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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-04-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187404162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18740416
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18740416
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1874
- Monat1874-04
- Tag1874-04-16
- Monat1874-04
- Jahr1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1874
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DM Seilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Deutscher Reichstag. Sitzung am 14. April. Bei weiterer Fortsetzung der Berathuug de» tz. 1 de» MiMarrgeietze» nimmt da» Wort zu- erst Traf Vetbuly.Huc von der Deutsten Reichtpaltei Derselbe spricht zunächst sein Be. dauern über da» Amendement venrigsen au»; dasselbe führe abtrmal» ein Provisorium ein und schiebe " « Definitivum dtrau». Wir lehnten daher die Ehre der Mituntrrzetchnuvg. die un» augeboien wurde, ab Am Ende dieses Provt- sor,um» hoffen wir da» Definitivum zu erreichen, wie e» uvserm constitutionellen Staat-recht und den deut eben Berhältnisten entspricht. Dagegen find »tr, wie die Dinge liegen, nicht einen Mo ment im Zweifel, daß wir für da» Amendement Bennigsen zu stimmen haben. Mlt Hintansetzung »nserer Ltebliug»wvn!che folgen wir dem Com- vromiß, wie er zwischen Regierung und Ma jorität zu Stande gekommen. Wir acceptiren oa» uu» gestern vom Abg. Bennigsen angedoteue BÜvdutß zur Aufrechterhaltung der deutschen Politik der Regierung. Die Deutsche Reich». Partei wird ihre Dienste utemal» dem deutschen Reiche versagen. E» erhält darauf da» Wort der Abg. E Richter von der Fortschrittspartei. Redner richtet sich zunächst gege» die Anklage, welche der Fortschritt-Partei gemacht werde, daß sie so oft faktisch im Bunde mit den Altramoutanen und Retch-setvden gegen die Regierung und ihre früheren Freunde stimme. Wir find gewohnt, unsere Ab. stimmungeu nach der Sache selbst, die vorliegt, einzurichten, gleichgültig, ob zufällig auch Frac° tionen, deren Politik sonff nicht die unsere ist, sich mit un»'in gleicher Ansicht befinden. Ist «» denn ein Wunder, wenn in Fragen der gemeinen Freiheit (!) alle Minoritäten sich zusammen, schaaren zum Schutze de» gemeinen Rechte»? Herr v. Bennigsen hat die Kundgebungen de» Volke», die öffentliche Meinung in Deutschland für die Regierungsvorlage oder einen Compro- miß vielfach erwähnt Diese ganze öffentliche Mein«vg»äußerung ist eine künstlich aupefachte. (!!) Da» ganze Spiel der offici-sen Presse uns de» osficiöse« Telegraphen wurde zu dem Zwecke in Bewegung gesetzt Da entsteht dann allerdings ein Getöse in Deutschland, da» für schwache Nerven leicht zu stark wird. E» sei ein Fehler, daß diese Sache, die da» Volk nicht verstehe, vor Bolk»vrrsammlangen gebracht worden sei Sie (die Fortschrittspartei) hätte« die Sache absichtlich nicht vor die politisch unreifen Masten gebracht, sondern sie dem Urthetle gereifter politischer Mim- oer überlasten wollen. (Gelächter) Der Reichs kanzler könne ja nöthigrnfallS den Reichstag auf- löse«. Wolle man au» sehr begreiflichen Gründen keine« Gebrauch von diesem konstitutionellen Mittel machen, so sei e» ungehörig, zusammenge würfelte BolkShaufen gegen da» Parlament zu organisiren (I) Am bedauerlichsten sei, daß man auch die erhabene Person de» Kaiser» in den Kamps gezogen. Wir folgen alle seiner «ili- tairtschen Führung. Aber der Kaiser soll nach unserer verfastung nicht die Führung (!) de» Reichs tage» und