Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-15
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-15
- Monat1888-07
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1888
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i Erscheint täglich» früh 6'/, Uhr. Nkdarlion und Lrprditiou Jvhanucsgaffe 8. Aprrchllundril der Urdaction: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags ü—6 Uhr. Für tie «lalgadk emgktantlkr Mavulcr,»«» macht sich tl« viktacliou »ich! vndlntUch. Annahme »er fnr »ie nächstsal,e«»« Nnmmer bestimmte» Inserate an Wochentagen bis L Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen früh bis'/,S Uhr. 3ll de» Filialen siir 3ns.-^unastme: Ltt« Kiemm, Universitätsstraße 1. i'oniS Lösche, Katharineustr. 23 pari. u. Königsplatz 7, nnr bis '/,S Uhr. ni>)igcr.Tagcl>lait Anzeiger. Organ für Politik, Localgefchichtr, Handels- and Geschäftsverkehr. Abonnement-vrets vierteljährlich 4'/, Mk. tucl. Bringerlohu 5 Mk., durch di« Post izvgeu 6 Ntk. Jede einzelne Nuinmc» 4) Pj Belegcremplar 10 Ps. Gebühre« für Ektrabrilaae» (iu Tageblatt-Format gesalzt) ,t„, Postdeiörderung 60 Mk. «>» Poftbejürderung 70 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 80 Ps. Größere Schriften laut unl. Preisverzeuhms,. Tabellarisch» «. Zifferujatz nach höher« Takts Leelamen »nt» dem Redactionsstrich die Sgespalt Zeile bOPs.,vor deuFa Milieu Nachrichten die Lgespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die ttztzpeditiau ze senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pravanmvrancka oder durch P»st- Nachnahme. 1S7. Sonntag dm 15. Juli 1888. 82. Jahrgang Amtlicher Theil. Vekanntmachnng, die katholische Kirchenaulage betreffend. Zur Deckung des Bedarfs für die römisch-katholischen Kirchen der Erblande ist snr daS lausende Jahr nach Maß gabe der vom Königlichen Ministerium des CultuS und öffent lichen Unterrichts erlassenen Bekanntmachung vom 2. vorigen Monats eine Parochialanlage in Höhe von 1U Pfeaniaen von jeder Mark deS normal« mäßigen Staats-EinkommensteuerfatzeS an» 1L Juli dieses Jahres zu erheben. Die hierzu beitragspflichtigen katholischen Glaubensgenossen werden hierdurch ausgesvrdert, ihre dicssallsige Zahlungspflicht binnen drei Wochen, vom 15. dieses Monats ab ge rechnet, bei unserer Stadt-Steuereinnahme, Obstmarkt Nr. 3, Erdgeschoß, zu erfüllen, widrigenfalls nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen das vvrgeschriebcne Beitreibungsversahrcn eingeleitet werden wird. Leipzig, am 12. Juli 1888. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Mtnmtmchiiiig. Die Regulirung deS recblseitigcn Hochfluthdamme« längs ^ deS PleißenfluthbctteS zwischen dem Keltensteg und der Bis marckstraße soll an einen Unternehmer in Äccord verdungen > werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeit liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Ralhbaus, 2. Obergeschoß, ^ Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingeschen, resp. gegen Entrichtung der Gebühre» entnommen werden Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift! „Regulirung des rechtseitigen Hochfiuthdamures zwischen de»n Kettensteg «nv der Biömarckstraffe" ^ versehen ebendaselbst und zwar biS zum 21. Juli b. I. "Nachmittags 5 Ubr cinzureichen. Der Rath behält sich VaS Recht vor, sämmtliche An gebote abzulehnen. Leipzig, den 10. Juli 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. I d. 2910. Vr. Georgi. vr. Krippcndorff. ^ Giltsverkauf. Bon dem Unterzeichneten Amtsgerichte sollen