruhigendsten Zusicherungen und versprach da« Blaue vom Himmel herunter und tbat doch schließlich daS, waS ihm sür den russischen Vortbeil da« Beste schien. Darin ist jetzt Wandel eingetreten: Salisbury macht keinen großen Wort schwall im Parlament, rasselt nicht unnütz mit dem Säbel, aber er setzt den Hebel an der rechten Stelle an. Durch seine Mittheilung, baß Rußland die Räumung deS Zulfikar- paffe« versprochen babe, aber jetzt, da »S zur Ausführung komme, Schwierigkeiten mache, ist Rußland in- Unrecht versetzt und ihm in der öffentlichen Meinung Europa- mehr geschadet al« durch den FriedrnSbruch bei Pulikhisti. Damals glaubte man. daß cs zum Kriege kommen werde, aber seitdem hat sich der Wind gedreht, und kein Mensch denkt heute mehr an «ne Regelung der russisch-afghanischen Grenze durch die Waffen. Rußland hüllt sich dieser Ervffnmrg gegenüber, durch welche e« in- Unrecht versetzt wird, in Schweigen, während doch seine Presse bei Lebzeiten Gladstone'» äußerst redselig und vordringlich zu sein pflegt«. Jetzt, da Gladstone politisch todt ist. wartet Rußland erst ab. wie sich da« übrige Europa zu dem neuen englischen Cabinet stellen wird, um daun wahrscheinlich zögernd die Rückwärt-bewegung über den Zulsikarpaß nach Norden au-zuführen, e« sei denn, daß e« ihm im militairischen Interesse besser erschiene, die Dinge sogleich aus die Svitze zu treiben und loSzuschlagen. Denn Salisbury hat bereits angedeutet, daß er sich auf alle Eventualitäten vorbereite und sich nicht wie Gladstone über raschen lassen will. Wenn der Emir von Afghanistan sich nrchl gutwillig dazu versieht, seine Grenzen der Vertheidigung England« zu überliefern, dann wird Salisbury unabhängig davon thun, waS ibm als zweckmäßig erscheint. Solche Sprache nnd Handlungsweise waren weder Russen, noch Afghanen unter Gladstone gewöhnt. Dieser Herr sprach viel und that wenig, während Salisbury der entgegengesetzten Politik zu buldigen scheint. Jetzt gewinnt die Zusammenkunft in Rawal Pindi eine ganz andere Bedeutung, als sie unter Gladstone beanspruchen konnte. Die leere Form erhält jetzt ihren Inhalt, und Lord Dufferin wird durch die englische Regierung nicht mehr verleugnet, wenn er den KriegSeifer der indischen Fürsten sür die engtifche Sache entzündet. Auch Salisbury lüstet den Schleier de- politischen Geheimnisse- nur bi» zu der von der Sachlage gebotenen Höbe, aber er hat Rußland bereit» am 6. Jnlr bei Darlegung seine- Pro gramm» im Oberhause zu erkennen gegeben, daß mit ihm ein anderer Geist in den St. Zamespalast eingezogen ist. zum Spielbatt russischer Jntriguen wird sich Salisbury nicht her geben, wie sein Vorgänger Gladstone. DaS Ministerium Gladstone hatte eine seltsame Blüth« gezeitigt, und daS war die Unternehmungslust des italienischen Minister- Mancini. Wenn man seinen himmelsttirmenden Plänen im italienischen Parlament immer nur mit Wider streben die Zügel schießen ließ, so trat eine vollständige Er kältung der Gefühle seiner Anhänger ein, als die Italiener in Massauah sleücu blieben und Kassala ebenso seinem Schicksal überließen wie Khartum. Gladstone hatte die Absicht, die Eroberung von Kbartum etwa in derselben Weise zum Gegenstände eine- Schaustücke- zu machen wie da» Bombardement Alcrandrien» und die Schließung