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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-10-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187410093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18741009
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18741009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1874
- Monat1874-10
- Tag1874-10-09
- Monat1874-10
- Jahr1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1874
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18«. Zweite Anlage zum Leipziger Tageblatt and Anzeiger. IV- 282» Freitag den 9. Oktober. Ausflüge nach Vorfkirchen. Mitgetheilt von Otto Moser. N Magdeborn ist ein uralter Ort. Bischof Diethmar von Merseburg erzählt in seinem um 1020 geschriebenen Chromkon, daß Kaiser Otto, nachdem er 968 das Bisthum Merseburg ge gründet, im folgenden Jahre dem ersten Bischöfe desselben, NamenS Boso, das kustollum Lleclebure iu pago Obutici überlassen habe. Diese Llockebure hat ein späterer Geschichtsschreiber als wvl prokibe -- Honigsperre übersetzt, indem auf diesem Burg wart die kaiserlichen Steuern an Meth und Honig abgeliesert worden wären. (!) Es ist jedoch un- erwiesen, ob unser Magdeborn oder ein anderer Ort „Medzibor — Ort im Walde" damit ge meint sei. Ferner nennt Diethmar Medebure auch als den Ort, wo Herzog Heinrich von Bayern als Gegenkönig Otto's III sich mit dem Böhmenherzog BoleSlav vereinigte, um die ihm feindlich gesinnten deutschen Fürsten zu bekämpfen. Daß der noch jetzt aus der Psarrwiese befindliche Quell, welcher Heilkräfte besessen und der Jung frau Maria geweiht gewesen sein soll, in der frühesten Zeit wichtige Bedeutung hatte, ist wohl zweifellos, wie denn auch die hiesige Kirche einen springenden Brunnen im Siegel führt, dessen Master von sieben Mägden, als den sieben einge- psarrten Gemeinden, in Gefäßen aufgefangen wird. So scheinen auch die noch vorhandenen hübsch ge schnitzten Bilder der vierzehn Nothhelfer zu be zeugen, daß Magdeborn ein Wallfahrtsort war. Ueber die früheren Schicksale Magdeborns sind wenig Nachrichten vorhanden. Nur soviel ist ge wiß, daß die Bischöfe von Merseburg Lehnsherren blieben und die Besitzer deS nahen Rittergutes Kötzschwitz bis in die neueren Zeiten von der Administration deS Bisthums jedes Mal beson ders mit Magdeborn bestehen wurden. Die Col- latur über Kircbe und Schule scheint um 1420 an Kötzschwitz gelangt zu sein, indem nach einer alten Lehnsurkunde die Brüder Hans und Nikol von Zehmcn in diesem Jahre vom Bischof Nikolaus in dieser Gegend Güter kauften Bemcrkenswcrth ist auch ein Lehnsbrief vom Jahre 1571, nach welchem der Besitzer von Kötzschwitz, Cäsar von Breitenbauch, mit Meidebvrn, drei Gärten, sammt deni Tanzberge — dem eigentlichen Namen des Dorfes — drei wüsten Höfen hinter der Kirche, etwas Feld und Wiese und den Gerichten über Hals und Hand in der wüsten Flur Meidebvrn, wie solche sein Vater von Rudolph von Zehmen erkauft habe, belehnt wurde. Damals war also Magdeborn eine wüste Flur, und es ist ziemlich wahrscheinlich, daß diese Zerstörung, wohl des größten TheilS des Dorfes, 1431 durch den Raub zug deS Hussitenschwarmes erfolgte, welcher auch Tauchau, Liebertwolkwitz und andere nachbarliche Ortschaften heimsuchte. Durch den im vorigen Jahrhundert erfolgten Kirchenbau büßte Magde born seine Denkmäler und durch die Octobertage de- Jahres 1813 die meisten seiner alten Ur kunden ein. Herr Pastor Schiefer und Herr Cantor Laux hatten die Güte, uns in die Kirche zu geleiten. Das uralte, in romanischem Style erbaute wandelbare Gotteshaus wurde zum Uebcrfluß auch noch 1756 vom Blitze