zehnten weit über das Amt hinausgewachsen. Ihm war die Gabe ver liehen, sich alle Herzen zu erschließen, und er wußte die Freunde nicht nur zu gewinnen, sondern auch festzuhalten. Den Mittelpunkt seines Verkehrs bildet das nun schon lange dahingesunkene Tiergartenhotel; hier hat er, der Junggeselle, sich viele Jahre hindurch säst täglich mit einer Schar lebensfroher, geistvoller Männer aus allen Berufszweigen vereinigt. Zugleich aber blieb ihm, der jede, auch die schwerste Arbeit gewissen haft und doch fast spielend erledigte, Muße genug, um sich der Kunst zu widmen. An dem reich blühenden Musikleben Berlins nimmt er freudig Anteil. Von 1883 an pilgert er fast alljährlich nach Bayreuth; zwölf Jahre lang steht er an der Spitze des Richard-Wagner-Vereins. Auch hieraus entwickeln sich persönliche Bande. Vielen Künstlern und Kunst freunden, insbesondere aus dem Wagnerkreis, auch der Familie Wagner selbst, ist er nahegetreten. Eben weil der Verstorbene sich der Zeiten seines Wirkens im Reichs- Iustizamt stets mit besonderer Freude erinnerte, empfinde ich es mit tiefer Dankbarkeit, daß der Herr Reichsminister der Justiz und der Herr Staatssekretär im Reichsjustizministerium an dieser Feier teil nehmen. Ich weiß, daß diese Ehrung nicht nur dem hochverdienten ehe maligen Präsidenten des Reichsgerichts gilt, sondern vor allem dem Manne, der zwei Jahrzehnte im Reichs-Iustizamt gewirkt hat und der den Besten jener Generation des Amtes ein treuer Freund gewesen ist. Im Januar 18YY ergeht an Rudolf von Seckendorfs der Ruf zu einer neuen, ganz anders gearteten Tätigkeit. Er wird UnterstaatS- sckretär im Preußischen Staatsministerium. Wer die Bedeutung und Verantwortung dieser Aufgabe ermessen will, muß sich die Stellung Preußens im alten Reich vergegenwärtigen. Keine Gesetzesvorlage durfte ein Ressort des Reichs oder Preußens verlassen, bevor das Preußische Staatsministerium ihr zugestimmt hatte; im Staatsministerium wurden alle wichtigen innerpolitischen Fragen entschieden; eine Fülle von Ent schließungen auf den verschiedensten Gebieten waren dem StaatSmini-