Delete Search...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-09-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188609069
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860906
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860906
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-09
- Tag1886-09-06
- Monat1886-09
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1886
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Vrfckeknt täglich jrüh 6'/, Uhr. Ukdaclioo und Lrprditisu IobonneSgasse 8. Aprrchkniidrn -er Kkßattivii'. vormittag« lO—IS Uhr. Nachmittag» 5—8 Uhr. d>> dir liaaq.d» rMittindtrr «»»»irrt»«» die Sirdrcl,»» «Ich» »«»«»Uch. kW Aniinhme der für die vüchftfol>e«de Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen di» 3 Uhr Nachmtttga«, an Lar«- und Kestta,ru früh dt»'/,» Uhr. 2n -r» Eile« für Jos.-2innah»r-. ktta Klemm, UniversitLtSstroße 1. Loul« Lösche, Karharinenstr. Sit, p. «nr dt« ',,Z Uhr. cimigcr.TagtblM Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichtr, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage LS,«SO. ^voiuirmriHsperis vicrtklj. 4'/, Mir. »:ci. Br »qerlodn 5 Mk., durch die Post 1 oaei, 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pi. Belegexemplar 10 Ps. Otebünren für Extrabeilagen «in Tageblatt-Formal geialui olttic T-oslbejürverung 50 Ml. Mit Poftdcsördcrung 60 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 20 Ps. Gröbere Schriften laut uni. Preisverzeichnis; Tabellarischer u.Zlfferniatz nach HSYerm Tarif Urelamen unter dem Red actio ns strich die «gespult. Zeile 50 Pf., vor den Familieunachrichte» die «gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die Eyprvition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnonuweramio oder durch Post« Nachnahme. 249. Montag den 6. September 1886. 80. Jahrgang. Amtlicher Theil. Der aaf de« 13. l. ««« fallend« Jahrmarkt wird mit Rücksicht «s di« gleichzeitig hier »,d t, der Umgegend riurückend« starke Einquartterun, utcht ftattstttheu. Llsenbrr, 4. September 1SSS. Der Gtahtruth Llauß. Nichtamtlicher Theil. Bulgarien. * Die politisch« Lage ist, soweit sie durch die bul garische Frage beeinflußt wird, unverändert. Der Zar hat den Fürsten Alexander brüskirt und dieser ist in- zwischen in feiner Hauptstadt Sofia eingezvge». Was der edle Fürst thun wirb, bleibt abzuwarten. Lange kann er die Entschließung über sein Verbleiben im Lande nicht hinaus schieben; diese Frage gehört zu denen, die. wenn sie einmal angeregt werden, schnell gelöst werden müssen. Eine» aber ist sicher, mag man daS Äntwortstrlegramm Alexander« UI. interpreliren wie man will, e« gehört nach Inhalt und Form ru den Dokumenten, die keine glänzende Seite in der Ge- schichte Rußlands bilden. Die russische Politik wird durch ihr Verhalten Bulgarien gegenüber vielleicht einen vorüber gehenden Erfolg erlangen, aber ungleich schwerer dürfte der dauernde Schaden wiegen, den sie einerseits sich dadurch in der WerthsLLtzung der Nationen zugezogen, und den sie anderseits dem moralischen Begriff-vermögea de« russischen Volke« zugefügt hat. Die Presse commentirt natürlich unau«grsetzt di« gegen» wärtige Gruppirung der Großmächte. So schreibt die „Nationalliberale Eorrespondenz": In den jüngsten orientalische» Verwickelungen treten di» Westmöchte Frankreich und Englaud in ausfallendster Weis« in de» Hintergrund. In einer Krisi«, ln welcher die Herrschaft über da« Mittelmeer und einen gute« Theil der morgenlöndischen Welt in Frage steht, sind die allerwichtigste» Leben», und Machtinteressen Frankreich» und uamrntiich Snglaud» in hervorragendster Weise eiheiligt. Wenn irgend Jemand di« natürlich« Ausgabe hat, der vordringeaden russischen Macht t» die Zügel zu fallen, so «ören p« die Westmöchte und ganz besonder« England. Allein mehr und mehr vollziehen sich olle enenyütsche» Entscheidungen