20 sollte ein Festtag für Stolpen werden, alle Korporationen der Stadt waren angetreten und die Gräfin versprach sich heute durch die unfehlbare Macht ihres persönlichen Einflusses ihr Schicksal zu wenden. Aber schon nach wenigen Schüssen wurde das Feuern abgebrochen, da die Kugeln an den Felsen zersplitterten und einzelne Sprenz- stücke gefahrbringend in die Stadt flogen. Der Kurfürst erschien zu Rosse am Schloßtore. Da rief ihn vom Fenster herab die frühere Geliebte mit flehenden Worten an. Aber er riß das Pferd herum, lüftete nur leicht den Hut und sprengte davon, ohne ein Wort zu erwidern. Da soll sie in ihrer verzweiielten Wut nach ihm geschossen haben, eine Sage, die gewiß nicht auf Wahrheit beruht. Einige Jahre später. 1733, hörte sie, wie ringsum im ganzen Lande die Glocken geläutet wurden. Da merkte sie gleich, daß Friedrich August gestorben war. Aber ihre Gefangenschaft dauerte fort. Auch der Thronfolger ließ ihre Besreiungsgesuche unbeachtet und gewährte ihr nur geringe Erleichterungen. So erhielt sie die Leipziger Zeitung und durfte Besuche empfangen. Als ihr endlich Jahre darnach die Freiheit angeboten wurde, da wollte sie felbst nicht mehr. Was hatte sie noch in der ver änderten Welt zu suchen, von der sie längst vergessen worden war. Allmählich schwindet ihr Hochmut und Trotz, die alte Dame wird schrullenhaft und menschenscheu. Sie schreibt einmal an Boblick, „daß ihre oourago, die weder Löwen noch Bären scheuet, in eine entsetzliche Furcht gefetzt worden sei irr puuoto der ungewissen und lügenhaften Menschen." Es war, als ob sich auch die Elemente gegen sie verschworen hätten. Schon 1723 erlebte sie das „er schreckliche Zornfeuer", das die ganze Stadt Stolpen in einen Aschenhaufen verwandelte. Damals ging auch die berühmte Mönchsbibliothek zu Grunde, die sich aus der Bischosszeit erhalten hatte, ein unersetzlicher Schatz von alten Büchern und Urkunden. Auch das Schloß fing an verschiedenen Stellen an zubrennen. Die Glut war so groß, daß davon auf der Festung mehrere bronzene Kanonenrohre schmolzen. Zwei von ihnen schenkte der Kurlürst der armen abgebrannten Stadt, und daraus sind die neuen Kirchenglocken gegossen worden. In den 40er Jahren wurde es ganz unheimlich auf dem Schlosse. Es begann bereits merklich zur Ruine zu werden. Wiederholt schlug der Blitz in das Wohnhaus der Gräfin und die Nächstliegenden Gebäude ein. Das morsche Mauerwerk drohte ihr überm Kopfe zusammen zubrechen und mußte durch eiserne Klammern gehalten werden. Schließlich stürzte in ihrem Zimmer ein großer