de- SuezcanaiS, aber da» Schicksal hatte es ander- bestimmt, und der Tod Gordon's war nicht blos das Zeichen zum Sturze Gladstone's, sondern auch Mancini's. Im Trüben zu fischen ist nur Denjenigen erlaubt, welche ein von aller Welt los gelöstes Troglodyten- oder Eremilen-Dasein sübren: wer an so au-gesetzter Stelle siebt, wie der auswärtige Minister eine- GroßstaateS, darf sich nicht mit einem andern aus Irrpsade erpichten Minister zu gefährlichen Unternehmungen verbinden. Da» Zauberwort . Coloniatpolitik" hatte den von Lob auf geblähten italienischen Minister Mancini berauscht und ihn tn den Zauoerkreis Gladstone's gebannt. Tic pbanlastisckrn Gebilde der beiden Verbündeten sind m Nicht- zerflossen, nnd heute steht England vor der Nothwcndigkeit, sich de- Mahdi au» eigener Kraft zu erwebren oder den letzten Rest von Achtung einzubüßen, de» e» sich noch gerettet hat. Salisbury ist sich dessen wohl bewußt und hat deshalb die Beziehungen zu Italien, welche sein Vorgänger angeknüpst hat. runüchst mit Stillschweigen übergangen. Fruchtbar wird diese Ver bindung sür die Zukunft kaum werten, aber da- ist schon heute klar, daß die Ränkepolitik Gladstone's England in «ne Lage gebracht hat. auö welcher SaUSbury nur nach langen Kämpfen und mit Unterstützung de« Glück- allmälig sich herausarbeiten wird. * Leipzig, 12. Juli 1885. * Nach dem Bekanntwerden de« famosen Briese« de« Herzogs von Cumberland, worin er in höchst doppel züngiger Weise seine Ansprüche aus Hannover aufrecht er hält, ist dre Meinung selvst in solchen Kreisen, die b,«her da« welfische Prätendententhnm begünstigten, umgeschlagen. So sagt die „Kreuzzeitung": „Nach dem Bekanntwerden diese» Schreibens sind die thatsächlichen Verhältnisse durchaus ver schoben; der Herzog wird nie verzichten, und wenn er e» jetzt dennoch thäle, würde die Ansrichtlgkeit seiner Entsaaung keinen Glauben mehr finden." Und der ultramontane „Westfälisch« Merkur" meint: „Wir können nicht leugnen, daß die Art des Vorgehen», soweit sie bi« jetzt bekannt ist, un« nicht gefällt. Ein offene«, mannhafte« Vertrete» der wirklichen oder ver meintlichen Recht« bleibt imposant anch i«r größte» Unglück; aber diplomatische Kunstgriffe, wie sie in der Vereinbarung de« Anspruch» aus Hannover mit der feierlichen Anerkennung der Reich-Verfassung vorzulicgen scheinen, können nur dann impouiren, wenn der Erfolg sie verschönt." Nur die »Ger mania" giebt ihren Schützling noch nicht preis. * In Welcher Weise von Seiten der katholischen Geistlichkeit die Polonisirung der Deutschen be trieben wird, und wie nothwendig e« für die preußische Regierung ist. sich dagegen mit Entschiedenheit zu wehren, dafür liefert ein der .Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" au« W estp re uh en zugehender Bericht über eine am 18. Juni d. I. in Putzig, Krei« Neustadt, abgchaltene polnisch-kalho- lisch« Volksversammlung einen schlagenden Beweis. Der Be richt lautet: „Der seit mehr al« 10 Jahren tm Kresse Neustadt, West - Preuße», al« polnischer Agitator thätige Pfarrer BaczkvwSki- Rechau hatte zn heute eine Volksversammlung nach Putzig berufen, dte von 75 Personen, darunter katholische Deutsche, die kein Wort polnisch sprechen, besucht war. Da die Versammlung vorzugsweise von Personen aus