ohne jede Mit wirkung jener beiden Möchte. Do« Ist auch durchau« nicht zu ver wundern. Frankreich hat sich, seitdem der Revanchegedanken sein ganze« Sinnen und Trachten beherrscht nnd alle seine politischen Berechnungen sich um diele» einen unfruchtbaren Punrt drehen, selbst zur Einfluß- lostgleit und Ohnmacht verurtheilt; in dem blinden Haß gegen Deutschland läßt e« seine grosse orientalische, ja seine Weltstellung immer mehr verfallen; löngst sind die Zeiten dahin, wo r« im Rothe der Mächte die erste nnd entscheidende Rolle gespielt. Und eine noch weit traurigere Positur nimmt England ein. Keine Macht aus der Welt, von der zerfallenen Türkei abgesehen, ist durch da« Vordringen Rußlands im Orient so empfindlich bedroht wie England, wo« jetzt im Siibosten unsere« WellthrilS vor sich geht, erschüttert geradezu die Grundlagen, auf denen die englische Macht und Größe beruht. Und doch sehrn wir nicht nur die Regierung, sondern auch die öffentliche Meinung in England mit vollendeter Indolenz diesen Ereignissen gegentberstehen. Al« ob r« sich um die gleich, gültigsten, fernliegendftea Dinge handelte» bespricht die englisch« Presse die bulgarischen Wirre». Die Londoner Politiker hättrn nur den Wunsch, daß sich Jemaad andere« einredeu ließe, es sei seine Pflicht und Aufgabe, um ganz vorwiegend englischer Interessen willen den Russen in den Arm za fallen. Daß die« die Sache von Groß britannien selbst sei, kommt den Staatsmänner» und Pnblicisten jen seit« dr« Kanal« gar nicht mehr in den Sinn. Wetter al« zu einer „moralischen" Unterstützung »ersteigt sich dort kein Mensch. Man weiß, wo« da« tu unserer materiellen realen Welt besagen will! Mit jeder ruropöischen Krisis tritt e« klarer hervor, daß England da« nicht mehr zu leisten söhig und willen« ist, wa« seine Grobmachtstellung von ihm erfordern würde. Zu der ultim» rat» bei allen Verwickelungen, der Krirgsühruug mit einer europäischen Militairmacht, ist Groß, britannien ganz unfähig geworden, und diele Einsicht muß natürlich mit jedem Jahr d>>« Gewicht schmälern, das die Stimme England« im Rath der Mächte besitzt, und die Rücksicht vermindern, di« «an aus diese« Land bei europäischen Verwickelungen zu nehme» nölhig hat. So ist e« gekommea, daß die Entscheidung über dir groben Fragen der Welwolitik zur Zeit auSschließiicher von den drei Ost- mächten getroffen wird, al« e« die Zukunft Europa» wünschen«, wecth erscheinen läßt und an sich den Machtverhältnissen entspräche. * Ei» ossicivse« Blatt, die „Berliner politischen Nachrichten" bemerken: Daß Frankreich durch die Revaache-Jdee, durch da« un ausgesetzte „Stieren nach dem Loch« in den Vogesen" sich selbst am meisten schadet, weil e« dadurch setnr ActionSkrast nach irder anderen Seite hin lähmt, hat wieder einmal recht deutlich seine Stellung in der jetzigen Phase der orientalische» Frage bewirten. E« stand theilnahmlo« und unbeachtet zur Seite und die öffentliche Meinung Europas dachte auch nicht einen Augenblick daran, zu fragen, wie sich diese« einst in Europa gebietende Land zu den Vor. gangen im Orient stellen werde. Trotz dieser Lehre, welche die Thalsachen heute so eindringlich predigen, scheint mau in den maß- gebenden Kreisen Frankreich« in Wirklichkeit durch jene fixe Idee „hypuotisirt" zo sein und da« Land tu demselben Traum leben sestzuhalten. Daß diese Sachlage für die Kiür»ng der europäischen Verhältnisse sich nicht gerade al« günstig darstellt, ist selbstverständlich und die „Natlonal-Zettuag" hat völlig Recht, wenn sie darauf hinweist, daß r» weder Frankreich noch Europa, noch speciell der dauernden Gestaltung im Orient zum vortheil gereicht, wenn ein so wichtige« Glied de« europäischen Staatrustzstrm« sich selbst au« dem Rath« der Mächte htnauSmanövrirt. „Es ist für eine große Nation unmöglich", sagt da« erwähnte Blatt sehr richtig, „von ihrem Hasse zu