getroffen, so daß die Gemeinde sich zu einem Neubaue entschließen mußte, bei dem man mit praktischem Sinne die vorhandenen alten Epitaphien und Monumente hübsch mit als Baumaterial benutzte. Im Jahre 1784 wurde die Kirche eingeweiht; ihre Erbauung hatte 2700 Thlr. erfordert, ungerechnet Orgel und Altar. Auf dem Kirchboden fanden wir in lückenloser Reihe die schon erwähnten vierzehn Nothhelfer ausmarschirt nebst einer hübschen Maria nebst Schrein und einem leidlichen Loee domo. Die Glocken sind von 1702 und 1734, die Kirchenbücher beginnen 1673. Auf dem Gottes acker erinnert ein meisterhaft gearbeitetes Eisen kreuz an den 1749 verstorbenen Schmicdcmeistcr Kirsten aus Göltzschen. Der Pfarrer Kleinig, welcher von 1759 bis 1780 hier war, zog sich durch unbefugtes Copulircn mehrfache Suspen sionen voni Amte zu und brachte dadurch Mag- dcborn in den Ruf, eine Art Gretna-Green zu zu sein. Noch vor dreißig Jahren erschienen bis weilen in der hiesigen Pfarre oft aus weiter Ferne bedrängte oder incorrecte LicbcSpärchen, um ihre beiden Hälften aus kirchlichem Ambos rum Ganzen zusammenschweißen zu lasten. Die Anrede begann gewöhnlich mit der Bemerkung: „sic hätten gehört, auf dieser Pfarre ruhe aus alter Zeit das Recht, alle Jahre einige Paar zu copulircn, deren Verhcirathung in der Hcimath Hinderniste cntgcgenständcn". Leider sahen sich die Pfarrhcrren genöthigt, die armen Pärchen in ihrer Liebesnoth zu belasten und abzuwcisen. Da die Sectio» sich bei der Thurmbesteigung in zwei Abtheilungcn gespalten hatte, so kam es vor, daß die eine an der hintern und die andere an der vorderen Kirchseite auseinander warteten und erst nacb mehr als viertelstündigem Raison- niren auf die gegenseitige Saumseligkeit sich der Jrrthum löste und eine Wiedervereinigung statt- sand, welcher alsbald die Fortsetzung der Tour nach DreySkau folgte. Eine freundliche Einladung des Herrn Pastor Schiefer ins Pfarrhaus konnten wir wegen weit fortgeschrittener Zeit nur dankend ablehnen. DreySkau, welches sein stattliches Ansehen wohl hauptsächlich den 1733, 1738 und 1771 stattgefundenen großen Feuersbrünsten zu danken hat, vesitzt eine 1740 neu erbaute Kirche, die vor etwa vierzehn Jahren nicht übel restaurirt wurde, was 1400 Thlr. kostete. Zu beiden Seiten des Altars befindet sich eine Marmortafel, auf deren einer in Goldschrist zu lesen ist, daß sie die Ge meinde den Kriegern ihres Orts von 1870 zu 1871 gewidmet habe, und die andere enthält deren Namen, welche einen als gefallen, zwei als ver wundet und acht als unverletzt henngekehrt be zeichnen. Die Glocken hat 1813 Ulrich in Apolda gegossen. Nach Besichtigung der Kirche nahmen wir im DreySkauer Gasthause den Kaffee und erfreuten unS dabei der Bedienung einer jungen Barsüßlerin mit so pikantem südlichen TvpuS. daß einige Mitglieder der Kunstabthcilung meinten, ivenn Raphael unter uns wäre, würde „der bar fuße Engel von DreySkau" wohl kaum seiner Verherrlichung entgehen. Bon DreySkau bis Kleinpetzschau ist nur ein kurzer Weg. Die hiesige Kirche ist sehr alt, hat jedoch im Jahre 1867 eine durchgreifende Restauration erfahren, die zwar 3500 Thaler kostete, aber der Gemeinde, bei dem bedeutenden Vermögen der Kirche, wenig Opfer auserlegte. Der früher vorhandene alte Flügelaltar, mit den vierzehn Nothhelsern, einer Verkündigung und einer Anbetung durch die drei Könige, soll der Deutschen Gesellschaft in Leipzig überlasten worden sein. Jetzt schmückt die Absis ein Gemälde von Prof. Gustav Jägers Meisterhand, ein thronender Christus, eins seiner letzten größeren Werke, und in den Spandrillen hat der Künstler, wohl im Hinblick auf die genannten