Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880721
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-21
- Monat1888-07
- Jahr1888
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1888
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Grfch<i»t tsglich früh 6'/, Uhr. Let«N-, uot LrPe-iti>» Jshamttsgaff« 8. Sprechstunten ter UetaM«: vormittag« 10—1» Uhr. Nochmlttags L—« Uhr. L»r dl» N11»»d« »m,»l«»dr«r Mamiscrivt« In» R»»»cn»» »tcht vaduidUch. »m>«h«e »er für »te »4ch»s»l,e«K« N»«««r tzeftttmAte« Luser «t« «» v«che«t»e» »t» t Uhr »«chmttt«,«, a»Go»»» »»Keftt«,e»frütz dt»'/,»U»r. 3» de» Flllüle» str 3»s.-A»»»tz»u: vtt< Ale««, Votversttltsstraß» 1. Lo»t« Lüsche, K«th«ck»e»ftr. »» Pari. ». »»»tgspla» 7, »»r bi«'/,» Uhr. WWger.TMblaü Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Landels- und Geschäftsverkehr. AöoNNEONt-PfkOi« vierteljährlich 4>/, Mk. t«l. Briagerlohn b Mk.. durch die Post bezöge» 6 Mi. Jede einzelne Nummer 4g Pf Belegerrmplar 10 Ps. Gebühre» für Extrabeilage« li» Tageblatt-Format geiaUi» «har Postbeiürdermig SO Ml. «it Postbesörderung 70 Mk. Inserate «gespaltene Pelitzeile LO M. Größere Schriste» laut »ns. Preisverzeichnis Tabellarischer ». Ziffernsatz nach Höhen» Tarif. Reklamen »ntrr de« Nedactlonsstrsch di« ügefpalt. Zeile bOPs., vor deaFamtlieiaachrtchtra die «gespaltene Zeile 40 Pf. Inserat» find stet« an die Wrpeditt«« ,, senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praonuiosrauäo oder durch Post» Nachnahme. ^?2VS. Sonnabend den 21. Juli 1888. 82. Jahrgang. M gtWgtn Achtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 22. Juli, Vormittags nur bis «S Uhr geöffnet. Lxpeältlon äes L.vlprl^sr l'Lsedlnttes. Amtlicher Thetl. MeiiiltmchilNg. Nach der Bestimmung in tz. 44 unter » der Revidirten Städtrordnung sind diejenigen Bürger, welche mit Ab» entrichlung von Staat«- und Gemeindeabgaben länger als zwei Jahre ganz oder theilweis« im Rückstände geblieben sind, von der Stimmberechtigung bei den Stadtverordneten« »ahle» ausgeschloss-n. Unter Hinweis auf diese gesetzliche Bestimmung, sowie au« Anlaß der in nächster Zeit vorzunehmenden Ausstellung der Stadtverordoeten'Wahtttste für die diesjährige Er« gänzungSwahl in daS Stablverordneten-Collegium fordern wir alle Diejenigen, welche von der obenerwähnten Bestimmung betroffen werden, hierdurch aus, ihre Staat«» und Gemeinde» abgaben, bezw. ihre die-fallsigen Rückstände rechtzeitig zu bezahlen. Leipzig, am IS. Juli 1888. Der Nath der Stadt Leipzig. V. 8. b. Or. Georgi. Clauß. Manntmachrmg. Nachdem der Bich« u»v Schlackihossordnung und der Gebührenordnung für den Vieh- und Schlachlhof und die Fleischbeschau eiagesührten frischen Fleisches annoch die Ort«» stalute Über die Einführung deS Schlacktzwange« und di« Errichtung einer Freibank, sowie die hauptsächlichsten aus die Sache bezüglichen Bekanntmachungen hinzugesügt worden sind, dringe» wir die- mit dem Bemerke» zur öffentlichen Kennt« »iß, daß Exemplar« dieser Zusammenstellung in unserer Sportelcaste I und an der Caste deS Vieh« und Schlachthofes rum Preise von 50 pro Stück käuflich entnommen werden können. Leipzig, den 18. Juli 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. Ör. Georgi. Henlschel. Vekaunlmachuils. Bon Montag, ven 23. d. M-, an soll in den Haupt- schleußrn der Moritz-, Rudolph- und