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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-05
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188509055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850905
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850905
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-09
- Tag1885-09-05
- Monat1885-09
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1885
- Autor
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4845 die reckte, ernste Weihe zu geben. Am Nachmittag bielt dir etwa au- achtzig Mitgliedern bestehende diesige Schützen- qesellschaft im „Walbkater" ein fröhliches „Mann- fchießeu" ab, zu dem auch (Käste von nah und sern herbei» geeilt waren. Schkeuditz besitzt in seinem „Waldkatcr" eine prächtige, romantische Walbidylle, und da der Inhaber de- reizenden Etadussemenl» stet- für gute Bewirthung sorgt, so entwickelt sich hier immer ein bunte», sidele» Leben und Treiben. Da- Fesiconcert wurde von der Capelle de» Herrn G. Heerde auSgcführt, und trug selbst verständlich ebensall» einen patriotischen Charakter. Den Anfang machte der effectvoll gespielte „Pariser EinzugS- marsch" von Saro, woran sich der Walzer „deutsche Grütze" von Clären», die Quadrille „Hoch Germania", der „Thüringer Schützenmarsch" von KieSler und viele andere Compcsitioneu älterer und neuerer Meister schloffen, welche sämmllicb ge eignet waren, die Feststimmung zu erhöhen. In der Stadt selbst war für den Abend ein kleiner Umzug seiten» de» Land- wehrverein» und zwar mit Fackeln arrangirt, an den sich auch dir Kinderwelt betheiligen sollte. Alle» in Allem, der Tag von Sedan ist auch diesmal in unserem Orte ein froher, von echtem deutschem Geiste getragener Festtag gewesen. — In einem Berichte de» „Figaro" über die Manöver de» 3. preußischen Armeecorp» bei Wittenberg beißt e»: „Morgen werden die niedrigsten Hütten geschmückt sein; die Gemeindevorstände, die sich hier einer säst absoluten Unabhängigkeit erfreuen, haben an Elser und Kraftaufwand rivalisirt. Ich habe gerade einen kurzen Spaziergang um Pritzwalk gemacht. Ueoerall empfängt mich der gleiche Ruf: „Der Kaiser kommt!" Der Kaiser kommt, und die Handwerker, die Bauern, lauter ehemalige Soldaten, schleppen Zweige und Blätter herbei, Blumen und Moo» und verfertigen mit einer fast wunderbaren Geduld roh geschnitzte Medaillon» au» Holz. Ach, ich bin Franzose, Patriot, und mit einem bittern Gefühle der Eifersucht ermesse ich hier die Macht der monarchischen Idee! Soeben erzählte mir mein Wirth nach seiner Art den Feld zug von 1866. Gewöhnlicher Dragoner bei Sadoiva, sah er na türlich nur die kleinen Seiten jener schrecklichen Schlacht. Aber er hat deren Geschichte überlesen, er kannte die Namen seiner Führer. „Der Kaiser", sagte er mir. „wir haben ihn dazu gemacht; aber er hat seine Rechte von, Himmel und von der Vcr» aangenheit." Diejenigen, welche bei Besprechung der deutschen Armee diese wichtige Seile de» Unterricht» und der Erziehung des Lolke» vergessen, werden e» niemal» zu Wege bringen, dieses ausfallende Gemisch von kriegerischer Begeisterung und friedliebender Gesinnung zu erklären, da» diese Nation charak- terisirt. Glauben Sie nicht etwa, daß die Behörde sich um diese Manifestationen de» Volkes kümmert; sie weiß sehr wohl, daß der Kaiser gebührend empfangen werden wird, sie weiß auch, daß der Kaiser sein Personal überaus genau kennt und wunderbar die freiwilligen Ovationen von den befohlenen Manifestationen unterscheidet, die er nicht liebt." — Wie die .Nationalzeituog" erfährt, ist Fürst Bis marck in der letzten Zeit in den Besitz des S tuhle» gelangt, aus welchem Napoleon lll. in dem WeberhäuScben bei Doncherh saß. Der Stuhl, dessen Echtheit unbczweiseldar feststeht, ist bereit» durch eine Reihe von Händen gegangen, war unter Anderm als Schaustück gezeigt worden, als ein Verehrer des Reichskanzler« von der Verkäuflichkeit der Re liquie Kenntniß erhielt und den Stuhl dem Fürsten BiSmarck widmete; derselbe ist in Varzin überreicht worben, und hat Fürst Bl»marck seinen lebhaften Dank für da» interessante Geschenk zu erkennen gegeben. — Unserem früheren Mitbürger, Herrn vr. Chr. Luerssen, jetzt Professor der Botanik an der könial. Preußischen Forst, akavemie zu Eber»walde, ist die hohe Ehre z» Tbeil ge worden, m die Ministerial-Commifsion für die forstlichen Examina nach Berlin berufen zu werden, eine Auszeichnung, die nur den berühmtesten Fachmännern zu Theil wird. — Erweiterte Verwendung von Papierstoff. Der Kreis der au» Papier, d. h. au» verarbeitetem Holzstoff her