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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810041
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881004
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881004
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-04
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.10.1888
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Erste Geilage M Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. 278. Donnerstag dm 4. October 1888. 82. Jahrgang. Ucber die verschiedenen Arien -er Begrüßung. Bon M. Quast. StaLdnick vrrkotea. Unter Begrüßung versteht man die durch Sitte oder Ge wohnheit allgemein gebräuchlich geworbenen Zeichen, durch welche man Anderen im Umgänge seine Achtung, Liebe, Er gebenheit ober Wohlwollen auSdrnckt. DaS Wort selbst: „Gruß, grüßen" ist hcrzuleiten von dem plattdeutschen „gi-ovlou", welches „groß machen" bedeutet. So heißt denn „Gott grüße Dich" nichts Anderes alS: „Gott mache Dich groß, beglücke, segne Dich." Bald besteht die Begrüßung in gewissen Geberden, bald sügt man diesen stummen Zeichen der Gesinnung »och eine ausdrückliche Versicherung ober eine Wunschformel bei. Die Verschiedenheit gebt aber oft so weit, daß daS, waS bei einem Volke als Höflichkeitsbezeigung oder als vorzügliche Artigkeit gilt, bei einem anderen für ein Merkmal der Ungeschliffenheit angesehen wird. I» den meisten deutschen Ländern ist eS Sitte, wenn man Damen seine Achtung auSSiücke» will, ihnen die Hand zu küssen. In Italien dagegen gilt dieser Handkuß alSein Zeichen der Vertraulichkeit, die sich nur die der Familie nächst- siehenden Freunde erlauben dürfen. Die rusfische» Damen dagegen lassen sich nicht die Hand, sondern di« Stirn küssen, und eine Unterlassung dieser Sitte oder ein Handkuß würde einer groben Verletzung der gesellschaftlichen Formen, wenn nickt einer Beleidigung glcichkvmmcn. Vielfach findet man i» katholischen Ländern statt der üblichen Grußformeln: „Guten Morgen!" u. s. w. den vom Papst Benedict Xlll. 1728 anempsol,lenen katholischen BnnkcSgruß: „Gelobt sei Jesus Christus!", welcher mit dem Gegcngruß: „In Ewig keit, Amen!" erwidert wird. Wir pflege» selbst den vornehmsten Personen gegenüber unsere Achtung durch Entblößen deö Kopses und Vorbeugung zu bezeigen, eine Sitte, welche allgemein erst seit dem 16. oder 17. Jahrhundert in Gebrauch gekommen zu sei» scheint. Ter Nüsse aber wirst sich vor leinem Herr» zu Bode», um faßt seine Knie und küßt sie. Der Polo verneigt fick bis zur Erde; der Böhme küßt die Kleider dessen, dein er tiefe Er gebenheit zu erkennen geben will. Fast bei allen Völkern gellen wechselseitige Berührungen als Ausdruck jronndschafllicher Gesinnungen; man findet demnach auch bei vielen nichteuropälschen Völkern Händedruck, Umarmung und Kuß als Zeichen der Achtung und Liebe. Ginge Völker berühre» »och andere Tbeile dcS Körpers bei d.r Be, rüßung. So drücken die Lappländer, wenn sie sich begrüßen, die Nasen fest aneinander. Der Türke schlägt l ide Hände über einander, legt sie aus die Brust und beugt s ch »ul dem Kopse gegen Den. welchen er grüßt. Der Gruß t:r Hindu in Bengalen besteht darin, daß sie mit der rechten Hand die Stirn berühren und dabei den Kops vorwärls l uzen. Bei einer tiefen Verbeugung legen sie erst die rechte Hand aus die Brust, berühren dann mit dieser Hand die Erde und zuletzt die Stirn; dabei nennen sie sich „unter lbänige Sclnven" Dessen, welche» sie begrüßen. Die Bewohner der nianilischen Inseln beuge» den Leib sehr lies, legen d e Hände auf ihre Backen, halten ein Bein in die Höhe und die Knie gebogen. Die Insulaner auf den neue» Philippinen fasse» die Hand oder gar den Fuß des zu Begrüßenden und reiben mit demselben ihr