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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-10
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188803109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880310
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-03
- Tag1888-03-10
- Monat1888-03
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.03.1888
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tz Musik, Carola-Theater. Leipzig, 9. März. Frl.Derroza, die Diva der reisenden sran,«.-'" Ke» OperelicnaeseUschasl. führte un- gestern die Bettina in der Nudran'jcbe» Operette: „2a Ma-cotte" vor unv fand rl> e lehr beisLUige Ausnahme. Wenn sie gestern Kränze und Le-.keere» erntete, so geschah die- wohl dc-balb, well ihre in AnLsicht genommene Bcnesizvorstellung unsicher geworden schien. Man halte den Eindruck, daß unsere französischen Gäste sich niil der gestrigen Vorstellung verabschieden wollten. Wir haben die „Ma-cotte" tchon im Carolatbeater ge sehen: e» ist eine ganz drollige Operette, eine Persiflage aus den Aberglaube», dem ja da- ForlunaluShütlein und andere Mä .l c.ireginsilen ihren Ursprung verdanken. Biele große Mä > r waren abergläubisch, man weiß die-ja besonder- oon N foieon; unser Fürst Lorenzo ater llbertrisft sie alle tuen». Ai» er die Ma-colle sich erobert hat. ist er glück lich: lo b er bat seine Haken mit diesem Glück-engcl; eS heißt in der „Iungsrau von Orleans": Line rrlnr Jnagfra» Vollbringt jedw de- Herrliche aus Erde» Wenn sie der ird'schen Liebe widersteht. D zu bat^ aber die MaScotte wenig Lust: sie hat in dem l?r P pro ih'en Lionel gesunden. Wir denken un- diesen Gliick-engel als ein echte- rustikale- Mannweib von möglichst rohen Monieren, unbeleckt von der Euliur, und sowenig engelhaft wie möglich. Frl. Decroza bemüht: sich zwar, ihm rin möglichst degagirteS Wesen zu geben, aber ihre elegante Figur war ihr dabei im Wege, sie loiii-!: da- Plumpe nur andeuten und ersetzte e» mehr durch taS Eckig-; doch schallhast und schelmisch war sie wie immer, und ihre LiebcSduelte sang sie mit Herrn Pvlrier (Pippo) zusammen mit vieler Grazie. In die Naturlaute ihrer Puten legte sie so viel Sehusuchlsschmerz wie möglich, und der Baryten kc» Schafhirten verschmolz mit ihrem Sopran in einer oft anninlheuven Weise AlS F irst Lorenzo und al« Pächter Rocco entwickelten Herr Schmidt und Herr Guerchet ein drollige-Zu- sai'.iiiieiispicl; Madame Durocher al» Fiametta fand sich mit einer j»'endlichen Liebbaberinnenrolle, die gewiß nicht mehr ans ihrem Repertoire steht, und die sie nur auSnahm-weise übecuonun-n hat. ganz out ab. Frfltclini, von Herrn Amory init von Allüren der TenVre gesungen, die zu solchen Licb- habcrpartie» vcrurthcilt sind, zeigt keine geringe Eouraqe, wen» er dieser ebenso koketten wie herrschsücbtigen Prinzessin die Hand zum Ehebunde reicht. Die ganze Vorstellung hatte eine gewisse Verve; auch die Soldatenchvre de- letzten Acte». WaS da» Lieb vom Orang-Utang betrifft, so gehört da- nicht zu den besten Nummern der Operette. Es macht doch zu sehr den Eindruck eine- Gastenhauer«. Rudolf von Gottschall. * Leipzig, S. März. De, eingetrrtrnen Lande-trauer wegen wirb die für Sonntag, den ll. März, angesetzte MalinLe der Pianistin Elsa Menzel vertagt. Langer« Büste von Paul Hüttig. T« wanaorenw pro 'tempore keolmn«. Viru. L Wb. Ein Sohn de- hiesigen Oberlehrer» Herrn Vr. pbit. Hüttig (slüi.ern PauIinerS) stellte ans der letzten Abschtebskaeipr de» Uliiversttäitsäiigerverei»- «ine soeben l» Professor Hähnel'S Atelier von ihi» als Schüler de- große» Meister- nach dem Leben modcllirle Porlcailbllste he rmaar» Langer'- aus, die allgemeinen Beifall fand und deren Widmung dem jungen talentvollen Bildhauer zunächst einen strammen „Salamander" al« stürmiichen Dank und Huldigung eiutrug. Auch den Saal de» Hotel de Russie schmückte Mittwoch Abend diese Büste, ausgestellt, wie sie in einer Nische der Feiisteiivand war, und trug solchergestalt »ur Verherrlichung des Fcste» der alten Paulmer sinnig mit bei. Die Anwesenden konnten die Lebe-iSwahrheit de- Kunstwerks unmittelbar seststellen, da ja in alter Frische und Urgemüthsichkeit Prof. vr. Hermann Langer in Person zugegen war — eine doppelte Ueberrakchnng— und die sprechende Aehnlichkelt mit seinem io nps marmornen Doppelgänger selbst constatirea konnte. Herr Paul Hüttig war lrühcr ein Schüler de» kiesigen trefflichen Bildhauer» Werner Stein, dem unser Leipzig da» Grösst»Denkmal und eine Reihe köstlicher Portraiiüüsten und -Medaillon» zn danken hat. Im engeren Kreise beruicner F.ichgenossen wurde dem jungen Künstler, ob seiner glück lichen realistischen Auflassung, viel Anerkennung zu Theil, allerdings »ich! i» langalhmigen phraftnreichen Au-einaudelfttzungea, nicht im Wo.