gestellten Gegenstände, erweitert sich immer mehr. Zu den in Amerika sehr beliebten Papierfässern traten neuerdmg» die papierenen Gasrohren, Schüssel», Zuckersormen rc.; anderseits hat G- L. Brückmann in Berlin eine verbesserte HerstellungS- weise für papierene Eiscnbahnwagenräder in Vorschlag gebracht. Diese Räder, deren sich auch mehrere deutsche Eisenbahnen (z. B. die Äergisch-Märkische Eisenbahn) bedienen, besiebcn jetzt au» zusammengeprcßien Pappscheiben; Brückmann'S Räder erinnern hingegen an die Papierrollen der Morse'schen Tele graphen-Apparate. Sie bestehen au» einem um einen Kern gewickelten Papierstreisen, welcher während de» Ausrollen» mit Klebestoff bestrichen wird, so daß die einzelnen Wind- düngen fest Zusammenhängen. Die so hergestellten Papier- scheiben werden alSdann getrocknet und bedeutend zusammcn- gcpreßt. Sodann werden die Scheiben mit Reisen versehen und die Achse in die nach Herausnahme de» Kern» ent standene Oeffnung eingelrieben. Eine Pester Papier Erfindung ist da» Kunstleder. Tie Holzfaser wird zu dünnen Platten verarbeitet, welche man mit Fettstoffen durchtränkt, trocknet und so lange zusammenpreßt, bi» sie die Zähigkeit und Dichtigkeit de» Leders erhalten haben. Die Täuschung soll eine um so größere sein, al» die Platten sich anstreichen, lackieren und cbagrinieren lassen. Der Erfinder will Haupt sächlich Schuhabsätze. Brandsohlen, Neisekosfer Schul» mappen u. dergl. au» seinem Kunstleder Herstellen. Auch zur Herstellung der Resonanzböden von Clavieren wird da» Papier in Vorschlag gebracht, namentlich um den Temperatur- Veränderungen und der Feuchtigkeit besser zu widerstehen. 2» Amerika hat die Chicago-Milwaukee-Eisenbahn versuch- weise Eisenbahnschienen au» Papier gelegt. Luch Kuppeln größerer Hallen sind bereit» au» diesem Stofs hergcstellt worden, wie z. B. eine für das Observatarium de» Columbia- Epllege in New-Vork, welche 6 Meter Durchmesser und -.25 Meter Höbe besitzt. ---- LaSkowitz» 1. September. (Schlesische Zeitung.) Der in der Nacht vom 26. zum 27. August zum Au-bruch gelangte Brand des gräflich Saurma'schen Schlosse» zu LaSkowitz dauerte vier Tage und vier Nächte. DaS ganz« Mittelgebäude wurde ein Raub der Flammen. E» wurden nur die Umfassungsmauern und einige Gewölbe er halten. sowie die vier großen Säulen, deren Verbindung mit dem Gebäude jedoch zerstört wurde. Da» Feuer brach im nördlichen Tbeile de» DackcS über dem Saal, wahrscheinlich infolge von Unvorsichtigkeit beim Anbeizrn der kurz vorher gereinigten Luftheizung au». Der Saal und die Treppe wurden zuerst von den Flammen ergriffen und brannten zu gleich mit dem hohen Dach. Der Sturz der hoben Schorn steine brachte da» Feuer sehr bald in die unteren Räume, wo alles vcllständiz vernichtet wurde Ein neuer Anbau mit Capelle und zwei Flügel de» Schlosse» blieben erhalten. Au» La-kowitz und den umliegenden Ortschaften waren Hunderte von Menschen ununterbrochen damit beschäftigt, in dem bren nendrn Schlosse, trotz entschiedener Warnung, zu retten, wa» nur möglich war. Durch diese Aufopferung wurden werth volle Gegenstände, unter anderen einige der kostbqren Oel» qemälde, glücklich und unversebrt den Flammen entrissen. Trotz der bohen Gefahr, welche die in da» brennend« Schloß Einvringenbcn bedrohte, bat keiner der opferwilligen Retter Verletzungen davongetragen. ---- Baden-Baden, da» einstige Eldorado der Spieler und ihre» mehr oder minder zweifelhaften An Hanges, scheint .zur ersten Liebe" wieder zurückgekchrt zu sei» wenn die „Enthüllungen" begründet sind, welche da» „Frank surter Journal" soeben pubiicirt Tri» genannten Blatt dem wir bie-für selbstverständlich die Verantwortung über lassen müsse», w >d nämlich au» Baden-Baden Folgende» geschrieben: „Der srübeie Arrangeur und Leiter der diesigen Feste und Renne». Herr Anvr». gründete in gegenwärtiger Saison mit Erlaubniß des Stadtdrwctors eine» sogenannten „Cercle, welcher, jedenfalls ohne Wissen der Polizei oder de» Staate», hauptsächlich dem Spiellaster fröhnt. All nöcktlich werden jetzt dort ungeheure Summen gewonnen und verloren. E» bedeutet diese» Tripot den Ruin von Baden- Baden; durch die Thätigkcit diese» „Cercle»" wird auch da» Zustandekommen der nächstjährigen Rennen und Feste in Frage gestellt, da in Folge der cursirenden Gerüchte über diese Spielhölle da» Direktorium de» internationalen Club», worunter der Prinz Hermann von Sachsen-Weimar. Gras Festctic, Herzog von Hamilton und andere hohe Herren sich befinden. inSgesammt seine Aemter nictergelegt hat. Hier durch werden natürlich die Interessen unserer Mitbürger gefährdet, da