Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-24
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188509249
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850924
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850924
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Textverlust, Seiten beschädigt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-09
- Tag1885-09-24
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1885
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Gkfchkittt täglich früh 6»/, Uhr. »r»«tson »it Li»eöM«u Johaunesgasse S. -Prrchkun-kn der Lrdacti«» vormittags 10—18 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. »—'LttllSLALWr' >«uch»e »«r fme »i, nächsttnlpe»»« «»»»er In «ernte «, »schriitn,«« »i« L Uhr »»«»tttnn«. «»kan»-»»» Sestt»,e> früh »t»'/,» Uhr. 2» de« FUislr« skr 3»s.-^»«Lh«e: Ott» kl»«». tUttverfilälsstrah« 1. Lol« Lösche, KMhariurnstr.»,p. ,«r »t« '/.« Uhr. cMger Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. L«7. Donnerstag bm 24. September 1885. Meß-Auflage I»,SS0. .vvonnemenlsorris viertel;. 4', Mk. mcl. Bringenohn 5 Mk„ durch die Post bezogen K Mk. Jede einzelne Nummer L0 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne PoftbesSrderung 39 Mk. «t» Poftbesörderung 48 Mk. Inserat» egespaltene Petitzeile 20 Pf. »rührre Lchnste» laut uns. PreiSoerzeichaib. Tabellarischer ». Zisterniatz nach höderm Tarif. Lttlmnen »Mer de» Rrdarttonsftrich die4g«spalt. Zell« 50 Ps . vor den Familieunachrichten die Kgripaltene geile 40 Ps. Jnirrate sind stet« an die Expeditta» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben, gahlaog prneoiunernvüo »der dura, Post- »achaahme. 79. Jahrgang. Bestellungen ans das vierte Quartal 188» des Leipziger Tageblattes (Auslage L8,I<X>) wolle man möglichst bald an die Unterzeichnete Expedition. Johannesgasse Nr. 8, gelangen lasten. Außerdem werden von sämmtlichen hiesigen Zeitungsspediteuren Bestellungen auf das Tageblatt angenommen und ausgeführt. Auswärtige Abonnenten müssen sich an das ihnen zunächst gelegene Postamt wenden. Der Abo«ue«eut-prei» beträgt pro Quartal L Mark SV Pfennige, inclusive Bringerlohn S Mark, durch die Post bezogen « Mark. Für eine Extrabeilage sind ohne Postbeförderung 39 Mark, mit Postbeförderung 48 Mark Beilegegebühren unter Vorausbezahlung zu vergüten. AI Preis der JnsertionSgebühren für die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfennige; für DA Reclamen aus Petitschrift unter dem Redactiousstnch die 4gespaltene Zeile 50Pfennige, vor den Familiennachrichten die 6 gespaltene Zeile 40 Pfennige. Größere Schriften >1 werden, gering abweichend von dieser Norm, nach unserm PreiSverzeichniß, AI tabellarischer und Ziffer-Satz dagegen nach höherem Tarif berechnet. Rabatt wird I » nicht gegeben. Zahlung prAsmuusrkuiäo oder durch Postnachnahme. > I lW. Jns„ate müssen an die Expedition (nicht Redaction) adressirt werden. Das Tageblatt wird früh 6V, Uhr ausgegeben und enthält die bis zum vorhergehenden Abendeingelaufenen wichtigsten politischen und Börsen-Nachrichten in telegraphischen Original Depeschen. Es aiebt ein anschauliches Bild von allem Wistenswerthen auf den verschiedenen Ge bieten des öffentlichen Lebens und behandelt die Tage-sragen der inneren und äußeren Politik in populären Artikeln mit größter Ausführlichkeit. Das Tageblatt berichtet über die localen und sächsischen Angelegenheiten in eingehender Weise und referirt über Theater, Musik, Literatur, Kunst und Wissenschaft. Die