Gesicht. Auf der lnsel Sumatra neigt sich der Grüßende, bittet um den Unken Fuß Dessen, den er grüßen will, kniet dann aus die Erde und berührt mit dem Fuße seine Stirn, Wirbel, Brust und Knie; zuletzt berührt er mit seinem Kopse die Erbe und bleibt einige Augenblicke aus dem Bauche liegen. Uebcrhaupt hat sich im Morgenlands die uralte Sitte, sich vor voriiebmen Personen »icderzuwerscn, erhalten, wie den» auch im Ganzen die Art der Begrüßungen den Stempel sclavischcr lliiterwülsizkcir an sich trägt. Bei einem Gastmahle in Persien gebt der Wirlh seine» Gästen eine Strecke enh gegen, bewillkommnet sie mit den ehrfurchtsvollsten Compli- mente» und laust tan» schnell bis an die Tbüre seines HauscS zurück, um hier die Ankommenden zu erwarte» und sie noch einmal mit denselben Cerenionien zu begrüßen. In China bat man besondere Grüße für Männer, besondere für Frauen. Tressen sich bekannte Männer, so schlagen sie die Hände aus der Brust oder über de», Kops zusammen, beugen den Kops cm wenig nur und sagen Hin, Dsin! Freunde, die sich nach langer Trennung Wiedersehen, feste» wiederholt aus die Knie und beugen den Kops zur Erbe nieder, indem sie dabei sprechen: Xa ko? (Ist Aller bisher glücklich abgegangcn?) oder Vuug so! (DaS Glück ist aus Teinein Antlitz ab gebildet!). Frauen begrüße» sich mit de» Worten: Van so! (Alles Glück sei aus Hemer Seite!); sie dürsen aber niemals Männer grüße». Kinder »nd Dienstboten fallen vor Eltern und Herrschaften aus die Knie. Begegnen sich zwei Personen zu Pjcrde, so steigt der Niedere vor dem Höheren ab und läßt siebend diesen vorüberrciten.— In Japan zieht der Niedere vor dein Höheren die Sandalen aus, steckt die rechte Hand in den liuke,i Acrinel, läßt die so verschränkten Arme langsam bis an die Knie hinabgleitcn, geht mit kurzen, gemessenen Schritten an dem Andern vorüber und ruft mit furchtsamen Geberden: vlugü! ^Vugli! (Füge mir kein Leid zu!) — I» Siam wirst der Tiescrstehende vor dem Höherstehenden sich zur Erde. Dieser sendet einen der Diener, von denen er zahlreich umgeben ist, hi» und läßt untersuchen, ob jener ctivaS llebelriechendeS gegessen habe oder bei sich führe. In diesem Falle empfängt er von de». Vornehmen einen Fußtritt und muß sich sofort entfernen; im entgegengesetzten Falle hebt Um der Bediente ans. Frauen, auch schon bejahrte, begrüßt man mit Namen, die von den schönsten und kostbarsten Dingen entlehnt sind, doch immer mit dem Zusatze: „jung", z. B.: junger Diamant, junge« Gold, junger Himmel, junge Blume n. s. w. — Der Araber ru>t dem ihm Begegnenden zu kulam aleiknm! (Friede sei mit Euch!), indem er dabei die Hand aus die Brust legt, zum Zeichen, daß der Wunsch ibm von Herzen komme; die Antwort aus diesen Gruß ist -Lloüciun egsalam! (Mit Euch sei Friede!) Vornehme Araber pflegen sich zwei- bis dreimal zu umarmen, küssen sich die Wangen und erkundigen sich zwei- bis dreimal nach dem gegenseitigen Befinden, wobei jeder seine eigene Hand küßt. In Afrika ist die Begrüßung durchaus sclavisch. Die meiste» Völker fallen aus die Knie und küssen die Erbe. In Guinea ersaßt der Grüßende die Finger beS Andern, bringt sie in eine besondere Loge, drückt sie, schnappt schnell damit und rust dabei: .Vkkio! ^Vkkio! (Dein Diener! Dein Diener! aus. fällt auf die Knie, senkt den Kops aus die Erde und be deckt Kops und Schultern mit Sand. — In Kairo giebt c» an 2l> verschiedene Arten, einen Bekannten zu begrüßen; z. B agt Jemand: Möge Dein Tag weiß sein! so lautet die Ant wort: Möge der Deinige wie Milch sein! Während die Art der Begrüßung zwischen den Ein geborenen Südamerikas eine äußerst kurze »st und nur in der Anrede ro ka? (Du?) und der Antwort AI (Ja!) besteht, ist wohl die umständlichste Begrüßung-Sitte unter den