«schwill, der kein Ende und schließlich keine — Zuhörer findet. Ja, man stellte ihm sogar bereit» ehrenvolle und auch lobnende An träge, dahin lautend, sofort hier in der Vaterstadt zu bleiben, um i» ein v elbeschäsiigie» Atelier einzntreten. Leider sah sich der junge Akademiker nicht in. der Lage, dieser Berufung sogleich Folge zu leisten, da er in Dresden noch viel zu schassen, nameailich aber eine bereit- angesangene größere statuarische Komposition auSzusührrn hat. Paul Hütüg hat außer der größeren Büste Langer'» noch eine zweite kleinere fertig gestellt, die ebenfalls äußerst gelungen ist. iD Leipzig. 8 März. Der Gesangverein „tzossnuag" in Nei da h, der bereit» seil zwanzig Jahren die edle Sanae:ki>nst pflegt und iü.er eine ansehnliche Mitgliederzabl verfügt, ist bisher mit seinen Loiicerleii noch nicht vor die Kritik getreten, und wir freuen lino, g ücrir bei der» veranstalteten „Liederabend" im Saale der „Drei Lilien" seine Bekairnlschast gemacht zu haben. Die Mitglieder de- Verein« sind leine musikalisch vorgebildeten Sänger» sondern Gcwcrl'Ircibcnde, die dem Grundsätze getreu, daß Gesang da- Leben verjchö >t. ihre Mußestunden der Frau Musica widmen. Wenn man da» bclücknchligt, inusi man die Leistungen al» tüchtige anerkennen und auch da, wo da» Können noch zu wünschen übrig ließ, doch den guten W.ll-» loben. Da- Eoncert begann mit einem ganz neuen Liede von Dregen, „Der Frühling kommt", da- erst demnächst im Miisik >li-»handki erscheinen wird. Dann folgte da-keine-weg» leichte Kilo, lieb von Sieger! „O, sag' e» noch einmal", bei welchem auch das Barhioniolo recht verständig durchgeführt wurde, da» Abi'iche Eüoriied „Die Nacht", da» „Abendständchen" von Härtel und ..A-mlisen mir Flügel" von Mar von Weinzierl. Allen Liedern gab ter Lü igercyor ein: lebendige Schaiitrung, und abgesehen von eia pa ir mcht ganz reinen Intonationen, ging Alles glücklich von Siaiten. Namentlich die Durchsührnng de- Liede- von Weinzierl war «ine veil !i! che, und da' will um so mehr sagen, al» die Lomposiliou k n oe,» zu den leichien Ausgaben sür Männerchor gekürt. Jeden- sill' bewiesen die Boriräge, daß e» Herrn Robert Brobaut gc- li u en ist, seine Säng-r zu einem guten Ensemble heranzubildcn. '.l a de«« Gesängen ersceuie die Anwesinden auch der wohlgelungene E-. liii der Ti.iumerci aus den „Kmderscenen von Schumann", d r von ei .ni Sir ich-Qniiitett, bei dem auch Herr Brabant mit» wiikle. geboten wurde. * Gohlis, 8 März, kiest,rn hielt die Lehrer-Eonserea» sür > ahn- und Umgegend im hiesigen Schillerschlößtien unter ' , .i,.-r B che ligung ihre Winterauflührung ob. Da- Pro- ma uiii war ein überall» reichhaltige- und mannigfaltiges. Die K eile b,' 106. Negiment» eröffnet« die Reihe der Vorträge mit d a l o ch zu Gel ör gebrachien Marsch an» „Don Lä'ar" von Dell, ger, woraus zwei seiten» de» an» Mitgliedern der Eonferenz z»''M'nenge'etzien Lehrergesangverein» trefflich au-gesührte « iii /. „A.endlied" von Franke und „Ritter- Abschied" von K >l 1 iolgien. LS sei nur an den Resrain de- letzteren Liede- „F.i r' wohl, mein treue» Lieb" erinnert. Herr Schiebel trug t ians in unciirantii-werlhefter Weise eine Arie sür Klarinette an- „Bardicr von Sev,ll>" von Rossini vor. Mit drei Sologeiängen sür Sopran ze gte die Sängerin eine natürlich.einvsi»dung-wai ,ne Art de» Vvitia i», S ih ihe » de» Dane» und vortreffliche TextnuSipractie, und w :dee i-li-emi» solchen- Beifall üderschültet. daß Ke sich zu »lnrr Wieder- kolui g t,.' E. sioiim'ichen Liede» „verbotener Weg" veranlaß! sah. H rr Schwager cerlliiS e», mit dem lieblichen Tronipetensolo „Aus der v . i" vv» Lierig eine prächtige Wirkung au-zuüde». woraus Frau Schmidt die Anwesenden mit zwei allerliebsten Liedern, „Der tiei e W :cl" von Söderberg und „Siernblümchen blüht und Kuckuck schrei:" vo , k Schröder, erircnte »nd damit einen sehr sympatkischea Ei idiilck bewirkte. Ten Schluß de- musikflächen Theile» bildeten zwei Lieder sür Männeichor, womit der genannte Verein sich und ieinrm li'chtigen Dirigenten. Herrn Organist Schellenberg, be- sondere Ehre i»achie. ES sei nur an da« wundervoll gesungene ,.F a« ag lieb" von Franke mit dem Resrain ,.O, wie wunderschön ist die Faul ling-zeit k" erinnert. Der zweite Dheil wiiide durch ein Lus: picl „Ta» SomilagSräuschchen" an-gefüllt. N »« -. ». «t-. »e,a,ftavet» tz«r -e. mischte Gesangverein Art», hier ela« musikalische «beudnnterhaltuna, die ia jeder Beziehung al- wvhlgelunae» za bezelchaen »ar. Pie Solo- und Lhorgeläage