Verhandlungen des Reichstages und des sächsischen Landtage- erscheinen in ausführlichen Originalberichten. Mit seiner „BolkSwirthschastlichen Beiloge" bildet es zugleich das größte Handels- und Börsen blatt Sachsens. Es bringt namentlich auch sämmtliche wichtige deutsche und überseeische Handel« berichte. Außerdem erscheinen im Leipziger Tageblatt die vollständigen Gewinnlisten aller Elasten der Königlich Sächsischen LandeS-Lotterie und die Nummer-Verzeichnisse der ausgeloosten Königlich Sächsischen Staatöschuldscheine« Leipzig, im September 1885. Amtlicher Theil. Nachdem die Plagwitzer Brücke dem Fährverkehr wieder übergebe» worden ist, wird nunmehr der laut unserer Be kanntmachung vom 10. Juki d. Ä. für den Verkehr mit schwerem Fuhrwerk sreigelasiene Weg »«tsche« der heilige« Brücke «nd der alten Ratbsziegelel für schwere- Fuhrwerk von heute ab wieder gesperrt. Leipzig, den 2l. September 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. l>r. Georgi. Hennig. Der Handarbeiter Johann Friedrich Hubert auS WeihenselS, welcher in den letzten Jahren in der Um gegend von Leipzig sich aufgehalten hat, und welcher seit 1882 von seiner hier oer öffentlichen Unterstützung anheimgefallenen Ehefrau Friederike Hubert geb. Keller getrennt lebt, ist über seine Aufenthalt-Verhältnisse und die Art der Trennung von feiner Ehefrau gemäß tz. 17 de« UnterstützungS-Wohnsitz- Gesetze« vom 8. Juni 1870 zu befragen. Wir bitten, fall« der jetzige Aufenthaltsort Hubert'S be kannt sein sollte, unS denselben gef. umgehend mitzutheilen oder die Befragung deS Genannten in obengedacktrm Sinne gef. selbst vorzunehmen und das Resultat un« mitzutheilen. Leipzig» 18. September 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) Ludwig-Wolf. Dolge. Allbekannter Leichnam. Am gestrigen Tage ist im Rosenthale an der zum Reuen Schützenbause sühreuden Brücke der Leichnam de« nachstehend be schriebenen, unbekannte« Mannes im Slfterflusse gesunden und polizeilich ausgehoben worden. Nach ärztlichem Gutachten hat der Leichnam etwa 3 Tage im Wasser gelegen. Wer über die Persönlichkeit de« Todten Angaben zu machen Vermag, möge sich ungesäumt aus dem Unterzeichneten Polizeiamle melde», woselbst auch die Kleidung de« Tobte» besichtigt werden kann. Leipzig, am 21. September 1885. Das P»>izci-«mt der Sta»t Bretsch neider. vr. Daqler. Beschreibung: Alter: 50—60 Jahre; Stand: anscheinend Handarbeiter; Größe: 1.61 m; Stirn: gewölmlich; Augenbrauen: danket; Augen: braun; Nase: groß; Muud: breit; Barl; rasirt; Zähne: desect; Gestalt: kräftig. vesoderrskenniriche»: «rstze Blitze, vo» dünnem, dnnklem HNar umgeben. Bekleidet war der Leichnam mit grangestretftem baumwollenen Hemd, baumwollenen Sirümpfen. sowie dunkler Sioffweste und ebensolchem Beinkleid. Ei» Nock wurde nicht vorgesuaben. Bekanntmachung. Die Herste«»»« eurer gepflasterte» Zufuhrftraste von der G»HIis-Leipziger Straße nach dem Lazar-ihgrundstück soll an den Mindestsordernde» vergeben werden, Koftenanschl.q »nd Lontracl» bedingungrn liegen an nnlerzrichaeter Stelle aus. Offerte» mit dem vermerk: „knffttzrftratze" sind bi« 28. September ».