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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-08-29
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188608291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860829
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860829
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-08
- Tag1886-08-29
- Monat1886-08
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1886
- Autor
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Nrdartion und Expedition Johannesgasse 8. Sprechstunden der Uedactrvn: Bormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. gär di« tiuckgad» «,n,«Iandtkr Li-nuicripte m»chl ti tle itiedaction nicht «crbintllch. Annatzme »er für »ie nächstfolgende R»m«er bestimmten Inserate an Wschentagen bis S Nhr Nachmitta,«, »n Sann- und Festtage» früh bis'/,» Uhr. 3n den Fitialrn für Ins.-Annahmr. vtta »lem«. UniversitStSstrabe 1. La»tS Lüsche. Katharineustr. 23, p. nnr bis Uhr. eiWArr. Tageblatt Anzeiger. Lrga» für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage LV,VSV. ^boilnrmenlsprris viertelj. 4V» Mb. incl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebüvren sür Extrabeilagen lin Tageblatt-Format gesalzt) ohnr PostbesSrderung 50 Mk. mit PostbesSrderung 60 Mk. Inserate ^gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichniß Tabellarischer u.Zissernsatz nach höhermTarif Neclämen unter dem Red action-strich die Sgespalt. Zeile SO Pf., vor den Familiennachrichten die Kgespaltene geile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expeditia« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeoumerauäo oder durch Post- nachnahme. 241. Sonntag den 29. August 1886. 8V. Jahrgang Amtlicher Theil. Am Nationalsesttnge Deutschlands, den 2. September, wird Vormittag lO Ubr ein Dank, und FestgotteSdienst in der PcterSkirche stattfinden, zu welchem für die Mitglieder des Reichsgerichtes und der Reichsanwaltschast, sowie der König, lichen Behörden und deS Stadtverordneten-CollegiumS, soweit lhunlich, Plätze werden refervirt werde». Leipzig, den 24. August 1880. Die Lircheninspection für Leipzia. Der Superintendent. Der Rath der Stadt Leipzig. I. V. I). Hölscher. vr. Tröndlin. Hentschel vckanntmachunr. Da eS wünschenSwerth ist. daß den, Nattoaalfestlage Deutschlands, dem 2. September, in unserer Stadt auch äußerlich ein festliches Gewand gegeben werde, so richte« wir an die Bewohner unserer Stadt daS Ersuchen, an diesem Tage die Gebäude in würdiger Weife mit Flaggen schmuck zu versehen. Leipzig, de» 24. August 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Hentschel. Bekanntmachung. Sämmtliche städtische Verwaltung«- und Cassenexpeditionen bleiben am 2. September geschlossen. Leipzig, den 24. August 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Hentschel. Vekanntmachungl Am Sedanfeste, Donnerstag den 2. September, werden mit Rücksicht auf die iu Leipzig statifindende allgemeine öffentlich« Feier die Dienststunden für den Beikehr mit dem Publicum bei den Post anstalten in Leipzig, wie folg', abgehaltea: 7—0 Uhr Vormittags, 11—1 - Mittag« und 5—8 » Nachmittag«. Der Kaiserliche Lber-P«ft»ireckor. In Vertretung: Lalame. Wr. Börse zu Leipzig. Am S. September bleibt, des Srdansestes wegen, »ie Börse geschloffen. Der vörsenborftan». In Vertretung des Vorsitzenden: Fritz Mayer. Bekanntmachung. DaS Befahren des Weges zwischen dem ehemaligen Frank furter Thore und dem Neuen Schützcnhause am 2. September während der Zeit