Darstellungen am alten Flügelaltar, eine Verkündigung und eine Anbetung angebracht. Die schönen Paramente sind von Beck in Hcrrnhut. An der nördlichen Kirchwand verewigte ein gebrochenes Mutterhcrz das Andenken ihres gefallenen Sohnes durch eine Marmortafel mit der Inschrift: „ Untcrofsicier Heinrich Louis Fischer aus Kleinpetzschau, bei St. Privat. Seine Hülle ruht in wieder deutsch gewordener Erde, sein Andenken ehrt das Vater land." Möchte man doch der schönen rührenden Sitte, das Andenken der in Frankreich gefallene» Söhne aus steinernen und erzenen Votivtafeln in den Gotteshäusern zu wahren, überall folgen. Wie so manches kleine arme Dorf ist darin schon vornehmen stolzen Städten mit gutem Beispiele vorangcgangen! Ein kleiner Abstecher seitwärts brachte unS bald nach Großpetzschau am User des Göselbaches und an einer kleinen Waldung gelegen. Die Kirche ist alt und wurde neuerdings restaurirt. Es hat sich in ihr aus vorreformatorischer Zeit noch die Piscina und ein steinerner Gotteskastcn erhalten. Ferner fanden wir fünf Leichensteme, dessen ältester von 1572 Wilhelm von Zehmen nennt. Gerichtsbarkeit und Kirchenpatronat von Großpetzschau kam 1594 an die Freiherren von Friesen auf Rötha, Thekla und Podschütz. Ein zweiter Leichenstcin ist von 1616. Bcmerkenswerth ist ein Schild mit kunstreich getriebener Arbeit in Messing, welches einen angelnden Mann im Co- stüwe der Schlußzeit des 17 Jahrhunderts dar stellt. Ein Oelgemäldc, Christus beim Abendmahlc mit Brod und Kelch im Brustbilde darstellend, fertigte und schenkte der Kirche 1832 Portrait- maler Bauer in Leipzig. Zwei Kesselpauken, die 1769 Michael Frenzel in NeumuckcrShausen an- sertigte, vermag nur noch ein kundiges Auge als solche zu erkennen. Die Orgel erbaute 1815 Poppe und von den Glocken nennen die große und kleine von 1617 als ihren Verfertiger Meister Andreas Müller in Leipzig, während der mittle ren eine Inschrift fehlt. Das Pfarrhaus wurde 1779 und die Schule 1808 erbaut. Und wiederum drängten wir unS Haut an Haut in die Helmerding'schc Bratpfanne und schmorten darin mit anerkennungSwerther Todesverachtung bis nach Störmthal. Dieses durch seine reizen den Parkanlagen den Leipzigern wohlbekannte Dorf bietet seit länger als fünfhundert Jahren eine ziemlich vollständige Geschichte. Um 1300 besaß eS der Ritter Bernhard von Mogelin, welcher cS an Nikol Pflugk verkaufte, der muthmaßlich ein Bruder des Erbherrn Otto Pflugk aus Strehla war. Der Ritter Tham Pflugk besaß daS Gut 1383. Noch ist die von ihm ausgestellte Urkunde vorhanden, in welcher er das Holz, die Zauche genannt, „den frommen Leuten zu Holzhausen" verlehntc, wofür er jährlich nur neun Schock Meißner Groschen und acht Kapaunen als Lehnzins forderte. Als Zeugen waren dabei Tham von Halteck, Ortel von Zcinyn, Friedrich Dobenz, die vorsichtigen weisen Lrpman aus der Münze, Nikol Oelmitz und Uitze Marschalgk, Bürger zu Liptzgk und andere biderbe Leute. Die Jagd und die Jurisdiction in der Zauche wurde von Störm thal 1784 der Universität Leipzig abgetreten, wo für diesem Rittergutc die Besetzung einer Stelle un Convict zustcht. Tham Pflugk war der zweite Sohn Nikol Pflugk auf Frauenhain und Rath des Markgrafen Wilhelm von Meißen, wohnte aber nicht im Schlosse zu Störmthal, sondern in Zöbigker. Nach seinem um 1420 erfolgten Tode bekam Störmthal Sigismund Pflugk, ein tapferer Kricgsmann, der in der Schlacht bei Brir gegen die Hussiten deren Wagenburg erstürmte. Von den sieben Kindern, welche ihm seine Gemahlin — Agnes von Erdmannsdorf auS dem Hause Stävteln — gebar, erhielt Nikol Pflugk bei der Crbthcilung Knauthain, Zöbigker, Eythra