Völkcrstämme» des nordwestlichen Amerika. Begegnen sich jwci Hause» solcher Wilden, so machen sie auf 20 bis 30 Schritte Halt, legen sich aus die Erde und bleiben still liegen. Daraus treten die beiden Aelteste» hervor und erzählen sich ehr umständlich ihre aus der Reise bestandenen Gefahren. Nach Beendigung dieser Erzählungen ertönen aus beiden Seilen laute Seufzer, welche allmälig in ein abscheuliches Geheul übergehen. Mil diesen herzzerreißenden Beweisen der Tbeilnahme nähern sich die beiden Hausen, dann werde» Tabakspfeifen hernmgegeben und bald verwandelt sich daS Trauerconcert in fröhliche), ausgelassenes Lachen. — Aus der Goldküste umarmen sich Freunde, fügen die zwei Vorderfiiigcr der reckten Hand so zusammen, daß sie knacken, und sage» wiederholt: Tluri! TluÄl (Guten Tag! Guten Tag!) Dem Engländer Sncllgrave wurde mit seinen Begleitern seitens eines Gesandten des König« von Dahomey, der 500 Negersoldaten bei sich batte, eine höchst merkwürdige Begrüßung zu Tbeil. Die Oificiere dieses Corps näherte» sich den Engländern mit entblößten Degen, die sie unter selt samen Sprüngen unanshörlich um den Kcps schwangen. Dann setzten sie »hnen den Degen aus den Leib, und nach Wieder holung dieser Capriolen erst reichte ihnen der Gesandte die Hand und trank ihre Gesundheit. — Etwa» Schreckhaftes bat die Begrüßung der Mauren in Marokko an sich Der Maure reitet im Galopp aus den Fremden zu. al» wolle er ihn über den Hansen reiten, parirt dann sein Pferd und feuert nnter der Nase deS zu Begrüßenden daS Gewehr ab. In anderen Gegenden Afrika» zieht man sich auch die Kleider Aus Frankreich. * Die Verletzung einer Gesandten, die Störung der völkerrechtlichen Exterritorialität und Sicher heit, wie sie den Wohnungen der fremden Vertreter anhastcn, gilt bei jedem Culturvolk atS eine schwere, ernst zu nehmende Misselhat. Den Bemühungen der europäischen Civilisatio» ist eS auch gelungen, nach zahlreichen Opfern an Gut und Blut, diesem Grundsatz bei den uncivilisirtcn Nationen Geltung zu schassen. Nicht »ur bei de» Völkern morgenländischer Cultur ,» Persien, China, Japan hat daS Jahrhunderte alte euro päische GesaiidlfchaslSreckt Eingang gesunde», auch bei den wilde» asriknniscken Stämmen, bei den Naturkinbern der üdsee gilt, wie »n Allerthnni, der Abgesandte eines fremden Staate« u»d Volke« für heilig. Eine andere Auffassung scheint Frankreich zu herrschen. Dieses Land bemüht sich seit dem letzten Kriege, den kulturgeschichtlichen Boden, ans welchem eS i» Europa stand, mehr und mehr auszugebc». Wenn eS sich um Deutschland und ui» Deutsche handelt, dann wird jedes Gesetz und jede Sitte verleugnet. Kaum darf sich ein Deutscher in daS ungastliche Land wagen, und fortwährend muß unsere Presse davor warnen, daß harmlose Deutsche sich den Be drohungen durch die von der Hetzpressc ausgereizlcn Pöbel- Hause» auSsetzen. Daß der Rechtsschutz in Frankreich einem Deutschen verweigert wird, haben unsere Landsleute in Bel- sort ersabren, und nock jüngst konnten wir über einen anderen Fall der Iustizverweigerung i» Nancy berichten. Auch daö deutsche BolschaslShotel ist nickt mehr sicher, wie der Fall Gaönier beweist. WaS würde wobt die französische Presse geiban haben, wenn ein Attentat in den Räumen ihrer Bok- chast aus rem Pariser Platz vorgefallen wäre? Welche Gc- »ugthuung würde dann von Deutschland gefordert worden ein, welche Ahndung würde man in Frankreich gegen den Tbäler veriaugl habe»? Von dem Fall GaSnier dagegen hört man fast gar nichts; die Presse in Frankreich behandelt ihn alS eine kaum erwähnenSwertbe Tbatsache, und eS ist n»S nickt bekannt, ob die sranzösische Regierung, wie eS die Sitte ersordert, ihr Bedauern ausgesprochen und die gericht liche Untersuchung zugesagt hat, sowie