von '<,3 — 5 Nhr Nachmittags wird sür Fuhrwerk jeder Art hiermit untersagt und wird der Fährver kehr während dieser Zeit aus den Weg vom Kuhthurme nach dem Neuen Schützenhause verwiesen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 20 -E geahndet. Leipzig, den 24. August 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Tröndlin. Hentschel. Verdingung »er Lteserniia eines Brückengeländers. Beim Umbau der Wyhrafluttibrücke bei Wolsiitz, 3'/, Kilom. vom Bahnhose Frohburg entfernt, sind 84'i, Meter schiniedcciferurS Itzeländer im Gewichte von etwa 1720 Kilogramm bis zum 20. Oktober e. anzuliesern und binnen 14 Tagen auszustellen. Die Bedingungen hierfür »nd die Beschreibung de« Geländer« können bei der mitunierzeichnctc» Straßen- und Wasserbauinspeclion eingeschen und gegen Erlegung der Herstellungskosten entnommen Iverden. Angebote sind bis zum 5. September d. I. daselbst einzu- reiche» und al« abgelehnt zu betrachten, wenn eine Antwort daraus bis zum 11. September d. I. nicht erfolgt. Leipzig und Borna, am 26. August 1886. Söntgl. Straffen- n. Wasserbau- Köuigl. Vanverwalterei Inspektion Leipzig I. Borna Michael. Tierosf. Sonnemitz. Zwei Schutzleute werden gesucht. Dem Einen soll die Aussicht über da« Armenhaus und der Straßenpolizeidienst für die Nacht übertrage» werde», weshalb sür diese Stellung einer Person, welche ein Handwerk im Hause betreiben kann, der Vorzug gegeben wird. Der Schutzmann erhält außer freier Dienstkleidung ein Ansangs- gehalt von 800 .Sl, welcher nach ö jähriger Dienstzeit aus 850 und nach lOjäbriger Dienstzeit aus 000 erhöh» wird. Der Acmcnhausverwall«, erhält freie Wohnung und bleibt die Feststellung dessen Gehaltes Vorbehalten. Genügend befähigte und gesunde Bewerber baden selbstgeschriebene Gesuche nebst Zeugnissen bi« zum S. September laufenden Jahres im hiesigen Gemeindeamte einzureichen. Connewiß, den 26. August 1886. Der «emetube-Rath. Eulenstein, Gem Borst. LchullMsneubau der Äadt Innzenan^ Die Maurer-, Zimmer- und Steinmetz-Arbeiten sür de» SchulhauSnenbau zu Lunzenau sollen vergeben werden. Die BlankctiS sür die einzelnen Arbeiten können bei den Architekten, den Herren Psriser und Händel in Leipzig, gegen Zahlung der Copialien entnommen werden. Die Zeichungeu und Bedingungen sind bei den geuanuteu Herren Architekten einzuiehen, letztere liegen auch bei dem hiesigen Schul- Vorstand zur Einsicht au«. Lunzenau, am 2b. August 1886. Der Schul»orftau». Hossmaa». Nichtamtlicher Thetl. Jur bulgarischen Frage. Wir wissen jetzt, daß Fürst Alexander am Freitag Nach mittag in Lemberg angekommen und dort von seinem Hos- marschall. Obersilieulcua»! o. Rieoesel, und dem Hosprevtgcr Koch empfangen worbe» ist. nntche ihm »achgereist waren, üm ihn zur Rückkehr nach Bulgarien zu bewegen. Er beab- ichtigte jedoch am Sonnabend nach Breslau weiterzufahren und wird voraussichtlich sich jetzt dort befinden. In BreSlau wollte er die Entscheidung darüber treffen, ob er sich nach Darmstadt begeben oder was er sonst thun wird. Daraus ist zu erkennen, daß er eS mit tcr Rückkehr nach Bulgarien keinesfalls eilig hat, denn wenn vaS der Fall wäre, so wäre er mit den Herren von Riedeset und Koch schon in Lemberg umgekehrt. Die Reise ist für den Fürsten jedenfalls sehr lehrreich gewesen, er war in der Lage, die Stimmung io Rußland und in Galizien au« eigener Anschauung kennen zu lernen, er hatte hinreichend Zeit und Gelegenheit, die Be richte i» den Zeitungen zu lesen und mit einander zu ver gleichen, er konnte den