waren sicher einfludirt «nv warde» schön zu Gehör gebracht. Soltftisch wirkten mit: Fränl. Lhekla Reichel» Fräal. Gretchea Hrrr-dvrf, Frünl. >»»a Schafte,, Fräal. Marte Hessel aad Her, Kraase. * Am L7. Febrvar ging im rhalla-k-eat», »» Nvflock vor ou-verkauitem Hause di« „Jaagfraa vom K»aig-se«". romantische Oper von Albert Lhierselder. ve. pdil.» köalg- sicher Musikdirektor ond Musiklehre, an der Universität Rostock, in Scene Zn der Ausführung hatten sich »ack den Mittheiluagr» de»„RosiockerAnzeigerl" alle mns,tätlichen Interessenten, sowie sämmt» siche Notodilitäien der Stadt im Dhalia - Theater rtngesanden aad iahe» der lange vorher anoekündigtea und mit großer Sorgfalt vor- bereitete» Aufführung mit allgemein ersichtlicher Spannung enigegea. Al- Herr Kapellmeister Schvlzwrida, zu dessen Venefiz die Oper ongelctzt war, am Dirigeut-npult erlchie», wurde derselbe mit Applau» und Tuich enivsoageii, woraus dann in schwungvollster Weite die die Houptmoiive der Oper bereit» andeatead« Ouvertüre zur Ausführung tum. Dieselbe verri-th ebenso durch ihre masikalnch werihvolle Fietur wie durch den künstlerffche» Schwang ihrer Lon- ceptioa de» feiaea, gedoi-t-nreichr» nab musikalisch ausgezeichnet duichgebildetea Komponisten, o!S den sich Herr vr. lhierselder schon bet Gelegenheit der Ausführung seiner Ouvertüre za „Almanfor" ia einem Loacerte de- konecriveretu» gezeigt hatte, and dieselbe batte noch dadurch an Interesse gewonnen, daß sie t» Folge de» Verluste- einer früheren Ouvertüre zu derselben Oper in kürzester Zeit zu Papier gebracht werden mußte, ein vorzüglicher Beweis für die Leichtigkeit und große compositorische Prnxis, mit der Her, Vr. Tbierielder die Früchte seines Geiste» zn »eittaea versteht. Die Mußt der„Jnngsraa vom KSnigSsee" crlchelnt an, den verschiedenste» Gebieten menschlichen Emvsinv'ns höchst ausdruck-voll »ad erreicht diese allen Situiiionen stet- angemessene Wirkang mit de» riasachstea Mitteln ; dieselbe sacht in pemüthvokler Weise ihre Hanpt- ausgobc !n d-r Ecreichung innig empsuadeaer, klanglicher Schönheit. So zeugen die in der Oper enthaltenen Arien. Lieder und Lhorsätzr von einem au-gevräqte» Sinn sür musikalischen Wohllaut and könae»' daher ihre ergreisende Wirkung aus den Höcer wohl kaum verfehlen. Im eiasachen » oappolla-Satz, Im romaatilche» und heitere» Liede, wie in orchestater loamileeei erweist sich Albert Thterseldrr's musikalische» Können gleich leistung-sähia und sowohl für die «in- sache Weise Lortzing schen Stiles, sür die süße Lantileve der Mendels- lohii'ich.n Schule, als auch sür die strenge contropuactisch« Bcr- nunslsarbeit der Meister Vach'schen Z'it nad für die figureareiche Loniposition-weise der ttniieoische» Operacomponiste» findet rr tu gleich künstlerisch feiner Weise den reckten Ausdruck. So koaate denn auch dem Beiste-Pradne. eines so vielseitig darchqebildetea Talente« der erwartete Ersolg nicht aosbleibe». Die Aufnahme der Oper von Seilen de» lehr distinguirteu Publicum« war eine geradezu glänzende; der Komponist wurde bereits nach ver laus de- ersten Acte- durch den allgemeinen Bestall ans die Scene gerusea und mußte auch im weitere» verlaufe des Abends noch mehrere Male erscheinen; derselbe worb« auch ans den Eoulifsea heraus durch Lorbrrrlpeudea geehrt. Der Erfolg dieser Premiere der „Iuagsrau vom KönigSsee" war ein so vollstäudiarr, wie ihn so mancher große Komponist, den erst die Nackwelt so einsichtsvoll war al- classisch anzuerkenuen, verarbltch herbeigeseha» haben mag, und derselbe wird dem musikalischen Publicum Rostock» »och für längere Zeit hlnaas in frischester Erinnerung bleiben. Für die große Sorgfalt, mit der olle Au-sührenden an der Linstudiruag und AuS- arbeilnng ihrer Partien gearbeitet hatten und dieselben dementsprechend zur Geltung brachten, wirb Herr vr. lhierselder den untengenanntea Damen und Herren ebenso dankbar sein, wie Herrn Eapellmeister Schulzwrida für die gewissenhafte Vorbereitung und vor Allem Herrn Direktor Ielltnek für die vorzügliche Insceniruag der Oper. In liebenswürdigster Weise hatte auch der hiesig« akademisch- Ge- sangverein die vorkommcnden Chöre der Gnomen nad Laudleute durch seine Mitwirkung verstärkt. Die Oper war, wie schon er wähnt, in allen Partien gut besetzt, und zwar war die Vertheilnug der Rollen, wie folgt: „Verthold, ein Jäger" — Herr Küch, „Linda, seine Geliebte" — Frl. Liadh. „Toni, Seanhtrtr"— Herr Goavent, „Annerl, seine Frau" — Frl. Saburow, „Eremit", — Herr Leha- korff. „Hirtenknabe" — Frl. Paehsig, „Hilda, die Jnngfra» vom KSnigrsee" — Frl. Toltz, „Dwinda, die Walserfrau" — Frl. Sa burow. (Bckanntltch stndirte