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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-05-23
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188605231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860523
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860523
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-05
- Tag1886-05-23
- Monat1886-05
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1886
- Autor
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Verhandlungen, welch« Lurch die -ersö.iliche Anwesenheit eine» vreußischea Kronbeamten ia München Unterstützt »urdcn, schiene» bereit« dem zusriedenftelleudsten Abschlüsse stch zu sahen; da« war jene glücklich« Phase, wo die klagbare» Gläubiger mit Fn, «ad Recht aus di« sichere A»«gleichu», de« ganze» Wirrwarr« vertrSstet werde» konnte». In beb ist e« ia letzter Stand« aader« gekomme». <tt sollte nämlich Kaiser W.lhelm undeschadet der KauspreiSerlegung sich überdie« noch verpflichte», de» vollständigen Ausbau von Herren- chieiniee nebst der deevraliven innere» «»«ftattiing. und »war streu, nach dem Versailler Originale, binne» eiaer bestimmte» Frist »u bewerk- stelligen. Hieraus jedoch kon»te man ia Berlin um s« weniger emgehe». al» eben dem gan»ea Plane, selbst bet der kostbarste» Aa«führuug, doch jeder hähere kuuftiverth im strenge» Sinne abgehea würde. L« ist «be» jeder Pfeiler, jeder Bogen, jegliche Himmerau«statt»ng. alle FreSkenmalere, bi« aus die kleinste Plasondstgur eine peinliche Nach- ahmung de« sronzSsischea Bourdonenpalafte« »u Bersaille«. Ia sogar die deutsche» Riederloge» und franzinännische» Berwüstungeu der bayerischen Rheinpsalz durch Ludwig XIV. finden sich mit gewisse», hasler Treue obgemalt vor. ES habe» sich dadurch die bossnung«. vollen Borverhandlunge» zerschlagca, und da« Eude davon ist der ehrfurchtsvolle, aber sehr ernste Mahnbrief de« Reichskanzler-Fürste» Bismarck im Name» de« deuischea Kaiser« gewesea. So liegen die Umslände jetzt, uad die noch immer nicht eingeirasfene, aber standlich mir Boiiguitz zu erwartende Antwort de« König« aus die Immediat- Eingabe de« bayerischen Gesammtmiaisterium« muß ja ganz »»bedingt das ..Entweder — Oder" — hofseutlich zum Heck de« Vater« lande« bringen. A» der Mittheilung der „Rheinisch-WestsSlischen-Zeitung" ist nach der „Schlesischen Zig." soviel richtig, daß König Lud wig. der übrigen« vor einigen Tagen Schloß Berg schon wieder verlassen und mit wenige» Diener» uudEhevauxleger« indirVor derrist, einen kleinen Weiler mit königlichem Jagdhaus«, sich begeben bat, dem Staal-ministerium aus dessen ehrerbietige neueste Grsaniiittvorstellulig bi« jetzt keine Antwort zukoininen ließ. In der dem klerikalen LandtagSabgeorvneteu Bücher gehörenden „Donauzeitung" wird bereit« ganz offen die Hoff nung ausgesprochen, daß den» Schritte de« Ministerium« bald weitere folgen, und daß da« Ministerium selbst den Stein i»S Retten bringen und der unbaltbarcn Lage rin Ende mache» werde. Daß man in gewissen Kreisen immer ent schiedener aus Herbeiführung einer Krisis hinardeitet, liegt klar zu Tage. * Ta« vom Schweizer Bundetzrath soeben zur Vorlage an die Nülbe genehmigte neue Bunde«gesetz, betreffend Maßnahmen gegen gemeingefährliche Epidemien, unterscheidet sich in der Hauptsache von dem alten vom Volke verworfene» durch kürzere, bestimmtere Fassung, Weglassung de» Zinpstwangc» und die Strafandrohung. Während da« alte eine Strafe von 1000 Fr. festgesetzt hatte, bestimmt da neue Gesetz, daß Nichtbeachtung oder Umgestaltung der in dem Gesetz oder durch spcciellc Anordnungen der zuständigen Be- börden vorgeschriebenen Maßregeln mit einer Buße von 10 Fr. bi» 500 Fr. zu bestrafen sei. In schweren Fällen» insbesondere wenn durch absichtliche Umgehung sanität-poli zeilicher Anordnungen der Au-bruch einer mit Todesfällen verbundenen Epidemie veranlaßt wurde» soll jedoch die Geldbuße bi« aus lOOO Fr. erhöht uad mit derselben auch Gesängniß bi» aus 6 Monate verbunden werden können, sofern nicht cantonale Strafbestimmungen über ab sichtliche oder fahrlässige Tödtung, Körperverletzung, Ver breitung von Seuche» re. zur Anwendung kommen. Man glaubt, daß da» neue Gesetz unwesentlich verändert in der Bunde-Versammlung Annahme finden und auch vom Volke gebilligt werden wird. Al« »gemeingefährliche Epidemien" bezeichnet e«: Pocken, asiatische Cholera, Fleckfieber und Pest, wie die» auch im alten der Fall war. * Die größeren Uebungea der Schweizer Truppen werden im Jahre 188k in dem Abschnitt zwischen Uverdun, Moudon, Freiburg und Avenche« stattfinden. Am 13.. 