Eindruck Prüfen, welchen seine Ab setzung und welchen die Gegenrevolution in Europa hervor- gerufcu hat, und er mußte sich die Frage vorlegen. waS er zu erwarten hat, wenn er die Regierung Bulgarien« wieder übernimmt. Er weiß, daß die öffentliche Meinung in Deutsch land, Oesterreich und England ihm günstig ist, daß der Sultan sein Bedauern über seine Entthronung geäußert hat, er weiß aber andererseits, daß Rußland das Ereigniß als ein längst ersehntes und erwartetes begrüßt hat. Für die Beurthcilung der Verhältnisse im Lande selbst kommt in Betracht, daß 3500 Mann der Armee der revolutionairen Regierung Len Eid der Treue geleistet haben unv daß rin russische Partei dort besteht, welche vor keinem Mittel zurückschreckt, wenn sie hoffen kann, dadurch ihren Zweck zu erreichen. DaS ist die persönliche und thatsächliche Seite der Frage. Außer dieser gickt es aber noch eine politische Seite, und diese ist die wichtigere. Fürst Alexander hat aus der Haltung der Presse wie der Regierungen ersehen, daß beide feine Ent thronung als eine dem europäischen Frieden günstige Wen dung aufgefaßt haben. Die .Norddeutsche Allgemeine Zei tung- äußerte, daß diese und andere Bewegungen in Bulgarien Deutschland nichts angingen, das Wiener „Fremdenblatt" fand sich durch den Sturz de« Fürsten nicht im Mindesten überrascht und die englische Presse suchte dem Ereigniß auch die friedliche Seite abzugewinncn. Im Ganzen unv Großen mußte der Fürst aus diesen Kundgebungen den Eindruck gewinnen, daß seine Rückkehr die Lage in Bulgarien kaum verbessern würde. Er weiß, daß die Bulgaren zwar den Frieden, aber kein ostrmnelisches Statut haben wolle» und daß sie mit dem Schatten von Einheit, der ihnen zugestandeu wurde, sehr unzufrieden sind. ES kann dem Fürsten also nicht zweifelhaft sein, daß er nach seiner Rückkehr mit ebenso großen, vielleicht noch mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen haben wirs und daß es ihm bei dem guten Einvernehmen, in welchem Rußland gegenwärtig mit Deutschland und Oesterreich steht, nicht möglich sein wird, den russischen Einfluß erfolgreich zu bekämpfen, um so weniger, weil auch die Türkei sich in neuester Zeit dem russischen Einfluß vollständig hingegeben hat. Die europäischen Mächte haben bisher daS Rundschreiben der Pforte nicht beantwortet, weil sie zunächst genaue Nach richten über die Ereignisse in Bulgarien abwarten müssen, und wenn der Fürst inzwischen wieder die Regierung des Landes übernimmt, sälltüberhaupt die Beantwortung al- gegenstandslos fort. Die Frage der Rückkehr ist deshalb sür den Fürsten außerordentlich schwer zu beantworten. Ausschlaggebend ist sür seine Entscheidung daS Wobl Bulgariens. Wenn er zu der Neberzeugung gelangt, daß Bulgarien sich bester befinden wird, wenn er fern bleibt, dann wird er nickt zurückkchren, glaubt er die Lage des Landes durck seine Rückkehr zu ver bessern. dann wird er zurückkehren. Daß ihm die Wohlfahrt der Bulgaren höher steht, als seine persönlichen Interessen, da« hat er bei verschiedenen Gelegenheiten unwiderleglich bewiese», also wird dieser Gesichtspunkt auch heute sür ihn der maßgebende sein. Man meldet un» aus Berlin, daß in dortigen diplo matischen Kreisen die Meinung verbreitet sei, Fürst Alexander warle Nachrichten auS FranzenSbad ab, um danach seine Entfckeivung zu treffen. Tiefe Meinung braucht mit den Thatsacken nicht überein zu stimmen, um dennoch Beachtung zu verdienen. ES ist offenbar sür die Zukunft Bulgariens von größter Wichtigkeit, welche Grenzlinie