vr. Lhierselder ia Leipzig, promo- virte daselbst mit einer vortrefflichen lateinisch geschriebenen mustk- bistorisckcn Dissertation, nachdem er seine Studien unier Hanptmann, E. F. Richter und Oscar Paul absolvirt hatte.) * Notlzra. Da- fünfzigsährlge Jubiläum bis Herrn Hofrath vr. Gille in Jena als Dieectioasmitglied der Akademischen Kon« certe daselbst ist nach dem „Musikalischen Wochenblatt" am 87. Fe bruar in solenner Weise gefeiert worden ond hat dem verdienten Jubilar von allen Seilen die herzlichsten Beweise von Liebe and Verehrung gebracht. — B. Polliai hat vom König von Dänemark da» Ritterkreuz dc» Daaebrog - Ordens erhalten. — Die Musiker de- Eiseubaha-Regimeat-, welche bisher aar den preußischen Kompagnien angehöetea, sind theilweise auch de« sächsischen und würtiembergischeu Kompagnien zugetheilt worden. ES ist dies der erste Fall in der Geschichte der preußischen Armee, daß preußische Unierthanen, welche ia Preußen selbst ihrer Dienstpflicht genügen, die Cocarde eines anderen beul scheu Staate» anzulcgeu haben. — In Berlin hat sich ein „Deutsches Damenquartett" gebildet, da- au» den Damen Thomas, Elsa und Emma Menzel und Marie Spieß besteht und unter Leitung des Herrn Siegfried Och» aus- schließlich ernste und gediegene Gesang-quartetle ftudir» hat. Das jnnge Quartett hat schon wiederholt Ausflüge ia andere Städte unternommen und mit seinen Leistungen großcn Erfolg gehabt. — Herr Rothmüdl ist aus weitere zwei Jahre al- Hosopernsänqer der B rliuer künigl Op r vom Kaiser bestätigt worden, nachdem zw sch n der Intendanz und dem Künstler die Honorardifferenz gceinigi worden war. — Eine italienisch.- Mandolin-Birtuosen-Familie, Namen« Necca, bestehend au- einer Mutter uud deren drei Töchtern, bereist zur Zeit Süddeuischland. Kürzlich concerlirte da» Quartett in Nürnberg, wo die e genart,ge. melancholische Musik allgemeinen Beiiall sand. Das Zusaminenspiel de- Quartette- wird als muster- giltia geschildert. — Adelina Patti hat ibre Abschied-Vorstellung im künigl. Theater ia Madrid gegeben. Die Einnahme betrug KO 000 Frc». Bor ihrer Abreise wurde sie von der Königin-Reqentin im Palasle empiangea. — Frl. Lina Ramann in Nürnberg veranstaltete kürzlich in ihrem wohlrenommirten Institut einen inter- essaniea Musitadend. Derselbe brachte einen historischen Walzer- Evkiu». Mil dem bekannten Wiener Walzer „Li Du lieber Augustin" beginnend und mit dem I. Mephisto-Wilzer von Fr. Li-zt Ichtnßend. bot der ElfliuS einen musikgeschichtlichen lleber- blick über die Entwickelung de» im Salon wie im Ballsaale gern gehörten charakteristischsten Vertreter de« Dreiviertel-Takte». — In Frankfurt bat Ponchi.-lsi'- „Jocoada" sehr gefallen. Frau üchröder-Hansstängl. Frau Luger und Herr Heine hatten die Hauptrollen inne.— Klara Schum an» ist nach mehrjähriger Abwesenheit in London eingelroffen, um ta mehreren Loncerle» miizuioirken. Am Montag spielte sie io St. James Hall. Die gre se Künstlerin wurde von dem zahlreichen Publicum stürmisch bc- grüßt und nach ihren Vorträgen — sie spielte anier Anderem eine Beelboveu'sche Sonaie — durch enthusiast,scheu Beifall au-gezeichnet. — E» dürste nicht allgemein bekannt sein, da- Sir Morell Mackenzie «ine intime B-rbindung mit der englischen Vühneawelt hat. Der Bühnenkünstler H. H. Morell. der zur Zeit eine Nolle ia dem Siück „Kaiti" bat. das IM Londoner Strand-Theater ansgesührt wird, ist der „Frfl. Ztg." zufotge ein Sohn de- berühmten Arzte«. — Der Wiener Tonkünstlervereia bat die An-Ichreibong von zwei Preisen zu lö und 20 Dncaten sür gemischte » aappolla-Lhöre beschloss-,,. Die Zuerkcnniing der Preise soll in derselben Weise wie im Vorjahre durch Abstimmung der ordentlichen Mitglieder ertoigen. — In der Wiener Hosoper wird gegenwärtig ein neues Ballet: „l.s nifl ü'amour" l-.Da- Liebc-nest") vorbereitet, welches noch vor den Ferien zur Anflührnng kommen soll. Der erste Act diese- mimiich phantastischen Tanzpoems ist dem bekannte» Ballet Man- zolti'S: „l-'ämoi-s" emnoinmea. während zu den übrigen Bildern Roia'S Ballet „Kleopoira" benutzt wird. — Zu Preisrichtern bei dem niiiiitalitchen Preisausschreiben der Stadt Part sind gewählt Saint-Saö-i-, Masse,>et, Gniraud, Chakrier, Dubais. Godard, Din'ü und Reger; beigeordnet sind: kesar Frauck, La- nioureux und DelibeS. Entscheid»«^« des Reichsgerichts. (Nachdruck verboten.) * Leipzig, 8. März. (Der Kamps am «in Fidel» commiß) En, interessanter Recki-streit, bet dem es sick nm einen Werth von Missionen bandelt, kam heule vor dem lV. Tivil- senat dc- R, ich-gerickt- unter Vorsid de- Neicksgericht-präsit-entcn Wirkliche» Gebe m n Naih vr. Simtoa. Excrllenz, zur