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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.02.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-02-05
- Sprache
- German
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- SLUB Dresden
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- SLUB Dresden
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- Nutzungshinweis
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191502056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19150205
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Nr. 29. 4:^^">-rung^ es M^^sÄrn^ tarwi^l" ^ UMMiMÄMEsMeieMöÄ'SeAW Leipzig, Freitag den 5. Februar 1915, 82. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Kultur — Deutschheit — Buchhandel, Von Peter Hobbing, »Ich kenne die bestehenden Schäden recht Wohl, aber des deutschen Buchhandels, wie er in den letzten Jahrzehnten geführt worden ist, darf man sich vor Gott und den Menschen mit gutem Gewissen annehmen« — mit diesen Worten beschließt Fr, Perthes sein vor nun ziemlich 10U Jahren namenlos veröffentlichtes Schriftchen »Ueber den lettischen Buchhandel als Bedingung des Dasehns einer teutschen Literatur«. Dem ganzen Inhalte des Vortrags entsprechend bezieht sich dies Lob im Munde des angesehenen Urhebers nicht so sehr auf die äußere Form, als auf die geistige oder literarische Bedeutung des Buchhandels seiner Zeit, Ich habe Grund, zu bezweifeln, daß Perthes bei der Beurteilung unseres neuzeitigen Buchhandels über die Recht fertigung seiner äußeren, in ihrer Art gewiß vortrefflichen Gestalt hinausgegangen sein würde. Die Vorgänge beim Ausbruch des Krieges haben unzweideutig bewiesen, daß der Geist, der auch im Buchhandel die Form lebendig machen soll, sich der stolzen Organisation, die ihm äußeren Aus druck gibt, nicht ohne weiteres als gleichwertig ansehen darf. Vielmehr hat die Mehrheit der »Kulturträger« damals ein nichts minder als einheitliches Bild dargeboten. Es kann ohne Übertreibung gesagt werden, daß mancher im Buchhandel völlig den Kops verloren hatte. Ob er ihn inzwischen schon wiedergefunden bzw, richtig wieder aufgesetzt hat, darüber gehen die Ansichten auseinander. Alles in allem ein Anzeichen dafür, daß die Kulturmission, wie sie dem deutschen Buch handel des öfteren zugesprochen wird, allein nicht imstande ist, ihre Vertreter gegen Kleinmut und Kopflosigkeit zu versichern. Vielleicht umsoweniger, je mehr man in der Vorstellung von Kulturaufgaben schwelgt — Fritz Reuter würde sagen: »stick verbiestert». Im Buchhandel von gestern hat sich zweifelsohne kein Schlagwort größerer Beliebtheit erfreut, als das Wort »Kultur« in allen möglichen Verbindungen und Wandlungen, Ganz besonders in der Verbindung »Kultur dokumente«, Was alles hat sich der sortimenterliche Leser des Börsenblattes vom Verlage, und von jenem wieder das p, t, Publikum unter diesem Titel anpreisen — besser gesagt: bieten lassen müssen! Bis hinunter zu Leistungen, die sich nur allenfalls durch den Geruch von Urkunden der Boden kultur unterscheiden, — Was mit Aufwand geringerer Reklame für die wirkliche Kultur, will sagen: die Veredelung des Menschen durch die Entwicklung seiner Anlagen und Aus bildung seines Geistes geleistet worden ist, bleibe hier außer- 'halb der Erörterung, Überhaupt ziehe ich die ganze Kulturfrage hier nur in Betracht, um darzutun, wie individuell gefärbt die Ansicht von der „Kultur" ist. Auch die Ausfassung von Eugen Diederichs in seinem Beitrag »Die Abtrünnigen?