1«. und 15. September manövrirt die 1. Armeedivision gegen die 2., am 1«. folgt die Inspicirung der vereinigte» Divisionen, am 17. werden dir Truppen entlassen. * Die orleanistischen Blätter. N^lch« «milchst au« An laß de« vom Grafen von Pari» veranstalteten großen Feste« nicht lautgenug verkünden konnten, daß die Wieder herstellung der Monarchie in Frankreich wesentlich näher ge rückt wäre, sind nunmehr sehr zurückhaltend geworden. Ins besondere verhehlt sich der „Figaro" keine-weg«. daß die Frage hinsichtlich der Ausweisung der Prinzen oder wenigsten» eine« dieser Prinzen, d. h. de« Grafen von Pari«, einen „gewisse» Ernst" annehme. Bon ihrem Pariser Eorrespondeaten wird der „National-Zeitung" gemeldet: * Part«, 20. Mai, Abend«. Im heutigen Mlnlsterrathe, welcher 2'/» Stunden dauerte, ist die „Prtnzensrage" «elter erörtert worden. Ein Theil der republikanischen Presse spricht stch entichie- den gegen die Ausweisung au«, für deren absolute Rotbweudigkeit hauptiächlich die opportunistischen Organe etutretcu. Die orleaai- stischeo Blätter fahre» fort, gxoße Ruhe zur Schau zu «ragen, ohne jedoch ihre hero»«sorderud« Huktuug auszugebe». Mehrere Journale halte» fälschlich dem deutschen Botschafter, Graseu Münster, unter den bei der orleanistischen Soirte Anwesenden genannt. Eine Note der ..Agence Hava«" constatirt deshalb, daß weder der Botschafter Deutschland«, noch der päpstliche Nuntius, noch die Botschafter Eng lands, Oesterreich«, Italien« und der Türket der Einladung de« Grasen von Pari- gefolgt seien. In der Form einer Wiener Depesche veröffentlichte ein hiesige« Blatt Nähere« über de» Besuch, welchen der Conseilpräsident Freycinet vor einigen Lage» dem Großsürsten Wladimir abftattete. Der Miuister sollte mit dem Großfürsten die politische Lag« besprochen und insbesondere die Angelegenheit, be- treffend die Abberufung de« früheren französischen Botlchaster« io Petersburg, Appert, erörtert haben. Lin bonapartistische« Blatt. „La Satire", welche» häufig von der russischen Botschaft benutzt wird, erklärt sich nun für ermächtigt, dir erwähuteu Mitlheiluugeu als unrichtig zu brzeichnen. * Da m< <i ia Berlin die Errichtung eine« Seminar» für orientalische Sprachen beabsichtigt, ist e« nicht ohne Interesse, der orientalischen Akademie in St. Petersburg zu gedenken, die daselbst vor drei Jahren gegründet wurde und an der jetzt zum ersten Male die AuStrittSprüsungen statt- sinden. .Mit der Vergrößerung der mittelasiatischen Besitzungen und der dauernde» Entsendung russischer Truppen dorthin machte sich (so wird der »Köluochen Zeitung" au« Petersburg geschrieben) mehr und mehr d,,« Bedürsniß fühl bar, mit den Landessprachen vertraut,. Ojsiciere russischer Nationalität dorthin zu schicken. Die den dortigen VolkS- stämmcn angehörenden. vielfach im russischen Heere vertretenen Ossiciere boten allerdings eine» Ersatz, voch nur einen dürf tigen. Solche Persönlichkeiten können sich, wie dir Erfahrung lehrt, nur schwer in die europäischen Begriffe finden, selbst wenn sie von Jugend an in den besten Militair-BildungS- anstalten Petersburg» erzogen waren, und schließlich genieß sie auch unter den Einwohnern nicht die Achtung wir d»c Ossiciere russischer Nationalität. Ein Beweis hierfür sind die Verhältnisse der in Petersburg weilenden bukharischen Ge sandtschaft. Dem Gesandten waren al» Dolmetscher ein Ofsicier russischer und ein solcher tatarischer Nationalität beigegeben. Während er den ersteren mit ausgesuchter Höflichkeit behandelte, bewies er sich dem anderen gegenüber von einem geradezu un ausstehlichen Hochmuth. und dieser ließ sich solche« auch ganz ruhig gefallen. Wenn die« schon in der Hauptstadt de« rus sischen Reiche« so ist. wie mag e« erst in den dortigen Ländern sein! ES wird nur in den seltensten Fällen möglich sein, einen russischen Osflcier dortiger eingeborener Nationalität und mohamcdanischer Religion zu finden, aus den man sich wirklich unbedingt verlassen kann. Noch unzuverlässiger sind die Dolmetscher der Cvnsulate und sonstigen Behörden; meisten» ein seile«, bestechliche» Gesindel, trotz äußerlich an genehmer Formen. Diese GesichtSpuncte führten zur Bildung einer orientalischen Akademie, die der asiatischen Abtheilung de« Generalstabe« unterstellt wurde. Der Eintritt in dieselbe wurde nur jüngeren Ossicirrrn gestattet, von denen neben geographischen, ethnographischen und anderen Kenntnissen vor