der WLHlerversammlungen habe«. Die Verantwortung für seine Beschlüste gehört allein dem Reichstage, und er hat sie zu tragen. Kann oder will er Da» nicht, so ist e» bester, zum Ab- soluttSmu» zurückzukchren. Da» wäre viel bester al» ScheinconstituttonaliSmu». Äst e» nicht der Anfang eine» französischen Plebiscit», wenn die Bauern sagen, sie wollten dem Kaiser ein Ler- traueusvotum geben? Mau soll auch den Namen de» Kaiser» nicht unuützltch führen. Ich sehr in dem Amendement Bennigsen nicht die Beilegung de» Eonflicte». sondern den Keim zu neuen Con- flicteu. Der Krieg-minister und Herr v. Bcthusy haben die Perspective daraus schon eröffnet. E» spricht daraus im Namen der Altconser. vativen v. Maltzahn-Gültz: seine Freunde nähmen da» Provisorium, den Lompromtß al» Abschlagszahlung an, feien aber in ihrem Herzen für die unverändert« Annahme der Regierungs vorlage. Eine etwaige Auslösung hätten sie nicht >« fürchten. Bau« spricht für die Socialdemokraten Ha- feuclevrr: da» Mac Mahou'sch« Septeunat habe die Zahl von sieben Jahren hier hervor- gerufev. Gerade die Regierung Mac Mahon'S werde dadurch gestärkt wrrdeu. Die reich-feind, licheu Parteien könnten nicht mit Kanonen, so«, »er« nur mit geistigen Waffe« bckämpst werden. Regierungscomuustar v. BoigtS-RHertz spricht besonder» gegen die Amendement» der Fortschritt». Partei und der Klerikalen. In den Jahren 18»8—74 stiegen die Milttairbudget» Frankreich» von »2—124 Millionen, Oesterreich» von 50 dt» 67 Millionen, Rußland» von 112—144 MM, Italien» von 88—44 Millionen. Deutschland» von 90—SL und im nächsten Jahre aus 110 M. In Deutschland sehen Sie also dev geringsten Procentsatz de» Wachsen». Eine Armee mit allgemeiner Wehrpflicht kann «an nicht wie eine Werbearmee gelegentlich mehren oder mindern. Jeder Jahrgang bedingt eben Vi, der Krieg», stärke und der KriegSlüchttgkeit. Deutschland braucht sie. Frankreich ist nach einer Niederlage noch nicht überwunden, e» wird sich wieder gegen un» ausraffen. Darum geben Sie un» die Sicherheit der Armer Abg. v Treitschke bedauert, daß nicht die Milttairsrage definitiv gelöst sei. Jetzt sei e» aber Pflicht, wenigsten» für dev Lompromiß zu stimmen. Ec wendet sich sehr heftig gegen Abg. Richter, dem erHocdmuth m der Beurlheilung der Verdienste Altpreußen» vorwtrft, und wi d deshalb vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Im weiteren Verlause erklärt er, die neuen Ber» HLItnifie Europa» seit 1871 erforderten für den Frieden da» Zusammengehen Deutschland» und Italien», velcve aus immer die Präponderauz- gelüste Frankreich» Niederhalten müßten. Zeigen wir unsersett» in Deutschland, daß wir Liese Situation begreifen. (Bravo.) Abg. v. Mallinckrodt warnt vor dem Mi« litariSmu», der nach Preußen» Vorgänge nun ganz Deutschland zu umstricken drohe. Erst habe e.» immer geheißen, wenn Deutschland einig, so werde Preußen entlastet werden. Wo sind die 5 Milliarden? Wie viel davon ist zu anderen al» mtlttairischen Zwecken verwendet worden? Da» „Volk in Waffen" ist eine schöne Phrase. In Wirklichkeit aber betrachtet sich gerade die Armee al» einen ganz besonder« Stand. Heut zutage gebe e» schon in Deutschland keine Minister mehr, sovd-rn blo» noch Geheimeräth« mit dem Titel Excellenz. Der Läsarismu» drohe dem Deutschen Reiche, und einen Imperator aus dem Ministcrstuhle habe man schon. Der Zehnt, den der einzelne Mann entrichte, indem er drei Jahre dienen müsse, sei furchtbar groß Die Einrichtung der Emjährig.Freiwilligen sei an sich gut, aber e» sei ein zu große» Benefiz