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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 19.11.1930
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1930-11-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19301119014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1930111901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1930111901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1930
- Monat1930-11
- Tag1930-11-19
- Monat1930-11
- Jahr1930
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 19.11.1930
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WsMis Sieg in englischem Weil „Wen leitet unter London, 18. Nov. „Manchester Guardian" ver öffentlicht unter der Ueberschrtit „Wahlsieg durch Betrug" Telegramme seiner Sonderberichterstatter tn Warschau und Kattowitz über die polnischen Wahlen. In einem Leitartikel bemerkt das Blatt: Die polnischen Wahlen stellen nichts anderes dar. als die Entschlossenheit der Regierung Pilsudski, koste es, was eS wolle, an der Macht zu bleiben. Marschall Pilsudski hat, indem er das Parlament entmannte, die Opposition unter die Erde getrieben: aber die gesamte frühere Geschichte seiner Rasse deutet daraus hin. das; er da durch die Opposition nicht schwächen, sondern stärken wird. Statt das Gefühl von Sicherheit zu erzeugen, mit dem er ansmärtige Kapitalanleger anzuziehen wünscht, wird seine Politik wahrscheinlich das Vertrauen des Auslandes unter graben. Das Blatt kommt zu dem Schluß, daß Polen heute unter Pilsudski zu leiden hat, weil seine Grenzen zu weit sind. Der Warschauer Sonderkorrespondent des Blattes schreibt u. a.: Der Wahlsteg der polnischen Diktatur ist der Triumph der Gewalt und des Betruges. Die Wahlergebnisse stehen in keinem Verhältnis z« der wirklichen Stimmung in Polen. Eine in Mißkredit geratene Regierung, die normaler weis« sehr viele Tiste seiniac sagen INNs verloren hätte, hat mehr als IW gewonnen. Pilsudskis Sieg löst jedoch weder die sozialen noch die nationalen Probleme Polens. Di« Zukunst Polens ist jetzt völlig dunkel. Die Grundlagen eines gesunden sozialen und nationalen Leben» find zerstört worden» und es gibt viel« objektiv« Be obachter der polnische» Angelegenheiten, die jetzt davon über zeug« find, daß daS Land -»revolutionär«« Umsturz treiben müsse. Der Sonderkorrespondent deS „Manchester Guardian" in ssattowitz nimmt auf den selbst erlebten „Alpdruck der Gransamkeit und Unterdrückung in der Ukraine" Bezug und berichtet: Auch tn Obcrschlesien wie überall in Polen hat die Diktatur Gewalt und Betrug angewandt und ihn versucht. Stur Plakate mit der Negtcrungöwahlltste waren zu sehen. zii weiten Snarrn" Biele Gewalttaten wurden verübt. Eine Anzahl von Leuten wurde „weich gemacht" snatürltch gehören die meisten davon zur deutschen Minderheit». Dadurch, das; tn manchen Wahlbüros keine deutschen Wahlzcttel auslagen, wurden Hunderte von Deutsche» ihres Stimmrechts beraubt. In den Wahlbürvs war nichts vorhanden, um die Geheimhaltung der Wahlen zu gewährleisten. Die Zahl derer, die in Ober schlesien auf der Wahlliste gestrichen wurden, wird auf 15 00» geschätzt, und fast alles waren Deutsche. Am Sonntag Madien -am SidlesWen Sejm Berlin, 18. Nov. Am nächsten Sonntag finden in der Woiwodschaft Schlesien die Senats wählen und die Wahlen für den Schlesischen Sejm statt. Die deutschen Wähler haben wiederum