sür die Handlungs freiheit Rußlands in Bulgarien zwischen Deutschland und Rußland vereinbart wird. Mag auch die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" zu dem AuSspruck, daß die Bewegungen in Bulgarien Deutschland- Interessen nicht berühren, ermächtigt gewesen sein, so ist doch dadurch nicht ausgeschlossen, daß sich aus der bulgarischen Bewegung andere Dinge entwickeln können, welche da« europäische Glerchgewicht verschieden und dadurch auch die deutschen Interessen in Mitleidenschaft ziehen. Wäre z. B. die Frage gestellt: Berührt der Ein marsch russischer Truppen in Bulgarien deutsche Interessen? so wird die Antwort der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" sicher nicht „Nein" lauten. Mag nun der Fürst sich in Breslau sür oder gegen die Rückkehr in sein Land entscheide», so ist es doch eine sehr natürliche Empfindung, welche ein Wiedersehen von Vater und Sohn vor der Rückkehr des letzteren nach Bulgarien wiiiischens- iverth macht. Es ist daher scbr wahrscheinlich, daß Fürst Alexander sich zunächst nach Darmstadt begeben wird. Wen» sei» Einschluß scststeht, nach Sofia zurückzukehren, so genügt die Meldung desselben an das Ministerium, um diesem sür eine kurze Zwischenzeit die nölhige Autorität und Festigkeit zu verleiben, der Aufschub vv» einigen Tagen kommt für die weitere Entwickelung der bulgarischen Verhältnisse wenig oder gar nicht iu Betracht. Das Telegramm des Hosprcdigcrs Koch an die .Neu- Freie Presse", datirt aus Lemberg, 27. August, ist sür die Beurthcilung der Verbällnisse in Bulgarien vo» Werth. Es beißt darin, daß in Bulgarien keinerlei Unruhe herrsche und daß kein Tropfen Blut vergossen wurde, unv schließt mit den Wollen: .Ich reiste unbcbelligk durch daS ganze Land, fand fast einmüthige Entrüstung über die Ehrlosigkeit der Ver schwörer und überall den größten Enthusiasmus sür den Fürsten Alexander.- Wenn Las Wörtchen .säst- in dem Telegrauime fehlte, dann würde es bei Weitem mebr Eindruck machen; so sicht man, daß die russischen Sympathien sich auch nach der siegreichen Gegenrevolution geltend machen, und daran würde die Rückkehr deS Fürsten nichts ändern. Es ist ja ganz unzweifelhaft, daß der Entschluß des Fürsten, nach Sofia zurückzukehren, im ganze» Lande mit der größten Begeisterung begrüßt werden würde. D>e Ehrciipsorten. welch« die Phantasie der Extra« blatisadrikanieu schon am Freitag de» Leipziger Lesern vorsührle, würben gewiß >n reichstem Maße überall in Bulgarien, wo der Fürst sich sehen ließ, zu finden sein; aber e« fragt sich, ob damit sür dl« Zukunft Bulgarien« etwa- gewonnen fein würde Wäre der Fürst im Lande zcblieben und hatte er mit seinem Volke einmülhig Zusammen leben können gegen alle Fährlickkeiten und Zwischenfälle, welche die Zukunft brachte, so hätten daraus die schönsten Früchte für daS Land hervorgehen können; nach der Ent- iernung deS Fürsten steht die Sache wesentlich anders. DaS getäuschte Vertrauen hat dem Fürsten sicher zu denken gegeben, daS alte gute Einvernehmen kann sich erst langsam wieder- inden und die europäischen Mächte haben bereits mit der Thatsache gerechnet und darnach ihre Maßnahmen getroffen. WaS seit dem 21. August geschehen ist, läßt sich nicht ungeschehen machen, das wird Fürst Alexander bei der Wahl einer Entscheidung nicht außer Acht lasten. * » >» * * Wir genügen hier wiederum unserer Cbronistenpflicht, indem wir an der Hand der eingegangencn Meldungen den weiteren Gang der Ereignisse in Bulgarien ver zeichnen. Ueber die definitiven