nehmlich Krnntniß der sranzösischen Sprache gefordert wurde, da theilwrise der Unterricht i» dieser ertheilt wird. Wohl weislich wählte man al« Lehrer nicht Nüssen, welche die orien- talischeu Sprachen stubirt, sondern Orientalen, dir Russisch oder Französisch gelernt. Dieser Punct ist «ege» der Erlrrnunq der richtige» »ussprach« vaa gr«ß«, Wichtigkeit. Dir Ossiciere mußten sich zu emem dreijährige,« Lehrcursu« verpflichten uud zu dcnn ächsligeui mindesten« fünfjährigen Dienst im Kaukasus oder Mittelasien. Man fing verstäudigerweise die Sache nicht gleich im Großen a». sondern eröffnet« zunächst eiueu Lrhr- cursu» für nur >5 Ossiciere, trotzdem sich über hundert zum Eintritt gemeldet. Jeder Osficier hefchästigt sich ausschließlich mit Erlernung der orientalischen Sprachen, uud zwar werden verlangt: Türkisch. Persisch und Arabisch in Wort und Schrift. Die Erfolge sind ganz vorzüglich und nicht zum geringsten Tbeil darum, weil die Lehrer selbst Orientalen sind. Ein Osficier, der jetzt seine AuStrittSprüsuag macht, handhabt, wie er versichert, jene Sprachen ganz leicht. Wenn «on noch die Hebung an Ort und Stelle hinzutrit, werden sie sicherlich dauernd haften. Rußland wird mit der Zeit eineu tüchtigen Stamm derartig qebtldeler Ossiciere bekommen, dem» »« soll eine bedeutende Erweiterung jene« Lehrcursu« geplant fein, so daß nicht alljährlich uur 15 Ossiciere. sonder» vielleicht die doppelte Zahl auSschciden. Wie wichtig eine derartige Sprach- aurbiloung auch >n Deutschland für die überseeischen diplo matischen «nd Eoasularbeamteu sein dürste, liegt aus der Hand." Preußischer Landtag. Atzge,rtzuetrutz«u«. VS. Sitzuug vom 21. Mai. 12 Uhr Ui. Mia. Eingcgaugen: Aulrag Hammerftei, und Ge»., betr. größere Seldstsiändigkeit der evangelischen Kirche. Erster Gegenstand der Tagesordnung: erste uud zweite Be- rathuag de« Anträge« de« Abg. Seer, betr. di» Benutzung der Kunslstraße». Der Antrag lautet ans Annahme eine« Gesetz, enttvurs«, der Folgende« bestimmt: Bei der Benutzung der Kunst- ftraße» darf für alle Fuhrwerke die Ladung betragen: ») bei einer Radreifenbreite von uiiter 6 Lentimeter bi« 1500 Kilogr., d) bei einer Radreifenbreit« von 6—S Lenlimeter bi« 3000 Kilogr., e) bei einer Radreisenbreite von 9—12 Lentmieter bi« 5000 Kilogr.. ck) bei einer Radreisenbreite über 12 Lentimeter binau« jede« Gewicht. Abg. Schmidt-Saga» (freie.) hält Lommission-beratduag für uothivendig. da ia Bezug aus di« Radreisenbreite die Ausichteu ia iateressirteu Kreise» sehr anlemaudergehea. Iu-besonder« sei zu erwägen, ob die Regel»»- nicht besser der Provivzialgesetzgebuag zu überlassen sei. Reg-Lommissar Geh. Reg.-Rath V. ZedNtz-Neukirch: Die Regierung habe anerkannt, daß di« bestehenden Bestimmungen über die Radreisenbreite veraltet seien und deshalb Erhebungen veranlaßt, die noch nicht völlig zum Abschluß gelangt seien. Zn de» vom Abg. Seer vorgeschlageaea Nothgejetz könne die Regier»»- zur Zeit noch nicht Stellung aehmeu. Gegen dasselbe beständen maucherlei Be- deuken, so daß sich Lommiisionsberathuug empfehle. Aus Antrag de« Abg. v. Rauchhaupt (cous.), der auch für provinzielle Regelung ist, wird der Antrag Seer au eiue besondere Lommissio» verwiese». Hieraus werden Petitionen erledigt. lieber eine Petition um Umwandluug de« Domalneo- vorwerksPreubenhoff ia Bauerawirthschaftea wird zur Tages- ordnling übergegaugen. Petitionen von Fischern im Reg.-Bezirk Stralsund um Abänderung einiger Vorschriften über den Fischeret- brtrieb werden der Regierung al« Material überwiesen. Katholisch« Familienväter ia der Stadt Stuhm petitionireu um Umwandlung der dortigen Simultan- ia Loasessionsschule». Die Lommissio» beautrogt: Die Petition der Regierung zur Berück- sichtiguug dahin zu überweisen, daß bei der nächste» Bacaaz Echulland uud Dienftwohuuug «iuem dir Lehrer katholischer Loa- sejsio» überwiesen werde. «dg. Mosler (Leutr.) beantragt, di« Prtitioa dcr Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Abg. Wessel (freicoas.) spricht gegen Berücksichtigung, da hier durch der Stadt Stuhm, die so wie so schwer belastet sei, übergroß« Kosten durch Neubau eiuc« Schulgebäude«, Anstellung »euer Lehrer rc. erwachsen würde». Abg. Spahn (Leutr.) befürwortet Berücksichtigung. Andere Städte hätten Höhere Schullaftea zu trage», al« gerade die Stadt Stuhm. Nachdem »ochAbg. vr. Wuermeliug (Leutr.) für de» Antrag MoSler plaidirt, wird derselbe abgelehut uud der Sutrag da Lom- Mission angenommea. Eine Petition um gesetzlich« Regelung da Peusioutverhilt- uisse der Lehrer an den Vorschulen höherer Lehranstalten, a» Mittelschulen und höheren Töchterschulen wird nach Befürwortung seilen« der Abgg. vr. Mttthoss und Schmidt-Sagan und nachdem Abg. v. S chencken dorfs gleichzeitig um Berücksichtigung der Lehrer au gewerblichen Schulen ersucht hat, der Regieruog zur Berücksich tigung überwiesen. Die wähle» der Abgg. vr. Goldschmidt uud Eeysfahrt» Lieguitz (freist, 5. Liegnitz) werde» beausraadet uud die Regierung um Erhebungen «sucht. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr. LageSorduuog: -analvorlage. Schluß 2 Uhr. vermischtes. — Berlin, 21. Mai. Ueber die große Frühjahr- Parade, welcher da Kaiser beiwohnte, berichtet die „Natiorialzeitung": Aus dem großen Infanterie - Ex rcirplatze östlich der Tempel- hoser Lbaussee fand heute vormittag die dieSjShrige große Früh- jahrSvarade über die Berliner und Spandauer Garnison vor dem Kaiser statt. Im Großen und Ganzen spielte sich bat ge- wattige militairische Schauspiel in feststehenden Grenaen ab. Rur war dirSuial die Betheitigung de« Publicum« eine merklich geringae. Der entsetzlich brennenden Sonne gegenüber vermochten auch die begeisterungstühigste« Paradebesucher nicht Stand zu halten, sie stellte Anforderung«» au die Widerstandsfähigkeit. der »ur die Wenigsten gewachsen waren. Zwar waren die Wege »ach Süd- Westen zu mit Schaulustigen gesäumt, aber die Reihe» Ware» düua uud oft gelichtet. Auf dem Paradefelde, da« eiaer großen grüne» wiese glich, hatten die Truppe« Ausstellung genommen. E« glitzerte und blitzte überall, und die Maisonne lachte allzu sreundlich auf die in ihre Alignements «inrückenveu Truppen. Die in der Parade stehenden Truppen befekliate der comniaudirrnde General de« Gardecarp«, General der Jnsanterie von Pape. Die Ausstellung war in zwei Treffen erfolgt. Da» erste Treffen, befehligt vom Generallieutenont von Oppell, Sommandeur der 2. Garde-Infanterie-Vivision, um» saßle die Leibgendarmerie. die Stäbe, die 2. Garde-Jnfanterie- Brigade, unler Generalmajor von Salienboru - Stachau, mit dem Ladettencorp«. dem 2. Garde-Regiment z. F.. dem Garde-Füsilier- Regimen» und dem 4. Garde-Regiment z. F., die S. Garde- Jnsanterie-Brigade, unter Generalmajor von Wißmann, mit dem Kaiser-AIexander-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1, dem 1. nnd 2. Bataillon de« S. Garde - Grenadier - Regiment« Königin Elisabeth (da« Füsilier-Bataillon versieht den Nachtdienst in Svandou) nnd dem Garde - Schütze» - Bataillon, die combinirte Garde - Jnsanterie - Brigade, unter Generalmajor von Kropff, mit dem Kaiser - Franz - Garde - Grenadier - Regiment Nr. 2 und dem 3 Garde-Regiinent z. F.. und die combiairle Brigade, unter Oberst Goiz. Sommandeur de« Eisenbahn-Regiment-, mit dem 1. Bataillon Warbe-Fiiß-Arlillerie-Regiment«, dem Gaide-Pionier-Balaillon, dem Eisenbahn-Regiment und der Lehrcompagnie der Artillerie-Schieß- schule. Da« zweite Treffen, besebligl vom General - Lieutenant von Winterseld, Lommandenr der Garde - Lavallerie - Division, war zusammengesetzt .au« drr eombinirie» Garde-Lavallerie- Brigade, unler Oberst Prinz von Hohenzoller«, mit dem Garde- Kürassier-, 1. Garde-Dragoner, 2. Garde-Ulanen- iund 2. Garde. Dragoner-Regiment, und au< der Artillerie und dem Train, unter Oberst von Schell. Lammandrur der Garde Feld-Artillerie-Vrigad«. mit dem l. und 2 Garde-Feld-UrtillerieRegiment, der Lehrbalterie der Artillerie-Schießschule, dem Garde-Trainbataillo» uad dem Vrandenburgische» Trainbataillou Nr. 3. Dir Bataillone de< erste» Treffen» standen io Lompagnieseontcolonne, dir Lehrrompagn!« der Artillerie. Schießichule in Zugcolaoar, die Lavallerie in Lolonne in E»cadrou«. Artillerie und Train ia Linie. Fast bi« an Iden Damm der B«rbiadnug<dahu dehnten sich dir beide» imposanten Treffen an«. Die Mnsik de« 2. Garde-Regiment» ». F. hatte ans dem rechte» Flügel de« Ladettencorp« Ausstellung genommen. Ans dem Platz« hinter dem Steuerhaus« begann e« ebensall» bald lebendig zu werde». Hier sammelten sich die znr nächste» Umgebung Sr. Majestät gehörende» Ossiciere uud Hofwargen, unter ihnen die Generaladjntanten von Stiebte, von Nanch, »an Albedyll, Gras Lehndorff, Gras Waldersee. di« Generale ä l» mut« Gras von Allen und von Lerenthall, die Flügeladjutante» Oberst- litntenant von Pleffe» nnd Maior Heinrich XVIII. Prinz Neuß, der Ober-Leremoaieameister Gras Enlenbnrg ia der Uniform de« 1. Garde Regimen««, da Krieg«minister GenaaMeutenant Bronsart von Schestrndorff, Obrrstallmeister