« Nachmittag« tz Uhr anher abzngebea. Leipzig. >1. September 1885. kö,i,l. »ar,iso-L«t«rrt» Bekanntmachung. Unterm heutigen Tage ist die Herrn Larl Georg Peter Srnst Strack hier ertheitte Concession zur gewerbsmäßigen Beförderung von Schiff-Passagieren jeder Art nach überseeischen Häsen und Abschließung von SchiffScontrcicten im Aufträge der Nieder ländisch-Amerikanischen DampsschifssahrtSgesellschasr zu Rotter dam und deS obrigkeitlich concessionirten SchissS-Expedienlen Herrn Eduard Jchon in Bremen aus Ansuchen und nachdem Herr Strack die diesbezügliche Bevollmächtigung nachgewiesen hat, dahin erstreckt worden, auch im Australe der obrigkeitlich concessionirten SchiffS-Expedienten und Schiffsmakler Herren Pearson L Langncsc in Hamburg derartige Verträge abzn- schließen, waS hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird Leipzig, am 10. September 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Renker. Bekanntmachung. Die nicht öbuugvpftichtigcu tfrsatz-Reservisten 1. Llaffe des Jahrgangs 1880 werden hierdurch ausgesordert, vom 1. Oktober ». o. ab behuss Uebersührung in die 2 Elaste der Ersatz-Reserve die Ersatz - Reservescheine »n den Bezirksseldwebel Böhme in Leipzig, Kronprinzstraße Il8ö, HI. rechts, ai'zugeben üöiitglichr« Landwehr»Bezirk«-tzommando Leipzig. Die sür Donnerstag, den 24. September 1885, in der Nestau ration zum RathSkcller zu Reudnitz angeseyte Versteigerung brzüg lich eines Kutschtvane»« findet nicht statt. Der GerichtOolljiehrr beim kSnigl. Amtsgericht Leipzig. Nichtamtlicher Theil. Zur ostrumelischen Frage. Alle Baikanstaaten rüsten zum Kriege in der Voraussicht, daß die Türkei sich der Vereinigung Ostrumeliens mit Bub garien wiversetzen und daß die Bewegung noch weitere Aus dehniing gewinne» wird. Am meisten hat sich Serbien mit der Mobilmachung beeilt, angeblich weil eS de» Durchmarsch türkischer Truppen von Albanien »ach Sofia Verbindern will. Bis jetzt sind diese Befürchtungen geaenfiankSloS. denn die gerüchtweise» Melkungen, welche aus pari», Wien und Berlin vorliegen. slimmen darin überein, daß der AuSgaiigSpunct der türkische» Operationen gegen Ruinelien Aoriancpel sei» wirb. Nach der .Turqu,-" wird die Psorte ibre Pflicht mit ebensoviel Festigkeit alS Mäßigung lhun. also ist der Ein marsch der Türken in Ostrumeii«, demnächst zu erwarten. Der Weg von Adrianoprl nach Philippopel ist nicht weit, er beträgt kaum 30 deutsche Meilen und noch dazu steht den Türken die Benutzung der Wasserstraße aus der Maritza zur Verfügung. Heute ist bereit« eine Woche seit dem Sturz brr ostrumelischen Regierung vergangen und noch sind keine ent scheidenden Schritte der Türkei bekannt. Gesetzt, daß Frank reich eine Bewegung inscenirt bält«, um Etsaß-Lothringea zum Abfall vom deutschen Reiche zu verleiten, so würden nicht 24 Stunden vergangen sein, ohne daß die erforderlichen militairisckien Maßregeln aus deutscher Seite getroffen worden wären. Man Lenke nur an di« Proklamation de« Generals HilgerS in Braunschweig nach dem Tode de« Herzog« Wil helm. Da» geschah gleichzeitig mit dem Eintreffen der Tobe« Nachricht. Aber die Türke« sind eben keine Deutschen, die lasten erst die Flamme lichterloh brennen, bevor sie ans Löschen denken. Nun, so viel scheint heute wenigsten« sestzu- lehen. daß der neuerkorene Fürst von Nord- und Süd» dulgarien Gelegenheit finden wird, sür Da«, wa« er ge- wagt hat. auch einzutreten und sein kühn eroberte« Besttz- tbum gegen den rechtmäßigen Eigentbümer mit den Waffen in der Hand zu ocriLeidigen. Der erste Act de« Drama« ist sür den Helden desselben so günstig verlaufen, wie möglich, er ist der anerkannte Herrscher Ostrumelien« ohne eine andere Mühewaltung al« die Reise von Varna nach Philippopel. wo ihm die Bevölkerung jubelnd entgegen- ekommen ist. Ein für die neue Gestaltung der bulgarischen Verhältnisse sehr wichtige» Moment ist die Uebereiastimmung der Geistlichkeit