Entschlüsse deS Fürsten Alexander lagen bei Schluß dieses Berichtes bestimmte Nachrichten noch nicht vor. Wolff's Telegraphisches Bureau meldet: * Lemberg, 27. August. Fürst Alexander ist heule Nach- mittag 2 Uhr hier eingelroffea und am Bahnhose von seinem Hos- marjchall, dem Baron v. Riedcsel, und dem Hosprcdigcr Koch, sowie von einem sehr zahlreichen Publicum empsangen worden. AlS der Fürst am Coupesenstcr erschien, wurde derselbe mit stürmischen Hoch- rufen begrüßt, das dichtgedrängte Publicum bildete Spalier, von einem Kinde wurde dem Fürsten ein Blumenbonquet überreicht, sodann geleitete eine dichtgedrängte Menschenmenge unter dem Schwenken von Tüchern und Hüten und unter »nanSgesetzlen enthusiastischen Kundgebungen den Fürsten biS zu dem Wagen, der ihn nach drm Hotel führte. Der Fürst beabsichtigt, morgen die Reise nach Breslau fortzusetzen. (Wiederholt.) * Konstantinopel, 27. August. Einer Meldung au« Philip- Popel vom 25. d. M. zufolge wäre der Lommandant der ost- rumelüchen Truppen, Oberst Madurosf, am genannten Tage mit 2 Regimentern und einer halben Batterie nach Sofia abge gangen, um die Anhänger de« Fürsten zu unterstützen Sämmtliche bulgarische Truppen, mit Ausnahme von 3500, hätten sich ge weigert, der revolutionairen Regierung de» Eid der Treue zu leisten. (Wiederholt.) - Wien, 27. August. Die „Politische Lorreivondenz" meldet, eine in Slivno stallgchabte, von circa 10,000 Personen besuchte Versal» in lung habe sich in feierlicher Weise sür den Fürsten Alexander ausgesprochen und die« den Vertreter» der Mächte in Bukarest mitgctheilt. Eine in Kazaulik stattzehable Volks-Ver- äinmlnng Hab- den Kaiser Alexander telegraphisch ersucht. Bulgarien sein Wohlwollen zu erhalten. Die aus Petersburg hierauf eiu- getrosfene Antwort habe gelautet, diese« Wohlwollen sei den Bulgare» sicher, falls dieselben die Ordnung ausrechtcrhielien, worin ie von de» russischen Agenten unterstützt werde» würden. In Sofia owvhl wie in dem ganzen Lande herrsche vollkommene Ruhe. * Die mehrfach erwähnte Proclamation der »uiimehr gestürzten revolutionairen Regierung vouSofia lautet, auö dem bulgarischen Text übertrage», wie folgt: An das bulgarische Volk! Heule, um 2 Uhr nach Mitternacht, entsagte Fürst Alexander Battenberg dem bulgarische» Throne, da cr sich überzeugt hatte, daß seine Regierung dem bulgarischen Volke Unheil bringe. Stach diesem äußerst wichtigen Ereignisse bildete sich eine provi sorische Negierung, bestehend auS solgcnden Personen: Vorsitzender: Metropolit Klement; Mitglieder: Kriegsminifter Major Nikisorow; Minister des Innern: D. Zankow; Finanzmioister: T. Burmow; Minister deS Aeußern: Christo Stojanow; Justizminister: W. Radoslavow; Unterrichtsmiiiisier: R. Welitschkow. Die provisorische Regierung, welche bis zum Zusammentritt der großen National-Versainmlung die Verwaltung de- Landes über nimmt, erklärt das Leben, Vermögen und die Ehre der bulgarischen Bürger, sowie der fremden in Bulgarien weilender. Umerthanen für vollkommen sichergestellt, und sie ist fest überzeugt, daß alle bul- garischen Bürger, ohne Unterschied der Religio», der Nationalität und der politischen Gesinnungen, zur Erhaltung der Ordnung und Ruhe Mitwirken werden. Das bulgarische Volk ist fest überzeugt, daß der große Zar von Rußland, der Beschirmer Bulgariens, seine» niächligen Schutz und seine Hilse Bulgarien nicht entziehen werde. ES lebe das bulgarische Volk! Es lebe Bulgarien! Sofia, 9. (2l.) August 1686. Der Präsident: Metropolit Klement. Der