tn Massen Drohbriefe erhalten, tn denen ihnen sogar ihre „letzte Stunde" angedroht wird, wenn sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen sollten. Der Wahlterror macht sich auch bei diesen Wahlen wieder in geradezu empörender Weise bemerkbar. Deutsche Zeitungen werden aus offener Straste den Zeitungsausträgern entrissen und vernichtet. Die Austräger selbst werden verprügelt. Dr. Käthe Schirmacher H Berlin» 18. Nov. Dr. Käthe Schirmacher, die bekannte Bprkämpserin deutscher Bolkstumsinteressen und hervor ragende Schriftstellerin, ist am Monlagnachmittag in der Pen sion Cell in Meran an Herzschwäche gestorben. Käthe Schirmacher wurde am 8. August I88L in Danzlq ge boren und war zunächst im Tchulsach «ölig. I8vö wurde ge Dr. phil. Sie nahm tn allen srauenrechtlichen Kragen bald eine führende Stelle ein. Ihre sonstigen In deutscher und französischer Sprache veröffentlichten Arbeiten bezogen sich auf französische Literatur, Nationalökonomie und allgemeine kulturelle Kragen. In der Nach kriegszeit trat sie besonders als hervorragende Borkämpferin ihrer Heimat Danzig sowie des Deutschtums im Osten für vaterländische Belange ei». Bon 1»iö bis 1020 gehörte Küthe Schirmacher als Abgeordnete der Dcutschnationalen Partei der Nationalversamm lung an. zwtlMlitMttkMgillm SIMMs» M» Die kommenden Führer der Volkspartei Berlin» 18. Nov. Zu dem Rücktritt des Abgeordneten Dr. Scholz von der Parteileitung der DBP. wird von volksparteilichcr Seite mit Nachdruck betont, das; die Rück- trittscrklürung ausschließlich aus den schlechten Gesundheits zustand zurückzusührcn sei, also keine politischen Gründe habe. Weiter wird erklärt, daß während der letzten Zeit nicht die geringsten Meinungsverschie denheiten zwischen Dr. Scholz und anderen maßgeben den Persönlichkeiten der DBP. bestanden hätten: eine sachliche Unstimmigkeit, die die Aendcrung des Parteistatuts betras, sei gerade in den letzten Tagen ausgcräumt worden. Ledig lich eine plötzliche Verschlimmerung seiner Krankheit habe Dr. Scholz veranlaßt, sich zum Rücktritt von seinen sämt lichen Partelämtcrn zu entschließen. An der Wahl des Rechtsanwalts Dr. Dingeldey sDarmstadts zum neuen Parteiführer dnrch den Zen» tralvorstand wird in vvlksparteiliche« Kreisen nicht gezweiselt. Ebenso dürfte es stimmen, daß dem neuen Parteiführer ein Stellvertreter an die Seite gegeben wird. Als aus- sichtsreichster Anwärter aus diesen Posten dürfte der Abgeord nete Dr. Hugo »Bochum» in Betracht kommen. Die Zen- tralvorstandssitziing. die ans den 30. November einberufen worden ist, wird sich am ersten Tage mit der Wahl des neuen Parteiführers und den geplanten Satzungsänderungen, also auch mit der Wahl eines stellvertretenden Parteiführers, be fassen: am zweiten Tage soll dann die große politische Aus sprache stattfindcn. « Mit Dr. Scholz scheidet innerhalb von verhältnismäßig kurzer Frist zum zweiten Male der Führer von der Spitze der Deutschen Volkspartei. Als Dr. Scholz die Partei übernahm, stand sic als äußeres Gebäude wohl noch fest, doch im Innern, vor allem vom Lande aus, waren scharfe An- griffe gegen die Parteiführung erhoben worden. Nach Strclcmanns Tode bahnten sich schon die Entwicklungen an. die jetzt bestätigt worden sind. Die von Strescmann betriebene Verständigungspolitik mit Frankreich begann sich ihrem Ende zuzuneigen und ist heute, nach den letzten Reden von