gegenüber der Pflicht de» gemeinen Manne», der diel Jahre diene. Die Dienstzeit wüste demnach ermäßigt werden. Zwei Jahre reichten vöäig au», davon seien auch im Grunde Alle überzeugt. Wenn wir so Weiler rüsten, und Frankreich durch unsere Regierung Demüthrgungeu erdulden muß, indem man gewisse Dinge von der französischen Regierung durch Drohungen erzwingt, so find wir es, die den künftigen Krieg einfädeln. (Wider spruch) Die Klerikalen hätten den Kampf gegen die Regierung nicht begonnen, sondern umgekehrt. Staat«mtnister Delbrück: Ich kann den Paff«» in der Rede de» Abg. v. Mallinckrodt nicht vorüber, gehen lasten, wo er sagt, wir hätten der sravzö- sisch:n Regierung demülhtgende Erklärungen abze- zwungen. Ich muß Die» um der Wichtigkeit de» Gegenstaude» halber auf da- Allerformellste in Abrede stellen. Auf da» Gebiet, ob Kriegsgefahr da sei oder nicht, folge ich dem Herrn nick t. Wir versuchen Alle», um den Zahn der Zwie tracht zwischen den beiden Nationen aaSzuzieh-n. Die fünf Milliarden seien eine Kriegsentschä digung gewesen und hätten also natürlich auch in diesem Sinne zur AuSbesieruug de» Krieg»- schaden» verwendet werden wüsten. Zur He- reichernng der StaatScasteu waren sie gar nicht da. Staatsminister Camphausen: Die Aeußr« rung von Mallirckcodt'S, e» gebe keine Minister mehr, veranlaßt mich zu der Bemerkung, daß ich dem Compromtß von Anfang an kräftigst da» Wort geredet habe. ES kommt, so glaube ich, vor Allem varauf an, im Deutschen Reiche eine große nationale Partei zu bilden. (Bravo.) ES sprechen kurz, gegen frühere Redner sich wendend, noch einmal Borgt». Rheetz, dann der bayrische Commistar Frie». Darauf von der Fortschrittspartei vr. Löwe, der in längerer Rede seine Abstimmung zu Gunsten de» Com- promiste» motivirt Tr bedauert eben sehr, daß der Compromiß eben blo» aus Zeit ab- geschlossen sei. Man werde nach 7 Jahren vor derselben Frage stehen. Er hätte lieber für immer eine niedrige Präsenzziffer bewilligt. Kommt einmal eia Parlament zu Stande, da» die Präseuzzlffer in solcher Höhe für immer be willige, so sei Die» auch für die Regierung da» größte Unglück. Der Schwerpunkt de» Reiches gehe dann vom Reichstag auf den Bunde-ruth über, der den Partcularismus repräsentier, wäh» rend Kaiser und Reichstag die Emheitsidee dar« stellten. Moltke und Laßker sprachen al» die letzten Redner beide für die Annahme de» Amen de» «nt», obwohl Moltke vielmehr den H. 1. un verändert angenommen gewünscht hätte. Moltke constatirt, sein Standpuvct zu der vorliegenden Krage sei unverändert. Ein stark..» Deutschland in der Mitte Europa» sei die hefte Bürgschaft für den Frieden; gegenüber dem Re- vauchegeschrei sei „Hand am Schwert" voth- wendtg eine Abrüstung bedeute Krieg, der hoffent« lich durch die Weisheit der französischen Regte, rung werbe vermieden werden. WäreDeutsch. land scho» im Jahre 1870 geeinigt ge. wesen, so hätte e» keinen Krieg ge- geben. Wir haben unsere Macht im Kriege nicht mißbraucht; wir konnten 2V, Millionen Menschen in Part» verhungern lasten, wir konnte» die französische Regierung zur Bewilligung aller Forderungen zwingen — wir haben dagegen nur da» Land zurückgefordert, welche» ein unruhiger Nachbar emst seinen schwachen Nachbarn eut- riffeu. Wir müssen auch ferner volle» Vertrauen zur Armee haben und bedürfen daher der ge. svrdertev Präsenzstärke, die auch der Antrag Ben nigsen'» anerkenne. „Ich glaube", schließt der Redner, „daß die Präsinzziffer auch ohne Provi sorium definitiv sestzusteüen war; Gesetze werden nicht für