Tc»ppencommanda»t: Major Gruew. * Das von der (jetzt sungircnden) Regentschaft an das Volk Bulgariens gerichtete Manifest ist im Namen des Fürsten A lexander erlassen. DieMeldung, verFürst habe vor seiner Freilassung inRußlano seine Ab dankung unterzeichnet, ist, nach einer Meldung der „Allgemeinen Zeitung", unwahr. * lieber die Auffassung der bulgarischen Ereignisse in der Türkei unv in Rußland liegen folgende weitere Nachrichten vor. Die „Allgemeine Zeitung- meldet aus Per«, 23. August: Am 21. August früh, in demselben Augenblicke, als Fürst Alexander den Weg zur Grenze antrat. überreichte Herr u.Neli» dow dem Minister des Aeußern, Said Pascha, die Insignien des Weißen Adler-OrdcnS. Schon am vorhergehenven Aden» halte die russische Botschaft die Nachricht vo» dein günstige» Fort gang dcs Unternehmens erhalten, welches sür Rußland die Wi-Ser. cnveckung der Präliminarien von San Stesano bedeutet, England aller durch einrn inühsamen diploniatiichen Feldzug gewonnenen Vortheile beraubt und die Türkei wohl oder übel iinwderruiliid an Rußlands Fieundschast fesselt. In den türkischen .8reisen haben die Nachrichten aus Sofia keine geringe Bestürzung hervorgerusen, da inan sie noch nicht erwartete, obwobl man iruhcr oder später daraus gesoßt war; inan weiß, daß die Vereinigung Ostruinellens mit Bulgarien unwiderruflich ist, und daß die Ernennung eines russisch gesinnten Fürsten unabwendbar ist. Rußland steht jetzt ivirklich vor den Thoren der Hauptstadt, gerade wie der Eroberer Mehenied nach Erbauung des Schlosse« von Runnli Hissar in der Mitte des Bosporus. Lämokopia oder Halsabschneider nannten damals die Byzantiner dieses Castell. In den Minister- couseilS von gestern und vorgestern war da« Geiühl vollständiger Ohnmacht vorberrschend, nnd man beschloß, eine Note an die Groß- Mächte zu richten, in der man die Ereignisse zur Anzeige bringt und die Ansichten der Mächte zu erfahre» wünscht. Der Post- und Passagierverkehr mit Ostruinklien und Bulgarien ist auch von türkischer Seile eingestellt, nachdem bereits die ostrumelischeu Behörde» mit derselben Maßregel vorgegange». Eine Batterie von kruppgeschntzen g„,g heule früh nach Adrianopel ab, und bei Mustavda-Paickia wird da- Armeecorps von Adrianopel concentrlrl. Außerdem wird der Verkehr von BurgaS und Philiv- popel her durch eine Quarantäne von fünf Tagen, angeblich zum Schutze gegen die Cholera-Emichleppuag, so gnt wie abgeschnitten. Der heutige Lloyddomvier von Varna brachte nur die Post; die Passagiere des Orient-Expreßzuge« durften nicht nach Rustschnk übcr- sitzen. Der dcutiche Vertreter i» Sofia. Baron v Thiel- manu, welcher gegenwärtig hier verweilt, sollte gestern sruh nach Sofia gehen, bat ,eboch seine Reise verschieben müssen. Aus den OuaiS ron Bujukrere und Therapia seht» es natürlich nicht an Neuigkeiten und Dötails oller Art: man discutirt die Frage, ob die Entfernung des Fürsten Alexander den Frieden bedeute oder die Wiedereröffnung der orientalischen Frage, ob England diese böse Niederlage mit unverhohlenem oder sorgfälttg verhehltem Aergec cinstecken werde u. s. w. In den französischen Kreisen wird erzählt, daß Herr Zankow an den Zaren den glücklichen Erfolg mit den Worten telcgraphirt habe: „Ganz Bulgarien liegt wieder zu den Füßen Ew. Majestät" — und daß der Zar erwidert habe, er nehme Bulgarien unter seinen speciellen Schutz. Die Petersburger Berichte lauten natürlich sehr über schwänglich. E» wird gemeldet: - Petersburg, 26. August. (N. F. P.) Sofort nach Ein treffen der Nachricht von der bevorstehenden Ankunst des Fürsten Alexander auf russischem Boden wurde seiten« des KasserS der Befehl gegeben, daß dem Fürsten die Landung und beliebige Fort setzung der Reise gestattet werde. - Petersburg, 27. August. <W. T.