Be. Hand, lung. wenn auch noch nickt zur Entscheidung. E» bandelt sich kabet um die Frag-, wer berechtigt ist, dir Erbschaft des Fibeicomniisie-, le» Besitzt!,»!»» La,flau in Schlesien, onzntreten, noä-de-n der In haber desselben, Friedrich Gras Burghauß, im Ia!»e 18-^k k uLrrlv» gesiorbra war. Der Oheim de« Letz.eren. Wilhelm Gras Burg- haut, hatt« t« Jahr« 180- Saasa» al» Majorat »kt Primo genitur, erblich i» der Liaealsarcessto» »ach der Erstgeburt, für de» Maune-ftamm gestiftet. Im Falle de« völlige» Er- löschen« de« Mannesftamme« sollte noch dieser Stistuugsurknnde der nächste mänatiche «envaudte von der weiblichen Seit« zur Rachsubge tu das Fideicommiß drrusru sei». Da Gros Wilhelm B. kinderlos starb, ging da« Fideicommiß aus den schon erwähnte, Neffen Friedrich v. B. über. Nachdem dieser 1829 Laasan als Familieaeigenthnm durch rtue» Fawtitenbeschluß erklärt hatte, errichtete er I82S uad 1830 ans Laasan et» «ues Fideicommiß. ia da« dir männlichen Glieder seiner wribltche» Verwandte» nach der Nähe des Grades zu ihm. dem Stifter, zur Nachsolge brruien sei, sollten, vei gleicher Gr-de-nähe sollte der mit den meisten männltchea Sprossen gesegnete verwandte den Vorzug haben. Die neue Gtiflaagsurknade von 1829 schreibt vor. d->ß der Nachsolgrr io einem sörmlichcu Testament er- nannt werden muß. In dem sö-msichen Testament ab-r, welches der Gras Friedrich Bnrghauß 1879 errichtete, verzichtete er auf das Er- nennung-recht aad bestimmte, daß Derjenige Nachfolger werden solle, der nach den allgemeine» Laude-gesetzen und nach den Bestimmungen der alten Ltistoagsurkuade vo» 1804. die noch thrilweile in Kraft geblieben war, hierzu berufen sei. Al» aan Grat Friedrich Burg- bauß I88K gestorbe» war, mackten sick in der Hauptsache drei Noch- komme» seiner Taut», der Gräfin Ulrike Reicheabach, Schwester des erste» Stifters, dt« Nachsolge streitig. Dies sind Grat Friedrich Ludwig Pfeil in tzirschbera, Enkel der Gräfin Ulrike (seine Mutter war das älteste Kind der Gräfin Ulrike), ferner Gros Eduard Neichea- boch, beste» Großvater das zweite Kind der Gräfio Ulrike war, aad endlich Gras Osrar Neichenvach in London, welcher der zweite Sohn de« oben erwähnten Großvater« drs zweiten Prätendenten ist. Graf Friedrich Ludwig Pseil Nagte an» gegen die beiden Mitbewerber (ela dritter kommt jetzt nicht mehr ia Betracht) aas Anerkennung seines Nochsolgerechts. Da« LandgrrichtSchweidnitz erkannte dem An- »rage gemäß, aber dieckeide» Mitbew-rber legten Berusaageia, und das Oberlaadesgericht vreslon erklärte dann den Grasen Eduard Neichenbach für erbberechtigt. — Hiergegen hatte nun wieder Graf Friedrich Ludwtz Pfeil Revlsto» eingelegt, welche heute zur Ler- Handlung kam Das Material, welche« ia derselben vorgebracht wurde, ist eia z» amsoagretches. als daß wir e- auch nur im Aus- -vge wtedergeben kSnnteul; wir beschränke» ans daher darauf, die wesentlichsten Punkte nazusührea. Für den Grafe» Pseil trat Rechts anwalt Schatze »ns. Derselbe rügte, daß da« Oberlaadesgericht die gesetzlichen J iterpretattoaSregela, welch« als Rechtsnormen an- znsehea seien, bei der Prüfung des Testaments von 1879 außer Acht gelassen habe. Der Erblasser habe allerdings ans die Nenuu-g «ine- Nacksolger» verzichtet, ober iudirect habe er doch, indem er aus die Landesgesetze und den Familieubeschluß hinwies, den Nachfolger keuatlich gemacht. Dies genügt, d-an -- gehöre zum Ernennen nicht die Nennung de- Namens. Ban zwei möglich-» Aus- Irgungsarteo habe das vernfnugsgcricht gerade diejenige gewählt, welche eine» widersprach de» Testaments ergebe, während die andere, keiner Ansicht noch näher liegende, keine» Widerspruch ergebe. Hier mit set ober die Bestimmung de« Allgemeinen Landrechis über die Auslegung von Willcnsäiißerungkn verletzt. Wenn man nun an- uehme, daß der Eiblaffer aas die Ernennung verachtet habe, so sei unbedenklich die oeuere EtiftungSurkuud« maßgebend und Gras Friedrich Ludwig Pfeil der Erbberechtigte. Sehe man ater davon ans, daß tndtrect das Ernennungsrecht ousgeübt sei, so kämen »eben der alte» Stiftung'urkunde haoptsächiich die all gemeinen Landesgesetze t. Bewacht. Das Berusungsgerick» habe aber entgegen der N-r oasgesprocheae» Absicht de« Grasen Friedrich Bnrghauß. daß auch die allgemeinen Landesgesetze An- Wendung finden sollten, nicht ausgesprochen, ob diese Ihatsächliche Angabe für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei, und damiiktz. 2K9 L.-Pr.