Zimmerstraße, sowie de» Alten Amt«hosS durch Ven Kammerjäger Herrn Fritzsche in Eutritzsch Gift zur Bertilzung der Ratten ausgestellt werden. Indem wir dies zur Kcnnlniß der dortigen Grundstücksbesitzer bez. Verwalter bringen, fordern wir dieselben auf, in ihren Gebäuden und Hose» gleichzeitig für Beseitigung sich dort aushaltender Rallen besorgt zu sein. Leipzig, den 19. Juli l888. Der Rath der Stadt Leipzig. Ib. 3070. vr. Georgi. vr. Krippendorff. Ja »userer Verwahrung befindet sich ein braungestrichener Holz kosten, mehrere Kleidunnsstücke, «ine Maurerkelle und 3 Maurer» Hammer enthaltend, welcher am 9. vorigen Monat- von einem Un bekannten in einem Hauie der Nordstraße niedergestellt und nicht wieder abgeholt worden ist. Ja dem Kasten befand sich auch ein aus den Namen Friedrich Wendt an- Nichtewitz lautender Arbeitsschein ck. ä. Beiger», den 25. April 1888, ohne daß es bisher gelungen ist, den Obengenannten ausfindig zu machen. Wir fordern den Eigenthüiner de» Kastens nebst Jnbalt aus, seine Rechte bei uns gellend zu machen und sodann sein Eigenlhum in Empfang zu nehmen. Leipzig, den 17. Juli 1868. La» Palizetamt der Stadt Leipzig 17791».Junck, Pol.-Raih. H. Erstatteter Anzrige zufolge hat Wilhrlaetne Ernestine Linus au» Gtrichshain ihr unrerm 31. Deceniber 187« — Nr. 4 — vom Gemeindevorstaud WolsShain ausgestelltes Dienstbuch verloren. Wir bitten, dasselbe im Ansfinduagssalle an »ns abznliescrn. Leipzig, den 17. Juli 1888. Ta» P,It;eta«t der Stadt Leipzt, ' " ' h. Gr I. 3915. I. B.: Junck, Pol -Rath. Sgmllr. Vmn >r. dt» mit 28. Anti und PO« SV. Juli di« 4. ANUNst findet aus der Fluibrinne zwischen den Schiehftänden der v«r«aue aefecht«misri>rS Adtheilung-schtrßen durch das 107. bez. 10«. Regiment statt. Das zwischen den Schiebstünden und dem weg Lützschena-Ziegrlei-Vöhlit» liegende Gelände wird während der Dauer de« Schießen- durch SicherheilSposten ab- aesperrt sein. Leipzig, am 20. Juli 1888. Künigl. GarnisOn-Gammand«. Nichtamtlicher Theil. Zur Laiserbegegnung. Kaiser Wilhelm ist. nachdem er vom Kaiser Alexander auf der kleinen Rhede von Kronstadt begrüßt worden, am 19. Juli Nachmittag« gemeinschaftlich mit dem russischen ^ Kaiser aus der Pacht .Alexandria" nach Peterhof gefahren und dort unter dem Donner der Salutschüsse der Kronstädtrr Ge schütze und unter den Klängen der deutschen Nationalhvmne und de« Präsentirmarsche», von der Kaiserin und einem glänzenden M'litairischen Gefolge empfangen, gelandet. Die fünftägige Meere-fahrs de« deutschen Kaiser« umgirbt den Besuch «» russischen Kaiserhose mit dem Schimmer eine« historische» Ereignisse», der Besuch tritt dadurch au» der Sphäre de» Alltäglichen heraus und macht schon durch die stanze Form der Veranstaltung einen tiefen Eindruck auf die gesammte Welt. Unbekümmert um die Verkehrswege, welche die Neuzeit geschaffen hat und deren Hauptzweck die Schnelligkeit der Bewegung ist, um Zeit zu gewinnen und Entfernungen abzukürzen, hat Kaiser Wilhelm den Seeweg gewählt, um schon dadurch und durch dir Ent astung einer Achtung gebietenden Seemacht die große Be» »eutung der Begegnung auch äußerlich in da« rechte Lickt zu etze». Es ist in der That von boher Wichtigkeit, daß Kaiser Wilhelm alsbald nach feinem Regierungsantritt vor dem ganzen Erdenrund in feierlicher Weise kund thun will, welchen Werth da« herzlich« Einvernehmen