leben; dir« hatten Llaa»«männrr wie St. Ballier und Lourcel, wie Iule« Ferry und Wuddington sehr gut begriffen; selbst Gambetta »Site niemals die eiiischeidenden gehler gemacht, mit denen das Labuict Frevcinrt.Boulanger in der Ge- schichte die französische Orienlpolitik und die Stellung Frankreich« im Mittclmeer markiren wird". Bon der Stellung, die »inst Napoleon M. seinem Lande tm Orient geschaffen» ist so gut wie nichlS übrig geblieben. * Ueber den Einzug de« Fürsten Alexander in Sofia liegen folgende genauere Meldungen vor: * Sofia, 3. September. iSölnische ZeitnngF Fürst Alexander traf um 11 Uhr hier ein. nachdem er bi« halb 11 Uhr * in einem Dorse 8 Kilometer von Losii gewartet hatte, wohin ihm Gadban Esfeiidi und mehrere andere Persönlichkeiten eatgegensuhre». Der Fürst, der die große bulgarische General«nuisorm trng. snhr in einem mit vlnmrn bedeckten Wagen, in welchem auch Stombulon» au der Seite de« Fürsten Platz genommen hatte, begleitet von einer halben Schmodron Garde, bi« 2 Kilometer vor Sofia, »o rr von der zahlreiche» Mrischenmeng« an« der Stadt nnd der nächsten Umgebung, di« sich zu beiden Seite, der Ltzaosse» »afgestellt hatte, mit nngrvrnrrm J»d«1 oetzrüßt z» Pferde stieg. Ihm z»r Sette ritte» sei» Bncker Franz Joseph nnd Parou Riedesrl. vor der Stadt waren folgende Tr ' jubelndem Hurrah beg .Regiment«, ach« Bataillone der P begrüßten: rappen ausgestellt, dl« ihn mit et» vataillou de« ersten Alexander . Rnmeliote», mehrere votierten, zwei Schwadronen Lavallerie. Der Fürst ritt mit Mutkurow, Pelrow, Popow heran und begrüßt« die bulgarischen und rumeiischen Truppen mit einer kurzen, begeistert ausgenommen«,, Ansprache. Die Musik spielte, die Kanonen donarneu S1 Schüsse über die Stadt weg, deren Straßen von dichten Mraschrumassen beseht waren. Der Jubel war allgemein, nament lich von der Lepnttrtenkommrr au«, wo sich die dichleste Menschen» menge und Abordanngea au« »er Provinz angesammelt hatten. Alle Konsuln, mit Ausnahme de« deutschen und russischen, kamen dem Fürsten zur Begrüßung in großer Uniform entgegen. Da« russische Lonsulat allein hatte nicht geflaggt. Nachdem Fürst Alexander die Parade abgenommen, empfing ihn vor dem Palaste da« gesammte Osficierrorp«, an welche« er eine längere Ansprache richtete. Der Fürst dankte den Herren für ihre treue Haltung, durch welch« die Schmach abgewoschra worden sei, mit welcher der Berrath ihrrr Kameraden da« «otrrland befleckt hätte; er habe immer nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle des Vaterland«« g». handelt; wenn er dabei d«»uoch Fehler begangen haben sollte, so sei die« der Unvollkommenheit der menschlichen Natur znzuschreibe». In die Freude, die der jubelnde Empfang de« Volke« ihm bereitet habe, sei nur die Depesche de« russischen Kaisers gefallen, deren Inhalt er den Osficierrn mittheilie. Die hierdurch geschaffene erufte Lage ersordere eine ernste und reifliche Ueberlegung; nicht um sein« Perioa handle e» sich, sondern um da» Wohl de« Vater- laude«; er »erde mit allen Patrioten Rücksprache nehmen, ebenso mit den Osfieieren. Alle« solle tm vollste» Einvernehmen mit dem Lande und mit de» Führer» der Armee und hoffeutlich zum wohle Bulgarieu« geschehen, viele Officiere brachen in Thriuen au« und der Fürst selbst war bi« in« Innerste ergriffen. In der Stadt und unter den Officierea herrscht eine tief gedrückte Sttm- mnng. So lange der Fürst in Bulgarien anwesend ist, halte ich dir «ufrechthaltung der Rübe sür gesichert; alle Bulgaren, mit denen ich gesvrocheu habe, erklären, daß unter den obwaltenden Umständen alle Partei - Unterschiede aushörea müßten. Ich hatte soeben eine lange Unterredung mit Karawelow, der erklärte, daß er olle« vergesse und si«h dem Fürsten zur unbedingten Berfüg»ag stelle, wenn der Fürst seine Dienste gebrauchen wolle. Ich gewann nach dieser Unterredung die Ueberzeuguug. daß