und Störmthal, brachte aber nachachcndS noch mehr Güter an sich. Dieser Nikol Pflugk, ebenfalls ein tapferer Krieger, wurde wegen seiner ritterlichen Thaten im Bruderkriege eigenhändig vom Kur fürsten Friedrich zum Ritter geschlagen, und hatte den Beinamen „der Eiserne". Er war eS, der 1447 mit Kunz von Kausungen im Gefecht bei der Brücke von Pöppeln von den Böhmen ge fangen genommen wurde und besten Auslösung durch den Kurfürsten mit 4000 Gülden, welcher Begünstigung Kaufungen verlustig ging, Diesem den ersten Impuls zum Prinzenrauhe gab. Im Jahre 1467 wurde „der Eiserne Pflugk" Amt mann zu Leipzig, Borna, Pegau und Groitzsch. Seine Gemahlin, Anna von Schleinitz auS dem Hause Ragewitz, beschenkte ihn mit zwölf Kindern, von denen Andreas Knauthain, Störmthal und Sonnewalde erbte. Andreas Pflugk stand in ohem Ansehen beim Kurfürsten Johann dem Zeständigen und dem Herzog Georg, und seine staatSmännische Umsicht und Klugheit wurde von beiden Fürsten namentlich bei den damaligen ReligionSstrcitigkciten vielfach in Anspruch ge nommen. Er kaufte 1511 von Paul von Breitenbach das Städtlein Liebertwolkwitz. ver äußerte eS jedoch mit Bewilligung deS Bischofs von Merseburg schon wieder 1531 an den Doctor Lindemann. Er starb 1513 kurz nach seiner Ge mahlin Elisabeth von Minkwitz, auS Sonnen- Walde, auf dem Schlosse Knauthain, wo sein Leichenstein in der Dorskirche noch vorhanden ist. Von Andrea- PflugLs vier Söhnen kamen Knauthain und Störmthal an den jüngsten, Hans Pflugk, vermählt mit Magdalenen von Schön- seld, besten Sohn HanS Pflugk in französische Kriegsdienste ging und 1577 daselbst an einer Lagerkrankhcit starb. Sein Bruder, Dam Pflugk, welcher zwei Monate nach des Vaters 1552 er folgtem Tode geboren worden, vermählte sich 1579 mit Katharinen von Schönberg aus Stol- berg, aus welcher Ehe nur eine Tochter, Magda- lcne, hervorging, die am 15. Juli 1595 Andreas Pflugk auf Eythra ehelig beigclegt wurde, aber schon nach zwei Jahren siarb. Störmthal befand sich seit 1588 im Besitze Friedrichs von Schön berg, Dam Pflugk's Schwager, doch verkaufte cS derselbe schon 1594 an Moritz von Starschedel, bei welchem das Gut nur bis 1596 blieb. Der Besitznachsolger des Herrn von Starschedel wurde Martin Schumarz von Krückelmann nebst seinem mitbclchnten Gotthard Platzer, Handels mann in Leipzig, Wilhelm Kreuderer zu Wasser burg und Gottyard und Hans von Reuth. Von 1618 an findet sich Gotthard Plätzcr allein, dann seine Lchenserben Christian, Thomas, Heinrich, Martin und Gottfried Plätzer von 1637 bis 1646. Der dreißigjährige Krieg hatte diese Fa milie dergestalt heruntergebracht, daß sie eins ihrer Dörfer, wie Göltschen, Dahlisch, Klein- pctzschau, nach den andern veräußern mußten. Ein Nachkomme der Pläber lebt noch als Gut« besitzer in DreySkau. Von ihnen kam Störm thal 1668 an den Accisrath Philipp Jünger in Leipzig und von diesem 1675 an den Kriegsrath undOberhofgcrichtöastestorStatzFriedrichv. Fullen. Nach seinem 1703 erfolgten Tode erbte daS Gut sein Sohn, dkr Kamnierherr, Oberhofrichter und Obcrsteuereinnchmer Statz Hilmar von Fullen, zu Leipzig s- 1751. Dessen Tochter Erdmuthe Dorothea Magdalena hatte sich 1737 mit dem Kammerhcrrn und Oberschenken Heinrich Ru dolph Grafen von Schönfeld und nach besten 1751 erfolgtem Tode mit dem General der Cavallerie und Gouverneur von Leipzig, Johann Friedrich Grasen Vitzthum zu Eckstedt vermählt. Der Graf starb 1786 und seine Gemahlin ein Jahr später und Störmthal erbte deren Sohn, der Gesandte und Gehein,rath Gras Adolf von Schönfeld, r 1820. Von besten Sohn, dem Grasen Moritz Adolf, kam Störmthal 1824 durch Kauf