Briand und Tardieu, endgültig liguibiert. Die ebenfalls von Dr. Strescmann vertretene sogenannte „Erfüllungs- Politik" trat schon, als der einstige Rcichsaußcnministcr starb, in eine neue Krise ein, und heute ist überall deutlich geworden, daß diese Politik in falscher Richtung verlief. So sah sich Scholz von Anfang an vor einer schweren Ausgabe. Er konnte sich nicht dazu entschließen, mit dem Strescmann-Kurs der Deutschen Volkspartei radikal z» brechen, schwankte zwischen OppositionS- und KoalitionSncigungcn, und Rück schläge blieben daher nicht aus. Eine Wahl nach der anderen war Beweis dafür, daß die Wählerinasse» sich anderen Parteien znwandten. Zwischen den Mühlsteinen dieser Krise» ist Dr. Scholz' an sich schon nicht »ncrschütterlichc Gesundheit völlig zerrieben worden. Vielleicht, daß ihm neben den ge sundheitlichen Argumente» auch die allgemein« politische Lage sowohl seiner Partei wie auch der deutschen Innenpolitik überhaupt den Entschluß erleichtert haben. Mit Dr. Scholz scheidet aus der Arena der aktiven großen Politik eine liebenswürdige und tapfere Persönlichkeit aus dem parlamentarischen Leben. Er war nicht nur Front soldat und als solcher mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse dekoriert, sondern neigte im Innersten seines Wesens zu jenen Kreisen, die das Schwarzweißrot der Deutschen Bolks- partei immer hochgehalten haben. Die Kräfte der durch Strescmann in eine bestimmte Richtung gedrängten Partei waren vielfach stärker als er, aber Dr. Scholz als Persönlich keit genoß in allen Kreisen, auch aus der Rechten, unein geschränktes Vertrauen. Abg. Dingeldcn ist tn großen politischen Fragen noch nicht besonders hcrvorgetreten, gilt aber im Kreise seiner Freunde als dem Stresemann-Kurs verbuirden. Wenn dem k-öototliek Abgeordneter Dlngeldey so ist. ist ans der anderen Seite begreiflich, daß diejenigen Kreise der Partei, die der Meinung sind, daß die Partei nur durch eine» eindeutige» Rechts- und Oppo sition SkurS aus der mißliche» Lage hcrauSgebracht werde» kann, in der sic sich heute befindet, bestrebt sind, ein ZwcimänncrkoNegium an die Spitze der Partei zu bringen. Der oben erwähnte Abgeordnete Dr. Hugo gehört dem rechte » Flügel der Partei a«. * Mas uns fehlt Daß es irgendwo nicht klappt in den großen Zusammen- hängen des erdumspannenden.Getriebes der Weltwirtschaft, das ist uns allen klar. Unser Reichskanzler wird nicht müde, bei jeder Gelegenheit zu versichern, daß dorther, von der Weltwirtschaft und von den Krisen, die alle ihre Glieder durchschütteln, die Uebel kommen, an denen mir in Deutsch land leiden. Wir haben schon öfters Gelegenheit genommen, diese Behauptung aus ihr richtiges Maß zurückzusührcn. Der Wurm, der am deutschen Lebensmark zehrt, sitzt im Gebälk des deutschen Hauses: es ist das schleichende Gist des Marxis mus, das von der Volkskraft zehrt, und es ist die mit seiner Hilfe ausgerichtete Schuldknechtschaft, die uns den Aiem nimmt. Dazu kommen allerdings von außen her Schwie rigkeiten, die den Gesundnngsprozeß hemmen. Man kann nicht mehr in freiem Wettbewerb das Produkt der nationalen Arbeit anstauschen wie einst. Sogar der ihm vorgcschriebene Weg der Erfüllung durch Arbeit und durch Verwertung der Arbeit wird -cm deutschen Volke versperrt. Uebcrall erhebe» sich Schranken. Die fremden Volkswirtschaften kapseln sich ein. Und die ganze Welt wird von dem