Freitag, den SO. Juki v. 2-, Vormittags 11 Nhr, die zu dem Nachlasse des Gutsbesitzers und Gemeindevorsiandes Gustav Hermann Schade in Trutze» gehörigen Grundstücke a. das Anspannergut Fol. ö des Grundbuchs skr Deutzen, vor mals GroßhermSdorser Gerichtsantheils, Nr, 49 des Brand katasters sür Deutzen, jedoch ausschließlich der Parcelle Nr, 542 des Flurbuchs sür diesen Ort, b. das Feld-, Wiesen- und Teichgrundstuck Fol. 61 des Grund buchs sür Deutzen, vormals dasigcn Gerichtsantheils, am nachzuweisen und des Weil, reu gewärtig zu sein. Wegen der Bersteigernngsbedingungen. sowie der Größe und! Belastung der Grundstücke wird aus den Aushang im Gasthose zu ^ Deutzen verwiesen. Borna, den 4. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. vr. No big. Werner. Trriwillige Versteigerung. Das zum Nachlasse des Schankivirths Dlieaüor silustnr Ilornnxel in Grasdors bei Taucha gebörige Gasthossgrundstück >»>t Restanrations- gärteu und den sonst dazu gehörige» Feld- und Wtescngcundftücken, Folium 5 des Grundbuchs. Nr. 6 des Biaudcatasters und Nr. 19, 20, 28, 45, 62. 78 deS Flurbuchs sür Grasdors, soll der Erbtheilung halber verkauft werden. Das ganze Bcsitzthum enthält nach dem Flurbuche 6 Hektar, 4 Ar, 33 H>w -- 10 Acker, 276 (DR. Flache, ist mit 482,38 Steuer- einheiten belegt und ortsgerichtlich, bezw. durch den Sachverständigen aus zusammen 42 700 ^l taxirt. Hierbei wird hervorgehoben, daß in dem Grundstück die Gast- wirthschail bisher scliwunghasi betrieben wird und der Gasthos Gras dors wegen seiner günstig n Lage unsern vom Bahnboje Taucha ein von dem Leipziger Publicum vielbesuchter schöner Ausflugsort ist. Ter Gasthos .st durchaus erweiterungsfähig, hat einen hübschen Tanzsaal und die zugehörigen schönen Restauralionsgärtea lassen sich durch de» zum Grundstück gehörigen, an sie angrenzenden Feld- plan, welcher auch zu Baustellen zu verwcrtheu wäre, vergrößern und verschönern. Näheres ist ans den au Gerichtsstelle und im Grundstück selbst auSbüngenden Anschlägen zu »sehen. Versteigerungsterm,» soll am Montag, den 16. Juli 1888, Vormittags 10 Ubr an hiesiger Gerichtsstelle abgehalten werden. Kauslustige werden geladen, in diesem Termine zu erscheinen, ihre Gebote abzugeben »nd hiernach des Weiteren gewärtig zu sein. Taucha, am 28. Juni 1888. Sönigl. Lach,. AmtSsertcht. Laudert. PetterS. postnenliau in Mnmbnrg (Saale). Die Herstellung der (vuiwasitrniigsaillage sür den Postneubau zu Naumburg (S.l rinschlirs; ich Licsrrung »er sämmtliche» zugehörige» Materialien soll im Wege deS öffentlich n An gebotes verdungen werden. Bedingungen. Anschlag-iuSznq und Zeichnungen liegen >m Amts zimmer der Postneubaues, Große Aischstraße Nr. 18, hierselbst zur Einsicht nus. D>e Angebote sind vostsrel, verschloffen »nd mit der Ausschrist: „Angebot aui die LniwaiserungSanlage" b>< zum TonuerStag, »e» 26. Juli 1888, Vormittags 11 Uhr an obengenannte- Amtsziinmer einzusenden, woselbst zu dieser Zeit die Eröffnung der Angebote in Gegenwart der etwa erschienene» Bieter erfolgen wird. Naumburg (S.). 