Von dem Wunsch beseelt, die der Sonntagsschule entwachsenen Mädchen auch ferner im Auge zu behalten, wollen sie reihum ihre jugendlichen Schutz befohlenen zu sich kommen lassen — wollen mit ihnen einen Bibelabschnitt lesen und besprechen, einige Lieder singen und ein gutes, zweckdienliches Buch lesen. III. Wieder ist es Sonntag Quasunodogeiuti. Der Sonntagsverein feiert seinen ersten Geburtstag. In dankbarein Rückblick auf das verflossene Jahr dürfen die Leiterinnen sich sagen, daß die stillen Sonntagnachmittage, die sie mit ihren lieben Mädchen verlebt haben, für diese, wie für sie selbst von Segen gewesen sind. Freilich ist der Verein nur erst von wenigen Mädchen besucht. Eine hebe genügsame Leiterin findet den Kreis „reichlich vertreten", als sich einmal vier Teilnehmerinnen eingesunden haben. Es kommt aber auch vor, daß nur ein einziges Mädchen erscheint. Indessen hat sich doch schon ein kleiner treuer Stamm gebildet. Ihr beiden Annen und du, liebe Emma P., ob ihr noch unter den Lebenden weilt und zuweilen eures alten Sonntagsvereins gedenkt? Die Feier des ersten Geburtstages ist mit einer bedeutsamen Neuerung verknüpft. Da voraussichtlich zu Ostern manche der aus dem Kindergottes dienst scheidenden Neukonfirmierten in den Sonntagsverein eintreten werden, haben sich die Leiterinnen entschlossen, ein geräumiges Zimmer als Versamm lungsort zu mieten. Am Sonntag Quasimodogeniti finden sich die Helferinnen und zweinnd- zwanzig junge Mädchen in dem auf der Poliergasse gelegenen Vereinszimmer ein. Der Raum ist festlich bekränzt. Wieder wie vor einem Jahre beginnt die Feier mit dem Lied: „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend'." Nachdem Fräulein Bertha Grüner das Gedicht: „O Bethania, du Friedenshütte" ge sprochen und Fräulein Francke in warmen Worten den Zweck des Sonntags- vereins dargelegt hat, hält Herr Pastor Hickmann die weihende Ansprache. IV. „Ei, nun hat der Vogel ein Haus gefundeu und die Schwalbe ihr Nest", meinen wohl die lieben Leiterinnen voll dankbarer Freude. Ach nein, weit gefehlt. Nicht aus Neigung, sondern 'unter dem Zwang der Verhältnisse wird der Sonntagsverein zum Wandervogel, der an verschiedenen Stellen der Stadt sich sein Heim schafft. Acht Jahre hindurch finden wir ihn in dem damaligen PereinshanZ der Inneren Mission auf der Amalienstraße. Je fünf Jahre hat er sein Zelt auf der Augustusstraße und an der Bürgerwiese aufgeschlagen. Zwischendurch begnügt er sich kurze Zeit auf der Amalienstraße mit der Wohnstube einer Witwe. Einmal ist er ganz heimatlos und muß die Gastfreundschaft eines jüngeren Sonntagsvereins in Anspruch nehmen. Zu rechter Seßhaftigkeit gelaugt er erst, als er 1896 in das schöne Vereinshaus auf der Zinzendorfstraße übersiedeln darf. Zwar muß er auch hier noch etliche Male Umzug halten. Aber er fühlt sich nun doch geborgen unter den schützenden Flügeln des Stadtoereins für Innere Mission, an den er bereits 1875 übergegangen ist.