« gehört hierher. Er weist dem deutschen Buchhändler einen, und zwar einen durchaus nicht geringen Anteil an den Kulturausgaben in dem der Umgestaltung durch den gegenwärtigen Weltkrieg harren den Deutschen Reiche zu. Aber ec glaubt bezweifeln zu müssen, ob das Schaffen im Dienste der Kultur wohl bei dem »deutschen Philister« Verständnis finden würde, der ja im Verlause der letzten Monate sich durch die schroffe Ablehnung gewisser Dichter und Denker des Auslandes ein so »trauriges Zeugnis« für seine Kulturhöhe ausgestellt habe. Ich frage: Ist das unberechtigermaßen geschehen, bzw, ist es der deutsche Philister gewesen, der sich gegen die Zu mutung verwahrt hat, noch Leute weiterhin als Gäste zu empfangen, die ihn in seiner Eigenschaft als deutschen Mann empfindlich gekränkt haben? Wer diesen Philister in Gegen satz zur Kultur setzt, wird die Erfahrung machen, daß die Mehrheit unseres Volkes verphilistert ist. Und ich mcinesteils gestehe, Philister und Kulturfeind genug zu sein, um das zu verstehen und zu loben. Denn so wenig ich mit der Ansicht von Ricarda Huch, die Diederichs seinem Aufsatze voransetzt, einverstanden bin, daß es nur eine Kunst gäbe, so wenig erkenne ich eine Kultur als allein möglich oder berechtigt an. Die allgemeine Kulturstufe für die ganze Menschlichkeit ist ein Traum der Utopisten wie das allgemeine Menschenglück, das Goethe z, B. für »aller Natur, aller Erfahrung und allem Gange der Dinge seit Jahrtausenden widersprechend« erklärt. Gleichsam be gründend fügt er hinzu: »Wenn jeder nur als Einzelner seine Pflicht tut und in dem Kreise seines nächsten Berufes brav und tüchtig ist, so wird es um das Wohl des Ganzen gut stehen«. Diese Meinung vom Allgemeinwohl und der Arbeit im Dienste derselben hat er öfters Verlautbart, Viele unserer Kulturpiontere — vermeintliche und echte — gehen andere Wege, indem sie meinen, auss Ganze und im Ganzen wirken zu müssen. Diese Auffassung läßt sich schon bis ins Ausklärungszeitalter verfolgen. Aber sie ist falsch, grundfalsch, weil sie jeder natürlichen Entwicklung, die immer, um mich so auszudrücken, zentrifugal gerichtet ist, widerspricht. Wir Deutschen sind Wohl auch ihre einzigen Verteidiger als Menschen solcher Art, die nur zu leicht über dem Kopf die Füße vergessen. Und damit vergessen, daß jedweder Kulturfortschritt eine Beziehung zum Boden, als zur Quelle aller menschlichen Kraft, behalten muß. Von ihm losgelöst verliert sie dem Antäus gleich ihre Stärke. Uns Deutschen fällt deshalb anheim, deutsche Kultur zu Pflegen; sie mündet letzten Endes regelrecht in die menschliche Hochkultur ein, wie das Bachwasser ins Weltmeer. Alle Tätigkeit, die nicht vom Engeren ins Weitere gerichtet ist, die das Internationale, Weltbürgerliche vor das Nationale setzt, widerstreitet dem Gesetz der natürlichen Entwicklung, Und es ist beweiskräftig für diesen Satz und kennzeichnend zugleich, daß sich niemand mit der Hintanstellung des Nationalen gegen das Internationale bei seinen Menschenbrüdern Dank erwirbt. Man sollte meinen, wir Deutschen hätten nachgerade genug üble Lehren dafür eingeheimst. Trotz alledem ist der Hang, über unsere Landes grenzen hinaus zu predigen, noch immer eine deutsche Seuche, Es ist nicht verwunderlich, sondern ganz folgerichtig, daß sich die bei uns grassierende Auffassung von dem Wege und den Mitteln zur Förderung der Kultur jetzt, wo es sich um einen wirklichen Weltkulturkampf handelt, an uns, als deren Ver tretern, bitter rächt. Die gemeindeutsche Krankheit der Nach- giebigkeit und übergroßen Zuvorkommenheit gegen jede be- 145
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