12. Juli 1888. Ter «önigliche AegieruagS-vaametster. Klauwell. «estrallichc Atzung der A-dlierirt-rtri, Ln S L.7^ wieder zweiselhast geworden. Dav Schreiben deS Grasen von Paris an die MaircS war von der conservativcn Partei bereils der Vergessenheit geweiht worden, weil ihre Mitglieder eingesehcn hatten, daß die Sache deS Grasen von Paris durch eine Interpellation wegen der Beschlagnahme nicht verbessert Werden könne, jetzt werden sie begierig jede Gelegenheit er« greife», welche die Hoffnung aus neue Skandale erweckt. Man tadelt Floquet mit Nccht, daß er dein erneuten Auftreten Boulanger's Beachtung geschenkt habe, weil er dadurch die Bedeutung seines Schrittes erhöhte, aber der Erfolg, welchen er mit seiner neulich»! Abfertigung Boulanger's errungen hatte, scheint ihn zu neuen Angriffen gegen den Agitator er« uiulhigt zu haben. Ohne daS Duell war der Ausgang der Sitzung vom 12. Juli Boulanger entschieden ungünstig durch seine voreilige Mankatsnicderlegung. ohne das Ergebnis; der Abstimmung Uber seinen Antrag abzuwarten, hatte er die Lacher auf die Gegenseite gelrieben. Wahrscheinlich wollte er der von ihm sür ohnmächtig erklärten Kammer dadurch seine Mißachtung zeige», aber die Kammer ließ sich nicht irre machen, sondern verhängte über ihn die Censur, gab ihm also einen fühlbaren Beweis davon, daß sie noch lebe und handlungsfähig sei, den» die Verhängung der Censur ist mit sehr empsindlichen finanziellen Nachlheilen sür den verbunden, Welcher von dieser Maßregel bctrossc» wird. Im Auslande machen diese Vorgänge den allerschlechtesie» Eindruck; man kann nicht umhin, danach sein Urtheil über die französischen Zustände einzurichtcn, und dieses Urtheil ist ein vernichtendes. Ein Mann wie Boulanger hat eS fertig gebracht, Frankreich seit langer Zeit in Aufregung und Ver wirrung zu stürzen, die nnzwcisclhastc» Proben seiner Un fähigkeit haben es nicht verhindern könne», daß er wiederholt gewählt wurde und bei vielen anderen Wahlen eine große Anzahl Stimmen aus sich vereinigte. Nach der Niederlage, welche er am 4. Juni in der Kammer erlitten hatte, da sein Antrag aus VersassungSrevision und Kammerauslösung mit 377 gegen 186 Stimmen als nicht dringlich erklärt worden war. konnte er seine parlamentarische Rolle als vorläufig beendet betrachten, aber seine Zukunst hing von der Er regung neuer Skandale ab, er mußte die öffentliche Aufmerk samkeit um jeden Preis erregen, und daS ist ihm jetzt, wenn auch in einer von ihm nicht gewünschten Weise gelungen. In Frankreich sind Dinge möglich, die anderwärts nicht geschehen könnten, also kann sich auch aus dem neuesten Boulangerskanual eine Lage entwickeln, welche alter Berechnung spottet. Boulanger erscheint vielen Franzosen heute als Märtyrer sür seine Ucberzeugung und snr sein Streben, in Frankreich neue und bessere Zustände anzubahne»; was ein polternder, verhöhnter und der Schlagsertigkeil entbehrender Kammerreducr nicht zu erreichen vermochte, kann einem schwer erwundelen Duellanten vielleicht bester glücken, zumal wenn oer Urheber der Verwundung der seit seinem Eintritt ins Amt von allen Seilen bekämpfte und zurlickqewiesene Minister präsident Floquet ist. Man kann gewiß nicht mit Nccht behaupten, daß Floquet für daS Amt des leitenden Ministers weniger geeignet sei. als seine Vorgänger, aber daß er heule »och Minister ist, hat er nicht seiner her vorragenden staatsmännischen Befähigung, sondern lediglich dem Zufall zu banken, der die Mehrheit ebenso leicht zu seinem Sturze als zu seiner Erhaltung im Amte lenken konnte. Der Präsident Melinc hat bei der neulich»! Ab stimmung über die Angelegenheit des MaircS von Carcastonne ein überraschendes Geständniß gemacht, auS welchem man er sieht, wie die Abstimmungen in der Kammer zu Stande kommen. Einzelne Abgeordnete haben die Gewohnheit, bei wichtigen Abstimmungen drei oder vier Stimmzettel in die Urne zu werfen; anterSwo würde daS die Uugiltigkeit zur Folge habe!,, in Frankreich begnügt man sich damit, die