-O. verletzt. Ferner habe das vernfuagsgerickt Ken Begriff verwandter unrichtig oufgefoß». Es habe ohne Rücksicht auf da» allgemeine Landrecht, das doch nicht bestimmend sein solle, diesen Begriff lediglich nach einem Thetle der alten Nachtolge-Ordnung conftrairt, dir ihrem Wortlaute nach »ur sür die Nachsolge der Agnaten gegeben set, während es sich hier lediglich um die Nach- solge von Kognaten handle. Da- Oberlandesgericht habe de» Weiterea außer Acht gelassen, daß Gros Friedrich Bueghauß sich selbst darüber au-gespcocheu habe, wen er unter nächsten Verwandten verstehe, indem rr sagte, daß die männlichen Mitglieder seiner weib- lichen Verwandten »ach ter Näh« des Grade- zu ihm zur Nachfolge berase» sein sollten. Deuilicher habe sich Gras B. nicht ansiprechen känaea, denn er habe offenbar die dem Grade nach nächsten verwandten gemeint. Nachdem der Redner noch einige andere Punkte aagesührt hatte, kam er zu der Folgerung, daß Gras Friedrich Ludwig Pseil der allein berechtigte Nachfolger sei, und beantragte die Aafhebnag des Boreekenatniffes unter Erkennung gemäß dem Klageantrag. — Die Vertreter der Grafen Oskar und Eduard Retchenbach, Iustizräthe Jenner und Patzkt, bekämpften zum Theil die Ausführungen des klägerischen Anwalt» und bean tragten die Verwerfung der Revision. Außerdem beantragte Justiz, rath Feaner der Widerklage seines Mandanten staitzugeben. — Nach eiaer Erwiderung des Rechtsanwalt« Scknlze und de« Jnstiz- rath Feaner. ergriff noch Gras Friedrich Ludwig Pseil das Wort, um seine Ansicht dahin auszusprechen, daß auch nach der alten Slistung-urkunde da- Allgemeine Landrecht maßgebend sein sollte. — Nach einer kurzen Berathung theilte der Präsident vr. Simson mit, daß da» Urthril am 26. März verkündet werden würde. »a, beschikdwt, eknes «ßentz« t» d« zweien Hälft, Januar d« I». ans einer verschloffene» Krllerobtbeilaag einer Grandstucks der Liern- wartenstraß« eine Parti, Briqueties eittweadet «ad den Diebsiohl »ater erschwer«»«» Umständen ausgefüdrt zu haben. Der >». geklagte ward« »ater Anaahmr mildernder Umstände and ouler Etarechnuug der noch uaverbüßkea Strafe zn einer Gesamtftrase von 3 Monaten 8 Woche» Grsängatß verurlhetlt. Ler Gerichtshof bestand aus den Herren Landgerichts-Direktor Bartsch (Präsid.), Landgerichts-Rithea Bielitz, Siegel, vr. Kranz, and Woljrom; die Anklage führte Herr Staatsauwaltlchasts-Asstssoi vr. Dürbig. Königliches Landgericht. IV. Ltraska«»er. ! Der Handarbelter Hermann Schumann an» Willschütz war am 1. Februar ds. Is. ia Neusellerhause» beim Betteln ^betroffen und deshalb sctoe Verhaftung beschlossen worden. Schumann hotte sich zwar der Festnahme durch die Flucht entziehen wollen, war aber ia der Garienstroße eingedolt und ihm vom Gemeindeältefteu 2. die Arcetvr augelündigt, sowie darnach seine Fortschaffung durch den hinzugekommenea Polizeicorvoral W. augeorduet worden. Schumann war jedoch nicht von der Stelle zn bringen, sondern hatte ausdrück lich verlangt, gefahren zu werden und um sich herumgeschlagen, ge- stoßen nad gebiffen, b>» es schließlich den vereinten Kräften gelungen war, den wüihendea Mirischen zn fesseln und leinen Widerstand zu brechen; allerding« ging sein Wunsch, gefahren zu werden, nunmehr in Erfüllung, da man den Lrrestatea ander« nicht sortzubringea vermochte. WaS nun das renitent« verholten de» Angeklagten gegenüber dem Gcmetadeällestea S. anlangi, so ha» das Gericht noch den Bestimmungen der Landgemeinde, ordnung nicht Widerstand im Sinne von g-103 des R.-Str.-G -B„ wohl aber Beleidigung anuehmea müsse», dagegen ia dem Verhalten Schumann'« gegenüber dem Polizeibcamtea Widerstand gegen die Staatsgewalt als erwiese» erachtet und bei der Steasadmessung daraus Gewicht gelegt, daß der Angeklagt« sich gegen die Beamten in sehr grober Weise vergangen ond daß ete Ueberwindung seine» WiderstaudS sehr erheblicke Kräfte erfordert habe. Da« Urtheil lautete demgemäß ans S Monate Gesängniß- uud 4 Wochen Haststrafe. H. Es ist au» der t» der letzten Schwurgerichtsperiode mit zur verhandtung gelangten Uatersuckung-sacke gegen die FleischerSsrau Lorenz au» Bucha wegen versuchter Brandstistiing noch bekannt, daß am Abende des lk. Decemder v. I. zwischen den Lorenz'schen Eheleuten eia heftiger Streit entbrannt war and daß der Ehemann, der Fteischrr Ernst Wilhelm Lorenz au« Bucha, nachdem aus ver- anlaffung der verehcl. Lorenz der Gemeindevorstand herbeigedvlt worden war, Letzterem gegenüber Lorenz seine Ehefrau der Vor bereitungen zur Brandlegung beschuldigt and dem Gemeinde- Vorstand hierbei das ans dem Bodenraum aufgeipeicherte Brenn material »e. gezeigt halte. Bei der fraglichen Gelegenheit hatte nun aber Lorenz, als er in erregtem Zustande im Hose herumgelobt and der Nachtwächter zur Rahestiftnng tm Gehöfte erschienen war, eine Thüre ausgehoben uad solche zunächst gegen seinen ebenfalls >m Gehöfte anwesenden Bruder aeschleudert. dieser aber das Wurfgeschoß mit dem Stock parirt, Ia daß die Thüre ich leßlrch den Nachtwächter getroffen und demselben «ine nicht unerhebliche Kopfverletzung dei- g'beacht harte. In der über diesen Borsall erstatteten Anzeige an das Gericht und auch bei den Vernehmungen des Nachtwächter« re. war drr Vorfall so geschildert worden, daß Lorenz om fraglichen Abend im Hosronme laut und anhaltend geschrieen Hab« »c., so daß bi» Anllage außer wegen Körperverletzung auch aus Grund von 8 360.11 drs R-Str.