von Ranch ». s. w. Dienste königlich« Eqnipagr, welch, hier «tntras, dracht» den Prinzen Maximilian Emanuel von Baheru i» der Uuiso. ui de« 1. schweren Reiterregiment« und mit lem Bande deö Schwarzen Abtei orden«; ihm sotgie ia vierspänniger Equipage die Frau Erbprinzessi» Charlotte von Sachsen- Meiningen u»0 bald nach dieser die Frau Großherzogiu von Baden in offener mit k Rappen bespannter Equipage, welcher ein P quenr vorauitrabte. mit ihre» Holdame eia. Die dohe Fra» trug eine delle Toilette mit einem leichlcn Sdawl um die Schulter«, eiaen Kapoldut mit gelbe» Bändern und einen crtmesarbeneu Schirm. Der Kronprinz halte, vom Neuen Palai« kommend, bei Schöaeberg die Balm ver lassen und ivar dort zu Pserde gestiegen, auch stand hier kür die Frau Kronprinzessin und deren Prinzessinnen - Tüchtrr «in sechsspänniger Wogen bereit. In der Nide der Höchsten Herrschaften hielten in offenen Equipagen die Gemahlin de« russischen Volichastert mit dem Bot- schaft«ralh Grasen Murawiefs und drr spanische Gesandte mit Gemablin, Gras und Gräfin Benomar. Die sreaidländüchea Militair- Bevollmächtiaten und AllachSS hielten in der großen Suite am rechten Flügel dcr Paradeausftellung. Es war 2 Minuten vor 10 Uhr, da verkündete ein sich immer väher wälzende«, immer mächtiger schwellendes Hurradrusea da« Rahe» des Kaiser«. Der Kaller, .be gleitet vom Generallieutenont Anton Fürsten Radziwill, trug die große gestickte GenerolSunisorm, über die sich da- Orangeband be hoben Orden« vom Schwarzen Adler breitete. Nach der Begrüßung mit den Mitgliedern seine« Hause« suhr der Monarch, gcsolgt von den Prinzen »»L der am Skeuerhause haltenden Suite, io der sich auch der russische Botlchaster Gras Schuwaloss und der Geueral- lieutenant v Tschirschty und Bögendorff. Sommandeur der 21. (köuigl. sächsischen) Division befanden, dem rechten Flügel der Ausstellung zu. wo dcr commandireude General de- Gardecarp«, General der Iiisanterie von Pape, dem Monarchen nach dem Pajsireu der salutirenden Suite den Frontropport überreichte. Zu erwähnen ist noch, daß die innere Borderwand des kaiserlichen Wagen« über dem Rücksitz mit einem prachtvollen Strauß au« Flieder. Mai blumen uns Rosen, durch ein blaue- Atla-baud zusammengehaltru, geschmückt war. Nunmehr begann der erste Act der Parade. L« wurde zuerst im Ganzen, dann brigadeweise präsentirt. Die Trommeln rasselten, di« Trompeten schmetterte», die ruhmvollen, seldzeichengeschmückiea Fahnen senkten sich zur Erde, und ü''er den weite» grünen Plan zogen, von anderthalb Dutzend Capellen intanirt, die feierlichen, vom leise» Lustzuge in die Ferne getragene» Accorde de- „Heil dir im Siegerkranz". Wie ein Wort an« tausendfachem Munde trug sich dem oberste» Kriegsherrn aus sein „Guten Morgen, Grenadiere!" die Antwort „Guten Morgen, Majestät!" entgegen. Kein Auge zuckte, kein Glied rührte sich, als der Kaiser unter Borritt der Generaladjutonten im Schritt di» Fronten entlang fuhr, den betreffenden Eommandeur de« TruppentheilS neben sich, uad be gleitet von de» königlichen Prinzen und der glänzenden Suite. Dicht dahinter folgte» die königlichen Equipagen mit den fürstlichen Damen. Ta« zweite Treffen wurde vom linken Flügel an- gesehen. Sobald eine Brigade pajsirt war, folgte die Formation zum Vorbei- marsch. Tie Iruppentheile de» ersten Treffen» desiiirien da« erste Mal ia Couipagiiiesroi-t, di« Lavallerie in halben EScadron« im Schritt, di« Artillerie in Batieriesront im Schritt, der Train in Zügen im Schritt. Ter zweite Vorbeimarsch erfolgte von der Jnsanterie in ReqimentScoloiine, wobei das Garbe-Ponier-Bataillon und das Eisenbahn-Regiment unter Major Knappe eine RegimentScolonne bildeten, da- Gardc-Schützenbaiaillon und da« 1. Bataillon de« Garde- Fuß-Artilleric-RegimeiiiS in Compagniesrontcolonne (da« Ladetteu- corp« uud die Lchrcompagnie fielen au«), die Kavallerie in E-cadron-front im Trabe, die Artillerie in AbtheilungSsront im Trabe, der Train in Eompagniesront im Trabe. Bevor sich drr Kaiser nach Beendigung der Parade in die Stadt zurückbegab, ver sammelte er noch erst die Prinzen und die Generalität zur Kritik um sich, allen seine vollste Zusncdenhcit auSsprechend. Und al« der Monarch sich in herzlicher Weise verabschiedet hatte, schallten ihm wiederum endlose Hochrufe entgegen, die sich bi« zn seinem Ein- treffen im Palai« soitpflanzten. — Berlin, 21. Mai. DaS Befinden de« vr. Leopold v. Rauke bleibt in hohem Grade besorqnißerregend. Heuie früh wurden die Angehörigen