solche immer aus zahlreiche Fremde während der Rennen und Feste rechnen- fall» diese nun auSbleiben, wird die Existenz von Baden-Baden geradezu in Frage ge stellt werden. Wie e» im „Cercle" von Baden-Baden zu gehl. zeigen folgende Beispiele, welche wir au» Gründen der Schicklichkeit und des Anstande» allerdings nicht in ihrer drastischen Thatsächlichkeit wiedergeben können. Bei der letzten RSunion saß die berüchtigte Miß Howard (früher Blumenmädchen, dann Maitresse verschiedener reicher Persvn» lickkeiten, welche sie sämmtlich zu Grunde gerichtet) in einer nicht gut zu beschreibenden Situation bei einem ungen Franzosen, al» die Prinzessin von Solms-Braunsel» mit dem Fürsten BibeSco einlrat. Die fürstlichen Damen waren entrüstet über da» Gebühren der genannten Miß und zogen sich zurück, nicht ohne zuvor den Direktor, Besitzer i «nannten „CercleS", um Ausklärung zu ersuchen, Ivorans lün Herr AnbrS die Erklärung abgab, Laß Miß Howard und der junge Cavalier ein „soeben vcrheirathete» Ehepaar" seien, welche» in den ersten Tagen der Flitterwochen sich befände. Vor einigen Tagen wurden im „Cercle" markirte Spiel karten entdeckt; daraus begab sich Herr Aiidr» persönlich zu einem russischen Cavalier, Gras v. S., in da» Victoria- Hotel, beschuldigte den Russen, welcher letzthin 55,000 ge wonnen hatte, die Karlen in den „Cercle" geschmuggelt zu haben, und rieth ihm, sofort abzureisen. Der Russe er klärte hieraus, die Karten nicht zu kennen, und wandte sich — wahrscheinlich behus» Bcschwerdesührung — an den russischen Consul. ES wird diese Afsaire daher wohl noch vor den Gerichtshof gelangen. Au» diesen zwei Beispielen dürste ge nügend hervorgehen, daß, soll Baden-Baden fernerhin unter den anständigen Curplätzen fiauriren, die Schließung eine» derartigen „CercleS" die erste Bedingung ist." — Heidelberg, 31. August. (XIV. Wauderversammlung de» Deutschen Photographen-Bereia».) Ja der dritten und letzten Sitzung am Sonnabend hielt HerrBelitzki-Nordhausea einen interessanten Bortrag über da» LmulsionSversahren; außerdem wurde beschlossen, daß die nächste Jahresversammlung in Brauu- chweig statifindea soll. Wegen de- eiageireienen Regenwetter» mußte leider da» BergnügungSprogramm beschränkt werden; es fand nur eine Besichtigung des Schloßinneru und der städtische» Samm- lungen daselbst unter der sachverständigen Führung de» Herrn Rath May» statt. Wegen de» Regenwetter» mußte auch die aus Sonntag Nachmittag geplante Fahrt nach dem Kümmelbacher Hos und Ruck- fahrt per Kahn aus dem Neckar ausgegeben werden. Statt dessen versammelte man sich im Restaurant Ickrath, wo die Verkündigung der Lommissions- und PreiSgerichiS-Urtheile ftattsand. Demnach erhielt au» der Kindermannstistung die goldene Medaille: Wetteru Hamburg; die silberne: Fräulein Culie-Frankfurt; die broncene: Ernst I. Müller-Reicheuberg in Bülimen. Der Ehrenpreis der Steinheilstiftung wurde v. Flottwell.Magdeburg, der aus der Mer- tinististung Dittmar-Landshut (Bayerns zuerkannt. Aus den allge- meinen BereinsauSschreibungen wurde keine goldene und keine silberne Medaille verliehen. Broncene Medaillen erhielten für Portrait: Rus-Freiburg und Mannheim, Strater-Lreseld. Tellgmann-Mühl- Hausen, Fräulein Eulie-Franksurt; sür Momenlausnahmen (Portrait und Landschaft): Uhlenhut-Loburg; sür Landschaft: Lanae-Heidel- berg. Vereinsdiplome wurden zuerkannt an: Aug. Best-Rostock in Mecklenburg, Max Schaller, Amateur der Photographie in Siutigort, Obernctter zun.-München, Dittmar-Landshut (Bayern), Jean Schmidt- Frankfurt a. M., Schulze-Heidelberg, Pauli L Co.-Heidelberg, iudols-Hos. Außerdem erhielt eine broncene Medaille für Photo- typische Arbeiten und Reproduktionen: R. Schuster. Berlin. Für vorzügliche Ausführung photogravbischer Utensilien wurde auSge- zeichnet mit einer bronccnen Medaille: Münchenhaqen-Bcrlin, durch ein Diplom: O. Schröder-Berliu und Aug. Spangenberg-Welsleben (Provinz Sachsen). — Nachdem hiermit der ossicielle Schloß der Wauderversammlung stat:geiu»den, blieb man bei behaglicher Unter- haliung, welche durch Borträge und Musik belebt wurde, beiiammco, bi- Abends gegen neun Uhr, nachdem sich da- Wetter glücklicher Weile aufgeklärt hatte, die Schloßruine in bengalischem Lichte er strahlte, ein Anblick, welcher nicht verfehlte einen gewaltigen Ein- druck aus die Festtheilnchmer zu machen und der als würdiger Schluß der Wanderversainmlung dazu beitragen wird, Alt-Heidelberg den Festgenossen unvergeßlich zu machen. — Au» Rhein Hessen, 2. September. In Waldülber» heim (Kreis Oppenheim) wurde am verflossenen Sonntag ein grauenhaftes