den Parochieu Mechau, Zarnowitz. Starzyn rc. besucht war, so muß die Einladung zu der Versamm lung auch von drr Kanzel erfolgt sein, weil in diesen Parochieen polnische Blätter uicht viel gelesen werden. Pfarrer Baczkowski, der mit dem P ärrer von Tucholka-Zarnowitz erschienen war, eröffnet« gleich nach 4 Uhr Nachmittags die 8er jammlung. Er erklärte dann, daß „ üruuS Polen und Katho liken" die Feier deS Todestages deS heiligen Methodius eine heilige Pflicht sei. Er schlug dann vor, einen Vorsitzenden zu wählen; Wirth Sikorski-Werblin brachte den Psarrer BrczkorvSki für den Bo> sitz in Vorjchlag; dieser bedielt ihn natürlich auch, ernannte zn Beisitzern de» Arzt I>r. Kikul-Putzig, den Schankwirlh Hildebrandt- Meckau, den Ackerbürger Georg Busch-Putzig und zum Schrift führer den Psarrcrvon Tucholka. Hierauf begann Vaczkow. ki seine Rede mit Vincent Pols' Gedicht „KennstDu, junger Mann, Dem Land? rc." Er ließ sich dann darüber aus, daß in Europa nur drei Völkerfamikien lebten; zur romanischen gehöre auch Elsaß-Loihringen; zu der slawischen die Kasiuden, Wenden rc., die letztere VSlkersamilie zähle 90 Millionen Seelen. DaS Me« lehre man nicht in der schule, dort unterrichte man nur vatriotische Geographie, daher „konntet Ihr auch nicht wtssen, daß Euere Familie so groß ist." — Der Katholiken.seien 200 Millionen. Der Papst, der da sah, daß die Macht Deutschlands Io riesig zuuehme, empfahl, weil Ruß- land die katholische Religion knechten wolle, de» Slawen, sich zu sammeln, erließ eine besondere Encyllika und prophezeite den Slawen, daß ihnen die Zukunft gehören werde. AuS Dankbar keit unternahmen die Slawen im Jahre 1881 die Pilgerfahrt »ach Rom. um drm heiligen Vater für die große Gnade, die er den Slawen enme«, zu danken. Jetzt feiere man den großen Slawen- apoftelin Welehrrad. Dort lägen alle slawischen Zeitungen aus, anch der „Pielgrzym", der „Przvjaciel ludu", nur keine deutsche Zeitung.— In die weltlichen slawischen Länder wären freilich deutsche Missionare ge- kommen, aber sie wollten weltliche Eroberungen machen, wie die Bischöfe von Salzburg, Passau und Freising, verfuhren barbarisch mit den Slawen, nahmen ihnen die Sprache, wie das anch heute geschieht, und diese Bischöfe verklagten den Cyrillus und Methodius bei dem heiligen Vater, daß jene dem Volke nicht den wahren Glaube» lehrten. Die Apostel gingen dann nach Rom, vertheidigtrn sich und der Papst ernannte sie, weil er sie so gern hörte, zn Bischöfin und gestattete ihnen den Gebrauch der slawischen Sprache bei der Messe rc. Diese» beiden Aposteln derdankrn die Polen den katholischen Glauben, welcher dann den Kasiuden darch den polnischen König gebracht wurde. Wenn die Kassuben diesen Aposteln nicht dankbar sein wollten, wären sie ärger wie dte Hunde. — Baczkowski thcilte dann mü, daß er sich an der Pilgerfahrt nach Wcleherad detheiligen werde. Für einen Ver treter am 5. Juli er. habe er jedoch gesorgt, und die Methodius- Feier werde in seiner Parochie nicht auSsallcu. Der Schankwirth Schloß au- Schmölln, ein früherer Bettelmönch im Kloster zn Neustadt, späterer Insurgent und Sensenbruder des in Grzywna, Kreis Thorn, angestellten Hilssgeistlichcn Anton Muchotvski, der sechs Jahre in Sibirien verbracht hat, später am Progymnaswm in