mit dem Laienthum in Bezug auf dm Einheit»« zedanken. AlS Alexander II. im Jahr 1877 dm Balkan Überschritt» folgte er dem Schmerzensschrei der bulgarischen Christen, welche da- türkische Joch abstreifm wollten uud heute sind e« wieder dieselben Schmerzenskinder, welch« nach der Bereinigung mit ihren Brüdern im Norden streben und diese Bereinigung au« eigenem Antriebe vollzogen habm. Griechenland nimmt der Bewegung gegenüber eine eiaen» thümliche Haltung «in. Delyanni», der griechische Mimster- »rästdent, hat der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Mächte den itstu« quo aufrecht erhalten, also Ostrumelien an die Türkei zurückgeben würden. Geschehe da« nicht, so werde Griechenland genvthigt sein, der öffentlichen Meinung zu olgen, fall- da« Gleichgewicht im Orient zum Nachlhcil de« Hellenismus gestört werden sollt«. Delyanni« hat damit deutlich aus dm Fall angespielt, daß die Bulgaren Makedonien« mit den Bulgaren in Ostrumelien gemein- chaflliche Sache machen und zu Nord» und Südbulgarien noch ein Westbulgarien hinzufüae» sollten. Dies« Befürchtung, daß die Bewegung weitere Fortschritte machen wird, ist eS auch, welch« di« Türkei zwingt, au< ihrer Zurückhaltung herauszutreten und die Vereinigung von Bulgarien und Ostrumelien wieder rückgängig zu machen. Wenn da« schnell und energisch geschieht, dann werden di« türkische» Truppen durch keinen Dritten gehindert werden. Die Mächte sehen die Sache al» «ine häusliche Aiigclegenheit zwischen dem Sultan und dem Usurpator Alexander an. Hat der Sultan de» Willen und die Kraft dm Störenfried zur Vernunft zu bringen und ihn au« Philippopel hinau«zujagrn, dann wird sich keine Hand regm, um ihm dm Weg zu versperren, zög-rt er aber, und läßt die Dinge ihren Gang gehm. dann ist mch da« Ende nicht abzusehrn. Sowie die Bulgaren von ri ,.m Großbulgarien träumm, so phantasirrn die Verben von einem Großserbicn und di« Griechen von Wiederaus richtung de« ostrvmischm Kaiserthum« in Konstantinopel, ganz zu geschweigen von den GroßmachtSträumen Montenegro« und Rumänien». Bon allen diesen jungen StaatSwesm geht Rumänien am besonnensten zu Werke; e« hat seine Zeit abgewartet, bi« e« sich vom Fürstenthum zum König reich emporgeschwungen hat. und die rumänische Regierung hat erst neulich bewiesen, daß e« mit den rumänischen Irre» denlisten, welche gern die Magyaren vom Erdboden ver tilgen „iöchleii, nicht gemeinschaftliche Sach« machen will AlS Rußland im Jahre 1877 den Balkan überschritten hatte, da waren eS hauptsächlich die Rumänm, welche den AuSgang der Kämpfe um Plewna sür Rußland günstig gestalteten. Der Loh», welchen sie davon trugen, war ebenso wenig zufriedenstellend wie der. welchen die Serben dafür erhielten, daß sie die Kastanien sür Rußland auS dem Feuer geholt hatten. Diese Erinnerungen mögen beute ihre Krast be weisen, da die Möglichkeit eine« neum russisch-türkischen Krieges in Betracht kommt. Die Aeußeningen de- „Journal de 8t. PSterSbourg", der „Politischen Eorrespondenz" und der sonstigen russischen Blätter über den osirumelischen Aufstand kommen gar nicht in Betracht gegenüber der Thatiache, daß rie Türkei Anstalten trifft,ihre Auto ritäk auf der Balkaiihalbinscl zur Geltung zu bringen. Auch der Dreibund zwischen Deutschland, Oesterreich und Rußland ist keine unüderschreitbare Schranke für Rußland, wenn c« den Augenblick für gekommen erachtet, um sich in den Besitz von Koiisiaiituiopcl zu setzen. Die Fäden, welche Rußland auf der Balkanhalbinsel an- geknUpft hat, sind so zahlreich