-G.-V. — Verübung ruhestücendea Lärmes — erhoben worden war. Die Haupiverhaatlnng liefert- jedoch in Bezug auf da« letzterwähnt« Delikt keine» genügenden Anhalt zur ver- uriheilnng de« Angeklagten, da der Hanptzruge uud verletzte, der Nachtwächter, seine srührrrn belastenden Anssagrn in bedenk licher Wett» ablLwächte; dahingegen wurde der Angeklagte wegen -esährlichei Körperverletzung zu S Monaten Gefünqniß» straf» »rruriheilt und bei der Ärasabmeffang darauf Rücksicht aciomnien, daß der Angeklagte bei der Gefährlichkeit des G genstandes. dessen er sich zum Werft» drdientr. der Trag weite seiner Handlungsweise habe bewußt sein müssen; aaderrrieii« wurde der erregt» Zustand, tu welchen rr tnsolge des voraus- aegangenen Streites mit feiner Ehefrau geratbra, zn Gunsten des Angetlogtea »ich« unberücksichttg» -«taffe». Hk. Der 18 Jakre alte Arteitsdarsche Lngust Karl PLIlipp Emil Etötzer au- kriurt. w-lchcr zur Zeit riar Gefängnißstrase vrrbüßt. Vermischte«. — Berlin» 8. März. Die Familie des Reichskanzler- Fürsten Bi-marck ist am gestrigen Tage um eia Enkel, kind bereichert worden; die Frau Gräfin von Bismarck- SchSnhausen wurde in Hana« von einer Tochter glücklich entbunden. k. Halle a/S., März. Da- war gestern ein Irecht aufregender Nachmittag und Abend für die Einwohnerschaft unserer Stadt. Zwei hiesige Zeitungen gaben gegen Abend Extrablätter au- mit der Anzeige, daß Se. Majestät der Kaiser nach < Uhr eutschlafen sei. ÄlSbalv sammelten sich vor den Zeitung-localrn, auf dem Marktplatz«, in den Straßen un geheuere Menschenmengen an. die den Fall lebhaft bisculirten, man bemerkte nicht selten Männer und Frauen, die weinten. Um 8 Uhr Abend- begann man mit den Kirchglockcn zu läuten, wodurch die Menge in dem Glauben bestärkt wurde, daß Se. Majestät der Kaiser wirklich todt sei. Die Festlichkeiten wurden, soweit die- möglich war, abbestellt oder eingestellt, nur daS Stadtthrater ließ spielen. Da kommt um g Uhr ein neue- Extrablatt berauS, welche- meldet, daß Se. Majestät der Kaiser lebt. Die Erbitterung im Volke über die falschen Nachrichten war groß, sie machte sich in Worten Lust, di« sür den Verbreiter der Sensationsnachricht in Berlin nicht schmeichelhaft waren. Der Schaden, welcher den Besitzern von Locatrn, in drnen gestern Abend Festlichkeiten abgehalten werden sollten und die in Folge der Todesnachricht eingestellt wurden, erwachsen ist. dürste kein geringer sein; auch da« Bictoriatheatrr hatte die Vorstellung noch in letzter Stunde absageu lassen. -r- Altendurg, 9. März. Die Botschaft von dem Hin- scheidcu unsere- verehrten HeldcnkaiserS hat die gesammte Bevölkerung in gioßc Trauer versetzt. Se. Hoh-it der regierend« Herzog von Sachsen-Allciiburg ward- bereit- früh 9 Uhr vo» dem Tode de- Kaiser- telegraphisch in Keonln-.ß gefttzt. Traue« flaggen wehen scheu von etlichen Häusern. Kaufläden sind in Trauersarbcn drapirl. Alle Festlichkeiten abgesagt. Am Herzog!. Hofe soll die N ckricht eingegangen sein. Laß Kaiser Friedrich HI. bereits in Wiesbaden angekommea sei, aber die Weiterreise nicht sortsetzcn dürfe. — Tübingen. S. März. H-rr Professor d Lieber meister, der, wie bekannt, einen Nus »ach Leipzig erhalten, hatte sich, wie da- „Stuitgarler Neue Tageblatt" berichtet, gestern Abend fest entschlossen, hier zu bleiben. Er wollt« dic- heute um 8 Uhr seine:» Sohne mittheilen, der gestern eine Ausfahrt mit seinrn Freunden aus den Zollern gemacht hatte und wohl und munter zu Belt gegangen war. wie eia ihn begleitender Freund bestätigte. Pros, v Llebermeister fand den Sohn rubig, aber tott im Belte, ein Herzschlag ist wahr scheinlich die Ursache. Die ganze Stadt nimmt den innigsten Anlheil an dem Unglück; cS war eia trefstlcher, braver, be gabter und allgemein beliebter junger Mann. (L. Z.) — Urbrr drn Sarkophag Alexander'-de» Großen wird ter „Politischen Correspondcnz" de- Näheren an» Konstantinopel, 3. März, geschrieben: Bor Kurzem ist hier eine archäologische Entdeckung gemacht worden, welche da« lebhafteste Interesse oller wissenschaftlichen Kreise in Europa aus