Wahn beherrscht, durch Industrialisierung, Technisierung und Rationalisierung bas Tempo der Arbeit zu steigern. Man schafft die modernsten Anlagen, erfindet immer vollkommenere Maschinen, man ver billigt die Produktion und glaubt, nun müsse die Wirtschaft blühen und ihren Segen ausspenden über die Völker. Aber die Wirtschaft blüht nicht. Im Gegenteil, sic zerfällt. Den Menschen geht es nirgends besser, sondern überall schlechter. Die großen Erfolge in der Dienstbarmachnng der Natur z« menschlichen Lebens- und Genußzwecken schassen keine Be friedigung: sie drücken vielmehr auf die Menschheit als ein neues Joch und rufen da und dort bereits Erschütterungen »nd Explosionen hervor. Die Revolutionen i» Südamerika waren zum Beispiel im Grunde nichts anderes als gewalt same Ausbruchsversuche von Wirtschaftskörpern, die in un natürliche Fesseln geschlagen wurden. In Brasilien läßt man in großen Lagerhäusern den Kaffee verderben, in Argentinien den Weizen, und a»s der andern Seite gibt es ganze Völker, die hungern. Der künstlich aufgezüchtetcn Ucberproduktivn in einzelnen Teilen der Weltwirtschaft stehen andere gegen über, in denen Millionen arbeitsfähiger und arbeitswilliger Menschen vergeblich nach Arbeit verlangen. Irgendwo muß da ein Fehler in der Rechnung sein, irgendwo klafft eine Lücke, durch die das Unglück hercinströmt in die scheinbar so wohlgeordnete Organisation. Die Wissenschaft von der Wirtschaft ist nicht verlegen um Erklärungen Sie verweist aus die Ueberfttllc an Waren, auf die zu reichlichen und z» billigen Rohstoffe, auf die über starke Produktion. Aber alle diese Antworten besagen nichts. Sie können nicht begreiflich machen, warum es so sein muß, daß in der Welt Ucbcrslus; und Not hart auseinaiiderstoßcn und sich nicht zusammcnsinden können. Man bleibt unbefriedigt und sucht weiter nach der Kraft, die uns fehlt, um Ordnung in die Unordnung und Sinn in den Unsinn zu bringen. Zu weilen kommen dabei die Nichtgelchrtcn und die Nichtsach- leute, die Männer der praktischen Erfahrung, aus die besten Einfälle. Da veröffentlicht eben der bekannte Weltreisende Colin Roß in der „Zeitschrift für Geopolitik" einen Auf satz, der den Kern des Problems richtig trisst. Zwanzig Jahre lang hat dieser Forscher die Welt nach allen Richtungen durchstreift, nicht bloß um zu sehen, sondern vor allem, um sie zu erkennen. Er hat auch über diese Zusammenhänge nachgedacht und gibt jetzt aus dem Schatz seiner Erfahrungen zwar keine Lösung, aber doch eine Erkenntnis oder de» An fang einer Erkenntnis, der zur Lösung führe» kann. Und es ist erstaunlich, daß gerade von dieser Seite, von der man cs der politischen Einstellung nach am wenigsten erwartet, der Gedanke in die Debatte geworfen wird, daß unser ganzer tech nisierter und rationalisierter Wirtschaftsprozcß deshalb nicht klappt, weil die seelischen Bedürfnisse des Menschen dabei nicht berücksichtigt worden sind. Man kann eben, wie es Colin Ros; nicht in frivoler Absicht, sondern zur prägnanten Fassung einer alten Erfahrungstatsache aus- drückt, ..auf die Dauer nicht einmal Zündhölzer oder Emaille geschirr fabrizieren lassen, ohne den lieben Gott darum zu be mühen". Mit der Göttin Vernunft als Allcinhcrrschcrin geht es nicht, irgendwie muß auch im Arbeitsprozeß der mcta- lleute: tterarkcke vmscksu 5eite 17 unä 18
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