zwischen Deutschland und Rußland für den europäischen Frieden hat. Der Entschluß, diese Fahrt zu unternehmen, ist ohne An regung von russischer Seite au« dem eigenen Antriebe Kaiser Wilhelm'« hervorgegangen, aber nickt, wie die „Nvwoje Wremja" meint, weil Deutschland an guten Beziehungen zu Rußland da« größere Interesse hat, sondern au« dem »ochherzigen Beweggründe, Europa die Segnungen de« Frieden« zu erhalten. Es braucht kaum daran erinnert zu werden, daß Kaiser Wilhelm auch triftige persönliche Gründe hatte, emea kaiserlichen Letter auszusuchen. Kaiser Alexander hat nicht nur am 18. November v. I». dem Berliner Kalserhofe einen Besuch abgestattet, sondern er hat auch den Thronfolger zu den Lcichenfeierlichkeiten für den verewigten Kaiser Wilhelm I. nach Berlin gesandt. Daß solche Aufmerksam keiten nicht unerwidert bleiben können, ist kür Jeden ohne Weitere- selbstverständlich. Aber der Besuch Kaiser Wilhelm'- reicht an Bedeutung weit über dies« rein persön» licken Rücksichten hinaus, und weil die Kaiserbegegnung zu gleich die beiden Großmächte Deutschland und Rußland in Mitleidenschaft zieht, deshalb ist die glänzende und eindrucks volle Form, in welcher sich die Begegnung vollzieht, kein un- wesentliche« Beiwerk, sondern ein sehr bemerkenswert her Be- standtheil derselbe». Tie Russen sind geschickte Diplomaten, und diese Eigen schaft zeigt sich auch in der Haltung der russischen Presse, welche stet- bemüht ist. Rußland» Macht bei allen aus wärtigen Actiooen im Brillantseuer strahlen zu lasten. E» ist auf Rechnung dieser Eigenschaft zu setzen, daß einflußreiche Organe, wie die .Moskauer Zeitung" und die .Nowoje Wremja", wetteifern in dem Streben, Rußland al« die von Deutschland umworbene Macht erscheinen zu lasten, al» die Macht, welche zu geben vermag, aber nicht» von Deutschland empfangen könnte, woraus sie nicht ein wohl verbriefte« Recht hätte In diesem Sinne hat die „Moskauer Zeitung" Frankreich zu verstehen gegeben, daß rS im entscheidenden Augenblick trotz der Kaiserbegegnung aus Rußland zählen könne, deshalb hat die „Nowoje Wremja" erklärt, daß Deutschland mehr an Rußland- Freundschaft gelegen sei al« umgekehrt, und demzufolge nimmt die „Moskauer Zeitung" zu der Unwahrheit ihre Zuflucht, daß deutscherseits da» ver bot der Beleihung russischer Werthe aufgehoben sei, um Ruß land zu versöhnen. Gerade in diesen, historisch wichtigen Augenblick war e« nothwendig, den Gegensatz zwischen der russischen Regierung und einer hochmüthigen liebedienerischen „panflawistischen" Presse scharf zu betonen, und dieser Noth» Wendigkeit hat die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in vankenswcrther Weise entsprochen, indem sie. ohne Rücksicht aus die Ereignisse, welche sich in diesen Tagen in Pclerhos, in St Petersburg und anderen russischen Orten vollziehen, die ganze Erbärmlichkeit, welche sich in den genannten Leistungen der russischen Presse auSspricht, vor aller Welt ausveckt und zum Bewußtsein bringt. Die .Norddeutsche Allgemeine Zeitung" fertigt die .Moskauer Zeitung", welche die Waagschale zu Gunsten Rußland» lenken möchte, mit den wohlgezieltcn Worten ab: .Die Ueberzeugung, daß auch siegreiche Kriege für die Völker, welche sie führen, an sich kein Aequivalent für die Wohlthaten de» Frieden« bilden, leitet auch die Politik de« jetzt regierenden