Herrn Karawelow doch Unrecht widerfahr,» ist. Boadanow reiste bereit« ab. Ich habe den Eindruck, daß die bulgarischen Verhältnisse noch einige Zeit in der Vchweb« bleiben »nd daß rin« radgiliige Beschlußfassung noch etwa« anSstehe» wird. * Sosia» 3. September. (Losstsche Zeitung.) Bormittag« 11'/, Uhr Hot Fürst Alexander seinen triumphirenden Einzug i» di« Hauptftadt seine« Laude« gehalten, au« weicher man ihn zwei Wochen zuvor bei Nacht als Gefangener hinweg« schleppt«. Der rapiden Schnelligkeit meiner Wagentahrt von Lampalanka über da« Gebirge hierher danke ich e«, daß ich noch eben rechtzeitig etntras, »m diesem prächtigen historische» Schauspiel al« Augenzeugen beizuwohnen. Die noch halbtürktich au»sehende Unterstadt war überfüllt von Schaareu bulgarischer Landleute, welche in Fefttracht gekleidet nach Sofia gekommen waren, ihren Fürsten zu begrüßt». Im Glanz der heißen Mittagssonne gewährte diese imposante Menge in ihren vor. herrschend dunkelbla»«» weißgeslickten Wollenröcken, den weißen, sarbig-aestickten Hemden, rothen Schärpen mit dem überreichen Schmuck ihrer Gehänge au« türkischen Münzen, Muscheln, Perlen an Röcken, Haaren, Hak» und Brust, mit ihren Blumen. Krönzen, Tüchern den buntesten Anblick. Der Fürst, von Philippopcl kom- mend, hatte 5 Kilometer vor Sofia seinen Wagen verlassen, große Uniform und Orden angelegt und seinen Rappen mit rolh und goldener Decke bestiegen. Der KriegSmiaister und sein Stab waren ihm bi« dorthin entgegen gekommen. Aus dem Anger au der Südseite der Chaussee waren dir zum Empfange de« Fürsten znsammeugezogeaeu Truppen in Parade aus- gestellt. Zwei ESeadrou« Kavallerie, die eine in blauen, die andere in weißen Wosfenröcken, zwei Batterien Artillerie, die 200 Mann de« „Lonvoi" in rother Husarenunisorm und vierzehn Bata;llone Infanterie von den fünf Regimentern SophiSky, Balkansky, Rodopeky, Plowdivtky und SkoneSky. Längs der ganzen Konstantinopeler Straße, welche an dem Palast der Volksvertretung und dem öfter- reichlichen Lonsulat vorübrrführt. bi» zum Schlosse hin bildete eine dichte, bunte Menschenmenge Spalier, geduldig in der glühenden Mittagssonne auSharrrnd. Um die gewaltige Bergmasse des Witousch im Süden wob diese Sonne «inen flimmernden Silberdust; Ehren- psorteu erhoben sich über der Landstraße, Fahnen und Banner wallten von allen Häusern und zahllose» Masten. Der Donner der Geschütze verkündigte des Fürsten Erscheinen auf der Höhe de» Wege». Nnn kam er langsam die saust geneigte Straße herab geritten, die hohe, schlanke, ritterliche Gestalt, die weiche Lammsellmütze mit dem Weißen, in d r Wurzel roth und grünen Reiherbusche ans dem Haupt, in dem sein und vornehm ge schuittenen bärtigen Antlitz eine Miene de» Trum- mehr als de» Zorn-, Ueber dem dunkelgrünen Waffenrock trug er da» große russische rothe Ordensband, die weiten grauen Beinkleider mit breite» rothen Streifen in den Stieseln. Er lenkte zum Anger zu seinen Truppen hinüber, gefolgt von seinem Hujarenconvoi mit dem roth und goldenen Banner. Mit der Musik der Regimenter zugleich erklangen laute Hoch« von den Mannschaften, an deren Fronten er vorüberritt. Al« er am Oberst von Torvin am rechten Flügel d«« ersten Cavallerie-Regiment« vorüber kam, ritt er auf ihn. den er zuletzt am Abend vor dem Attentat gesehen hatte, zu, und drückte ihm innig dir Hand. Die ganze Masse der Mannschaften nnd Officiere setzte sich in Bewegung, umgab und folgte dem Fürsten auf der Landstraße zur Stadt hin mit klingendem Spiel nnd fliegenden Fahnen, zu beiden Seiten begleitet von der BolkSmenge und deren brausenden Hurrah' rnfen. Junge Damen drangen zwischen die Pferde ein. dem Fürsten Blumenkränze «nd Sträuße zu überreichen. Bon allen Fenstern «nd Balkon« au» überichüttet» «an den Borüberreitenden mit Blumen. Der Fürst begab sich nicht sofort in« Schloß, sondern zunächst in