-B.) DaS Journal „Grashdanin" meldet gerüchtweise, der früher der Person de« deutsche» Kaisers attachirt gewesene Generalmajor Fürst Dolgo- rucki dürste nach Bulgarien entsandt werden, mit drm Aufträge, die Vorgänge daselbst zu untersuchen. Unabhängig hiervon stehe eine neuerliche Entsendung einer größeren Anzahl russischer Osssciere »ach Bulgarien in Aussicht. Zu diesen gehöre auch brr General- Adjutant Stalypin, welchem das Obercommando der bulgarischen Armee zugcdachl sei. Diese „Gerüchte" sind bis jetzt von keiner Seite bestätigt worden; jedenfalls wird den russischen Anniaßunge» noch mancher Dämpfer aufgesetzt werden * lieber die Auffassung der Ereignisse in England meldet die „Politische Eorresponvenz- auS London. 23. August: Die Nachricht von der in Bulgarien ausgebrochene» Revo lution bildete sür das Londoner auswärtige Amt eine vollständige Neberraschung. Kein Mitglied des CabinetS hatte auch »ur eine Adnung von den Dingen, die sich in Sofia vorbereiteten, und im letzten CabinetSrathe wurde die Orientsrage überhaupt nicht in den Kreis der Besprechung gezogen. Die allgemeine Anschauung geht hier dahin,daß die bulgarische Revolution unter stillschweigender Zustimmung Oesterreich-Ungarns und Deutschlands vo» Rußland herbeigesührt und daß dadurch ein stut acevmpli geschaffen wurde, durch welches die Gefahren der Lage belrächilich vermindert worden seien. Im Rnraigm Mas glaubt man dagegen zu wissen, daß das Ereigniß in Wien und Berlin ebenso überraschend gewirkt habe wie hier. Es scheine allerdings dem russischen Eabinele bekannt gewesen zu sei», daß die verbündeten Kaisermächte aus der Frage der Erhaltung des Fürsten Alexander aus dem bulgarischen Thron keine cou- äiti» sine gua non machen würde»; allem weiter hätten diese beiden Kaisermächte durchaus nicht die Hand im Spiele. Lord Salisbury halte im vergangenen Jahre angesichts des Philivpopeler Staats streiches offen den Wunsch knndgegebe», daß dun Wille» der bulga rischen Bevölkerung Rechnung getragen werde, »:w wenn die neue Regierung in Sofia keinem ernsten Widerstünde im Lande begegne!, wird Lord SaliSburh dieselbe ebenso aufrichtig uvtcrsiutze», wie die mnonistische Bewegung. Man bedauert die Entthronung dcS Fürste» Alexander, England wäre jedoch, als co u siiiutionellcr Staat, nicht in der Lage, die Wünsche de bulgarischen Volkes zu bekämpse», uud wen» die bulgaeiiche Revolution von Erfolg begleitet sein wird, io wird man daraus aus die That- sachc schließen müssen, daß Bulgarien nichi länger unter dcr Herr schaft des Fürsten Alexander verbleiben wolle. Sch'ilcrt dagegen die Revolution, so wird selbstverständlich de, gegeuiheilige Schluß gezogen werden müssen. * Der Umschwung in de» bulgarischen Ereig- nisen zu Gunsten des Fürste» Aleranvec hat auch die conservative Presse «rmulbigl. sich nunmehr mit größerem Nachdruck gegen den von russischer Seite inscciiirten Staatsstreich und dessen angeblichen Werlk für die Sache deS Friedens zu erklären und ihre warmen Sym pathien für den vertriebenen Fürste» zu bekennen. Der „Reichsbote" gicbt seinem Abscheu gegen die Revolution und gegen Rußland unverhohlen Anstruck, cr schreibt: „Wenigstens wird diesmal nicht die russische Regierung sagen können, wie sie cs bei dem