an daS Krankenbett mit der Meldung gerufen, der TodeSkamps wäre eingetreten, und in der Thal machte der Kranke, de» starke Beängstigungen zu quälen schienen, den Eindruck, al« hätte er nur nock» wenige Minuten zn leben. Dcr Arzt konnte die Besorgnisse der Söhne nur tbeilen und die Anordnung treffe», e« möge Niemand dem Krankenlager sich nähern, um jede Störung des Leidenden zu verhindern. Die Bewußtlosigkeit dauert fort uad ebenso ist die Ernährung überaus erschwert. Ranke ver fiel auch heute Vormittag wieder in so tiefen Scklas, daß besorgt werden mußte, er möchte nicht wieder erwachen. So verbrachte er laut- und athenilo« eine volle Viertelstunde, um dann die Augen bald wieder auszuschlagen. Ais heute Vormittag dem Kaiser die Namen der Ossiciere de« Garde- Füsilier-Regiment« genietket wurden, erkundigte er sich sofort beim Hauplmaiin v. Ranke nach dem Verlaus de« Leiden« und gab Befehl, daß zum Beistände de« Vater« der Sohn sogleich da« Parabrsetd verlasse» sollte. Diese rührende Theilnahme de« Kaiser« äußert« stch auch im Laufe de« gestrigcn Tage» zu wiederholten Malen. Die Tochter. Frau Baronin v. Kotze, hat sich einigermaßen von ihrer Erschöpfung erholt, dagegen wurde heute früh die langjährige Pflegerin Ranke'«. Frau Loppe, bedenklich krank. Sie bat vierzehntägige Nachtwachen hinter sich, die ihre Kräfte erschöpften. —r. Meiningen, 2l. Mai. Au« Lauscha erhalten wir eine reckt traurige Nachricht. Am Thicrberg waren gestern «ine Anzabl Holzhauer mit AbschLlen von großen ffichtenblöcken beschäftigt und am BergeSabbang sammelten eine Anzahl Knaben klare Rmden. In dem Augenblicke, al« die Arbeiter einen der Blöcke umdrehten, entglitt solcher den Hebeln, setzte sich in rollende Bewegung und raste mit furchtbarer Gewalt den Berg hinab. Ta» Unglück voran«» sehend, riefe« die Arbeiter den Kindern zu. sich zu retten, doch zu spät — die Kleinen liefen zwar aus gut Glück auseinander, ohne zu wissen wohin. Ein zehnjähriger Knabe wurde von dem Blocke ersaßt und mit solcher Gewalt gegen einen Baumstumpf geschmettert, daß ihm der Schädel total zertrümmert wurde. Entsetzen erfaßte die Kinder, al« sie den verstümmelte» Leichnam sahen. Nur an einer Hal-sehnr hing noch ein kleiner Rest de« Hinterkopse«. Da« Gehirn war weil umhergespritzt und von den GesicktStheilen fand sich nur ein Auge und «in Stückchen Ohr. Gewiß ein schauer licher Anblick!' ^ — Luxemburg, 19. Mai. Laut Volkszählung vom 1. December v. I. war an dem Tage die Einwohnerzahl de« Großherzvgthum« 2N.633 (1880: 210,507). Mit Ausnahme von Esch a. d. A. (-1-6584). Luxemburg-Stadt (-t- 1750), Luxemdurg-Land (-1- 363) und Redingen (-1-7) baden alle Cantone an Einwohnern eingebüßt, am meisten Echternach (892), da» dadurch in Gefahr kommt, seine« dritten Deputirtensitze« verlustig zu gehen, während Esch und Luxem burg-Stadt je einen Sitz für die Kammer mehr erhalten. Unter den ortSanweseiiden Personen befanden sich 17,602 Aus länder. Während die EinbeiinisLen um 1316 abgeovmmen, bat sich die Zabl der Ausländer um 5059 vermehrt. Unter der ausländischen Bevölkerung nehmen die Deutschen den ersten Platz mit l 1.863 (1880: 84 l 2) ei», e- folgen dann Belgien mit 3028, Frankreich I3l3. Italien 496 :c. Katholiken g»ebt e» im Lande 2ll,077, Evangelische ltlt, Israeliten 866; 173 Personen bekennen sich zu keiner Religion, 16Mennoniten und 3 Anglikaner. Auf einem Flächeninhalt von 258,745 Hektaren stehen 36,524 Häuser mit 42,460 HauShaltungea. — London, 18. Mai. Die weltberühmten Samm lungen reicher und kunstsinniger Liebhaber habe», augen blicklich eine auffällige Neigung, sich wieder in alle Winde zu zerstreuen. Noch ist drr Verlaus der Hope'schen Sammlung von Edelsteinen nicht beendet und schon steht in den Zimmern von Christi« Manson and WoodS, Kliigstrert. St. IamcS. die nicht minder berübmte Dudley'sche Sammlung von Porzellan zum vfsentlichcn Verkauf geordnet. Der ver storbene Earl Dudleh hat mit vielem Geschmack und mit un geheuren Mitteln eine der schönsten Sammlungen dieser Art zu Stande gebracht. Die rarsten SevreS- und Ehets,«-Por zellane sind rn Fülle vertreten. Man zählt nicht weniger al» i 2l Vasen und 13 Iardmiören» 3 vollständige Service und s eine Masse von Taste». Tellern w. au» Srvre»; 12 Vasen, rin Theegcschirr au» Cdelsea. 