Kaiser« Wilhelm und de» wegen ihn, seinem befreundeten Nachbarn in St. Peters burg den Antrittsbesuch zu machen, ohne der russischen Politik gegenüber irgend welche Wünsche und Forde rungen damit unterstützen zu wollen. Wir wüßten nichts, wa» Rußland u»S gewähren könnte, waS wir nicht hätten, und un» sind keine, wie die „Moskauer Zeitung" sagt, streng legale und zweifellos gerechte Forderungen Rußlands bekannt, denen Deutschland nicht jederzeit entsprochen hätte, ungeachtet der Großsprechereien einiger russischer Zeitungen." Bei Durchlesung dieser Erwiderung wird man unwill kürlich an DaS erinnert, waS Fürst Bismarck am 6. Februar im deutschen Reichstage über den Gegensatz der pa»- slawistischen Presse zu der Politik des russischen Kaiser« und seiner Regierung gesagt hat. Dieser Preste glaubt Fürst BiSmarck nicht, dagegen mißt er den damit im Wider spruch stehenden Worten und Gesinnungen de- russischen Kaiser» unbedingten Glauben bei. Die deutsche Politik ist Rußland wie allen anderen Großmächten gegenüber stet» dieselbe geblieben, sie hat die Verträge geachtet und den Interessen deS Frieden» gedient. DaS thut sie heute noch, und deshalb kann von keinem Umschwünge der deutschen Politik die Rede sein, von welchem d:e .Moskauer Zeitung" säbelt. Mit so verschlagenen Diplomaten, wie die Rüsten sind, ist schwer, ein beiderseits befriedigende- Berhältniß her zustellen; sie suchen siet» den Sachverhalt zu ihren Gunsten auszulegen, handgreifliche Thatsachen auf den Kopf zu stellen; um so nolhwenviger ist eS, den rechten Augenblick, wo die Wahrheit für Jedermann deutlich erkennbar offen liegt, nicht verstreichen zu tasten, um diese Wahrheit nachdrücklich zu betonen und den Winkelzügen der russischen „panflawistischen" Preste gegenüber zu stellen. ES fehlt nicht an Interessentenkreisen, welche die von der russischen Preste in Moskau und St. PelerSburg gegebenen Slichworte begierig «fasten und daraus die ihnen passenden falschen Schlüsse ziehen, um so nöthigcr ist e», da» Eisen zu schmieden, so lange eS heiß ist. und die russischen Preßcorsaren lu ÜLßrnllli zu ertappen und obzustrasen. Der Zweck de» Besuche» Kaiser Wilhelm'» in Rußland läßt sich trotz aller Bemühungen eine» Theilrs der russischen Presse nicht dahin Verkehren, als ob Deutschland auf Kosten seiner Verbündeten um die Gunst Rußland« buhlte. In Wien und in Rom ist man vom Anfang an. als die erste Nachricht von der Be gegnung austauchte, bi« zu ihrer Verwirklichung überzeugt gewesen, daß Deutschland an der Politik sesihallen werbe, welche durch die Bünbnißverträge mit Oesterreich-Ungarn und Italien besiegelt ist. Diese Bündnisse enthalten nichts Feind selige« gegen Rußland, und wenn Rußland den FriedenSzweck der Bündnisse anerkennt und demgemäß hantelt, so beugt e« sich nur der Wucht unzweifelhafter Thatsachen. * * Die vorstehend erwähnte Auslastung der „Nord- deutschen Allgemeinen Zeitung" über da« Gebühren der ,. Moskauer Zeitung" Deutschland gegenüber hat folgenden Wortlaut: Die «Moskauer Zett»«g beha°p^ ^ gleich. Artikel, dessen großmäulige Fansaronn bau - eine wesentliche gütig lasten, in der deutschen Ka'serb-Iuche. >2°" Aenderung stattgesnadeu, die, abg ^. »gnd- zu beleihen, her aus der Aushebung de- derbotes, russsch r » ^ ^ „MoS- vorgiage. D.-I- ?u?