Verbrechen verübt, da» aus religiösen Fanatismus zurückzusühren ist. Eine aus 7 Personen bestehende, der Mennonilengemeinde angehörende Familie, Stallmann mit Namen, hat nämlich in einem ihrer Angehörigen, einem Mädchen von 24 Jahren, den Teufel erblickt und um letzteren auSzurotten das Mädchen ermordet und deu Leichnam in eine Psuhlgrubc geworfen. Al» sie später di« Leiche ver scharren wollten, wurde die That entdeckt. Wie die „N. W. Z." und die „LandcSkrone" melde», ist die ganze Familie in da» Irrenhaus gebracht worden. — Köln, 2. September. In der Apostelkirche spielte sich heute Vormittag eine aufregende Scene ab. Es war gegen 8 Uhr. da» GotteShauS war von zahlreichen Leuten besucht. Unter diesen befand sich ein Mann, weicher zuerst ruhig in einer Bank saß und betete. Plötzlich stand er au und begab sich an den Hochaltar, schlug dort mit einem Fauflschlage da» große Crucifix herunter, so daß e» in Stücke brach, erfaßte dann die Meßtabelle und warf sie ebenfalls zu Boden. Schon hatte er den Schlüssel de- Tabernakels er griffen, als ein Herr hinzueilte und ihn vom Altäre weg lockte. Nun holte man mehrere bei den Reparaturarbeiten an der Kirche beschäftigte Arbeiter herbei, welche den Menschen zu ergreifen versuchten; doch der erste, der sich ihm nahte wurde von ihm so unsanft gegen einen Kirchcnstubl geworfen daß eine an diesem befindliche Eisenstange sich krumm bog Schleunigst ries man darauf die Feuerwehr zur Hilfe, welche den Mann — es war ein Wahnsinniger — überwältigte und knebelte. Darauf wurde er nach dem BürgcrhoSpital geschafft. — Der bekannte, am Wiener Hosburqtheater rnAagirte Schauspieler vr. Rudolf Tyrolt veröffentlicht m den „Berliner Monatsheften" eine ungemein anschaulich geschriebene Studie über die Thätigkeit Heinrich Laube'» als Regisseur. Die von diesem befolgten Principien können allen Directoren als Richtschnur dienen. Vr. Tyrolt schreibt! Laube'S Tbättgkeii aus den Proben ist seine hervorragendste, ist seine eminenteste gewesen; bezüglich de» Stücke-, wie bezüglich der Schauspieler. Aus der Probe entsaftete sich das Theatertalent Laube'S in sörderndster Weise uud in seiner ganzen Eigenartigkeit. Mit welcher Gewissenhaftigkeit, wit welchem Fleiße, mit welcher unermüdlichen Geduld er ein Stück inscenirte, möchte ich im Nach stehenden erzählen. Die Rollen eines zur Aufführung vorbereiteten Stückes besetzte Laube selbst. Doch ließ er sich diesbezüglich von den Regisseuren Vorschläge machen, hörte ans etwaige Wünsche und Einwendungen de« Autor«, ja selbst einzelner seiner Schauspieler, denen er genügende« Berständniß zutraute. Lin sogenannte« „Fach" kannte er nicht. Wo er eS anerkennen mußte, gab er seinem Widerstreben rück- haltlose Worte. Man war bei Laube als „Schauspieler" cngagirt und im gegebenen Falle sollte die Individualität des Darstellers ent- scheiden. Es konnte daher Vorkommen, daß der Komiker mit einer ernsten und umg-kebrt der ernste Darsteller mit einer humoristischen Rolle ab und zu betraut wurde. Um das Einsetzen der betreffenden Scbausvieler kümmerte er sich wenig. Experiment!«» war seine Luft: sie entlvrang aus seinem nie genug befriedigten Schaffens- und EntdcckunqStrieb. Wie gesagt, Laube exverimentirte seur gern mit innen Schausoielern; inwieweit die- der Sache selbst Bor- oder Nach, tdeil brachte, fühle ich mich nicht berechtigt zu beurtheilen. Jeden- falls kann nicht geleugnet werden, daß dies zumeist mit glücklichem, manchmal iognr mit überraschendem Erfolge geschah. Den Beginn der Proben machte di- Leiung des SlückcS in Gegenwart sämiiillicher d«t» beschäftigter Mitglieder, Souffleur. Jaspicieot. Lapellmeister nnt inbegriffen. Laube las lehr gern eine oder die andere Haupt rolle, »der besonder- interessante Episoden. Da ssr ihn der Ein druck. den da« Stück b«i dieser Leseprobe ans ih» und die übrigen Zuhörer machte, von größter Bedeutung war, verlangte er die ge- oaniitestk Aufmerksamkeit und peinlichste Ruhe, die selbstverständlich nie ousblieb, wenn er selbst los. Wie Laub- ein vorzüglicher Sprecher, war er auch ein ausgezeichneter Vorleser; er konnte Thränen entlocken und al» Komiker zwerchfellerschütternd wirken. Laube lese» zu höre», war ein großer Genuß. Nicht- konnte ihn mehr irritiren, als ein dem Charakter der Nolle nicht entsprechendes Lesen seiner Schauspieler. Halle nun das Stück auf der Leseprobe „gewirkt", wie Laube zu sagen pflegte, da- heißt, hatte cS zu Hoffnungen berechtigt, so wandcrte es au- dem Saale aus die Bülme. Laube bielt zumeist von einer großen Tragödie, bei welcher Comparseri beschäftigt war, acht bis zehn, bei