di» Kathodral« in der Unterstadt, um dem dort celedrirtrn Hoch amt beizuwo-nea. De» weiten Platz vor der Westseite des Schlosse« hielt die Menge dicht umringt. Die Rückkehr ans der Kathedrale bot einen Anblick von unbeschreiblich malerischem Reiz. Endlich kam der Reiter- und Wagenzug au« der Unterstadt herauf. Der Fürst blieb im Sattel und hielt im offenen Bitterthor de« Vorgarten«, voa seinen Adjutanten und dem Stab« umgeben Der Vorbeimarsch der obengenannten Truppe» ersolgte in mufter' gütiger Ordnung, Präcision und vortrefflicher Haltung. Auffallend erschien die bei den Mannschaften de« Sltvnitzischen Regiments ein- gesüdrtc Art, die Patronen nicht in der Tasche, sondern zum breite» Gürtel und einem Schützengehenk vereinigt offen über dem braunen Waffenrock zu tragen. Nachdem der Vorbeimarsch erfolgt war, brachten die Ehrenwache de« 1. Regiment« und der „Lonvoi" ihre Fahnen in« Palai«. Der Fürst richtete noch einige Worte an die ihn umgebende» Osficierr und trat in da« Innere de« Schlöffe«, wo der Empfang de« de- glückwünschenden diplomatischen Lorp«, der Stabsosficiere, der Geist, lichkett, de« Magistrat« stattsond. All dieser Feste-glanz nnd Jubel täuscht ober Niemanden über den Ernst der Lage; die Antwortdepesche de« Zaren bat auch im Gemttttz de« Vertrauensseligsten schwerlich Zweifel darüber gelassen * Auch »er Vertreter Oesterreich« in Sofia. Freiherr v. Biegeleßea, wurde nach einer Depesche der „Kölnischen Zeitung" beauftragt, am Empfange de« Fürsten in Sofia nicht thesszunebmen. Dasselbe Blatt meldet, daß di« grsammten türNsche» Truppe» de, Prvviuz Adria«»pel marschsähig und auf Kriegsstand sind.— Meldungen au« Konstantinopel zufolge soll der dortige bulgarische Exarch gefordert baden, daß der Theilneymer am sofio tischen Staatsstreich, Metropolit Clement, vor seinen Richterstuhl gestellt werde, eine Forderung, welche vielleicht dem Zweck dienen dürste, den Metropoliten der ihm drobenden Untersuchung seiten« der bulgarischen Regierung zu entziehen. Leipzig, 6. September 1886. -Zur parlamentarischen Lag, schreiben die „Ber liner Politischen Nachrichten" ofsiciö«: Entweder da« SensationSbedürsniß der freisinnigen Presse, in«, besondere der „Freisinnigen Zeitung", ist in deren geschäftlichen Verhältnissen begründet, oder e« treibt sie da» böse Gemmen, ihrer Feindschaft gegen den Kanzler selbst aus die Gesahr einer Bedrohung de« Frieden« freie Bah» gelosten zu haben, dazu» dinier den ein fachsten und natürlichsten Angeiegeuheiten Fallstricke und Wolfsgruben u vermutheu. Was wird nicht alle« au« Anlaß der bevor stehenden Zusammenberusung de« Reichstag« an Gebilden der freisinnigen Phantasie geleistet I Selbst die Absicht einer Aus. lüsuug wird erdichtet, um de« sreisianigen Leser« Nerven zu kitzeln und ihn bereitwilliger zu machen, sein Scherflein ans dem Altar der zerren Richter und Genossen niederzulegen. Und doch liegt die Er- Srung sür die Zusammenberusung des Reichst»«« in dem U rlnnse, welchen die Verhandlung«« über die Verlängerung de« spanischen Handelsvertrag«« genommen haben, so klar vor Augen, daß nur derjenige, der nicht srhra kann oder will, zu Phantasien seine Zuflucht z» nehme« brauch», von spauffch r Seite ist Alle« geschehe», »m dt« «lsbaldtge Rattficaiion der Verlängerung de« vertrage« z» er»«gliche». Deutschland, dessen Interesse, die Verlängerung de« Herwag«« durchaus entsvrtcht, muß Werth darauf lege», daß die Ratiffoatio» so dald ol« ««glich erfolgt und nicht etwa au« der Verzögerung der htrrz» auf deutscher Seite zu de- schassende» Voraussetzung« schließlich der Verlängerung de« Ber- trage« selbst Schwierigkeiten «rwachsru. Die Zustimmung de« Reichs- tage» gehör» zu diese, voranssrtznnge», sie z» umgehen, würde um so weniger angezetgt sei», nachdem die unter Vorbehalt »achträg- sicher Znsttinmnng de« Reich«tag« erfolgte Inkraftsetzung des Vertrage« trotz