überflüssigen Wahlzettcl auszusoiidcrn. Ländlich — sittlich I * Mittwoch, den L8. Juli 1888. Abends Uhr Ubr. ine Saale der vormaligen Handelsbörse. Naschmarkte. Tagesordnung: I. Bericht des Bau-, Oekonomie- und Finanzausschusses über: u. Ankauf eines an den Schaukelgraben an grenzenden ArcalstreisciiS; b. Verkauf dcS an der Krön- Prinzstraße gelegenen Bauplatzes Nr. 3^ o. Areal abtretung von dem Fützschc'schcn Grundstücke an der Ecke der Alexander- und Cvlonnadenstraße zur Ver breiterung der erster»!. II. Bericht des Bau- und Finanzausschüsse» über Ver wendung deS vormaligen Reilstallgebändeü al» Deco- ralionsmagazin der städtischen Theater. III. Bericht des BauausschustcS über: a. Cinsührung der Wasserleitung aus einer Strecke der Kronprinzstraße; b. Erhöhung LeS Tarifs sür Privalableitungcn vom Wasserrohrnetze der Straße bis zur Grundslücksgrenze. IV. Bericht des Ban-, Lösch- und Finanzausschusses über Versorgung des Neuen Theaters mit Wasser zu Feuer löschzwecken. V. Bericht des StistungS- und OekonomieauSschustcS über Aussiihrung baulicher Herstellungen im Wartezimmer des nördlichen Fricdhoss. VI. Bericht des Stiftung«- bez. Bau- und Verfassung« ausschustcs über den Haushaltplan sür die Heilanstalt Thonberg aus die Zeit vom 1. Octobrr bis 31. De- cember 1888. VII. Bericht des OekonomieauSschustcS über: n. Pflasterung bez. Aephallirung der Poststraße und Verwendung eines Mehraufwandes sür Asphaltirung der Querstraße; b. VaS Projcct, dctr. die zum Markthallenbau ersorder lichen Slraßenherstellungeu. VIII- Bericht des GaS- und Finanzausschusses über Er höhung des BetricbScapitalö der Ga-anstalten. IX. Bericht deS Finanzausschusses über: a. Verwilliaung einer BerfügungSsumme snr die Feier der Enthüllung dcS SiegeSbenkmalS; b. Erhöhung des Betriebsfonds der Stadtcaffe und Erhebung von fünf Einheitssätzen am 2. Termine der städtischen Einkommensteuer. StatzMllottzetz. Die üblich« Reinigung und Musterung der Stadtbibliothek findet di«S Jahr iu der Woche vom 23. bi» zum 28. Juli statt. Dazu sind alle ansgelteheneu vüchrr bi« spätestens zum 21. Juki zuräckzugebe«. Während der Reinigung bleibt die Bibliothek ge schlossen. vr. Wnstmaim. Nichtamtlicher Theil. Der neueste Loulanger-Skan-Iil. Boulanger hat sein Mandat als Abgeordneter des Nord- Departemenls niedergelegt und ist im Duell mit Lei» Minister- welche be"wc G7undstiicke"'zus7mmen aus"47 ^^geichätzi' worden! Präsidenten Floquet 'schwer verwundet Word»,. — Das ist sind, mit der anstehenden Ernte, den in dem Gute vorhandenen I Ergebnis deö Skandals, welchen -ooulanger am 12. Iull Borräthen, sowie dem ges-immten Viehbestände und Wirlhichasts-1 in der sranzösischen Abgeordnetenkammer veranlaßt bat. Floquet Inventar freiwilliger Weise in Sem an erster Stelle bezcichnctrn I hat einige Stunden nach dem Duell, obwohl gleichfalls ver güte in Tentzrn versteigert werden. I wundct, der Einweihung des Gambetta-DenkmalS aus dem Es habe» sich daher Diejenige», welche diese Grundstücke sammt I (sgroustelplatz beigewohnt und eine beifällig ausgenommcne Zubehör zu erstehen qewnncn sind, zur angegebenen Zeit in dem I gehalten. Die Sache würde damit ihren Abschluß qe- genannten Grund,tucke^ils B.eter anzumelden. >hre ZahlungS,°h>gke.t j „ich; die konservativ- Partei aus Seilen Boulanger's stände und das Geschehene für die Erregung neuer Skandalscenen verwcrthete. Castagnac will am Mon tag in der Kammer den Antrag stellen, daß Floquet aufge- sordert werde, seine Entlastung einzureichen, weil er die