an den Kammerherrn Rudolph von Watzdorf. Bon ihm und seiner Gemahlin, einer geborenen Gräfin von der Schulenburg, wurde schon 1841 in Störmthal eine Kinderbewahranstalt gegründet, die die Herr schaft mit namhaften Kosten nicht allein geschaffen hat, sondern auch unterhält. Die Besitzer von Störmthal haben überhaupt viel für dasselbe gc- than. Das geschmackvolle Schloß erbaute der Obcrhofrichtcr von Fullen und den Park ließ Graf Rudolf von Schönfeld anlegen als einen der ersten nach englischem Geschmack in Sachsen, weniger durch seine Größe, als vielmehr durch seine kluge und wirkungsrciche Benutzung deS Terrains bcmcrkcnSwerth, doch waren damals schon mehrere Teiche und Alleen vorhanden. Ein im Parke vorhandener Tempel wurde nach der Schlacht bei Leipzig oem Kammerrath Fregc für Abtnaundorf überlasten. Bis zum Jahre 1810 war hier auch ein Thiergarten, in welchem über sechzig Stücken Wild gehegt wurden. Der Ort hat viele Schicksale erlitten. Bei der Belagerung Leipzig« durch Kurfürst Johann Friedrich im Jahre 1547 lag hier die Hauptsahne der Reiterei und wirtschaftete nach altem Sol datenbrauch. Das alte Lied vom dreißigjährigen Kriege wiederholte sich, durch schwedische und sai- scrlichc Truppen wechselsweise veranlaßt, auch hier durch Brand, Plünderung und Mißhandlung. Die Gutsherrschast mußte wiederholt vor diesen wilden Horten nach Leipzig flüchten. Bei dem Ein fälle Karls XII. von Schweden,der eine Zeitlang sein Hauptquartier in Liebertwolkwitz ausgeschlagcn hatte, wohnte aus dem Störmthaler Schlosse Major Piper mit zahlreichem Gefolge mehrere Wochen lang und ließ sich natürlich Nichts ab- gehcn. Während des siebenjährigen Krieges lagen hier wiederholt preußische Truppen und ließen dem Bauer kaum das Hemd auf dem Leibe. Der bayerische Erbsolgekrieg führte 1778 und 1779 ebenfalls ungebetene nnlitairische Gäste her bei und 1813 stattete der General Wittgenstein mit seinen Rüsten dem Dorfe einen Besuch ah. Am 12. und 13. Oktober rückte französische In fanterie ein und am 16. Octvber stärkten sich hier russische und preußische Truppen für die bevorstehende Schlacht. Von da an war Störmthal bleibend mit Soldaten vollgepfropft, die Alles ausplünderten und die Einwohner zur Flucht zwangen. Bis zum 18. October hatte sich ein Theil der Bevölkerung unter dem Schutze einer russischen Sauvegarde in die Pfarre ge flüchtet. Als aber die Garde abgezogen war, wurde auch hier Alles rein ausgeplundert, die Kirche spoliirt und der im Rittergute verwahrte Gotteskasten aufgebrochen und seines auS mehreren Tausend Thalern bestehenden Inhalts beraubt. Vom Unterstützungsvereine für KriegSschädcn er hielt Störmthal 1865 Thaler. Von FeuerS- brünsten wurde der Ort 1680, 1688, 1689, 1705, 1716, 1718, 1810, wo die Brauerei abbrannte, und 1823 heimgesucht. Der Blitz zündele 1695, 1793 und 1819. Ein Holzbrand fand 1700 und ein schwerer Hagelschlaa 1693 statt. Bis zum Jahre 1677 hatte daS Rittergut Störmthal über die Dörfer DreySkau, Aleinpetzschau, Dahlitzsch, Gölzschen, Rödchen und Liebertwolkwitz nur die Untergerichte, und erst in diesem Jahre wurde ihm die völlige Gerichtsbarkeit übertragen, welche rUcksichtlich des Städtchens Liebertwolkwitz 1842 an den Staat abgetreten wurde. Die Kirche zu Störmthal ist ein altes Gebäude, daS durch verschiedene Reparaturen und Anbau 1604, 1667, 1702, 1722 und 1754 seine jetzige Gestalt erhielt, lieber der Kirchenthür sieht man ein Wappen mit der Jahreszahl 1691. Unter dem Altarplatze befindet sich das jetzt nicht mehr benutzte Erbbegräbräß der Rittergutsherren; es wurden allein aus der Familie von Fullen und der Grafen von Schönseld seit 1703 daselbst zehn Särge bcigesetzt. Die Orgel, ein Werk Hilde- brandö, eines Schülers deS berühmten Silber- mann, wurde von Sebastian Bach am 2. Novbr. 