letzte» Attentat inik dreister Stirn lhat, daß sie lbi» fern gestanden babe; sondern neben dem Mißerfolg bleibt auch die ganze Verwerflichkeit desselben allein auf ihren Schultern ruhen. Der russisch« Agent ist diesmal zu sichtbar ans den Schauplatz getreten. Der grenzenlose Haß deS Russen hat seinen Gegner mit Gewalt zu erreichen gewußt, nachdem es ihm nicht gelungen war, ihn mit oein Gesetz, dem Geist oder der Diplomatie zu überwinden." Die „Kreuzzeitung" meldet: „Füls> Alexander habe sich bereilS im Juli privatim Vabin geänßeil, die ihm von Rußland drohende Gefahr erkenne er sehr wohl, er kalte sich indessen der Trene KarawclowS und der Armee versichert." — Das amtliche „Dresdner Journal" bemerkt: Das Bubenstück in Bulgarien ist zu Ende, soweit es nicht noch ein Nachspiel vor dem Slrasrichtcr findet Zur besonderen Genugthuung muß es jedem Freunde legitimer Zustände gereichen, daß an dem Fürsten von Bulgarien, sonne an scincin Bocke kein Makel basten blieb. Es war keine VolkSkundgcbnng, welcher der Fürst unterlag, sond rn einige Veriälbcr überfielen ihn und seinen Bruder Franz Joseph uächilich r Weil' und schleppten ihn außer Landes, uni ihn a» Rußland auszuliescrn. In der russischen Hafen stadt Rcni wurde der Fürst gelandet, allein van dort reiste er am 25. d. nach Oesterreich weiter und zwar durchaus nicht als Gesangener. Nach einer anderen Meldung gab Kaiser Alexander III. von St. Peters burg auS de» unmittelbaren Befehl, dem Fürsten bei seiner Reise keine Hindernisse in den Weg zu legen. Der Fürst begiebt sich über Wien nach Breslau. In Jugenheim bei Darmstadt sind bei seinen hohen Ellern bereüs Kundgebungen eingelangt, welche nur den sehnsüchtigen Wunsch dcs bulgarüchen Volkes bezeugen, den Fürsten »ach seiner Hauptstadt znrückkcl»-,, zu sehen. In glänzender Weise hat sich die Treue und An hänglichkeit des von den Ereignissen überruinpelten bulgarische» Volke a bewährt; sobald dasselbe zuni Be wußtsein der Grüße der Schändlichkeit der That ge langt war, sobald eS den Werth der erlogenen Proclamatioien erkannte, erhob sich dasselbe wie ein Mann, um die Verschwörer Lügen zu strafen nnd zur Rechenschaft zu ziehe». Die proviso rische Regierung zu Sofia hat eS nicht einmal aus hundert Tage gebracht, wie Napoleon nach seiner Rück kehr von Elba; ihre Dauer war nur drei Tage. Ganz Ostrumelien erklärte sich in Anerkennung der Verdienste des Fürsten sofort zu dessen Gunsten. In Bulgarien erklärlen sich die größten und einflußreichsten Städte sür den Fürsten: Plewna, Gabrow, Sistowo, Widdin, NaSgrad, Silistria, Varna, Schumla und andere. Die Verschwörer wurden in Hast genommen und sehen ihrer Ab- urtheilung entgegen. Am meisten mußte an der ersten Nachricht die Angabe überraschen, daß Karaweloff, Fürst Alexanders Ministerpräsident, nick den Ver- räihera gemeinsame Sache gemacht haben sollte. Dieie Nachricht, welche sich nachträglich als woblbercchnrte Lüge der Zankoss'schen Partei herausstellte, scheint aui die Bcuriynlungea über die Trag weite der Revolution von großem Einfluß gewesen zu sein. Man konnte ihre Unrichtigkeit nicht so leicht erkennen: bei der lleber- raschung, welche die Nachricht von der Entthronung des Fürsten allenthalben erweckte, nahm m m auch daS Ueberraichendere ohne große Kritik mn hi», nnd da erschien der Mnnstervräsibeni als Ver treter des. der Zankoff'lchen Partei enigegrngesetzten Theiles dej bulgarischen Volke« War aber da« Volk einig. Io hatten die Ver-
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