Volks vertretung entehre. Dieser Antrag wird voraussichtlich eine» neuen Skandal herbeisühren, der ui» so schlimmer auSfallen wird, weil Boulanger schwer verwundet ist und dadurch den Angriffen der Rechten gegen Floquet eine willkommene Hand habe darbietel. Die Angriffe Boulanger's gegen Floquet waren der Arl, daß Castagnac in den Couloir» der Kauuncr äußerte, er werde Floquet stets den unverschämten Lügner Vorhalten, welchen ilm Boulanger genannt habe, wenn er diese» nicht fordere. Nachdem der Streit zwischen Boulanger und Floquet einen so scharf persönlichen Charakter angenommen balle, mußte irgend etwas geschehen, um da« Ansehen Floquet'S auf recht zu erhalten, oder er mußte zuriicklrcten. Floquet hat den Weg des Duells gewählt und dadurch nach den herrschen den Anschauungen der öffentlichen Meinung Genüge getba», die conservative Partei aber hat er nicht zufrieden gestellt und demgemäß sind weitere Folgen deS Skandals vom 12. Juli mit Sicherheit zu erwarten. Die nächste Wirkung der Vorgänge vom DonucrSlag ist eine Conceiilrirung der republikanischen Pari», wie schon daraus ersichtlich, daß die Mitglieder der äußersten Linken, Clemenceau und Perm, als Secundantcn Floquet'S aufgetreten sind, sie haben dadurch die Sache Floqucl's zu der ihrigen gemacht und die früheren Beziehungen, welche sie an Bou langer knüpften, zerrissen. DaS ist ein bezeichnende» Merk mal der Lage, aber die bestehenden Meinungsverschiedcn heiten der Republikaner sind darum doch nicht au-geschloffen, wie ein Blick auf die Verhandlungen der Budgetcommission lehrt, welche dem Finanzminister Peytral täglich neue Schwierigkeiten bereitet und auch den Forderungen deS Marine- miiiisterS sür Häsenbesestigung Widerstand entgegensetzt Ein Körnchen Wahrheit ist in den Vorwürfen Boulangcrö gegen die Kammer enthalten, die Zerfahrenheit ist darin noch ebenso groß, wie sie seit langer Zeit gewesen ist. aber Boulanger's Einfluß ist deshalb nicht gewachsen, er hat de» Erwartungen seiner Anhänger nicht entsprochen, seine Erfolge als Redner »nd Antragsteller der Kammer sind auSgeblieben, die öffent liche Aufmerksamkeit hat eine andere Richtung genommen und die Franzosen wären über ihn zur TageSvrduung übei gegangen, wenn er nicht durch seine Verwundung aus» Neue von sich reden ßemacht hätte. Dieser Zufall wird ihm mög licher Weise eine Anzahl Stimmen von Wähler» in den Departements Ardöch« und Somme zuwenden, über die er andernfalls nicht verfugt hätte; VaS Bcdürsniß der Franzos,» nach neuen Aufregungen hat durch den AuSgang des Duells theilweise Befriedigung und neue Nahrung erhalten, und so stehen wir denn wiederum Verwickelung», m Frankreich gegen- über, deren Verlauf unberechenbar ist. Obiie den von Boulanger hervcrgerusenen Skandal würde daS Ministerium Floquet voraussichtlich aus weitere drei * Wir knüpsen au diese Betrachtung den folgenden Special bericht der „Vossischen Zeitung " über die Kammersitzung Vom Donnerstag: * Paris, 13. Juli. Boulanger betrat gegen vier Uhr die Rcdiierbühne und begann aus einem entsalteteien Papier seine Rede vorzulcse»: „Ich habe die Ehre, einen Beichlußantrag vorzulegen, welcher die kammerauslüsung bezweckt". Vorsitzender: „Ich kann eine solche Erörterung nicht zulassen. Das Auflösungsrecht steht dem Staatsoberhaupt zu, Sie können es nicht in Frage stellen". Boulanger: „Sie werden sogleich sehen, daß mein Antrag nicht verfassungswidrig ist- Keine Frage scheint mir dringender als diese. Ich will nicht neue Aufregung >»ö Land trage», sondern