einein aus das Solopersonal beschränkten neuen Schau- oder Lustspiel sechs bis acht Proben. Er kannte da- Stück, wenn er aus die erste Probe kam, ganz genau und hatte in seiner Phantasie den lcenischen Auibau desselben sestgestellt, waS ihn jedoch keineswegs hinderte, aus späteren Proben, ja selbst noch ans der letzten, der Generalprobe, Aenderungen eintretcn zu lasse». Ein Buch sah man nur aus der rrsten Probe in seiner Hand — er controlirte das gesprochene Wort seiner Schauspieler — dann legte er cS weg und nahm cS höchstens wieder an sich, um zu — streichen! Die ersten zwei Proben waren für Laube nur OrientirungSproden; er „stellte das Stück", das heißt, er ordnete Ab- und Zugänge an, kurz er befaßte sich mit dem äußeren Apparate, dem er bekanntlich mit Absicht keine besondere Aufmerksamkeit schenkte. Aus der ersten Probe brauchten Laube'S Schauspieler ihre Rolleu noch nicht fest memorirt zu haben. Er selbst sogt darüber in seinem „Norddeutschen Theater": „Ich habe immer gesunden, daß die Worte richtiger und schlagender eingelernt werden, wenn der Schauspieler auch äußerlich aus dem Theater die Situation kennen gelernt hat, in welcher er prechen muß. Es wird dann sein Memoriren lebensvoller, ich möchte sagen unmittelbarer. Das abstracte Wesen mit seiner Stets- beit und seine» unvermeidlichen Jrrthümern gegenüber den realen Dingen kommt nicht auf. Sitzt das Eingelcrnte nun schon fest, dann stößt die nothwendige Veränderung ans Schwierigkeit. Das Umlernen ist aber dem Schauspieler das Allerbeschwer lichste." Wenn eS Zeit und Umstände gestatteten, so ließ Laube nach den ersten Proben einige Tage vergehen, bevor er zu den weiteren chritt. Der Schauspieler, der so aus der Leseprobe das Stück als Ganze», seine Rolle als Einzelnes und als solches im Verhältnisse jum Ganzen, ferner aus deu ersten Theaterproben das Aeußerliche >er Sceue dcS Stückes kennen gelernt hatte, schritt nun zum Memorirea und zur Ausarbeitung seiner Rolle. Aus der zunächst salzende» Probe befaßte sich Laube sowohl mit dem Stücke wie mit den Darstellenden. Alle- nach seiner Meinung Unnütze, Nebensächliche, nicht streng zur Handlung gehörige oder dieselbe nur Aulhaltende wurde mit rücksichtsloser Strenge ausgemerzt. Laube war tu solchem Falle unbarmherzig und sah manchen Autor die Häude über den Kops zusammenschlagen, wenn der Rothstift des grimmen Alten, ganze Seiten streichend, durch sein Stück flog. Sehr häufig war eS ja doch nur eine scheinbare Grausamkeit des PraktikersI Laube nannte die-: ein Stück aus seinen kürzesten Ausdruck bringen. DaS wollte er bet jedem Stück er reichen! Als ich einst, von Weimar kommend, ihm erzählte, daß ich in der dortigen Hosbibliothek einen Brief Wieland'- an den Großberzog gelesen, worin Wieland, über „Don Carlo-" berichtend, etwa Folgendes sagt: „Ich anerkenne das mächtige Talent Schiller'-, doch schreibt er, wie alle jungen Dichter, zu viell Wenn ich bedenke, daß ein Act fast so lange dauert, wie eine ganze SophokleS'sche Tragödie — so frage ich, wo werden wir die Schauspieler finden, daS zu spielen, wo daS Publicum, da- zu hören .... Da glitzerten Laube'S blaue Augen in strahlender Freude und er rirs: „Der Wieland hatte ganz Recht — den Brief sollte man drucken lassen!" Bezüglich der Darstellung ließ sich Laube auf den erste«» Proben, die Intentionen der einzelnen Darsteller beobachtend und prüfend, das Stück einfach Vorspielen. Nur wenn ihm dieselben falsch erschienen, griff er ein und begann aus den nun folgenden Proben die Ausarbeitung der einzelnen Scenen, wie der einzelnen Rollen. Er legte den Schwerpunkt der dramatischen Darstellung aus die Rede und ihren Aufbau; auf das Wort. „Verstanden muß der Schauipieler vor Allem vom Publicum werden — nur dann hat dasselbe einen GenußI" Die» war seine erste Regel und Forderung. WaS nun die Ausarbeitung der Scenen anbetrifft, belebte er die selben und machte sie verständlicher durch treffliche Zusätze oder Ab kürzungen; er verlieh der Rede Nachdruck durch eia eiugeschobenes Wort, durch eine passende Geberde; er machte den Patt der Naiven pikant durch reizende Nuancen und stattete die Rolle des Komikers mit den drolligsten und wirksamsten Späßen au»; ja, er spielte seinen Mitgliedern mitunter selbst ihre Rollen vor. Die letzten Proben benutzte er sür da- Ensemble und sür die Comparjette. Seiner Auf- merksamkeit bei der Probe entging nicht das Geringste; eia aus Unrechtem Platze stehender Statist wurde von ihm sofort bemerkt und gehörig ver donnert. Es kommt die Generalprobe. Nun schreitet das fertige, auSgearbeitete Stück zum letzte» Male