Rosine. Wie ungerecht ist doch das Schicksal! Und hat er Ihnen wohl den Gegenstand seiner Liebe genannt? Ich bin so kindisch neugierig — Figaro. Sie, Sennora, sind die letzte, der ich eine solche Mittheilung ver trauen möchte — Rosine (schnell». Und warum das, Herr Figaro? o, ich bin verschwiegen; der junge Mensch ist Ihr Verwandter, und interessirt mich schon desbalb unge mein — darum sagen Sie mir nur schnell — Figaro (sie fein betrachtend). So stellen Sie sich denn ein schön gewach senes, schlankes Mädchen vor, saust, zärtlich, frisch und blühend, kurz reizend im vollen Maße; schönen Fuß, Taille zum Umspannen, wundervollen Arm, No- seumund, und Hände! Wangen! Zähne! Angen! Rosine. Die in Sevilla wohnt — Figaro. In diesem Stadtviertel — Rosine. In dieser Straße vielleicht? Figaro. Zwei Schritte von mir — Rosine. O das ist ja herrlich sür Ihren jungen Verwandten, den ta lentvollen Studenten nämlich. Und jenes Mädchen heißt? Figaro. Habe ich Ihnen den Namen noch nicht genannt? Rosine (lebhaft). Das ist das Einzige, was Sie vergessen haben, Herr Figaro. So sprechen Sie doch, aber schnell — wenn uns Jemand störte - so käme ich um den Namen — Figaro. Wenn Sie ihn denn durchaus wissen wollen, Sennora! Gut, jenes Mädchen ist — eben die Mündel Ihres Vormunds — Rosine. Die Mündel? Figaro. Des Doktor Bartholo; ja Signora. Rosine (ergriffen). Ach, Herr Figaro, das glaube ich Ihnen nicht — wahrhaf tig nicht — Figaro. Er brennt vor Begierde, es Ihnen selbst zu sagen — Rosine. Sehen Sie, wie ich er schrocken bin, Herr Figaro — Figaro. Wer wird erschrecken? das ist schlecht berechnet, Sennora; wenn man der Furcht vor dem Uebel nachgicbt, so empfindet man auch schon das Uebel der Furcht. Uebrigcns habe ich Sie be reits bis morgen von allen Ihren Hütern und Wächtern befreit — Rosine. Wenn er mich liebt, so kann er es mir nur dadurch beweisen, daß er sich ganz ruhig verhält. — Figaro. Ei, Sennora, wie könnte wohl Ruhe und Liebe in demselben Her zen wohnen? Die arme Jugend ist so unglücklich heut zu Tage, daß sie nur die entsetzliche Wahl hat: zwischen Liebe ohne Ruhe, oder Ruhe ohne Liebe. Rosine (mit gesenktem Blicke). Ruhe ohne Liebe schrillt mir — Figaro. Entsetzlich langweilig, nicht wahr? Mir ist auch so, als ob Liebe ohne Ruhe angenehmer sei, und wenn ich ein Frauenzimmer wäre — Rosine (zögernd). Es geht allerdings nicht an, daß ein Mädchen es einem rechtschaffenen jungen Menschen verbieten könnte, sie zu achten — Figaro. Und in der That achtet Sie mein junger Bcwandter ganz unaus sprechlich — Rosine. Wenn er aber irgend eine Unbesonnenheit begienge, so würde er uns beide unglücklich machen — Figaro (sür sich). Uns unglücklich machen, verstehe! (Laut.) Wenn Sie's ihm vielleicht mit einigen Zeilen aus drücklich verbieten wollten — solch' ein Briefchen übt große Gewalt aus — Rosine (ihm den eben geschriebenen Brief übergebend). Es ist nun nicht mehr Zeit, dieses hier noch einmal abzuschreiben, wenn Sie es ihm aber geben wollten, so sagen Sie ihm zugleich — so sagen Sie ihm doch — (Sie horcht.) Figaro. Es ist Niemand, Sennora! Rosine. Daß Alles, was ich thue, nur aus Freundschaft geschieht. Figaro. Wie denn anders! Das versteht sich von selbst. Die Liebe, ja,