die Ewigknt gemacht, ich werde daher für da» Provisorium stimmen, weil t«b glaube, daß nach 7 Jahren ein patriotischer RecchStag DaSjeuige bewilligen wird, wa» im Interesse de» Vaterland«» unerläßlich ist, und ich glaube, daß sich dafür eine Majorität finden wird, welch« der Wichtigkeit de» Gegenstandes, dem Ansehen de» Lande» und drr Würde diese» Hause» angemessen iit. (Beifall) E» folgt Annahme de» Schlußautrag». Daraus eine lange Reihe persönlicher Bemerkungen, dann die Schlußrede de» Referenten Miquel, in der er über die große Maste der eingelauienen Peti tionen Bericht erstattet, die au» all:« Theilen de» Reiche« gekommen sind. Schließlich wird erst der Antrag der Social» drmokraien mit allen gegen 8 Stimmen verworfen, daraus da» Amendement der Klerikalen (nament- liche Abstimmung) mit 256 gegen 114 Stimmen der Klerikalen, Elsässer und Polen verworfen, , dann da« Amendement der Fortschrittspartei (mit! ' allen Stimmen gegen die der Partei) abgelehut,' endlich wird du» Amendement Bennigsen mit großer Majorität angenommen (Nussteheu und Sitzenbleiben), daun über § 1 mit dem Amende ment Bennigsen uameutltoy abgestimmt und der« selbe mit 224 Stimmen gegen 14» angenommen. Dafür Huben gestimmt von der Fortschritt». Partei: »lluoch, Berger. Knapp, Kreuz, Löwe, Lorentzeu, Rohland, Schmidt (Stettin), Spiel» berg, Sroß, Ztnu, Kisker, Heine, Baumgurten. Lazergeschichtliche Urbrrficht. Ueber die Borsiudten, welche derLvmpromiß in der Milituirfruge zu durchlaufen hatte, dringen jetzt mancherlei Einzelheiten in die Oeffertlichkett, die fast mehr persönliche» al» sachliche» Interesse haben. Wa» zunächst über die Stelluug der Milttatrpartet bisher be- i kannt geworden ist, entspricht im Allgemeinen r den Thatsachen. Die Führer dieser Partei und unter ihnen in erster Linie Fcldmarschall v Man» teusfel haben sich mit aller Entschiedenheit gegen eine Herubmtnderunq der RegterungSsorderuug erklärt, während Gras Moltke diesem Ge- danken weit weniger abgeneigt war. Unrichtig aber ist e», daß auch Fürst BtSmarck vor seiner Unterredung mit dem Kaiser eine prin- ctpiell ablehnende Haltung gegen dm Lermitte- luugsvorschlag beobachtet und erst durch den Kaiser zu einer anderen Auffassung gebracht worden ist. In Wahrheit ist die dem Compro» miß günstige Stimmung gerade von der Wilhelm-' ? straße auSgeganaen, und wenn Herr v. Kameke zwischen dem Kaiser und Kanzler die Unter. Handlung über die miltta irischen Gesichts, puucte unterhielt, so hatte e» Herr Camp. Hausen anderseits übernommen, die politischen Rücksichten an Allerhöchster Stelle zur Geltung zn bringen, und feinen bi» jetzt noch lange nicht genug gewürdigten Bemühungen ist ganz vorzugsweise der schließlich gefundene LuSweg zu danken. Erst aus den wiederholten Vortrag Camphauseu'S begab sich der Kaiser zu BtS marck, woselbst der Plan entstand, der später in dem mtlttairischen Conseil vom Kaiser selbst mit Energie befürwortet und zum Beschluß er hoben wurde. — Da» charakteristische Moment de» ganzen Hergang» liegt in dem deutlich au», gedrückten Wunsche der Regierung, die jetzige Majorität de» Reichstage» zu erhal. ten und dieselbe nicht gegen eine, wenn auch vielleicht konservativere, so doch nicht er. probte zu vertauschen. Daß die hierbei maß gebenden Erwägungen au» der Gesammtrichtung der jetzigen deutschen Politik und nicht nur au» der Milttairsrage entnommen wurden, bedarf ; nicht erst besonderer Bemerkung. § Die Prophezeiung, daß an drr Militairdorlage ? s entweder die National- oder die Fortschrittspartei !in