an ihm vorüber, was — wie gesagt — gar nicht hinderte, daß noch im letzten Augenblicke eine ihm besser und wirksamer dünkende Aenderung eingeiührt oder eine den Schluß elwa aushaltende Scene gelegentlich gestrichen wurde. So wuchsen unter Laube'S Führung das Stück, das Eniemble, die Darstellung und die Darsteller selbst. Er wußte die Schauspieler durch sein kurzes, schneidiges Commandowort uicht nur trefflich zu führen, sondern auch zu begeistern. Aus sciuea Proben ging» ver dammt ernst zu. und doch verschloß er einem treffenden Scherzwort niemals die Thür. Er selbst lieferte eine Unzahl humoristischer BühnenauSsprüche, die sich in der Schauspielerwelt von Mund zu Mund sortpslanzrn werden. Sein ausdrucksvolles Gesicht war sür seine Mitglieder ein Barometer; jeder wußte, wann heitere-, wann stürmisches Wetter kam. Seine blauen Augen konnten lächeln, wie Sonnenschein, und drohend grollen, wie Gewittersturm. -- Ob er zu frieden war oder nicht, konnte man von seiner Stirn lesen; seine Mitglieder konnten darüber nie im Zweifel leben! Hunderten von Schauspielern hat er den Weg gewiesen, Talente hat er er- muthigt und gefördert, sie mitunter aus der Verborgenheit empor- gczogen, manchmal sogar geradezu gegen den Widerspruch der öffent liche» Stimme gehalten, bis daS von ihm erkannte Können allseitig« Anerkennung fand. ---» Unter der Ucberschrist „Fremde Seeleute aws englischen Schissen in Kriegszeiten" schreibt die „Weser-Zeitung": Wenn England wieder in einen europäischen Krieg verwükelt wird, wird eine wichtige Frage an die Negierung herantreteu be- züglich der Stellung einer beträchtlichen Zahl Freiader, welche z. Z. in verschiedenen Eigenschaften an Bord englischer Schisse dienen. Das Berbältniß auswärtiger z» britischen Seeleuten, ab- gesehen von den Schiffssührern selbst, ist allmulig, ober ständig fortschreitend von 4.2 Proc. im Jahre 1651 aus 16.17 Proc. 1664 gestiegen. Das sremdc Element ist vorwiegend auS Schwede», Nor wegern und Deuischcn zuiammeugeietzl mit einer geringen Bei mischung von Italienern und Franzosen, und befindet sich haupt sächlich unter der Mannschaft der Segelschiffe. Der plötzliche Abgang einer großen Zahl von Seeleuten, welcher bei Ausbruch von Feindseligkeiten zwilchen England und irgend einer der europäischen Mächte unzweifelhaft ersolgen wird, ist mit Nachdruck als ein Grund gegen die Anstellung von Fremden unter der englischen Flagge überhaupt betont worden. Abgesehen von dielen Unzuträqlichkeiten würde sich aber eine Frage von noch weit größerer Wichtigkeit ouiwersen hinsichtlich der Stellung von solchen Unterthancn einer seindlichcn Macht, welche durch abgelegte Examina Anstellung als Beamte oder Osficie« an Bord britischer Schiffe erhalten baden. In einigen Beziehungen und beionders in dem Handel mit der Lstiee, scheinen sremde Seeleute die englischen völlig überflüssig zu machen. Die maritime Bevölkerung von Norwegen, Schweden und Dänemark scheint z. B. fähig zu sein, Seeleute und Osficie« ab zugeben, welch: an Berusssähigkeit den Engländern in keiner Be- Ziehung nachsteheo, aus der anderen Seite aber ganz uenncnswerthe Vorzüge besitzen. Ihre Erziehung ist sehr häufig eine weit bessere al- die britiicher Osficie« aus gleichem Stande, nainentlich macht sich dieses in Bezug aus Svrachkeuntnisje, die einen wichtigen Factor bilden, sehr fühlbar. In England hat man noch nicht den praktischen Nutzen dieser sprciellen Qualification erkannt und man wird in dieser Sache noch trübe Erfahrungen machen. Es ist zu natürlich, daß Schifsseiqentbümer Leuten den Vorzug geben, welche ihre ge schäftliche» Angelegenheiten in fremden Häsen mit der größten Oekonomie und Geschwindigkeit abwickcln können; wenn daher die englischen Seeleute bei Nachiuchung von Beschäftigung aus Schiffen, welche viel sremde Häfen anlansen, vielfach zurückstchen müssen, so ist ihnen diese- selbst zuzuschreiben. Thalsache ist, daß eine bedeutende Zahl fremder Unterthanen vom Board os Trade auSgcstcllle Zeugnisse besitzen und alS Cnpitainc oder Steuerleute unter britiicher Flagge anacstellt sind. Nach englischen Gesetzen sind sie berechtigt, diese Certificate ebenso zu erwerben wie britische Untertbanen, und einmal >m Besitz der selben, steht ihnen auch das Recht zu. Alles jzu thun »nd zu lasse», wozu diese Zeugnisse sie aulorisirleii. Zur Frikdens- zeit bringt diese Sachlage allerdings keine praktiichen Un- Zuträglichkeiten mit, »n Falle eines Kri-gsau-bruches kann sie aber höchst fatal werden. So viel bekannt ist, ist in England noch kein Beschluß gelaßt. in wieweit eia Kriegsausbruch die