-bunganch.sw.g°funden. ^hin- lauer Zeitung" befindet sich 1» einem ^,rr o Wenn eine gestellt sein lassen, ob er geschehen in der Haltung Aenderung stattgesundea hat. s I her Fiction, als ob der „Moskauer Zeitung , d'e andere Erfindung setzt. Deutschland Händel su"!"""^?IÄ"ch»'einer friedlichen Politik hä- D.utl»l°nd ^ derauS- fordernde und revolutionäre. ^ ^ - ür Devischland. sondern au» für «uviauo ^ ^led.nspol'tik ---- cstea, seit mehr als i"unzig Jab «..»»Sfischea Angriff von 1870 machen lassen. Sie s"'^ ,^./.d„-«o,ilik » verlassen, ohne einmal genöthlgt gewesen, diese F, Uebersalls an dem durch die -rs-tgreiche «bw-hr deS sr^ ^ «slk-r, Satze irre zu werden, daß ""A I, «gx Ae Wohlthaten des welche sie führen, an ^ sich auch die Politik de« Friedens bilden. Diese ^berzeugu g Seinem be setzt regierten Kaisers Wüvelm und ^tritt-beiu-ti zu machen, freundeten Nachbarn A traendwelche Wunsche und chämten Großsprechereien einiger russischer Zeitungen. Leipzig, 21. Juli. * Wenn auch der Bunde«rath seine Plenarsitzungen auf längere Feit eingestellt hat, so setzen die Ausschüsse desselben, weniastcnS theilweise, ihre Berathungen noch fort; d'e Sitzungen derselben werden voraussichtlich bis m d" nächste Weh hinein dauern. Es handelt sich dabei lediglich um die Be- rathunq sogenannter Zollsachen, d. h. namentlich um Fragen, die den Zvllanschluß von Hamburg und Bremen belresscw Na» einer Pause von ungefähr zwei Monaten werden die Ausschüsse dann in der zweiten Hälfte de» September noch vor dem Wiederbeginn der Plenarsitzungen ihre Thätigkeit wieder ausnehmen. Obwohl der Bundesrath .sich lm regelmäßig stillschweigend vertagt und im Herbst seine Sitzungen ohne äußerliche Feier wieder beginnt, so liegt doch ein ganz bestimmtes Zeichen dafür vor. daß nn Herbst eine neue Session ihren Anfang ninimt; jedes Mal beim Beginn der Sitzungen in der zweiten Halste des lausenden Jahres findet nämlich die Neubildung der Ausschüsse statt, wobei oft die einzelnen Bundesstaaten ihre bezüglichen Bertreter wechseln. * Die „Nationalliberale Correspondenz" schreibt zur preußischen Wahlbewegung: Bon conservatwer und klerikaler Seite wird jetzt mit besonderem Eifer der Versuch gemacht, die Haadwerkerbewegong wieder anzusachen. und zwar mit dtrecter Beziehung auf die bevorstehenden preußischeu Landtagswahlen. Ein uliranwnianer Zünftler- lag in Trier hat neust» die Parole ausgegeben, nur keine Natiooalliberalen zu wählen, denn diese seien die schlimmsten Feinde de- Handwerks; in Hannover stützt sich der Versuch der Ausstellung von conjrrvaiiv-welfischen Landidaten Vorzugswelse aus die züniilerische Bewegung. Mit den Fragen der Gewerbeordnung hat bekanntlich der preußische Landtag gar nichts zu ihun, und eS ist bezeichnend für den Mangel an brauchbarem Agitationsstoff bei den Toniervativen und dem Lentrum, daß sie ganz sernliegeade Gegen stände heranzieden müssen. Mit den Anliegen der inneren preußischen Politik, namentlich aus dem Gebiete der Kirche und Schule, sind freilich für die Tonservaliven nirgend» Erfolge zu erzielen. Darum schüren sie lieber die in manchen Haudwerkerkreiscn vorhandene Un zufriedenheit und beuten sie zu ihren Parteizwccken au», so wenig auch, wie sie sich selbst bewußt sein müssen, vie Gesetzgebung, zumal im Landtag, aber auch im Reichstag, im Stande ist, der durch die Umwandlung iu allen unseren wirthschaftlichen und