ihrem bisherigen Bestände zu Grunde gehrn f würde, hat sich schnell bewahrheitet. Kaum ist r in der schwebenden Frage ein Einverstäudniß r zwischen Reichsregierung und Natioualpartet ! erzielt, und schon ist die Kraetion de» deut- jscheu Fortschritt» gesprengt. Die von ! Herrn Richter den Parteicorrespoudeuten au», i gelhellte Parole mitleidloser Verfolgung jede» j „Abtrünnigen" hat zur Heilung de» tu der Partei entstandene« Zwiespalte» uicht heigetrageu und vielleicht auch nicht beitragen sollen. Wenigsten» rst schon früher in gewissen Correspoudenzm Lvwe-Calbe i» einer Weise angegriffen worden, welche die Absicht, ihn zum Austritt au» der Fractiou zu veranlaffeu, nicht blo» undeutlich durchblicken ließ. Die DtoSkuren Richter und Hoverbeck wollen da» Regiment eben allein füh. ren, wenn auch über »tue kleine Partei. Da» wird ihueu, bei Schulz«'» durch physiscte Leiden bedingter geringer gewordenen Energie jetzt ge- lingen. Mit Löwe ist «urch der Abg. Berger- Witten au» der Fractiou getreten, eine» ihrer angesehensten Mitglieder, vou hervorragender j technischer Tüchtigkeit und frischer Energie, die . ihn bekauutltch zu Anfang der jetzigen Session einer Candidatur für da» zweite Vicepräsidium de» Reich»tage» uahebracht«. von dem verbleib der sich» Parteimitglieder, welche den Antrag Beuvigsen mitunterzeichnet haben, innerhalb der Fractiou konnte natürlich ohnehin uicht die Rede sein. Wie j'tzt erst weiter bekannt geworden ist, hat schon seit dsm Beginn der Sesfio« ein« er stickende Atmosphäre über der Fortschritts partei gelagert, der da» Gewitter uothwendig folgen mußte. Baron v. Hoverbeck bat al» die erste Aufgabe für seine Partei in dieser Session sehr nachdrücklich di« polartsche Spannung gegen de» NatioualliberaliSmu» tu da» Programm ! ausgenommen und denselben al» gleichbedeutend > mit dem Militari»«»» und al» schlimmer den« UltramontantSmu» und Socialisma» hinxestMt, weswegen die Fortschrittspartei überall an»er» eher Fühlung zu suchen habe al« bet den Na- tionalliberalrn. (Also auch ein sonst so kluger Mann bi» aus deu Standpunkt säbstsch-Parti- cularisttscher Duselet herabgesnr.ken!) Die schon lauge drohende Sprengung der Partei ist jetzt durch die Verständigung der Regierung mit der natioualliberalen Partei herbeigeführt, eine Ver ständigung, an der einem Löwe, tincm Schmidt. Stettin, einem Berger u. s. w. eben so viel lag al» einem La-ker oder Bennigsen. Die Ber» kümmeruvg de» Budzetrecht» durch die Fixirung der Präsinzstärke, womit sitzt in den Berliner Bezirk-Vereinen die Tapfersten Ler Fortschritts. Partei so viel Humbng treib:«, »st von den Be- sonneueren derselben Partei niemal» zugegeben worden, und die Parole de» Baron» d. Hoverbeck ihnen zuletzt zum Ekel geworden. In den nächsten Tagen erscheint eine in der Redaction de» Deutschen „ReichsanzeigerS" zu- sammeugesteüle Ueberstchl der Behörden de» Deutschen Reiche», welche bei dem noch im- «er vorhandenen Mangel eine» Handbuch» für da» Deutsche Reich einem schon vielfach empfun denen Bedürfniß eulgegenkommt. Boa jeder ReichSbehvrde find die oberen Beamten, Vorfitzen, deu. Räthe und HülsSarbeiler angejührt und überall eine kurze, derer, GcschästSkrei» erläuternde Bemerkung vorausgeschickt, welche a-i die betres. senden gesetzlichen Bestimmungen und Anordnungen hinweist. So ist über die Zuständigkeit da» Reich» . Oberhandel-gerichte-, de» Ersenbahu- amte», der Verwaltung de» Reich» - Invaliden- fond», der Reich» . Schulder.commrsjiou und der anderen Reich» - Eommiffariate in diesen