im Gegen» Weil möglichst rasche Beruhigung herbeisühren, indem ich den Wünsche» des Landes Befriedigung sichere. Einige Aufregung ist übrigens unvermeidlich, da die allgemeinen Wahlen doch nicht über de» Herbst des künftigen Jahres hinauszuschiebc» sind. Fürchten Sie nicht, daß sie die Weltausstellung hindern werden. Die Aussiellungszeit, die wir friedlich, freundlich und fruchtbar wünschen, wird durch heftige Parteikämpse bennruhigt werden; schon darum ist die Kammerauiiöiunq »ütbig." (Großer Lärm, wüthende Zwischenrufe. Bouiangcr wartet mit gekreuzte» Arme» und höhnischem Blick aus die schreienden Gruppen am Fuße der Rednerbütiue, bis es »was ruhiger wird und fährt fort): „Sie müsse» die Kammer auslöse», wenn Sie ihre Dauer nicht willkürlich verlängern wollen, daS werde» Sie aber nicht wagen. Die Kammer wird sich sür einige Monate Verlagen, sie läßt eine unsichere allgemeine Lage und eine Regierung mit bcstruienem Ansehen zurück. Nicht einmal den Staatshaushalt loun sie ordnen und greift zu vorläufigen Zwölfteln. Nehmen Sie sich in Acht!" (Ungeheurer Lärm.) Biele Abgeordnete ichütlel» gegen Boulanger die geballte Faust, andere zeigen aus eine weißgekleidete junge Dame in der Zuichauergalerie und singen zu Boulanger's „prenen xuräs" die Arie aus der „Weinen Dame": ,,krenee zsnrclo. In üams blanolis voun retard«! " (Nehmen Sie sich in Acht, die weiße Dame sieht Siel) Endlich kan» Boulanger sortsaliren: „Nehmen Sie sich >» Acht, damit die Mißachtung, welche die öffentlichen Gewalten trifft, nicht auch die Staat-einrichtungen treffe. Schütze» Sie diese Einrichtungen durch die Durchsicht der Brrsassung, welche die Republik sür die Streiche ihrer Gegner unverwundbar machen soll. Die gegenwärtige Kammer kann das nicht, sie hol bloS Zusall'nichrheitc» mit veineinende» Programmen; ihr Regierungsverjonal ist eiichüpst, si- Kat auS wideripruchsvollsten Gründen fünf Ministerien gestürzt und das sechste, das nur eine Ent täuschung mehr ist, besteht blo« Lank dem kostspieligen Kriege, welchen eS gegen die neuen Gedanken und den sie verkörpernden Mann führt. Wir haben die großen Parteien anderer parlamentarischer Länder nicht; sie sind zerrissen, zersplittert. Die Kammer ist ein Trümmer. Hausen. Staub. DaS kan» nicht noch sünizehn Monate dauern. Sie sind Ihatsächlich ausgelöst; seien Sie gesetzlich, das republikanische Laub zittert." Hubbard: „VorEmpörung über Siel" Ruie rechts; „Und die Lkarente-Wahl?" Hubbnrd: „War „ich! zum Bortdeile Boulanqers." Boulanger: „Es ist Zeit, nebmeir Sie sich t» Acht. Sie vertheidigen sich gegen Thronsorderer nur noch mit Willkürmaßregeln. Geben Sie dem allgemeinen Stimmrecht das Wort. Im Namen von zwei Millionen Wähler fordere ich die Auflösung, erschweren Sie nicht durch Widerstaud Ihr« Ber- antwortlichktit vor dem große» Volke, welches will, daß das glorreiche Jahr 1889 uuS eitrig und versöhnt in der Republik finde." Achard: „Die große Revolution hat uns gelehrt, daß der Degen sich vor dem Gesetze beugen muß." Boulanger: „Ich habe nun meine Pflicht gcthan, thuir Sie die Ihrige." Loranchet: „Welche Pflicht haben Sie denn schon erfüllt?" Boulanger: „Ich verlange also, daß die Kammer beschließe, die Regierung aus- zusordern, daß sie vom Präsidenten der Republik verlange, er möge sein verjassungSmäßlgeS Recht zur Auslösuuq der Kammer ge- brauchen." Lärm, spöttische Rufe: Der Bcrsasserl Die Dar steller! Dacapo! Floquet: „Der Redner, der eben die Tribüne verließ,.. (Rufe links: „Sagen Sie: der Borleserl") Floquet: hat die Gewohnheit der Ueberraschungen. Er hat uns auch heute über- rascht. Der Vorsitzende glaubte, der Antrag sei verfassungswidrig; das ist er nicht, aber ich beeile mich, z» erkläre», daß wir entschlossen sind, dem Präsidenten der Republik »ich» nnzurathen, daß er von seinem Auslöjuugsrcchle Gebrauch mache. Laserriär e: „DaS ist die lleberraschung. Hubbard: „Tie Ucberraschung harrt Ihrer bei den Wahlen". Ruse rechts: Lasse» Sie es doch gleich darauf aiikonimeu. Floquet: „Herr Boulanger findet, daß diese Kammer keine Mehrheit enthalte; er hat aber selbst das Gegeulheil erfahren," Lchärtsse: „Ja, als Sie sich in der Anast zusammenscniden". Floquet: „Er nennt unsere Mehrheit eine Zufall-mehrheit; die seiniqe ist freilich beständiger, sie sitzt ans den Bänke» der Rechten." Laisa nt: „Sie entstellen wissentlich die WahrheitI" Cunco d'Ornano: „Gehen Sie doch vors Land, wen» Sie es wagen." Floquet: „Ihre Mehrheit bestellt auS den Wählern dieser Herren und einigen verirrten Republikaner» und in ihrem Name» wagen Sie die Aus lösung zu fordern." Eassaguac: „Mit unseren Stimme» sind Eie zum kanniiervorsitzenden gewählt worden." Floquet: „Boulanger spricht geringschätzig von dieser Versammlung. Wie kan» er sic beurtheileii, da er sich doch nicht hcrabqelassen hat, ihren Sitzungen beiznwohnen." Boulanger: „Sie üben also die Kammerpolizeif" Michel in: „Bravo!" Millerand: „Sie sind also wieder Bou- langist geworden, Herr Michelin?" Floquet: „Die fleißigen Ab geordnete» können sich von de» faule» keine Bvrwürsc mnchcn lassen." Duguü de la Fauconncrie: „Sie fressen Boulanger, wie Sie früher Priester gefressen haben." Floquet: „Was hat Herr Aou- longer schon gelhan? ' Boulanger: ,Jch habe das Land angerusen." Floquet: „Das Land hat Ihm» der Charente geantwortet." Gellibert: „Ich bi» in der Charente mit einem AusiviuugSprogrami» gewählt worden." Flog »et: „Wir habe» da-Regierungspersonal er- schöpst, seit Bon langer cm Ministern,», weder besitzt »och erlangen kann. Er »e»u« u»S e>» Ministerium der Enttäuschung. Ja> wecde stolz sei», weun man später sage» kann, wir seien eine Enttäuschung sür die Freunde Cajsagnac's und Boulanger's geweseu. Sie sage«, wir führe» Krieg gegeu die neue» Gedanken; Sie wagen das zu lagen. Sie, den wir nie in unseren Reihen gekannt habe», der Sie durch Sacristcien und Vorzimmer gegangen sind." (Ungeheuerer Lärm. Boulanger nähert sich Floquet und sagt ihm: Sie lügen!" Ruse: Ma» rufe den Ministerpräsidenten zur Ordnung) Vorsitzender: „Boulanger hat die Kammer heftig angegriffen, Floquet hat das Recht, zu erwidern." Floquet: „Sie wagen es, bewährte Republikaner anzugrcisen. deren Gemäßigtester der Republik größere Dienste geleistet hat, als Sie ihr je Schaden zufügen könne»? Sie wagen, vo» der Höhe Ihrer eiugcbildcte» Diktatur herab die Auslösung dieser Versammlung ausziisprechen? Die einzige Auflösung, die sich vorbereitet, ist die Ihrer Partei, die nicht mehr besteht." Laguerre: „Treten Sie vor die Wähler, bann werden Sie ja sehen, ob die Parier besteht". Floquet schließt mit einer Verherrlichung der große» Revolution, welche den Persönlichkeiten in Frankreich sür immer ein Ende ge macht habe. Boulanger: „Floquet hat in einer bitteren Antwort, welche dein Munde eines u»g ezogene» Schulmeister« entichlüvst zu sei» scheint . . (Ungeheurer Lärm. Ruse: Zur Oronung!) V ersitzen der: „Solche Worte könnte» von Niemand Anderem geduldet werden." Boulanger: „Aus einige persönliche be leidigende Worte Floqncl'S crwidere ich: Sie