technischen Ver- hälloisscu hervorgeruienen üblen Lage mancher Handwerker abzu- Helsen. Auch im Reichstag sind die beiden Parteien, die sich als die eiuzign» Freunde de« kleinen GewerbrstandeS aufzuipielen lieben, nicht über ganz unwirksame, von vornherein lediglich aus die Agitation berechnete Anläufe hinau-gekommen, über Besähigung». nochweiSantrige und kleinliche Beschränkungen der Freiheit des Er- weib«, deren Unaussüdrbarkeit oder Nutzlosigkeit auch ehrlichen Schwärmer» sür die Wiederherstellung der Zünfte einlcochten müßte. Wen» man nicht wieder zu den Productionswrisen einer längst ver gangenen Zeit, da man noch keine Dampskraft hotte, zurückkehren null und kann, so kann man auch die Arbeitsbedingungen und ge- nossenschastlichen Formen, die unter den weit kleineren und ein sameren Berhälinisten der Vergangenheit geschaffen waren und nützlich gewesen sein mochten. nicht wieder Herstellen. Daran würden auch Eentrum und Coniervative scheitern, ielbst wenn sie nach Herzenslust gewerbcpoüllsche Reaclio» treiben dürsten. In seiner Mehrheit ist den« auch der Handwerkerstand zu einsichlig, um nicht zu erkennen, daß diese Agitation kein andere» Ziel hat, al- ihn für Wahl- und Parieizwecke auszunutzen. * Bei der Kaiserbeqegnunq in Peterhof ist den Franzosen recht unbehaglich zu Muthe. und diese Unbehag lichkeit de« Nichtwissens hat der Findigleit der sranzösischen Zeitungsschreiber so kräftig die Sporen eingesetzt, daß sie nicht geruht haben, bis der Schleier gelüstet war. Ein Bericht erstatter de» ..Matin" enthüllt der staunenden Weit da« Ge- beimniß: die Kaiserreise hat keinen anderen Zweck al» den Frankreich zur Abrüstung zu zwingen. Frankreich, so wird der deuksche Kaiser dem Zaren auSeinandersetzeii. ist der Herd der Revolution und mit seinen Revancbeplänen eine stetiae Bedrohung de« europäischen Frieden»; um Europa Rübe zu verschossen, bleibt deshalb nur das Mittel, die Republik zur Entwaffnung zu zwingen, nur die Colonialtruppcii und die Gendormerie sür den Dienst im Innern soll ihr zu halten auch künftighin gestattet sein. Auch die übrigen Mächte vcr- Pflichten sich dann abzurüsten, ein Plan, der von» Fürste» BiSmarck noch besonder« schlau ersonnen ist, weil er damit zugleich seinem Haß gegen England genug Ihn» kann. Ruß- lanv ist nämlich »ach dem Wortlaut d.S BcrtrageS nur ac- halten sein europäische» Heer zu entlasten, in Asten und an der indischen Grenze dagegen bleibt ihm freie Hand. Sobald die Zitstimmung de- Zaren gewonnen ist. wird Herbert B,S- niarck mit diesem Machtwort in der Tasche nach Pari« reisen und der sranzönschen Regierung zur Beantwortung de« Uiti- matum, zehn Tage Zeit lasten. So der .Mali,," und äbn. -DöbalS". D.e deutsche Diplomatie wird "a"" 6??"* böse G-wisten mit erstaun- lichcr Selbsterkeiintmß vcrrälb. recht dankbar sein. '"»lisch-russische Wettbewerb um die icbli-b^ Persien« wird zwar au«, schließlich aus dem Wege und mit den Waffen de» Frieden» d^n^mn k "itensiv geführt, al» eS dem Wer, Mitt.7^Är-"n" Anstande» entsprechend ist. Al« sicherste« Mittel, Persien den Segnungen .de, modernen Eultur zu- aänalich zu machen, sind beiderseits die Eisenbahnen erkannt worden. Während aber Rußland, welche« schon jetzt Persien landeinwärts aus eine ungeheure Grenzstrrcke mit seinen mittel- asiatisch«» Gebietserwerbungen umklammert, seine wirthfchast- liche OperalionSbasi« so zu sagen unmittelbar zur Hand hat. ist England durch weite Oceane von Persien geschieden und e« scheint noch keinr«weg» ausgemacht, daß der britische Unter- riehmungSgeist die au« diesem Umstand« für den englischen Mltbewerb sich ergebenden natürlichen Nachtheile durch noch so energische Anwärmung aller Kräfte werde au«glrichen können. Da« russische Augenmerk ist, abgesehen von den Bahnbauprojecten de« General« Annenkow nach Mesche», aus eine direkte Bahnverbindung der Hauptstadt Teheran mit dem KaSpisee — Rescht — gerichtet. Will England seine and in der Entwicklung de« persischen Eisenbahnnetze« der ukunst bebalten, so würde ihm zunächst die Herstellung einer Linie von Teheran nach Buschir am persischen Meerbusen ob- liegen. An und für sich würden sich sür diesen Bahnbau in England wohl leistungSsäbige Interessenten finden lasten, denn England betreibt nach Persien einen ausgedehnten Handel, der von den russischen Concurrenten, die schon jetzt ihren Ab satz nach Persien schnell und erfolgreich vergrößern, noch ganz ander» bedrängt werden dürste, wenn erst die direkte Ver bindung Teheran« mit dem Ka-pise« und weiter mit Baku hergestellt sein wird. — Allein hier fangen auch di« englische» Bedenken an. Vom KaSpisee nach Teheran sind nur 200 (englische) Meilen, vom persischen Golf bi» eben dahin aber 800. bei erheblich gesteigerten Geländeschwierigkeiten. Eine eiwlische Linie Buschir-Tcheran würde immer nur vorwiegend örtliche Bedeutung haben, während die Linie Teheran-Rescht internationalen Werth besitzt, da sie Teheran über kurz oder lang in directe Verbindung nicht nur mit dem russischen, sondern dem europäischen Bahnnctz überhaupt bringen muß. Aller Wahr scheinlichkeit nach werden die Russen mit ihrem Bau—von welchen die russisch-belgischen Unternehmer soeben einen ersten zehn- meiligen Abschnitt bei Teheran fertig gestellt haben — weit früher zu Stande kommen al» die Engländer, und selbst nach Vollendung der Linie Teheran-Buschir dürste die ganze Ver- kehrSstraße eher dazu dienen, dem russischen Handel den Weg zum persischen Golf zu erleichtern, al» umgekehrt dem eng lischen die JnlandSgebiete näher zu bringen, e« sei denn, daß der englische Handelsbetrieb nach Persien mit ganz anderem, frischerem Leben und Wagemut» sich erfüllt zeige, al» er innerhalb de« letzten Jahrzehnt« bethätigt hat. Da« ist wenigsten» die Meinung der englischen Sachverständigen selbst und sie lasten nicht undeutlich durchblicken. daß sie zu einer Aenderung der englischen Handelsgewohnheiten nur geringe- Vertrauen hegen. In den Kreisen deS russischen Erport- qeschäsls denkt man ähnlich und bietet deshalb Alle- aus. um in Persien möglichst viele wirthschaslliche Thatsachen zu schaffen, ehe die englische Concurrenz mit ihren Entschließungen im Reinen sein kann. * Briefliche Nachrichten au« Korea bestätigen die schon anderweitig bekannt gewordene Thatsache, daß der König von Korea mit unserem LandSmann Herrn v. Möllen- dorfs Verhandlungen angeknüpst hat, welche den Wieder eintritt diese« um Korea verdienten Staatsmannes bezweckten. Bekanntlich wurde Herr v. Möllendorff vor nunmehr drei Jahren von einem Amerikaner au» der einflußreichen Stellung de» Vicepräsiventen am Hose zu Korea verdrängt. Die be treffenden brieflichen Nachrichten reichen vier Woche» zurück, und eS ist immerhin ausfallend, daß inzwischen noch keine telegraphische Meldung über den inzwischen erfolgten Abschluß der Mitte Juni angeknüpsten Verhandlungen eingegangen ist. Äus Oesterreich. * Die Reise Kaiser Wilhelm'« „«»Rußland wird in der slawischen Presse Oesterreichs bisher mit Zu rückhaltung erörtert, doch in einzelnen Organen, auch in den leitenden mitunter, vermag man eine Art von schadenfroher Befriedigung über die Reise herauSzulesen, als sei dur» sic immerhin eine Möglichkeit gegeben, daß daS deutsch öster reichische Bündniß tn der Zukunft gelockert werden könnte. Doch, wie schon betont, tritt diese Ansicht nicht allzulaut und nur vereinzelt auf. hier ist der Wunsch der Vater deö Ge dankens. Im Großen und Ganzen warnt ein richtiger Poli tischer Instinct und wohl auch die Fühlung, die sie in rus sischen Kreisen habe», die Nord- und Südslawcn Oesterreich» vor einer irrthümlichen Auffassung der Reise Kaiser Wilhelm'» nach Rußland. — Da auch in einigen dcutschlibcralen Blättern Wien» wie begreiflicherweise auch in einigen magyarischen Blättern leise Verstimmungen sich äußerten, so kann diesen einzelnen Stimmen die energische Abwehr in der gesammten deutschen Provinzprcstc Oesterreichs eiitgcgengehaltcn werden alS Zeichen, wie unerschütterlich fest das deutsch-österreichische Bündniß im Gedankenlebcn DcütschösterreichS wurzelt. Zn sehr vertraut man den Worten der deutschen Thronrede, als daß man nur eine leise Beunruhigung über die Möglichkeit, Vie Kraft des deutsch-österreichischen Bündnisses zu verringern, empfände. Im iniicrpvlitischen Deutschösterrcich ist man inzwischen weiter bemüht, der neuen Bewegung, die eine Einigung der deutschen Volksvertreter im NeichSrath anstrebt, zum Siege zu verhelfe». So national vorgeschrittene Männer, wie der seinerzeit des Hochverrats,« angeklagte Eduard Stracbe in Warnödvrf, sind gcnöthigt, der Verwilderung und Ent artung im nationalen Leben Deutschösterreichs entgegcn- zutrcteii, zumal jenen chauvinistischen Stürmern, welche die Jugend DcütschösterreichS zu fesseln drohen und unter dem Schlagworte des Antisemitismus einerseits die Zersetzung in alle nationale» Vereinigungen tragen, anderseits unter dem Schlagwortc Großdeutschland vcrhäiignißüolle Vorstellungen nähren und einen Theil der Deutschen Oesterreichs zunächst seiner hauptsächlichen Pflicht entfremden, im engeren Kreise deS österreichischen Vaterlandes die weiteren Culturzwecke der deutschen Gesammtheit zu fördern. Ueberall, in den deutschen Schnlverei», in dem Turnverein und anderen Organisationen ist der Keil des Zwiespalt« getrieben; im Gesellschastüleben der großen Städte breitet dieser nationale Ucbcrmuth. der gegen sich selbst rast, seine unheimliche Wirkung auS; in Wien, in Graz, in Brünn, ja selbst in Prag, wo die deutsche Minderheit schon durch die größte und nächste Gefahr zu ausschließlicher Einigkeit gezwungen werden sollte, sprengt er oder versucht er die Einheit zu sprengen. In diesen Kreisen feiert man mit Vorliebe gerade jetzt daS Fest deS Eintritts der Deutschen in die Gcschicsstc vor 2000 Jahren und kann sich doch nicht entschließen, auS dieser 200Vjähr>gcil Geschichte der Germanen die Lehre zu ziehen, wie die Deutschen immer ru Zeiten ihrer Zerfahrenheit zu politischer Ohnmacht
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