37 bin ich der devoteste Diener Ew. Excel- lenz, allein hier sehen Sie wohl, daß die Höhe des Ranges ihre Macht verliert, und daher haben Sie die Güte — so gleich mein Haus zu verlassen — Graf. In der That soll der Rang hier nicht entscheiden, wohl aber der Vor zug, den Signora mir vor Ihnen er- theilt, indem sie mir freiwillig ihre schöne Hand reicht — Bartholo. Was spricht er, Rosine? Rosine. Die Wahrheit. Weshalb erstaunen Sie? Sollte ich nicht diese Nacht an einem Betrüger gerächt wer den? Nun wohl — ich bin es — Basilio. Ich sagte Ihnen ja vor hin, Doktor, daß es der Graf selbst gewesen. Bartholo. Was kümmert mich das Alles? Närrische Hochzeit! Wo sind die Zeugen? Notar. Es fehlt Nichts. Hier, diese beiden Herren — Bartholo. Wie? Basilio! Ihr habt mit unterzeichnet? Basilio. Wie könnt' ich anders. Der gnädige Herr hat stets so unwider stehliche Argumente in der Tasche — Bartholo. Was da! Argumente! Ich werde mich meiner Gewalt bedienen — Gras. Indem Sie Ihre Gewalt mißbrauchten, haben Sie dieselbe auch schon verloren — Bartholo. Rosine ist nicht unab hängig — Figaro. Sie hat sich emancipirt — Bartholo. Wer spricht mit Dir, Spitzbube! Graf. Signora Rosina ist edel und schön; ich bin von Stande, jung und reich; sie ist nun meine Gattin; wer darf cs wagen, sie mir streitig zu machen? Bartholo. Keine Macht der Erde soll sie mir entreißen — Gras. Sie ist nicht mehr in Ihrer Gewalt. Sie steht unter dem allgemei nen Schutze der Gesetze, und dieser Herr, den Sie selbst hieher brachten, wird sie gegen jeden Schritt in Schutz nehmen, den Sie unternehmen könnten. Die Obrigkeit ist dazu da, jedem Unrecht zu steuern und sich der Unterdrückten anzu- nehmcn. Alcalde. So ist es, und seine un nütze Weigerung bei dieser so höchst ehren vollen Verbindung zeigt deutlich, daß er sich fürchtet, Rechnung über das Ver mögen seiner Mündel abzulegcn. Graf. Er beruhige sich nur, ich ver lange nichts von ihm. Figaro. Nur die Quittung über meine hundert Thalcr; wir wollen nichts vergessen — Bartholo (außer sich). Alles ist gegen mich; ich bin in ein Wespennest gerathen. Basilio. Wespennest? So rechnen Sie nur, Doktor: die Frau verloren, aber das Geld gewonnen; erZo — Ge winnst! Bartholo. So laßt mich in Ruhe, Basilio, Ihr denkt nur immer an's Geld. Ich kümmre mich wenig darum! Zwar will ich es behalten, aber denkt nicht, daß dieses mich bestimmen könnte, den Kontrakt zu unterschreiben. (Er unterschreibt.) Figaro (lacht). Haha, gnädiger Herr! Die beiden Alten sind von gleichem Schlage. Notar. Aber, ich begreife noch immer nicht; sind es denn zwei Fräulein, die denselben Namen führen? Figaro. Nein, Signor, es ist nur Eins — Bartholo (in Verzweiflung). Und ich habe noch die Leiter weggcnommen, da mit sie sich desto ungestörter heirathcn konnten. Ach, wie war es möglich, daß mich meine Sinne so täuschten — Figaro. Sünden wollten Sie sa gen. Nun aber der Wahrheit die Ehre, Doktor: wenn Jugend und Liebe einen Alten überlisten wollen, so kann mau Alles, was er dagegen anwendet, mit vollem Rechte die unnütze Vorsicht benennen.