Stellung solcher Beamte beeinflussen kann. Mit Ausnahme des Krimkriege» ist England während der jetzigen Generation nicht in eine» europäischen Lonflict verwickelt gewesen und, da die Anstellung fremder Oisiciere eine ganz neue Einrichtung ist, so ist die obige Frage auch erst ganz kürzlich ausgelaucht. Es ist aber gewiß, daß diejelbe bei dem Ereignisse eines Kriege- zwischen England und irgend einer der nördliche» Mächle Europas erwogen werden muß. Bräche z. B. ein Krieg zwischen Deutschland und England auS, so besteht in den englischen Gelesen kein Titel, welcher einen deutschen Untenhan, der sich im Dienste aus einem englischen Schiffe befindet, zwingt, seine Stellung auszugeben. Ein Osficier in solcher Stel lung wird sich in einer sehr ungemüthlichen Lage befinden, wenn sein Schiss zufällig von einem Kriegsschiff seines eigenen Vaterlandes verfolgt würde. Was seine moralische Pflicht unter solchen Um ständen wäre, ist keineswegs klar, und würde ein Problem sür Caiuistiker bilden, ebenio ungewiß ist eS, zu sagen, was seine Pflicht vom praktischen Standpunkte au« bettachtet sein würde. Wenn er keinen Versuch machte, sich zur Wehr zu setzen oder auszurcißen, würde er Alle» verwirken, während er, wenn er sein Möglichstes tdäte, eine Gefangennahme zu vermeiden, Gciahr lausen würde, als Verräther erschossen zn werde». Diese Frage, welche zur Zeit in England vielfach erörtert wird, ist auch nicht ohne Einfluß aus die deutsche maritime Bevölkerung. Wie viele deutsche Seeleute sind nicht aus englischen Schiffen beschäftigt und wie viele giebt e», die sich, um sich von der Militairpslicht zu drücken, Jahr au» Jahr ein ans ausländischen Schiffen befinden? Sind erst hierüber gesetzliche Bestimmungen vorhanden uud wird es mi: der Zeit eia uteraalionales Gesetz, daß Seeleute nur unter gewisse» Bedingungen aus außerbrimischea Schiffen diene» können, so wird auch eine solche Regelung segenbringend für die deutsche Handel»- und Kriegsmarine werden. — Rom. 29. August. In den letzten Tagen wurde in einem zu dem vatikanischen Garten gehörigen kleinen Hose, dem Cortile della Pigna, eine große Säule aus afrika nischem Marmor ausgestellt, durch welche daS Andenken oeS ersten ökumenischen ConcilS im Vatikan verewigt werden soll. Die Säule wird von einer Sanct Petrus bar- iellenden Statue gekrönt und daS Pievestal wird mit bron zenen Basrelief», verschiedene Scenen au» dem Concil dar- tellend, geschmückt werden. Die Ausstellung der Säule wurde unter der Leitung de» Architekten der apostolischen Paläste. Herrn Manucci, auSgesübrt. Die Denksäule, ivelcbe eine Höhe von mehr als 25 Meter erreicht, überragt das Dach de« ValicanS und ist weithin sichtbar. Ursprünglich war der Platz sür die Ausstellung diese» Denkmal» aus dem Berge Montorio bestimmt worden, ein Boden, der von dem Blule de» obersten der Apostel gefärbt wurde und somit die ge eignetste Stelle für ein solche» Denkmal bildete. Cs war denn auch schon der Grund sür dasselbe an diesem Platze ge legt und einzelne Tbeile der Säule dahin gebracht worden, als die gegenwärtige Regierung die Ausstellung des gedachten Monumentes daselbst inhidirte und den Platz sür ein Denk mal Garibaldi'» bestimmte. — Schweizer Hotelpreise. Der Wirth deS Hotel Bellevue in Ändermatt hat eine Erklärung erlassen, welche sich gegen eine Correspondenz der „Bossischen Zeitung" wendet, worin unter Anderem gesagt wurde, der deutsche Kronprinz habe für fünf Wagen von Göschenen uach Anvermatt 600 Fr. bezahlen müssen. „Hieran ist, wie der betreffende Wirtb schreibt, auch nicht ein Wort wahr. Nicht nur süns, sondern zwölf Wagen mußte» ge liefert werden, nämlich zwei Bierspänner, drei Zweispänner, zwei Dreispänner sür die Herrschaften, zwei Vierspänner, zwei Drei spänner und «in Zweispänner sür da» Gepäck, im Ganzen also 12 Wagen mit 36 Pferden und 12 Kutschern. Da ich selbst nicht so viele Pferde besitze, al» erforderlich waren, wir zudem Mitten in der Saison standen, war e» außerordentlich schwierig, die nöthigeu Pser'oe zu beschaffe» und mehrere Zweispänner konnten nur von sremden Kutschern erhalten werden, welch«» ich — da sie den ganzen Tag verlieren mußten — indem sie keine wetten Tour mehr ao- ncdmea konnten, auch sür deu ganzen Lag zu zahlen hatte, mit je 50 Fr. Wegen der großen Masse Gepäck, welche» speditt werden mußte, war ich genöthigt, in Göschenen sechs Mann ertta anzn- zustellen, um beim Ausladen behilflich zu fein, ebenso in Andermatt zum Abladen. Und sür all diese» forderte ich 500 Fr. Wenn ich meine Auslagen sür Beschaffung der sremden Pferd«. Kutscher and Gehilfen