der dringenden dafür sprechenden sachlichen Gründe eine so scharfe Kritik gerade von Seite» der Frei- sinnige« erfahren hatte. G« handelt sich also einfach darum, dem Reichstage bezüglich der tm Interesse de« deutschen Handel« unerläßlichen baldigen Ratification der Verlängerung de« Vertrages mit Spanien sein Recht angedeihen zu lassen. Ist di« Zustimmung des Reichstag« auch sicher, so bauvelt »« sich immerhia um ein sormelles Recht desselben, da« seine volle Berücksichtigung erheischt. Die Freisinnige» »erden sich daher sch» darein finden müssen, daß der Reichstag nicht zur Befriedigen,« ihre« Sensatio««brdürsnisseS, utcht zur Brranstattuug großer Redettmnterr »nd »ergl. Schauspiele, iondern zur Fördern»« riusacher wirthschastiicher Interessen der Nation zusammenbrrufrn wird. Handelt r« sich dabei unr «m eine Form, um so besser; dann wird e» dem Reich-tag nur knrz« Zeit kosten, «in für die Handelsinteressen Deutschland« wichtige« Bertrog«- verhältniß «ine tveitere Reihe von Jahre» zn sichern. * Die Stichwahl in Lauenburg hat für den deutsch freisinnigen Candidaten Berling entschieden. Die neueste Zählung ergab für Berling <l8l, sür Graf Bernstorfs 3225 Stimmen. E» standen noch 27 Wahlkreise au«, welche aber den Vorsprung de« Herrn Berling nicht mehr einzuholen der mögen. Die Socialdemokraten scheinen überall Io cor- xoi v für den brutschsreisinnigen Candidaten gestimmt zu haben * Daß die Ansiedelungsrommission in Posen ihreStheilS nicht müßig ist und nicht» wie Herr Richter ihr neulich i»si»uirte. die Durchführung der Germanisirung«plÄne aus die lange Bank schiebt, beweist die Nachricht, daß das kürzlich angckauste Ritlergnt Slo»«kowo in etwa 18 Wirth» schasten parcellirl und die Ansiedelung bi« zum Sommer 1888 vollzogen werden wird. Die polnische Presse macht unterdeß verzweifelte Anstrengungen, ibre SlammcSgenossen zur Orga< nisirung eine» Widerstande« heranzuzichen. Neuerdiua« schlag! der „Orrndowmck- die Bildung von bäuerlichen Genossen schäften zum Ankauf von Rittergütern vor, ein Project, welche« wohl ebenso wie die übrigen nicht zur Durch führung kommen wird. * Geräusch!»«, aber sicher gebt Oesterreich« Cultur- arbeit in Bo«»ien und der Herzegowina vorwärt« Bereit« seit dem vorigen Herbst ist die Katastralvermcflung beendet, da« große Werk der GrundbuchSanlrgung in mehreren Bezirken begonnen, da« Eisenbahnnetz wird unablässig erweitert, am Ausbau brr Straßen arbeitet man rüstig fort. Die Zahl ver Schulen wird fortwährend vermehrt» die Gesetzgebung und die Ordnung de« vfsenllichen und privaten Rechl» werden den eigenthümlichen Landesvcrhältnissen entsprechend systematisch weiter entwickelt, kurz Oesterreich arbeitet mit einer AuSdauer und einem Geschick au der Verbreitung der Cultur in jenen so la»g« vernachlässigten Ländern, daß man eine bedeutende Hebung ihrer grsammten wirthschaftlichen Verhältnisse er hoffen darf. * Au« Siebenbürgen, 1. September, wird der .Na- tionalzeitung' geschrieben: „ES hat die un garische Publicistik in den letzten Wochen auch in deutsche Blätter die Nachricht l'incinzubringen gewußt, daß zwischen den Sachsen und der Regierung Au«gleich»verhanvlungrn im Zuge seien. Diese Nachrichten entspringen dem BedUrfniß, die öffentliche Meinung in Deutschland zu beruhigen, abersieentspreche» der Wahrheit nicht im Geringsten. Ueber einige höf liche Rrven«arten im »Peiler Lloyd" ist die Regierung nicht hinausgekommen. Die Sachsen sind stet- geneigt gewesen, den Frieden mit der Regierung zu schließen, unter der einen Bedingung, daß ihnen gegenüber Reckt uiivGeietz gehalten werde. Ist «S als» der Regierung wirklich darum zn Um», den Friede» herzustellen, dann ,„„ß sie Sorge tragen, daß jene« geschieht. Es ist aber de» Sachsen gegenüber auch in den letzten Msnatcn daS genaue Gegenlheil geschehen. Roch sitzen >» Schaßburg und Bistritz die Obergespäne