ein- leitenden Bemerkungen Alle» zuscmmcugestelli. wa» zur Orteutiruug al» wünichenSwerth sia> darstellt. Neben einem vollständigen Verzeichnis; der deutschen Consulate find brr den Oberposi- «nd Telegraphen-Direktionen die Amtsbezirke dieser tm hohen Grade für den Berkehr wichtigen Behörden oenau angegeben. Ei» besonderer Ab schnitt beschäftigt sich mrt dem Reich»laude Elsaß- Lothringen und liefert neben einer ausgiebigen Darstellung d:r BerwaltungSemrichtungea eu.a Ueberstcht der Berwaltung»., geistlichen, teci^ Nischen und Justiz-Behörden, de» Lebr- und Be- amtenpersonal» der Universität Straß urg, sowie der sonstigen Lehr- und Btidung»ir.strtntc. Trotz knapper Form ist der Inhalt ein reichhaltiger, er wird nicht leicht etwa» Nothweudige» vermissen lasten. Da» österreichische Herrenhaus hat. ohne sich an die Etnwürfe der Concordatsparte» za kehren, den ersten consessionelleu Gesetze»em- wurs angenommen. Die Bischöfe fanden mit der Generaldebatte ihr Gastspiel beendet und der- ließen da» Hau», u« die klerikalen Gkgendemou strationen in ihren Dtöcrsen za orgamsiren. St« werden, wie ein Redner der liberalen Majorität schon bemerkt, nenerding« da» Keldgeschrei er heben: „Religion oder Jrreligion, Christ od,r Antichrist." Und Herr Stremayr, der Cultut» minister, wird ihnen nicht wehe thun, seine Ge- sitzcSdurchführung wird da» Gegengift seiner ohne- die» leisetreterisLen GefetzeSvorlage sein. In Oesterreich bereitet man lieber den fortschritt lichen Prtvcipieu ein stille« Märtyrertham al» den Bischöfin. Boltaire hat den Papst al» einen Mann be zeichnet, dem man die Füße küßt und die Häno bindet. Dieser AuSspruch hat in unserer Zeit doppelte Geltung, wo e» die Jesu,rou unter- nommen haben, die mumienhaft gewordene Herr, schergcstalt der Pontifex mit dem Unfehlbarkeit» vogma uad anderen neuen Dogmen eiuzascvuüren. Mindesten» Eine» muß «an aber den viel gescholtenen Jesuiten taffen: den Muuo haben sie ihrem „Gffang-nen lm Baucan" voll, nicht verbunden. Fast jeder Tau bringt neu« Ansprachen de» heiligen Later», welcher al» der redseligste Märtyrer gepriesen zn werden der» dient. Heute wird eine Fürstenberg',che Depn» tattou mit einer langen Schilderung ber höllischen Umtriebe auf dieser Erde beglückt, morgen be kommt eine französische und übermorgen wieder eine englische Pllgerkarawane noch auSgedebutere Inspirationen über den Satan und serre Werke zu hören. Diese pont'ficalen Mätzchen find eigenthüwlich genug, büßen aber durch öftere Wiederholung ihren Reiz ein, weshalb wir aus ihr« Wiedergabe, wie auf jene der einzelnen päpstlichen Audienzen, deren Mittelpunkt sic bilden, verzichten. Die au» Spanien vorliegenden Nachrichten beschränken sich nach wie vor aas den Wind welcher die Wiederaufnahme der Operativver hindert, und jenen andern Wind, welchen die Parteien sich gegenseitig und dem übrigen Europa Vormacheu. Im Allgemeinen ist eine gewisse rückläufige Bewegung »n der Haltung der Ear« listen bemerkbar. Sie haben die Blokade von Tarragona ausgehoben, die der Easielfulit ge machten Gefangenen in Freiheit gesetzt und einzelne kleine Schlappen erlitten. Der „In. depeudavce" wird unter dem 10. April telr- graphirt, daß d'e Gerücht: über eine neue Ton. veulton unbegründet seien, daß inner Bilbao unter Entbehrungen aüer Art sehr zu leiden habe und daß am 9 ein ersolglose» Bombar dement aus d e feindlichen St-llangen staitge- sunden. Ja San Castro und Santander treffen fortdauernd neue Truppenverfiärkungen ein.
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