1723 übernommen. DaS Portrait Statz Frie drichs von Fullen in reichverziertem Rahmen und ein Crucisix aus dem 16. Jahrhunderte sind be- trachtenSwerth. Zwei Glocken sind von 1780 und eine von 1829. Die Kirchenbücher gehen bis 1685 zurück Bis zum Jahre 1690 waren Störm thal, Dryökau und Klempetzschau Filialkirchen von Magdeborn, und eS wurde auf Ansuchen des KriegSraths von Fullen erst damals vom Kurfürsten genehmigt, daß sie von diesem Orte kirchlich getrennt, Störmthal zur Mutterkirche er hoben und DreySkau nebst Klempetzschau und Dahlitzsch deren Filiale werden durften. — Die Pfarre ist 1804 und die Schule 1740 von Grund aus neu erbaut worden. Ziemlich spät verabschiedeten wir unS vom Herrn Ortspfarrcr Naumann, welchem wir recht wichtige Mittheilungen über die politische und kirchliche Geschichte Störmthals verdanken, um den Schlußpunct unserer TageStour, daS Städt chen Liebertwolkwitz zu erreichen. Liebertwolkwitz, welches in einem Rügen buche von 1588 Liebwolkwitz acnannt wird, hieß früher nur Wolkwih. Die Sage erzählt: als Kurfürst Johann Friedrich 1547, bei der Belage rung Leipzigs, auf dem Thonberge bei Leipzig beim Mittugsmahle gesessen, sei eine feindliche Kugel auf die Tafel gefallen, worauf der Kur fürst ausgerufen: „ei. hier ist übel essen, wir wollen lieber nach Wolkwitz", wohin er auch sein Hauptquartier verlegt habe. Dieses Ge schichtchen ist jedoch völlig unhaltbar, wie denn das Vorwerk Uebelessen am Thonberg diesen Namen schon 1532 führte. Der Umstand, daß Liebertwolkwitz seit 200 Jahren mit Störmthal verbunden ist, trägt Schuld, daß das hiesige Rittergut kein herrschaftliches Ansehen hat. Und doch ist es da durch historisch merkwürdig geworden, daß 1706 der kaiserlich österreichische Minister Graf Wratislav die mit König Karl XII. von Schweden zu Alt ranstädt abgeschlossenen Tractaten, nach welchen der Kaiser den schlesischen Protestanten freie ReligionSübung gestattete, auf hiesigem Ritterguts Unterzeichnete jauch König Karl bei seinem 1707 erfolgten Abmarsche am 1. und 2. September hier sein Hauptquartier aufschlug. Im Jahre 1431 wurde Liebertwolkwitz durch die Hussiten dergestalt verheert, daß der damalige Gutsherr Götz von Ende seinen armen Bürgern zur Unterstützung daS BischosSholz schenkte. Die Schweden beschossen das Städtlein 1637 vom nahen Kolmberge auS und 1813 begann hier die große Völkerschlacht. Schon am 14. October erfuhr Liebertwolkwitz ein schweres Unglück, indem bei einer RecoqnoScirung der französischen Streitkräftc ein hedcutendcs Aoantgardengcsccht der Generale Wittgenstein und Klenau gegen die hier befindlichen Truppen des Königs von Neapel stattsand, wobei der Ort drei mal erstürmt, geplündert und zum dritten Theile zerstört wurde. Was die ältesten Besitzer anlangt, so flauste Liebertwolkwitz Anfang deS 13. Jahrhunderts Markgraf Dietrich und überließ eS dem von ihm in Leipzig gestifteten Thomaskloster. Nocb in demselben Jahrhundert besaß cs Bernhard von Mogclin, von welcbem cS um 1296 Nikol Pflugk erwarb. Im 14. und 15. Jahrhundert finden wir daselbst die Herren von Ende und 1480 einen Herrn von Breitenbach, welchem daS Gut 1511 Andreas Pflugk abkauste, der cS 1531 dem Doe- tor Lindemann überließ. Bald daraus befand fick' Liebertwolkwitz wieder im Besitz der Pflugk, von welchen eS 1588 an Friedrich von Scbönberg, 1594 an Moritz von Starschedel, 1596 an Scbu marz von Krückelberg, 1618 bis 1868 an die
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