Bethlen und Banffy, die in ihrer Verwaltung kein Gesetz den Sachsen gegenüoer kennen, gegen daS Gesetz ist die magyarische Sprache den sächsischen Volk«schulr» al- zweite Unterrichtssprache aufgezwungen worden und eben will der CultuSminister, wieder gegen daS Gesetz, jene deutschen Lehrer auS de», Amt vertreiben, die der magya rischen Sprache nicht mächtig sind. Wegen angeblicher Untrr drückung durch die Sachsen sind einige magyarische Gemein den auS der Verwaltung der evangelischen Landeskirche in Siebenbürgen au-gesckicde» und haben sich der ungarländischen evangelischen Kirche unterstellt und »un wird überall in der selben da« Märchen von der Unterdrückung der Magyaren durch di« Sachsen nachgesungen. Ja Hermannstadt ist zum Oberaespaa Gras Bethlen ernannt worden, der, ««der ein Sachse noch ein Evangelischer, durchau« nicht al« rin Ver trauensmann der Sachsen ober Rumänen ausgefaßt werden darf. Kurz, e« liegt der Regierung daran. Deutschland glaube» zu machen, st« Hab« di« Sachse» befriedigt; ü» Wirt lichkeit gehen die Angriffe aus daS deutsche Leben, besonders Kirche. Schule in der allen »»geschwächten Weise fort. Was die Förderung sächsischer Industrie u. dergl. betrifft, so bürst- eS auch den Offieivsen schwer werden. Thaten der Regierung anzuführcn." * Die „Räpublique Franyaise" äußert angesichts der diesjährigen großen Cavallerie-Manvder bei Ehülon» unter dem General L'Holte ihre Freude über dis Fortschritte, welche die Cavallerie der republikanische» Armee seit dem Jahre 187S, welches zum ersten Male ei»' größere Cavalleriemasse — acht Regimenter — unter kein General Gallffet bei Nemours zu selbstständigem Manöver vereinigte, Dank der energischen und tüchtigen Leitung d s genannten Generals und der einflußi eichen Mitwirkung Gauibelta'S von Jahr zu Jahr, wie die alljährlich in: Monat August stattsiiidenden größeren Hebungen bargethau, gemacht habe, um den sür spätere Kriege il,r zugewieseneu Ausgabe» crecht werde» zu können. Der General L'Holte wird als lachsolger Gallisel's und Anhänger der von diesem als richtig aurrkannten Taktik gefeiert, nach welcher bei Ausbruch eines Krieges Cavallerie sofort in größeren Massen über die feindliche Grenze geworfen werten soll, um schnell in mög lichst weiter Ausdehnung gewissermaßen einen Schleier z» bilden, hinter welchem die Armee ungestört und unbeobachtet einen Aufmarsch zur demnachstigeu Ergreifung einer energischen Offensive ins Werk sehe» könne. Die hierzu erforderliche Schnelligkeit und Manövnrsäbigkeit hat die dem Commando des General« L'Holte unterstellte Cavallerie gleich bei Beginn der zur Zeit stattfindenden Exercitien zur Zufriedenheit des Berichterstatters der »RSpublique Frantzaise" an den Tag gelegt. Die aus eine Strecke von 35 Kilometern in rinzrlne CantonnementS diSlocirle Reitcrmasse von 48 Schwadronen hat sich auf erfolgte Ordre an einem bestimmte Punct« derart wiedrrvrreinigt, daß die Truppen sowohl in Betreff der Schnelligkeit de« Eintreffens rc. wie de« Zustande« der Mannschaften und Pferde die Zufriedenheit de« commandiren- den General« erworben. * Der italienische CultuSminister Tajani hat einigen Jesuiten, welche sich in einem Florentiner, dem FiScuS gehörigen Pfarrhause niedergelassen hatten, di« Weisung zu- gehrn lassen, binnen drei Tagen, bei Vermeidung von Zwangs maßregeln, auszuziehen. Die dem Vatikan nahestehenden Blätter sagen, der Minister Hobe mit dem Decrete vaS viel besprochene päpstliche Breve über die Gesellschaft Jesu »beant worten" wollen, und prophezeien ihm, daß er bald an« dem Cabinet gedrängt werden würde. Mustlr. Neues Theater. Leipzig, 5. September. Auch „Hans Hessing" ist einer jener „bleichen Phantome in düsterer Nacht", wie sie der Phantasie de« Dichter« in ver Periode der Romantik so okt vorschweblen. Jene finstere und doch sympathische Gestalt war die Verkörperung von