und so eng mit einander ver bunden. daß irgend ei» wichtiges folgenschweres Ereigniß nicht ohne Wissen der russischen Regierung dort verbreitet werden kan». Rußland hat von jeher die Taktik befolgt, den Unschuldigen und Nichtwisscnben zu spielen, wenn irgend eine Action von besonderer Wichtigkeit zur Erscheinung trat. In dieser Beziehung kann die Ausbreitung der russischen Macht in Centralasien «IS Fingerzeig dienen. Die Bereinigung von Ostrumelien und Bulgarien wäre nicht möglich gewest«, wenn Rußland sie nickt gewollt hätte; das ist so klar, daß nur Blindheit eS nickt zu erkennen vermag. Alexander Hl. ist der eifrigste Beschützer der griechisch-orthodoxen Kirche, er läßt keine Gelegenheit vorüberqehe», ohne dieser Kirche seine tiefste Verehrung z» bezeigen. Und die griechisch - katholische Geist lichkeit hat den Fürsten Alexander in Philippoprl al» Befreier willkommen gebeißen. Durch diese« Entgegenkommen der Geistlichkeit wird der Usurpator seiner Eigenschaft al» Revo lutionair symbolisch entkleidet und mit der Weihe der Kirche au-gestaktet. Da« verleiht ihm in den Augen der Russen eine Würde, an welche nicht gerührt werden darf. Wenn die Türkei nach Pbilippopel marsckirt, dann ist die Grenze sür ihre militairisch-' Operation schwer zu ziehen. Der Stachel der Ereignisse de« JabrcS 1877 sitzt tics in der Brust der Türken und wenn sie da« Geschehene ungeschehen machen könnten, so würden sie eS sicher thun. OSman Pascha, der Löwe von Plcwna, sieht noch beute an der Spitze der türkischen Krieg-Verwaltung, er hat e« sicherlich nicht vergessen, was er damals den Russen zu rathen ausgegeben hat. Wenn der Ehrgeiz dieses General« die ihm blind vertrauenden Türken mit sich fortrisse, wenn auS der Wiederherstellung OstriiniclirnS sich die Zurückeroberung Bulgariens und Tbessalieiis ergäbe, wenn die ganze Batkanhalbiusel von dem Brande ergriffe,, würde, der in Philippopel entzündet worden ist? Die Folgen di« sich daraus ergeben müßte», sind unberechenbar. Rußland würbe dann sicher nickt müßiger Zuschauer bleiben und eS ist wohl kaum zweiselhast. daß Oesierreick unter den heutigen Verhältnissen mit dieser Macht zusammen gehen würde. Tann wäre e« allerdings um die Türke« geschehen. E« liegen noch folgende Nachrichten vor. Die Politischen Nachrichten- schreiben osficiöS: serliner Lei ihrer Besprechung der neuesten Lorgänge aus der Balkanhalbinsel machen Pariser Blätter Andeutungen, als wenn die letzie europäisch« Reise de- Fürsten Alexander von Bulgarien in einer Art ursächlichen Zusammenhanges mit der ostrumelischen Schüd erhebnag stände. Wir können aus Grund bester Informationen vcr- ichern, daß alle solche Muthmaßungen ganz sub>ectiv ersuude» sind und dem wirklichen Sachverhalt in keiner Weise entsprechen. Nichl nur in Berlin und Wien hat der plötzliche Ausbruch grob bulgarischer Aspirationen völlig überrascht, sondern durchaus ebenso auch in St. Petersburg, uud e« erscheint geradezu auffällig, baff die Diplomatie so ganz ohne jegliche Ahnung von den Machenschasleu zedlirben ist, al« deren intellectuellen Mittelpunkt mau jedensalls )ie bulgarische Hauptstadt Sofia wird betrachten dürsen. Wa- »un die oeugeschaffencn Thatsachen selbst anbetrifft, so hängt es vornehmlich von der weiteren Haltung ihrer Urheber ab, welche Stellung die Signatarmächte »u dem Geschehenen einnehmen dürften. Wenn die Letter der grohbulgarilcheri Bewegung ihren eigene» Hoffnungen and de» Leidenschaslen der Menge Zaum und ügel auznlegea, wenn st« in ihrem Handeln