berechne, sowie berechne, daß ich meine eigene» Pferde an jenem Tag» zu keinen anderen Fahrten hergebea konnte, während ich sie sooft in der Saison täglich zu verwenden Gelegenheit habe, so bin ich mit deu 500 Fr. kaum für meinen Verlust gedeckt k Im Ferne«» berichtet da» benannte Berliner Blatt, der Kronprinz und die Kronprinzessin seien sehr wenig entzückt gewesen über ihren hiesigen Aufenthalt wegen den horrenden Rechnungen, welche sie hätten bezahlen müssen. — lieber die Unwahrheit giebt am besten Folgendes Ausschluß: Die hohen Herrschaften hatten zuerst sür eine Woche fix bestellt uud die Preise durch den Hosmarschall zum Voraus mit mir abgemacht. ES kauo also schon deshalb von einem „Ueber- sorderu" und „Aeudern der Preise" keine Rede fein. Der Ausland verbietet mir, deu Prei» z« nennen, welcher mir per Tag bezahlt wurde; er war außerordentlich bescheiden sixirt. ES wurde jede Woche bezahlt und der Kronprinz würde also, wenn er nicht zufrieden gewesen wäre, schon uach der ersten Woche verreist sein. Statt dessen hatte ich die Ehre, daß derselbe bi» in die dritte Woche in meinem Hotel verblieb. Bei der Abreise verlangte der Kronprinz extta mich noch zu treffen, reichte mir die Hand und richtete die mich und mein Hotel ehrenden Worte vor allen Anwesenden an mich: „Unserem vorttefflichen Wirthe meinen besten Dank. Wir waren in jeder Beziehung ausgezeichnet zufrieden. ES ist daS dritte Mal, daß ich bei Ihnen abgestiegcn bin, ein Beweis, daß eS mir bei Ihnen gut gefallen." — Auch die Fron Kronprinzessin hatte die Güte, einige liebenswürdige Abschiedsworte an mich und meine Familie zu richten. Diese Anerkennung genügt mir...." — lieber die Zustände in Spanien gilbt folgender, der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" zur Verfügung ge stellter Brief einer dort lebenden deutschen Frau an ihren in Siegen lebenden Vater charakteristischen Aufschluß: „Bis jetzt geht kier zu C. Alle» gut; daß ganz in der Nähe, zu L., 2 Cholerasälle sollten vorgckommen sein, war mal wieder leere» Geschrei; 2 alte Damen daselbst starben rasch, aber er wiesenermaßen keineswegs an der Cholera. Ganz kürzlich nun endete, säst dicht an unserem Hause wohnend, eine Witlme, Mutter zweier Töchter. Längere Zeit war diese Frau brust- lecdenv und da sie plötzlich sehr erkrankt, wird der Arzt ge rufen; es war Sonnabend Abend. Sonntag Morgens starb die Frau und da hieß e» sofort, der Arzt habe ibr Gift ge geben, um die Cholera zu constatiren. D>e älteste Tochter lief aus die Straße, geberdctc sich wie eine Wahnsinnige und schrie: „Schuft, Schuft, wo ist der Giftmischer, er hat meine Mutter getödlct!" DaS war ein schrecklicher Tag sür mich, besonder» da Karl (der Mann der Briefschreiberin) nicht hier war. Alle Menschen versammelten sich vor dem Sterbe- und unserem Hause; man ries die Richter unv andere Aerzte und die Todte wurde zum Kirchhofe gebracht, um sie zu öffnen. Denke Dir, man halte einem Kaninchen den HalS zugedrückt und gesagt: e» sei auch capul gegangen, nachdem man ihm von der Arznei gegeben. E» erschienen bann die Richter und auch der Apotheker wieder. Letzterer trank fast den ganzen Rest der Arznei >» Gegenwart der Familie an»; eS war, wie er und der Arzt cmrsagten, eine ganz leichte Medicin, eine Erfrischung. Der Arzt sagte aus, gewußt zu haben, daß die Frau nur noch Stunden zu leben habe, wa» er auS Schonung für die Töchter denselben jedoch nicht gesagt. Bei der Oessnung hat sich ergeben, daß die Verstorbene schon schwindsüchtig gewesen und eine Gehirnerweichung gehabt. Du kannst Dir den Skandal nicht auSdenken; die Leute der unteren Stände glaubten sicher, die Frau fei vergiftet; man schrie über die Straße: Man bringe den Arzt, daß er die übrige Arznei trinke, man lasse die Menschen eine» natürlichen TodeS sterben! Der Toclor, Antonio ESpinosa, hat die Familie verklagt »nd könnte der ältesten Tochter vielleicht ZucbkkauS erblühen. Viele Kranke, welche A. E. zum Arzte haben, haben die Arznei sort- geschüttel au» Furcht, sie würden vergislet, und man fordert die Aerzte aus. nur Pillen zu verordnen, da man glaubt, in diese könne kein Gist gemischt werden. Da hast Du einen Begriff von den Menschen hier." -- Der russische Kaiser Alerander Hl, so schreibt einer der Festberichtcrstalter au» Kremsicr, ist eine Hobe, krallige Gestalt von ziemlicher Körperfülle, welche in der eng anliegenden österreichischen Uniform doppelt hervortritt. Die Gesichtszüge sind in den letzten Jahren etwas breiter ge worden. Da» blaue Auae in früheren Jahren meisten» un»
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