20 Nummern von Wiener und DreSdruer Porzellan. Die Versteigerung wird mit dem Bei- s kauf dreier geschnitzter Bergt,ystalle schließen. Da« schönste ! Stück der Dudley'schrn Sammlung, drei Stück Ros« du Barry- Porzellan, welche« von Lord Dndley um 10,000 Lstrk. gelaust war, kommt allerdings nicht zur Versteigerung. Literatur. Die Greuzdote», Zeitschrift sür Politik, Literatur und Kunst. Fr. Wilh. Grunow, Leipzig. Nr. 21. Inhal«: Die Ueber- Production. Straßburger VersassnngSlcben. Von Fritz Ehreubcrg. (Schluß ) Buchdruck und Buchhandel im süiisjehntea Jahrhundert. Ludwig Wiele uad leine Amt-ersahinugen. — LamoSn«. Roman von Adols Stern. (Forlsetzung.) — Notizen. Die Leipziger Messen. — Ein deutsches Lebensbild au» dem Zeitalter der Revolution. — Literatur, Günther Walling, Guitarrcakläiige. Ludwig Zi mssen, Leidvoll »ad Freudvoll. (Eingesandt.) r«utendurg. „LS war ela maigrüner, sonniger Pfingstsonntag, als ich noch den Ruine» der Tautenburg wandert«. Durch eiue» herrlichen Wald, den Tautenburger Forst, führt der Weg zu den Burairiiiiiinern. Alle Reize de« dusligen, frischen, grünen Waldlebens empsungeo unS: der srische Waldgeruch weht unS aromatisch an, e« zitiert Sonnen schein durch dichtbelaubte Bäume, da» Wild rnst, an seine fröhliche, gesunde Existenz mahnend, die Waldvögel singe», und die Blätter flüstern all die ahaungS'chivereu Lieder, die unseies Herzen» süße Sehnsucht wecke». Da öffnet sich plötzlich die dichte Laubivaud, wie eine MooSrose aus frischem Grün lacht uns da« Dörfchen Tautenburg entgegen, und ganz nahe dabei aus einer mäßigcn Au- dühe erheben sich, von Sonnenschein umsptclt und glcichiam srühling- lich verjüngt, die Vurgtrümmer. um die ganze Landschaft aber hängt, wie ein grüner Schleier, daS duslige grüne Waidleben. Sliller uud romantischer al« die Tautenburg kann wohl nirgend» in Thüringen eia Ritterschloß gelegen haben. Drei Stunden von Jena «olserut, ruht sie einsam uad abgeschieden und wird detzhalb von Fremden wenig besucht. Wer, von der Eitelkeit derErdensr enden entfernt, seine Tage tu stillem Seelen- srieden zubringea will, sollte sich hier a,»siedeln; die dichte Waldung verbreitet «ine heilige Düsterheit über diesen von allem Geräusche der Welt geschiedenen Ort, und der Wanderer, der ihn besucht, verläßt ihn mit ernster, wehmüthig seierlicher Stimmung." So schrieb vor «5 Jahren Robert Hahnemann in Bechstein'S „Tbü- ringen und drr Harz", Bd. Ul. Seitdem ist da« Jahr 1843 in» Land gekommen uad hat den Wildstand in unseren Wäldern ge- lichtet, seitdem ist auch die Saalbahn gebaut worden und hat den Verkehr hier in einem Maße gehoben, daß e« im Frühling und Früblommer Sonntage giebt, wo da« Kommen und Sehen nicht anshört. Der Wald aber steht noch da iu seiner alten Pracht, sowie der Lhurm aus dem Schloßbeeg, den iu den Lagen Barbarossa'» die Pfeile der Ghibellinea umschwirrten; uad da» Idyllische, Stille, Weltabgeschiedene ist im Ganzen, wenn «an von der Pfingsiwoche absteht, der Lharakter de» Orte« geblieben. Hat Tautenburg aber vor einigen Jadren eine neue Kirche im aothischcn Stile erhalten, die wie eia Stück versteinerter Poesie ia dieser Land- schaff liegt uud nebenbei auch im Innern so wahrhaft kirchlich und schön ist, daß sie jährlich von vielen Hunderten besucht und be wundert wird, uad im vorigen Jahr eine neue Schule, die. eia villenartiger Bau, ebensall» so schmuck dasteht, daß mau ihr die Sparsamkeit nicht ausieht, so wurde e» dem Wanderer, der vom WaldeSraude über den Pfarrberg herabsäh«, jetzt um so mehr wie «ine „MooSrose ans frischem Grün" erscheinen. Könnte Robert Hahnemann jedoch selbst noch einmal seine Wanderung nach Tautenburg autreten, mit Staunen würde er bemerken, wie Manche« sich hier verändert hat. Schon im Walde eine gelegentliche Bank, dann Wegweiser zur „schönen Au»sicht", wohlerhaltene Pro menaden und eine Treppe, wo er vormal« sozusagen herabrulschen mußte; der Burgruine gegenüber ans stattlichem Berge-gipsel, der vordem gar nicht zugänglich war. eia Pavillon mit fröhlich flatternder Fahne; breit uud sauber die Hauptstraße, die an Kirche nnd Schule vorbei zum Dorfe hinabsührt, und unten am Plan hier der alte Gastbos, aber wie viel größer als vordem und außen und innen wie sauber! Dort „Weinstube und Las«" mit niedlichem Garten und Veranda daneben: uad dort gar ein „Badehau»", uud die meisten Häuser Irisch getüncht, vor den Fenstern weiße Gardinen, im Garten bedeckte Lauben! Woher diese Berändernugeu? Run. die Leser de» „Leipziger Tageblattes", die unsere Entwickelung versolgt haben, kennen den Grund. Der Schivärmcr für die romantische Lage der alten Tauten burg ist eben ein besserer Prophet gewesen, al» er selbst vielleicht ahnte. Zwar hol sich