Marsckner's Ideal, der, selbst ein eckler Romantiker, von düstere», schauerlichen Situationen sich unendlich angezogen fühlt, in ihrer musikalischen Wiedergabe sei» großes Talent am erfolgreichsten erschöpft und in Folge dessen die heiteren Partien seiner Operntexte, obwohl stets vorzüglich, doch immerhin mehr nebensächlich behandelt. Wird im „Vampyr" in dirscm Hange nach dem Unheimlichen die Grenze de- Erlaubten gestreift — daS Schöne darf zwar aus düsterstem Untergründe rub-n, bedarf aber der lichtvollen Gegensätze zu anziehender Wirkung— so schlägt Marschner im Heiling, a» der Hand eines guten OperntexteS, einen so schönen Mittelweg ein, daß inan dicseOpcr unbedenklich al« sein Meister werk, al« ein» der besten dramatisch-musikalischen Erzeugnisse überbauvt. bezeichnen darf. ES ist eine dankbare Ausgabe sür Thealerdirectionen, drn Heiling ihrem eisernen Re pertoire — ich denke mir unter demselben die regelrechte, consequente Wiederholung einer Anzahl Meisterwerke auf der Bühne — ci»zuverleiben; de»,, diese Oper erweist sich »och heute, 50 Jahre nach ihrem Entstehen, in meisterhafter musi kalischer Dictio», in »»vergänglicher Kraft und Frische deS Ausdrucks wie wenige geeignet, ein gebildete« Publicum zu fesseln, ja zu enth»siaSu»reii. DaS bewies wieder deutlich die letzte Ausführung, die sich allerdings — Dank »aniciillich der sehr schönen Leistung deS Herrn Perron in der Tilelrolle und der prachlvolleu Wirksamkeit VcS Orchesters — zu einer recht guten gestattete. Herr Perron war ein meisterlicher Heiling, daS muß rückhaltlos anerkannt werden. Tie wunder- volle Stimme deS Sänger» wurde zum Mittel deS trefflichsten Ausdrucks, das, niil vorzüglichem, überraschend lcidcnschast- lichcm und wahrem Spiel sich einend, eine ganz hervor- vorragende Leistung hervorzubringcn »n Stande war. T>e Fortschritte de» jungen Sängers sind in letzter Znt zu große geworden, als daß man über sie als etwas Selbstverständ liches stillschweigend biuwcggehen dürste: von Herrn Perron darf die Bühne noch Große- erwarten. Neben ihm hatte Fräulein Arlner einen schweren Stand, doch kann man min- bestenS die rein gesangliche Ausführung ihrer Partie warm anerkennen, nur muß die junge Künstlerin dringend aus die Gefahr hlugewiese» werden, welche die stet- auch in den hoben Lagen ganz offene Tonbildung dem stimmlichen Mate rial bringt. Im Spiel war der deutlich erkennbare gute Wille nur zu osl für die That zu nehmen. Gewisse Fehler ihrer Beranlcgnng, sür welche die Sängerin kein Verschulden trifft, werden ihr bei lieferen Wirkungen stet» hindernd im Wege stehen. Herr Hedm on d t als Conrad hielt sich offenbar zurück; dachte rr schon seine- „Octavio"? Im Uebrigen ent sprach rr vollkommen dem Bilde, welches man sich von der frischen anziehenden Gestalt deS jungen Jäger- macht. Trefflich stimmte auch die impouirenbe Gestalt der Frau Slhamer-Andrirßen zu den Anforderungen der Rolle der Königin, leider klang die Stimme, vielleicht unter der Einwirkung der schrecklichen im Theater herrschenden Hitze, nickt so srisck und schneidig wie sonst. Frau Metzler-Löwy, die immer Treffliche, fesselte namentlich durch den ausgezeichneten Vortrag der Romanze ,m letzten Act. Von den Vertretern der kleineren Nelle» batte Herr Prost dem Umsange seine- LcibeS eine Elle hinzugcsetzk, eine Vervollkommnung, die man dringend seiner — Stimme auch wünschen muß. Fadendünn in Stimme und Gestalt stellte Herr Marion einen beinahe zu echten Schneider vor. der sichtlich zur Erheiterung de« Publicum« beitrug. Die Regie war im Ganzen lobenSwertb, an diesem Gesammtrindruck könne« einige Bedenken nichts ändern. Im Vorspiel darf beim lettten Chor „gehorchen und tragen, tummeln und plagen" dasPersonal unmöglich ruhig in abwartender Stellung verharren.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview
First Page
Back 10 Pages
Previous Page