Maß zu Hollen wissen, o wäre es » priori vielleicht nicht undenkbar, daß die Mächte sich mit der neue» Situation abzufinden suchten. E» wäre dann eben Sach« der Ostrnmrlier selbst, wenn sie eS Vor leben, ihre bisherige Autonomie preiszugebeu und mit der lkegieruug eine« Fürsten zu vertauschen, der seinerseits zu der Psorte im Basallenverhällnib steht. Ein wesentlich veränderte« Aussehen würde die Sachlage jedoch gewinnen, soll« da« Bulgarenthum seine jiele noch weiter stecken und etwa Macrdonien in den Bereich einer Angliedernngstendenzen ziehen sollte, eine Provinz also, wo eS nicht einmal die Mehrheit der Bevölkerung für sich hätte. Hier würde dann allerdings Europa nicht umhin können, den Anstiftern der Bewegung eia energische« Hali zuzurufen uud ihnen begreiflich zu machen, daß der Berliner Vertrag nach wie vor zu Rechte befiehl und die Unterzeichaong-mächte desselben keineswegs gewillt sind, ihr Werk von einigen nur den Eingebungen ihres nationalen Fana- tisnitlS solaenden großbulaarischen Agitatoreil compromittiren, resp. ich die Aufrokluag der gesammten Orientsroge octroqiren zn lassen. Ueber die Haltung de« Fürsten Alexander schreibt man der .National-Zeitung- au« Wien von gut unterrich teter Seite: Die neuesten ans Philippopel vorliegenden Nachrichten sind nur «eignet, die Indignation »u erhöhen, welche das Berhallen de« Fürsten Alexander von Bulgarien in den diplomatischen Kreisen »ervorgeriisen hat, sei es nun, daß er di« bedenkliche Rolle freiwillig zespielt, sei e-, daß er sich »u derselbe» zwingen lieh. Wir sagen ries nicht bla» mit Bezug aus das dem Bertragsrechte geradezu ins Gesicht schlagende Manifest, das er erlöste» und das, al- die Revolution mm AuSbruch gekommen, bereit» in allen ostrumelischen Städten zur kerbreilung bereit log, sondern auch mit Bezug ans dieBordereiinngen zu dem Staatsstreiche, die so sorgsam waren, bah sogar Boriorge getrosten war, die Ihatsache de« Umsturzes erst, bis die neue Ordnung voll- tändig hergestellt war, nach außen bekannt werden zu lassen. Wenn nun von mancher Gelte versuche gemacht werden, die Frage aus»»., «erseu, ab Fürst Alexander »ich« bei seiner Anwesenheit in Pilsen oder bei seine« Besuche t» yranzensbad Erkundigungen darüber eiugezogea habe, wir sich die Milcht« einer plötzlichen Bereirjaung Ostrumelien« »ft Bulgarien gegenüber verholten würden. Und ob er vielleicht Andeutungen erhalten haben könnt», die ihm den Mnth » seinem vorgehe» eingeflößt hätten so kan» ich Ihnen aus Grund vo« v-riicherungen unterrichteter Personen auf da» Be- ttmmtrste mittheilen, daß, wenn Fürst Alexander Eventualitäten im Sinne einer uatonistischen Umgestaltung Ostrnmrltens und Bulgarien« zur Sprach» gebracht haben sollte, er nicht im Zweifel darüber »lassen worden, daß dir Katsermächte jede den vertrag-mäßigen vestimmungen zuwiderlansende Aenderung aus der Balkanhalbinsel aus da« Entschiedenste perhorre-ciren. Ob, wa- unter den ob- waltenden Berbältnissen vielleicht «och da- Günstigste wäre, der neugeschaffene Zustand in Ostrumelien Bestand haben werde, bleibt abzuwarten. Denn abgesehen davon, daß et fraglich ist, ob die Psorte sich auch diesmal mit einem papiernen Protest begnügen werde, wo sie erwarten darf, daß ihr vertrag-mäßige- Recht, einzu greisen, von den Mächten nicht in Zweifel gezogen werden werde, kommt ja noch in Betracht, daß auch den anderen Balkansürsteu, von welchen der König Karol von Rumänien und der König Milan von Serbien sofort aus die erste Kunde von dem ln Ostrumelien