dauernd noch Keiner hier niedergelassen. der, „von der Eitelkeit der Erdcnsrendeu eutsernt, seine Tage in stillem Seelensriedc» hätte znbringen wollen", aus Tage, Wochen. Monate jedoch, seil vor sieben Jahren die ersten Leipziger Herrschaften hier eintrasc». eine tmmer größere Zahl. Tautenburg konnte nicht wohl ohne Svumiergäste bleiben, wenn «S mittelst der Saalbahn in 2—3 Stunden erreichbar wurde sür Städte wie Leipzig uud Halle. Der Ort selbst aber hat dann da» Seine getdan, um dieselben zu sesseln. Ja ein-», Dörfchen von nicht ganz 300 Seelen ohne große Hotel» tritt im Hochsommer leicht Mangel an brauchbaren Woh nungen ein. An sich gering, ist e» daher in Wahrheit eine doli« Ziffer, tie von starkem Zuipruch zeugt, wenn die Zahl der Gäste sich jährlich aus ca. 200 beläuft. Diese Ziffer aber wurde seit mch- reren Jahre» regelmäßig erreicht. Wie in allen thüringischen Dörfern, sind natürlich auch hier die ursprünglichen Zustände recht primitive gewesen; find unsere Gäste trotzdem vielfach zum zweite», dritten und vierte» Mole wiedergekommen, so ist auch da» ein Bemc>», daß der Schwärmer sür Tautenburg richtig sab. Die hiesige» Preise möge» dazu beigetragen haben, indem bereit« starke Familien hier sür 15—20*«! wöchentlich Unterkomuien finden. Auch scheint eS immer wehr, daß e- in den größeren Städten nicht an Publicum fehlt, da« eben auch vor Allem Natur will, Wald, Luft und ländliche Einsachheit, aus Badelebe» dagegen und botclmäßiae Usancen gerne verzichtet. Dabei hat e« für Manche» Reiz, daß er sich hier unter wesentlich gesunden Menschen bewegt. Denn Tauteiibuag will ja kein „Lurort" sein. ES ist zufrieden, al« schlichte deutsche Sommerfrische zu gelten. Lungen leidende »lögen lieber höher gelegene Orte mit vorwiegendem Nadelwald aussuchen. At« Ferienaufenthalt sür Kinder dagegen, alS Landauscot- dalt sür Herrschaften, die sich aus einige Wochen aus dem Getümmel der Wett znrückziehen, al« Zuflucht süe Großstädter, die sich von der auf- reibenden Haft de- modernen GeschästSIebenS zu neuer Arbeit stärken inöchle», al« Asul für Necvealeidende jeder Art, al- Erholung sür Bleichsüchtige, Blutarme u. dergl. dürste unser Tante,iburg die von der Natur geforderten Voraussetzungen ia ungewödnliche», Maße bieten. Haben wir ober früher an manchen Mängeln gelitle», so wurde doch alliuälig immer besser sür alle« Nctowendige gesorgt. Auch iu mancher bäuerlichen Wohnung findet man Matratzenbettea, überall befleißigt nion sich der größten Sauberkeit, und die Küche de» GafthosS ist ohne Tadel, seit die älteste Tochter die Kochkunst eine« Raumbnrger Hotel« in dieietbe verpflanzt hat. Die Selbslverpflegung dagegen wird wesentlich erleichtert werden durch die Eröffnung eine« nmsassenderen Ladengeschäft«, da«, ver bunden mit Weinstube uud Las«, den jüngsten Fortschritt bezeichnet. Die Genüsse, welche stark besuchte Bäder biete», wird ja Niemand hier suche», dagegen auch verschont bleiben von den Ansprüchen, die solche erbeben, und wa« ihm an Vergnügungen versagt bleibt, wird er an familiärer Geselligkeit uud wahrer Erholung gewinnen. Tautenburg muß eben auch bleiben, waS e« von Natur ist: da liebliche, niedliche Waldidyll, wo Einfalt uud Friede wohnen und die stille Pracht der schönen BatteSnatur mit ihrer köstlich reinen, stärkenden Lust wohltbuend aus da« Gemllth, beruhigend ans die Nerven, erfrischend aus die Lungen, anregend aus den Appetit der Menschen wirkt. Noch sei bemerkt, daß die Berlin-Münchner Schnell züge vom 1. Juni ab die Saalbahn passirea und am Bahnhof Dorn- bura halten, von wo au» Tautenburg zu Fuß iu '/«, mit Geschirr in Stunde erreicht wird. So lade ich denn im Interesse meiner Porochianeu, die stch durch die Eaalbabn >n ihrem bisherigen Erwerb schwer und immer schwerer geichädigt sehen, auch sür diese Saison alte und neue Gäste ein, sich von dem Qualm und der Unruhe der Stadt hier zu er- holen. Ansragen beantwortet, auch wenn die Person wechselt, der „Schristsührer de« Verschönerung-Vereins"; doch wird gewünscht, daß man selbst komme und sich die geeignete Wohnung such«. Taute», bnrg ist nie schöner al« im Frühsommer. Dir Reise macht sich al« Ausflug bezahlt. Tauteuburg bei Doruburg a. 6. Der Pfarrer daselbst. Reisehandbücher, Classiker, Wörterbücher neuu. alt, billig. 8- Kloxrm, 38 Neumarkt 38. V«e1rrvtt88e8elienkv. I»P1I»r,m»^ „mal mm«»«r« kullwtttvsrdvvl»« Reaksltsv. ÄrxNllti» g«M>lb1t«, relede, Tnger. L. LoroL, Koerde8trL88tz s.
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