haben unver- Ichämt gelogen." (Ungeheurer Tumult, Geschrei: Die Censur!) Vorsitzender Meline: „Solche Worte hüit man zin» ersten Male aus der srauzösische» Rediierbühne; sie erreiche» zwar de» Ministerpräsidenten »icht, ich muß aber die Kammer befragen, ob sie die Eenjur aussprcchen will." Lascrriorc: Gegen lven? Gegen Floquet oder gegen Boulanger? Boulanger: Ich erkläre Herrn Floquet. daß ich »ie in Vorzimmer» war... (Ruse: „Auch nicht ini Vorzimmcr des Herzogs Anmale?") Boulanger: . . . „Und dn man mir die Freiheit der Tribüne verweigert, ruse ich das Land an und lege mein Abgeordnetenmandat nieder." (Boulanger verläßt de» Saal unter ungeheuren, Getöse. Die Kammer verhängt aber trotzdem die Censur über ihn. Im Borsaal wird abwechselnd: Hoch Boulanger! und; Nieder mü Boulanger I gerufen.) UebrigenS war daS Duell zwischen Floquet und Bonlanger ungewöhnlich blutig. Zu mehrere» Male» stürzte Boulanger wie ri» Wilder aus Floquet los. Boulanger wurde a» der Gurgel »nd am Arme ziemlich ichwer verletzt. Floqner erhielt leichte Wunden a» der Brust, der Hand und am Fuße. Sämmtliche Minister und zahlreiche Politiker erwartete» bei Floquet den AuSgang des Duells. Boulanger ist bel dem Grase» Dillon uutergebracht worden. Leipzig, 15. Juli. * Die „Nntional-Zeitnng" enthält folgende Er klärung: „Die „Volks-Zeitung" vom 8. d. M. bringt n»ter der Ucberschrist „Die Stöckerpartci gegenüber den Frei maurern" einen Artikel, in de» die Person unseres Kaisers in unqualisicirbarer Weise hineingezogen ist. — Es dürste unnütz scm, auf irgend eine Emzelheil jener Kund gebung einzugchen, da wir in der Lag« sind, ans da« Be stimmteste zu erkläre», daß Alles, was die „Volks-Zeitung" in jenem Artikel Uber die Beziehungen unseres Kaiser» zu der Freimaurerei und dessen Ausculhalt in Königsberg zur Zeit, aiS er »och den Namen Prinz Wilhelm führte, sagt, vollständig auS der Lust gegriffen ist." * Tie „Nationallibcrale Correspondcnz" bemerkt angesichts der bevorstehenden p reußiscben Wahlen zur Parteitage: Wahrhaft ergötzlich ist der Eifer, mit welchem die „Germania" und andere ullramontane Blätter die Preßerörtcrungea über die Zukunft des konservativ.»ationalliberale» Lartels und die wahltaktijchc» Vorbereitungen dieser Parteien verfolgen. Da werden in spaltenlangen Zusammenstellungen Tag für Tag Preß> äußerunge» aus dem „Tartel-Lager" veröffentlicht und erläutert und oft recht mlnderwerthigen Auslassungen eine Wichtigkeit bci- gelegt, als ob davon die umwälzendsten Folgen in dem Verdältniß der Parteien zu erwarten waren. Woher dies übermäßige Interesse der ullramoutonen Presse an den Vorgängen in andere» Pnrteien? Offenbar hofft daS Lentrum, die Lockerung dcS Verhältnisses zwischen den Parteien der biSderigen Mehrheit werde eine günstigere Eon- ftellation sür seine eigenen Parieiintereffen herbeisühren. Das wird sich aber als ein starker Jrrtbum erweisen. Das parlnmcntari'chc Ideal de- Lentrums ist die Zusammensetzung der veistoffenen Reichs tage, wo towohl eine klerikal-conservative, als eine klerikal-sort- schrittliche Mehrheit vorhanden war »nd ihatsächlich ohne Ziistimmuug des LentrumS nicht- zu Stande kommen konnte. Eben darum muß die Verhinderung der Wiederkehr eine» solchen Zustande« der leitende G.-sichlSpunct aller Derer sein, welche de» Einfluß der Ultiamo'iitnne» auf unser Sloatsleben möglichst sernzuhalten wnnichen. Eine klerikal- sortschrittliche Mehrheit scheint uns unter den gegenwärtigen Ber-
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