Bor- gesallenen nach Bukarest bezw. Belgrad geeilt sind, die Störung des Glnchgewichie« aus der Balkanhalbinsel nicht gleichgilllg sein kann. Ueber die Stellungnahme der Vertrag-Mächte zu den Vorgänge» läßt sich, abgesehen davon, daß die drei Kaisermächte dieselben sofort alS gegen den Berliner Frieden gerichtet und darum als vom völker rechtlichen Standpunct auS verdainmenSwerlh ausfaßten, deshalb noch nicht- Positive« sagen, weil der Gedankenaustausch zwischen den Mächten eben erst im Zuge ist und es wohl einiger Tage bedürfen wird, bevor man sich em Bild des Ergebnisses desselben wird machen können. Ueber die Verhaftung deS Generalgouverneurs von Osirumnlien werden der .Times" über Bukarest folgende Einzelheiten gemeldet: Die Umstände der Absetzung Gavril Paschas glichen sehr den jenigen, unter welchen Cusa in Bukarest im Jahre 1866 gestürzt wurde. Keine Gewalt wurde quqewendet und Gavril leistete nicht Widerstand. Er hatte gesrühstückt und schellte nach leine», Diener, damit er abräume. Da trat statt des Dieners Oberst Sedlo- witsch und 6 Soldaten ein, präsentirtcn und erklärten dem Gouverneur, daß er Gefangener sei. Gavril sah zum Fenster hinaus und bemerkte, daß sein Garten voll Soldaten war Er wandte sich darauf zu Sedlowitsch und sagte: „Das ist plötzlich, aber ich muß Ihnen einen schriftlichen Prolest überreichen," Der Oberst erklärte, daß er keinen Protest entgegen nehme» könne, aber Le. Exeellenz in Arrest setzen müsse. EüvaS später versammelle sich die Miliz vor dem Palaste; Gtran«ky verla« die Proclamatio» der provisorische» Regierung und forderte die Miliz aus, dem Fürsten Alexander den Eid zu leisten. Die- thaten denn auch die Milizen, indem sie ihre Gewehre ichwenkten uud einige Minuten lang jauchzte». ES war eine Scene großer Aufregung, ollcin die Orvnung wurde weder damals noch später in der Stadl gestört. Die einzigen GewaltthLtigkeiten, welche verübt wurden, bestanden in dem Heruntcr- reißen der Embleme der türkischen Souverainelit. Weitere telegraphische Meldungen: * Wien, 22. Sevtember. <W. I.-B) Der „Politischen Korre spondenz" wird aus Belgrad telegraphirt: Nach einer Beralhung de- Ministerrath- unter dem Vorsitze des König« ist ein Ukas erschienen, welcher die Modi lisirung der Armee verfügt und die Ekupschliiia aus den 1. Octoder nach Ni Ich einbernft. Ferner wer den das Preßgesetz und da- Beriainmlungsrechi einstweilen außer Geltung gesetzt. — Wie die „Politische Eorrespvndenz" weiter meldet, wird der ehemalige Geaeralgouverneur von Ost-Rumclieu, Gavril Pascha, nach Sofia gebracht. * Wien. 22. Sevtember. sW. T.-B.) Der „Politischen Torre- spondenz" wird au- Sofia gemeldet. Fürst Alexander habe an die Berliner Bei lragsmüchlc telegraphisch eine Mitlheilung gerichtet, in welcher er sein Vorgehen beleuchtet. — Au«Pb>Iippopel wird derselben Eorrespondenz gemcldci, der Fürst beabsichlige keine weg« dei der Vereinigung Bulgarien« und OstrumelienS das Abhängig- keilsverliLltniß der beiden Länder zu der Türkei auszuheben. * Moskau, 22. Scpicniber. (W. T.-B.) Die „Moskow-kaja Wedomosti" bezweifeln, daß di« Mächte die bulgarische Union al- ein küit m-compli anerkennen werden. Im Principe habe Ruß land nichi» gegen eine Vereinigung, eS käme nur daraus an, wie sie erfolge. Die „Wedomosti" eiiipsehlea die Rückkehr zu» früheren Idee, die Würde eine« Generalgouverneurs von Ostrumelien und eines Fürsten von Bulgarien ein und derselben Perlon zu übrr- tragen. lWiederholt.)
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