sich ziehen dürste. Der kaiserliche Archäolog Ham di Bey stieß anläßlich der Ausgrabungen, die er in Saida, in Speien, vernahm, im vorigen Jahre aus einen Keller, in dem er nach sorg fältiger Untersuchung ein Grob fand, da» mehrere wunderbar er haltene Sa rkopha ge eiitkielt. Dieselben waren mit der größten Vollendung oiiSgemeißelt und außerdem bemalt. Gleichzeitig ent deckte Hanidi Bey einen anderen Sarkophag mit Basreliefs, die au Feinheit dcr Arbeit Alle-, WaS bisher in diesem Genre bekannt ist, übectrefsen. Tic Sarkophage wurden mittelst eine- eigenen Schiffe- hierher befördert und eingehendst von dem deutschen Botschafter, Herrn von Radowitz, dem al» gelehrten Archäologen bekannten wecl. vr. Moidtmann und einen, anderen Fachmaune Herrn Carabclla untersucht. Anfänglich neigten die zwei erst- genannten Persönlichkeiten und Hanidi Bey der Annahme zu, daß der letzierwähnte Sarkophag derjenige eine» der Feldherren Alexander'S des Großen sei, später aber schloffen sich die Herren v. Radowitz, vr. Morttmana und Hamdt Betz der Ansicht Carabella'S an, daß der Sarkophag kein anderer al- der Alexander'« drs Großen selbst sei. Herr karabella bat über diese Frage einen Bericht ver saßt, dessen wesentliche Ausführungen solgenderuiaßea lauten: Aus den ersten Blick spreche sür die Annahme» daß der die Siege Alexander'» de- Großen gegen die Perser darstellende Sarkophag derzenige eine» Feldberrn de- macedonischeu Herrscher» sei» der Glaube, daß Alexander der Große ia Alexandrien beerdigt wurde. Dieser Einwand müsse jedoch sollen, nachdem bekanntermaßen zahlreiche Geschichtssorschcr die Richtigkeit dieser Thatsache bezweiftla. Alstrahirt man aber von dieser Borau-Ietzung. so könne in Erwägung de- Umstande-, daß der Sarkophag die Siege Alexander'« des Gießen, dir Niemand die Kühnheit gehabt bätte, sich auzu- eignen, darslellt. ferner mit Rücksicht ans den Charakter uud die Feinheit der Arbeit, sowie de- UnistaadeS, daß der Sarkophag neben demjenigen eine» befreundeten phönizischen Königs sich befand, drr Sarkophag kein anderer als drr Alexander'« drs Großen sein. Uebrrdie- sei es nicht plausibel, daß Alexander aus den Sarg eine- seiner Feldberrn sein eigene» Wappen angebracht und erlaub« hätte, daß aus demselben die von ihm selbst rrsoch- t-aen beispiellosen Siege „ihm allein" zugrschrtebea worden wären. Die Worte: „ihm allein", die an einer Stelle angebracht sind, wo man gewöhnlich nur die hervorragendste» Thatra an» dem Leben eine» Meiischen erwähnte, in dcsten Sarkophag man die demselben tbcurrstea Gegenstände legte, würden solgerichiig beweisen, daß der Sarkophag derjenige Alexander'« des Großen sei. In einem »wette» Berichte sührt Herr karabella als weitere Beweisgründe für sein« Behauptung an. daß die Eculpturea die zwei wichtigste» Begeben heiten au« dem Leben Alexander'« de« Greben behandeln, nämlich dt« Schlacht gegen dir Perser al» Symbol der Eroberung Kleiaafiens und die Jagd Alexander'« bei Susa, wobei Perser »ad Grieche, Dienste leisten» wovnrch der Fried« uad die Alsimllirung der eroberten Länder versinnbildlicht werden solle». Außerdem erscheint der Kadaver in Bänder eingerollt, was bei de» dicht daneben ge- sundeaeo Sarkovhagen von Feldherren »icht der Fall ist. Herr karabella schließt seine Ausiührunge» mit eiaer eiagehradea Er- kiärnng, aus welche Weise PtoieaiäuS getäuscht w«rd« u»d »1« so Ler Sarkophag i» Phömzie» sich befand. — Ans Antrag Hamdi veh'-. welcher Direktor drs archäologisch«» MuieumS ist, hat der Sultan brhns» Ausstellung des Sarkophags den Bau eines >a»ex«< zu drm Museum-gebäude augeorduet. — Die Sünbsluth und Bürgermeister Tendorf. Der Februar des Jahres 1524 brachte sür Tausende und aber Tausend« bange Sorgen und Tode-furcht. Der vielgerühmt« Astrolcg Magister Släfler hatte auf diesen Tag eine allgemein« Sündfluth angekündigt und diese schreckliche Nachricht ver breitete sich von Deutschland au« über alle Länder Europas, viele, die au großen Flüssen Güter besaßen, verkauften ihr« Ländereien und begaben sich aus hohe Berge, und Andere taulen Schisse uad versorgten sie mit Proviant. Kaltblütig faßte der Bürgermeister Gendors in Wittenberg die Sache aus. Er ließ aus den Bode« seines Hauses mehrere Tonnen Bier hinausschaffen, um bei de» Uebrrflich de« Masters wenigsten« emen gute» Trunk za haben, «udiich brach der gefürchtete 2s. Februar au. ri« schöner, sonniger Tag. Furcht uad Zagen der Menschheit verwandelte sich ia Gelächter. Spott und Aergerlichkeit, uad vergnügt ließ Bürger meister Genbors die Bierfässer dom vodeu wieder in den Keller schaffen. '
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