Bcrent wirkte, und drr sich jetzt nm die Piarrstelle in Grzywna bewirbt und sür sich in dieser Beziehung den Gutsbesitzer E. v. Lzar- liitski-Bruchnowko wirkeu läßt, theille mit, daß ia einer Versamm lung in Pelpiia, an der er Iheilgenommen Hab«, beschlossen worden sei, eine rothe Jahne al-Geschenk nach Welcherod mitzunehmen, und daß der Psarrer Murawski-Klonowken die Pilger leiten werde. Pfarrer Baczkowski machte hieraus die Mittheilung, es werde eine Sammlung zu den Kosten sür die Anschaffung der Bücher, der Fahne u. erfolgen. Wer etwa- sür diesen Zweck beisteuern wolle, solle dies dem Psarrer v. Tucholka einhändigen. Daraus verlas er die päpstliche Encnklika nnd empfahl am 5. Juli er. in den Parochien die Feier in der Weise zu begehen, daß man eine Messe bestelle, die Kirche au-schmücke nnd mit allen Angehörigen dem Gottesdienste beiwohne; wo eS möglich sei, solle man die Häuser illuminiren. sich dann an den Kreuzen an den Straßen versammeln, de» Rosenkranz beten, sich ruhig verhalten and keinen Lärm machen, denn da gewisse Leute „aus Alles blicken", könnte m in Unannehmlichkeiten haben. — Dan» sprang Baczkowski aus die Schuljrage über. Als der Amtsrichter Spahn im Abgeordnetenhause über das Unterrichten lue^eni», rvlupleni») oder besser Verdummen ru der Schul« gesprochen, Hab« der Minister v. Boßler gesagt: „Bah, ich weiß nichts von Klagen; ,ch babe ja nichts gehört!" Aus Mechau sei stets eine Petition wegen der polnischen Unterrichtssprache abgegangen. Einmal sairdte man die polnische Petition zurück und wollte sie in deutscher Sprache haben. Auch daS sei geschehen. „Wenn Ihr damit einverstanden seid, daß wiederum eine Petition abged«, worin man verlangen wird, daß man nicht ferner germanisire uod verdumme (ruieworT» i rlupio), so wird eine iolche Petition abgesandt werden, damit dem Bedächlnlß dcS Herrn Minister- zu Htlse gekommen werde." Natürlich war die Versammlung damit einverstanden und um 5 Uhr 10 Minuten wurde sie geschlossen. Dann vertheilte man die LhociSzewSki'sche Broschüre „Das Leben der heiligen Brüder der Lyrillu« und Methodius, der Slowen-Apostel". * Fürst Bismarck, welcher nunmehr zu längerem Landaufenthalte nach Barzin gereist ist. bat, wie da» „Deutsche Tageblatt" erfährt, da» kurze Verweilen in Berlin nach der Rückkehr au- Arssingen zu einer Reihe von Eonfercnzen mit den preußischen Ressortministern benutzt. Bei diesen Be ratbungen soll eS sich um die Verständigung Uber die Vor arbeiten für die nächste LandtigSsession, sowie mn die nun wohl erfolgte Feststellung d«r Termin» sür die im Herbste zu »ossziebeiiden Landtag-wahlen gehandelt haben. Die Bor- arbeiten sür den nächsiiährigen StaatShauShaltSetat, welche während der letzten Monate di« einzelnen preußischen Mini sterien stark in Anspruch genommen haben, sind bis Ende Juni soweit beendet worden, daß am 1. d. M. alle Voran schläge der verschiedenen Ressort- in der Hand de« Finanz- minister- sich befinden, der nur seinerseits zunächst ,n prüfen bat, ob oder wie weit vom Standpunkte der allgemeinen Finanzverwaltung die Forderungen der Einzelressortö Berück sichtigung finden können. Man vermuthet, daß größere Ab striche sich nicht al» nothwendig erweisen werden.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode