Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880719
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880719
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-19
- Monat1888-07
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1888
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Grfckeint täglich früh 6V, Uhr. Kedaction und Lrpkditioll Iohaanesgaffe 8. Sprechstunden -er Nr-aclioa: Bonniltags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. tzvr nngctondlrr vl-nxjcrwti mach» sich Ne SiedacNcn nichl »crbintUch. Annahme der für die nLchftsoI,r«dr Nummer bestimmten Inserate an Wochrntaae» b>s L Nhr Nachmittags, au La»»- uuv Aesttage» früh bts'/,v Uhr. In den Filialen für Ins.-Annahme: ktto Klemiu, Universitätsstraße 1. LoniS Lösche, Katharineustr. 23 pari. u. König-Platz 7, nur bis '/,!t Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Abonnementspreis vierteljährlich 4»/, Mk. incl. Bringcriohn 5 Mk., durch die Post bezogen ü Mk. Jede einzelne Nmnmes )40 Ps Belegercncplar 10 Ps. Gebühren für Ertrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesürdermng 60 Mk. mit Postbcsürderung 70 Mk. Inserate (-gespaltene Pctitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichurß. Lad.-llanicher u. Ziffcrnjatz nach höherm Tarif Neclamrn auler dem Redac ti vnsstrich die 4gespalt. Zeile 50Pf.,vor denFamilienuachrichten die 6gcspaltcne Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die <Kppe0>ti«» »»- senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumsrnullo oder durch Post- nachnahmr. 2V1. Donnerstag den 19. Juli 1888. 82. Jahrgang. r Amtlicher Theil. Ptkanntmachung, die katholische Kirchenarrlage betreffend. Zur Dockung de« Bedarfs für die römisch-katholischen Kirchen der Erblande ist für daö laufende Jahr nach Maß gabe der vom Königlichen Ministerium VeS CuttnS und öffent lichen Unterrichts erlassenen Bekanntmachung vom 2. vorigen MonatS eine Parochialanlagc in Höbe von H» Psrnniaen von jeder Mark deS normal- mastigen Ltaats-VinkommenstcuersatzeS am L3 Juli dieses IahreS zu erheben. Die hierzu beitragspflichtigen katholischen Glaubensgenossen werden hierdurch ausgesordert, ihre dicSfallsige Zahlungspflicht binnen drei BZochcn, vom 15. dieses Monats ab ge rechnet, bei unserer Sladt-Stcuercinnahme, Obstmarkt Nr. 3, Erdgeschoß, zu erfüllen, widrigenfalls nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen daS vorgeschriebcne BeitreibungSvcrfahren eingeleitet werden wird. Leipzig, am 12. Juli 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Äcl'MlUmrlllfNNg^ die Herabsetzung tcS Preises für daS rn Be- leuchtungszwccke» dienende GaS betreffend. Wir bringe» hiermit zur öffentlichen Kcniitmß, daß wir unter Zustimmung deS Stadtverordncten-EolleginmS beschlossen haben, ken Preis vcö zu BcleucbtungSzwc-ckc» dienende» GaseS vom I. Januar 188!» ab von 22 auf 20 pro Cttbikmclcr herabzusctzen, sowie daß in Aussicht genommen n>, diesen Preis vom 1. Januar 1800 weiter aus 18 pro Cubikmeter herabzusctzen, dafcrn der Bau eines neuen Gaso» nietcrS in Gasanstalt II so weit gefördert werden kann, daß dieser Gasometer im Herbst 1890 in Betrieb genommen wird. Leipzig, am 16. Juli 1888. - 4586 Der Rath der Stadt Leipzig. ^ 978 Iw. Georgi. vr. Krippendorff. Vckanntmächnng. Hierdurch bringen wir zur öfsentlichen Kenntniß, daß wir folgende Straßentheile: 1) die östliche Seit« de?-SüdplaheS in der Strecke von der Axe der Körnerstraße bis zur Are der Schenken- dorfstraße, 2) die südliche Hälfte der Körnerstraße vom Südplatz bis zur Are der Bayerischen Straße, 3) die nördliche Hälfte der Schenkendorsstraße vom Süd platz bis zur Axe der Bayerischen Straße, 4) die Strecke der Elisenstraße zwischen der Körner- und der Schenkendorsstraße, und 5) die westliche* *) Hälfte der Bayerischen Straße zwischen Körner- und Schenlcndorsstraße in daS Eigcnthum der Stadtgcmeinde und zur Unterhaltung durch dieselbe übernommen haben. Leipzig, den 16. Juli 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. Id, 2814. Or. Georgi. Wilisch, Ass. *) Wiederholt, weil in der Bekanntmachung vom 6. Juli 1888 „östliche" gesagt war. Ausschreibung. Für den Neubau deS Polizeigebäudes hier werden die Schmiede- und Äüalzeisen Arbeiten unter Entbindung der bioherigcn Herren Bewerber von ihren Angeboten hiermit anderweit zur öffentlichen Submission ausgeschrieben. ttlrbeitSverzeichnisse und Bedingungen können aus unserem Bauamte, NalhhauS, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, gegen Erstattung von 2,0 entnommen werden. Die Gebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „Neubau Polirei-stzebaude, Schmiede- und L^alzeisen-Arbeiten" bis zum i». August d. I. Nachmittags 5 Uhr daselbst einzureiche». Wir behalten n»S die Auswahl unter den Anbietendcn bez. auch die Theilung der Arbeiten, sowie Ablehnung sämmtlicber Angebote vor. Leipzig, den 13. Juli 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. Ib. 2995. Iw. Georgi. vr. Krippendorff. Lkkannlmichiing. Die Herstellung ver'chicbcncr J-ufiwegübergange soll an einen Unternehmer in Accorv verdungen werden. Die Bedingungen sür diese Arbeiten liegen in unserer Tiesbau-Lerwallung. Rathbau«, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14» aus und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift „Zu-wegübergänge" versehe» ebendasclbit und zwar bis zum 28. diese- MonatS Nackmittagö 5 Uhr einzureiche». Der Rath behält sich daS Recht vor, sämmtlichc Angebote abzulehnen. Leipzig, den 14. Juli 1888. DeS RathS der Stadt Leipzig Id. 2907. Straßenbau-Deputation. Bekanntmachung. In unserem Genoffenichaftsregistcr ist bei der unter Nr. 3 ein- getragenen Firma: Vorschußverein Belgero, eingetragene Genossenschaft zu Belgern, in Spalte 4 zufolge Verfügung dom 12. Juli 1888 am 13. Juli 1898 folgender Vermerk eingetragen worden: , An Stelle des Vorsitzenden Anita» Herbst ist in der „Generalversammlung vom 23. Junt 1888 der Lehrer Mützer zu Belgern, bisheriger Schriftführer, zum „Vorsitzenden und an Stelle d^ letzteren in der Ge- „neralversammlung vom 2. Juli 1888 der Weißqerber- „Meister Karl Franke zu Belgern zum Schriftführer „gewäblt worden." Targa», den IS. Juli 1886. <H«t»ltchea Amtsgericht. Vekannlnmchung. Unter Bezugnabme aus die Bekanntmachung vom 2. d. M-, die Ablagerung von gewachsenem Bode» und Bauschutt im Abfallgraben teS Kirsch- und KvpswehreS am Schleußiger Wege belr., machen wir bierdurch bekannt, daß wir von und mit dem 19. d. M. die Abfuhr pro zweispännige Fuhre nur mit 30 ^ vergüten werden. Leipzig, den 18. Juli 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. Ib. 3030. vr. Georgi. I)r. Krippendorff. Lteinbrulllsntrpachtung. Der in den Besitz der Stadtgemeinde Lausigk übergegangene Wtttig'schc Ltetubruch soll ehebaldigst verpachtet werden. Reflektanten werden ersucht, sich b>S 10. August dieses Jahres bei uns zu melden. Lausigk, am 16. Juli 1888. Ter Stadtrath. Brgmstr. Fabian. Nichtamtlicher Theil. Die Vertagung der sramöslschen Lämmern. Nach einer Reihe heftiger aber meist unfruchtbarer Ver handlungen steht Frankreich jetzt vor den Parlamentsserien. Den Mittelpunkt der Session bildete die Bewegung, welche sich um den General Bonlanger entfaltete. Die Wahl im Nord departement am 15. April und sein Austreten i» der Kammer am 4. Juni und 12 Juli waren die Hauptereigniffe, welche der inneren Entwickelung Frankreichs in den letzten drei Monaten die Richtung gaben. Im Bergleich damit traten die Berhandlungen über die Rede TiSza'S im ungarischen Abgeordnetenhaus« und über die Wahlfälschungen deS Maires von Earcassonne in die zweite Linie. Auch in anderer Beziehung machte sich der Gegensatz zwischen der Regierung und Bonlanger aiS die eigentlich bewegende Kraft im öffentlichen Leben Frankreichs bemerkbar, die Reise des Präsidenten Carnot nach dem Südwesten Frankreichs ..nd Boulanger'S Wahlsahrten in daS Norddepartcment und in dir Bretagne waren gleichfalls dem Streben gewidmet. daS Land in entgegengesetztem Sinne zu beeinflussen. Zw he., diese beide» Hauptantriebe deS öffentlichen Lebens r. ...iffe sich das Prätendentenlhum des Grasen von PanS zu drangen und aus dem Streit der Regierung mit Boulanger sür sich Nutzen zu ziehen, aber ohne Erfolg, da das Land diese» Ver suchen thciinahmloS gegenüberstand. Auch Boulanger hat keinen unmittelbaren Erfolg auszu- weisen, ausgenommen seine Wahl im Norddepartement, denn sein Antrag auf Revision der Verfassung und Auslösung der Kammer wurde am 4. Juni mit großer Mehrheit abgelchnt und als er ihn am 12. Juli in veränderter Form cinbrachte, kam er überhaupt nicht zur Abstimmung. Aber Boulanger hat doch so viel erreicht, oaß man von ihm spricht, und die letzte Ueberrasckung, welche seine Mandatsniederlegnng und daö Duell mit Floquet brachte, giebt der französischen Presse aus längere Zeit Sloff zu Betrachtungen und Reibungen der Partcigegner, so daß dafür gesorgt ist, daß der Name Bou langer fort und fort einen der Brennpuncte deS öffentlichen Lebens in Frankreich bildet. Wenn eS ihm gelingen sollte, in der Artüchc am 22. Juli gewählt zu werden, io würbe damit wieder eine neue Reibe von Skandalen eröffnet sein, und die Negierung wäre genöthigt, ihre Bemühungen zur Unschädlichmachung Boulanger'S sortzusetzen. Floguct hat eö nicht über sich gewinnen können, das erneute Auftreten Boulanger'S in der Kammer mit Stillschweigen zu über gehen, und daraus ergiebt sich die Nothwenbigkeck, den parla mentarischen Kamps gegen Bonlanger i>» Oktober wieder auszunehmen, den» eS ist unzweifelhaft, daß Bonlanger in der Zwischenzeit alle Hebel in Bewegung setzen wird, um wieder- gewäblt zu werden, und wenn er bei der Wabl am 22. Juli durchsälll, so wird er im Laufe von drei Monaten doch wahrscheinlich in einem andern Wahlbezirk gewählt werde», da die Bonapartisten und die Patriotenpartei ihm treu zur S'ite stehen und da eS ihm an Geld für Agitation-Zwecke »ich! fehlt. Die Kammerserien bilden sür die französische Negierung stets die Zeit der Ruhe und der Erholung, die Minister ge langen während derselben eigentlich erst in de» Vollbesitz ihrer Machtvollkommenheit, aber anderseits haben die Femde deS CabinelS in dieser Zwischenzeit Muße, um die Summe der bisherigen Thätigkcit der Minister zu ziehen. Die Kunst, eS den Franzosen recht zu machen, hat bisher noch kein Ministerium verstanden, die Zahl der Un zufriedenen gewann meist scheu in wenigen Monaten die Mehrheit, und der Sturz wurde dann unvermeidlich. Auch Floquet wird keine Ausnahme machen, obwohl ihm daS Glück bisher günstig gewesen ist. Die Haupt aufgabe jedes neuen französischen Ministeriums bestcht darin, durch irgend einen auswärtigen Erfolg oder durch einen neuen überraschenden Gedanken die öffentliche Aufmerksamkeit zu fesseln und die öffentliche Meinung sür sich zu gewinnen, nur in diesem Falle verliert der Gegensatz der Parteien an Schärfe, und die Negierung erhält die nöthige Zeit, um Vorkehrungen sür die Dauer zu treffen. DaS isi >m Lause der 18 Jahre seit Errichtung der Republik nur einmal annähernd geschehen und zwar unter dem Mini sterium Ferry, welcher länger als anderthalb Jahre die Ge schäfte der Republik geführt bat. die meisten andere» Cabinete sind nicht über ei» balbeS Jabr hinauSgekomme». Boulanger hak offenbar darin Recht, wenn er behauptet, daß i» der französischen Kammer keine feste Mehrheit vor handen ist, sondern daß sie vom Zufall abhängt, auch daS ist unbestreitbar, daß seit den letzten allgemeine» Wablen süns Ministerien auS den verschiedensten, zum Tbcil entgegengesetzten Gründen gestürzt worden sind; der Hauptgrund war säst immer der. daß Clemenceau den Augenblick sür gekommen hielt, Ministerpräsident zu werden. DaS sind gewiß nicht gesunde Zustände, und wenn Boulanger ein ebenso geschickter Redner und Parlamentarier wäre, wie er rin von rücksichts losem Ehrgeiz beherrschter Mann ist, dann würbe eS Floquet nicht so leicht geworden sein, die Angriffe des Agitator« abzuwehren. Frankreich fühlt die Nothwenvigkeit, den unaufhörlichen Wechsel in der Regierung durch eine dauernde Centralgewalt zu ersetze», mag diese nun unter dem Titel Kaiserreich, Köiiiglhum oder Ticlatur auslrele». Der Parlamentarismus, welcher Frankreich zum Opfer schwankender Mehrheiten macht, ängt an. allgemeinen Widerwillen zu erregen. Was auch von den Vorzügen der republikanischen StaatSform von den Vertretern derselben vorgebrachl werden mag. die Anpreisungen werden durch die Thntsachcn Lügen gestraft. Die Republik hat Frankreich ungeheureSummen gekostet und daSLand istdurch ie nicht in den Stand gesetzt worden, die Schäden, an denen S krankt, zu heilen. Noch in der letzten Sitzung der Abgeordneten kammer ist der 67-Millionei,-Credit sür die Häsenverlheidigung in erster Lesung angenommen und damit der erste Schritt zur Erhöhung der Staatsschuld um einen weiteren nicht unbedeutenden Betrag geschehen. Der Präsident der Republik und die Minister lasten keine Gelegenheit vorübcrgchcn, ohne die Friedlichkeit ihrer Absichten zu erklären, und dennoch kommt keine europäische Macht i» Aufwendungen sür Kriegszwecke Frankreich gleich. Eine Revue wie die vom 14. Juli vermag daö Land nicht zufrieden zu stelle», die Aufwendungen für die Armee und die Marine werden nicht für den Frieden, sondern sür den Krieg gemacht, aber nicht sür Tonki» und Madagaskar, sondcrn sür die Wiedcrerwcrbung von Elsaß-Lothringen und neue Gebiets erweiterungen nach Osten hin. DaS sind die Gründe, welche die boulangistifche Bewegung im Schwünge halten, trotz der parlamentarischen Unfähigkeit deS ManneS, welcher die Bewegung veranlaßt hat. Floquet hat die Erwartungen, welche auf ihn gesetzt wurden, nickt befriedigt. ES ist daS kein Vorwurf für ihn, denn er müßte llcbcrmenschlichcs leiste». um die Franzosen zufrieden zu stellen, aber er hat eS nicht einmal fertig gebracht, ein wirksames Gegengewicht gegen die von Boulanger eingeleitetc Bewegung herzustcllen. Die beiden Rede» vom 4. Juni und 12. Juli lbu-.i eS nicht, sie enthalten nickt den Beweis, daß die im Jahre 1886 gewählte Kammer leistungssähig ist. Daß Boulanger nicht den Berns bat, die Leistungen einer Kammer zn vcrnrtheilen. an deren Arbeiten er sich nicht bethciliqt hat, ist noch keine Tbatsache, welche der Kammer zu Gute kommt. Floquet kann von sich nur mit Recht behaupten, daß er Boulanger als Redner nnd Fechter überlegen ist, aber das; er den Zustand der sranzösiscben Republik als gut oder auch nur als erträglich dargethan hätte, kann Floquet nicht geltend machen. * LeipW, 19. Juli. * Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiff brüchiger hat vom Kaiser Wilhelm II fvlgciidcS Schreiben erhalten: Mit hoher Befriedigung bat Mich daS Schreiben der Deutschen Gesellschaft zur Rettunq Schiffbrüchiger crsüllt, in welche!» Mir die Bitte um Uebernahine des Protectorats unterbreitet wird. Des leb haften Interesses eingedenk, welches Mein geliebter Vater m aller Zeit de» edlen, ineiischensreiindlichen Bestrebungen der Gesellschaft widmete »nd welches sich noch in Seinen letzten Lebenslagen in den, Entschlüsse kuudgab, auch Seinerseits daS Ihm angetragene Pro- tectorat z» übernehmen — ein Entschluß, welchen auszusüliren Ihm leider nicht mehr vergönnt war — ist eS mir eine besondere Genug- thiiiiiig, jetzt dazu berufen zu sei», an Seiner Statt die Lücke ans- zufüllen, welche der Tod Meines ruhmreichen Großvaters gerissen hat. Auch Ich bringe dem Liebeswerke zum Heile der in LcbeiiS- gesahr schwebenden Seeleute ein rcgeS Interesse entgegen »nd hege, indem Ich daS Protectorat über die Deutsche Gesellschaft hierdurch annehme, den Wunsch, daß ihre baicken.-werthe» Bemühungen um die Rettung Schiffbrüchiger auch ferner von Gottes Segen be gleitet sein mögen. Als einen Beweis Meines Interesses lasse Ich der Gesellschaft zur Förderung ihrer Zwecke die Summe von 600 beifolgend zugehen. Marmor-Palais, den 11. Juli 1888. gez.: Wilhelm. * Der Kaiser hat noch vor seiner Abreise nach Kiel eine große Anzahl von wichtigen Personalveränderunqen in den höheren HccrcSstclliiiigcn vorgenommen. Unter andern ist der nackgesuckte Abschied bewilligt worden: den Com- inaiibciiren der 21., der 14. und 5. Division, ken General- iieuteiianlö Freiherr» v. Geininingen, Prinzen Heinrich XIII. Neuß und von Dilsnrtb. Der Commandeur der 33. Division, Gcneraltieulciiant von Derenthall, der vorder längere Zeit Coiiimandaiit von Berlin war, hat an Stelle de« Generals Bronsart v. Sckellendvrsf II die Schweriner 17. Division er halten; die 33. Division ist dem Commandeur der 4l. Infanterie- Brigade, v. Scherfs, die Düsseldorfer 14. dem Commandeur der 34. großherzoglich mecklenburgischen Infanterie-Brigade, v. Fischer, die 2l. dem Commandeur der 23. Infanterie- Brigade. Baron von Bictinghos genannt Scheck, endlich die 5. Division dein Commandeur der 39. Jnsanlcrie-Brigade. v. Blomberg, übertragen worden. Der Commandeur tcS Hobciizollernschen Füsilier-NegimentS Nr. 40 m Köln, v. Bogu- lawski, ist zum Commandeur der 23. Infanterie-Brigade in Ncisse ernannt worden. * DaS „Journal de St. PöterSbourg" bespricht die bevorstehende Ankunst deS Kaisers Wilhelm in Peter- bof und sagt: „Die Freiwilligkeit dieses ActcS der Courtoisie vermehrt nur den Wcrlh eines Schritte«, der unstreitig dazu bestimmt ist, die engen Bande der Jahrbunderte lange» Freundschaft, welche die beiden Dynastien verbindet, noch mehr zu verknüpfen und die sreundschasttichen Beziehungen und daS Vertraue» zwischen den beiden Kaiserreichen zu con- solidircn. Eö ist dieses ein Unterpfand des Friedens nnd der Beruhigung von der tiefsten Bedeutung. Ohne daß wir unsere Stimme mit den unzähligen Conjccturen der aus wärtigen und einheimischen Presse über die Zusammenkunft vermischen »vollen, ist eS doch gestattet, zu hoffen, daß die selbe sein wird und nichts Anderes sein kann als eine neue Bestätigung einer Politik deS Friedens, welche» die beiden mächtigen Kaiserreiche zu consolidirc» bestrebt sind." — ES ist bcmerkciiSmerth, daß daS russische Organ die politische Bedeutung deS „Actes der Courtoisie" mit solchem Nachdruck in den Vordergrund schiebt. Aus der andern Seile bringt der „Observer" einen Artikel, in welchem die englische Verstimmung über diese Reise ziemlich »»verhüllt zu Tage tritt. Wir lesen daselbst: „Wir theilen nicht die Meinung, doß diese Erneuerung deS Herz, licheu Einvernehmens zwischen den Hose» von Berlin und St. Peteis- burg irgend eine unverzüglich- Gesabr sür den Friede» Europas bildet; im Gegentbeil, wir glauben, sie vermindert die Wahricheia- lichkcit irgend eines allgun men eiirovaische» Krieges. Wir können uns jedoch nicht verhehlen, daß d-r Besuch sich als der Vorläufer irnl t gcr Veränderungen in bei Pobt k und den Beziehungen der enropaiiche» Macht« erweise» durste. Es ist müßig, sich emzubitden, baß der Kaiser nach Rußland gegangen ist. lediglich um dem Zaren sein persönliches Wohlwollen zu versichern; noch müßiger i» cs, aazuneh aen, Laß er sich dahin bcgeben hat. um Rußland z» beweg--',, tie bulgarische Frage in lleberciiistininiuiig init den Wünschen Oesterreichs und der W.ßmachie zu löün. Der Besuch Hai, wenn unser Horoskop richtig ist, den Zweck, irgend eine Abmachung zu erleichtern, durch welche die bulgarische Schwierigkeit geregelt werden dürste, in lleberciiistimmung mit russischen Erfordernissen, ohne irgend einen posiliven Bruch zwischen Deuischland nnd Oesterreich zu verursachen. Wir glauben nicht, daß eine derartige Abmachung zwischen den beiden Kaisern direct geschlossen werden wird. Es ist jedoch handgreiflich, daß eine Lösung der bulgarische» Frage leichter erzielt werden durste, wenn dem Zaren und auch der Welt zu verstehen gegeben würde, daß es der Wunsch Deutschlands sei, in allen Fragen innerer und aus wärtiger Politik in Eintracht mit Rußland zu handeln. Rußland dürste »icmals irgend einer Regelung der butgciriichen Schwierigkeit seine Zustimmung geben, welche nicht die Anerkennung seines Pro tectorats in sich schließt, und wir werden überraicht sein, wenn unter den bestehenden Verhältnissen die Ansprüche Rußlnnds mit Bezug aus Bulgarien von Deutschland nicht thälig u»ter>iutzt werden. E« littst ans der Hand, daß, wen» Oesterreich einwilligl, weder Frankreich, »och Italien enischlosicn für die bulgarische Unabhüngigkeit eintreicn dürsten, während die Türkei selber gänzlich machtlos ist, um ihrem Basalleu- staaie Beistand zu leiste», selbst wenn sie dazu geneigt wäre. Was England betrifft, so bleibt ihm keine andere Wahl, als die Lage anzunehmen. Mangels fremder Unterstützung würde Bulgarien gänzlich machtlos sein, der Wiederherstellung der russischen Autorität Widerstand zu leisten. NölhigenfallS würde eS leicht sein, einen Vm wand zu finden, welcher- eine militairjche Intervention im Interesse Rußlands rechtfertigen würde, allein wir bezweifeln sehr, ob die Noihwendigkcit dafür entstehen wird. Irgend eine thälige Cooperation zwischen Deutschland und Rußland scheint u»S in der Thal ver- hängiiißvoll für die bulgarische Sache zu sein, und wir scheu jeden Grund sür die Erwartung, daß der Besuch des Kaisers Wilhelm in St. Pctcrsburg sich »ur als das Vorspiel cindr m-hr oder weniger offene» Looperation zwischen den zwei Reichen i» Fragen der aus wärtigen Politik erweisen wird. Irgend eine derartisc Cooperation beseitigt zeitweilig jedwede Möglichkeit eines jranzüsisch russiichcli Bündnisses und alle Wahrscheinlichkeit sür einen österrrichisch-ruisüchen Krieg. Soweit sördert sie die Interessen des europäischen Friedens, obwohl zu einem Preise, welcher Europa lniisiighin sehr tdcuer zu stehen kommen dürfte. Aber sür den Angcul'Iick ist der Besuch des Kauers bei dem Zaren unserem Dafürhalten nach eine Friedens bürgschaft, und mit diesem Erqebniß müssen wir uns uolens voleus schlechterdings zusrieden geben." * Wie auS Braun schwerg qemcldet wird, ist der preußische Gesandte v. Nor mann insolqc eines Herz- sck'laqeS acstorbcn. Herr v. Nvrinann war bekanntlich längere Zeit Hofmarschall bei dem damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und wurde dann zum Gesandten in Braun- schwcig und Oldendura ernannt. Herr v. Norniann genoß seiner vielseitigen Bildung, wie seine« liebenswürdigen und humanen Wesen« halber allseitigstc Achtung nnd Beliebtheit und wird sein plötzliche« Ableben lebhaft beklagt werden. * ES wird bestätigt, daß der Regierungspräsident Nasse in Trier daö IlntcrstaatSsecrctariat im preußischen Cnt- tnS-Ministerium übernehmen soll. Die bezügliche könig liche Ernennung soll in Kürze zu erwarten sei». * AuS Duisburg, 15. Juli, wird gemeldet: „Heute fand hier eine zahlreich besuchte Versammlung von Ver trauensmännern der Nation all! bcra len Partei des Wah l krci scS Duisburg-Mülheim -E sscn-N uh rort statt. Es wurde der cinmüthige Beschluß gefaßt, bei den nächsten Wahlen sür daS Abgeordnetenhaus an dem Cartel mit der conservativen Partei deS Wahlkreises sestznkaltcn und derselben die Wiederausstellung von zwei »aliviialliberalen und einem sreiconservativen Abgeordneten vorzuschlagcn." * Die dentschsreisinnige „Danzigcr Zeitung" schreibt: „Die Polen sehen mit Sorge den bevorstehenden Neu wahlen entgegen; sic sürcbtc», daß die Tbätigkeit der An siedclungöcommission manches ihrer Mandate zweifelhaft macht und aus die Dauer zu einer wesentlichen Reduktion der Pol nischen Mandate führen muß." Eine bessere Anerkennung deS von den Deutschsceisinnigcn bekanntlich auss Heftigste be kämpften AiistedelungöwerkS ist nicht denkbar. Tic Bemerkung muß aber auch eine Aufforderung für die Deutschen in der Provinz Posen sein, bei den bevorstebenden LandtagSwahlcn den parlamentarischen Besitzstand der Polen einer Prüfung zu unterziehen. ES dürfte sich manches Mandat ergeben, welches auö alter Gewohnheit den Polen überlasten zu werden pflegt, denselben bei einiger Anstrengung aber entrissen werden könnte. * Der Landeödircctor der Provinz Ostpreußen v. Gramatzki ist am Sonnabend Abend aus seinem Land- gute Schrombchncn nach langen schweren Leite» gestorben. Herr v. Gramatzki hat ein Atter von 54 Jahren erreicht. Bevor er an die Spitze der Provinzialverwalliing trat, war er Laiidrath deS Krciseö Memel; schon damals aber sah er sich veranlaßt, krankheitshalber sich von seinem Posten aus sein Gut zurückzuzichen, wo er unter dem belebenden Einfluß der Landluft, fern von ausrcibenden Geschäften, auch sehr bald so weit gcnaS, daß seine Gesundheit ihm erlaubte, daö Amt eine« Landeödircclorv anzunehmen, welche« er im Frübjakre 1881 antrat. Herr v. Gramatzki hat, so schreibt die „Könizsbcrger Allgemeine Zeitung", somit nur vier Jahre an der Spitze der Provinzialverwaltung gestanden, aber sich auch in dieser kurzen Zeit die größten Verdienste um dieselbe erworben. Eine Reihe hochwichtiger Vorlagen sind unter seiner Leitung zu gedeihliche», Ende gcsührl worden, »nd er hintcrließ seinem Nachfolger die Verwaltung der Provinz Ostpreußen i» den geregeltsten Verhältnissen. >» * * * Ans die Nachricht, der Fürst von Bulgarien beab sichtige. die Fürstjii-Mntter über die österreichische Grenze nach Orsova zu bcglcilcn, verständigte Slambulow den Fürsten, er muffe, da er die Landeegrcnze überschreiten wolle, ein Manifest erlassen uns cnie Regentschaft einsetzen. Der Fürst antwortete, ein derartiger Schritt sc, unnöthig, da er daS Schiss nicht zu verlassen beabsichtige. Stambulow er widerte telegraphisch, auch kann müsse Obiges erfolgen, andernfalls könne Stambiiloiv sür einen Bruch der Con stitution die Veranlworlunq nicht übernehmen. Der Fürst antwortete, er werde in Wivdin die Entscheidung treffen. * Wie mehrfach gemeldet wird, bat der König von Belgien die Absicht ausgesprochen, den demnächstigcn Aufenthalt deS Kaisers Wilhelm in Elsaß-Lothringen zu einer Znsammenkunst mit demselben zu benutze». Zu dieser Nachricht schreibt die „Kölnische Zeitung": „Es ist bekannt, daß König Leopold Obcrstinhabcr deS hier garnisonircndcn Dragoner Regiment- Nr. I t ist, nnd die Wahrscheinlichkeit liegt »abo. daß der König seinen Aufenthalt im Elsaß auch dazu benutzen wird, sein Regiment zu besichtigen. ES ist mithin nickt auSgescbloffen, daß die Stadl Kolmar in einigen Wochen die Ehre haben wird, Kaiser Wilhelm und den König Leopold in ihre» Mauern zu begrüßen." * In Norwegen habe» die Vorbereitungen für die Wahlen begonnen, welche sich von den ersten Tagen deS September an bis in den November hinziehcn werden. ' 'D ff
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