ob diese ihren prompte» Fortgang nimmt. Die „Post" glaubt nicht zu irren, daß in diesem Verhalten der französischen Negierung eine Befestigung der guten Beziehung zu Deutschland, die sie angeblich unterhalte» will, nickt erblickt werden kann. * AnS Paris, 2. October, wird gemeldet: Der Präsident Car not hat heule Vormittag ein aus die in Frankreich wohnenden Fremden bezügliche- Decket unter zeichnet. In der Darlegung der Motiv- Hecht eS: Die bezügliche» »atistiichen Erhebungen beweisen, daß sich die schon sehr »amhaste Zahl der Fremden in Frankreich stetig durch Einwanderung vor- größer». Diese Lage der Dinge hat die besondere Aujinerkiamkeit der Regierunz aus sich gezogen, welche, dem Beispiel der Mehrheit der anderen Nationen folgend, der Ansicht war. daß c- rathsam sei, die Verwaltung in den Stand zu setze», die Verhältnisse kennen zu lernen, unter welchen sich die Niederlassung von Personen oder Familien aus dem Auslände aus sranzöstichem Boden vollzieht. Das Teeret bezieht sich ans die in Frankreich bereits- wohnenden oder noch erst dahin übersiedelnden Fremden. Tie Verpflichtung eines Ausweiics, welcher vermittelst Lcgitimalioiispapierc ersolgcn muß, dürste keinerlei Wioerspiuch begegnen, der sich aui die vor handenen vertragsmäßigen Verpflichtungen Frankreichs stützen könnte, weil dciselb: nicht Anlaß zur Erhebung von beiondcren Steuern giebt. Das neue Reglement bezieht sich nur aus Fremde, welche sich definitiv in Frankreich Niederlagen. Dasselbe betrifft keineswegs diejenigen Fremden, welche sich nur vorübergehend, sei eS wegen Geschäften, sei eS zum Vergnügen, in Frankreich aushaltcn. Der Text des Dekretes lautet: Artikel I. Jeder »ich» zum Wohnsitz in Frankreich berechtigte Fremde hat, wen» er sich daselbst niederzulassen gedenkt, innerhalb l-t Tagen nach seiner Ankunjt, den, Bürgermeisteramte des betreffenden Nicdcrlassungsortes folgende Erklärung abzugeben: 1) Ter eigene Name und Vorname sowie die Name» und Vor namen der Eltern. 2) Die Nationalität. 3) Datum und Ort der Geburt. 4) Letzter Aufenthaltsort, 5) Profession oder sonstige Exisienz'iiiltel. 6) Namen und Alter der Frau, sowie der etwaigen minderjährigen Kinder. Diese Legilimallonspapiere müsse» der Erklärung beigesügt sein, besitzt der Fremde diese Papiere nicht, so kann der Bürgermeister mit Zustimmung des Präsecte» dem Antragestcller eine gewisse VerzugSsrist zur Beschaffung derselben gestatten. Eine Empfangs bescheinig»»« iür die Aushändigung der Erklärung an den Inter effcnte» ersolg« unentgeltlich. Artikel II. In Paris und Lyon müssen die Erklärungen bei dem Präfekten deS Seine» und Rhonedepartements gemacht werden. Artikel III. Im Falle der Wohnungs-Veränderung muß bei dem Bürgermeisteramt des neuen Aufenthaltsorte- eine neue Erklärung abgegeben werden. Artikel IV. Den gegenwärtig in Frankreich wohnenden unv »och nicht zum Wohnsitz daielbst berechtig»',. Frei» den kann ein Ausschub von einem Monat gestattet werden, um den vorgenannten Bestimmungen nachzulonimen. Artikel V. Zuwider handlungen gegen diese Formalitäten werden durch Polizeistrasen ge ahndet, wobei jedoch dem Ausweisung-recht, welche- dem Minister dcS Innern zusteht, kein Eintrag geschehen soll. * DaS Vordringen der deutschen Industrie im otto- manischen Reiche verursacht den Franzosen schlaflose Nächte. ES macht einen komische» Eindruck, wenn die sran zösischen Blätter Schmerzendschreie auSstoßcn und die arme Türkei bejammern, welche „unter einer furchtbaren Invasion der Deutschen dabinslirbt", einer Invasion, welche völlig sricv lich, lediglich handeltreibend, aber eben so gefährlich sei alS «nie Invasion mit gewassneler Hand — während eS dieselbe» Blätter ein paar Zeilen weiter unten nur in Ordnung finden, daß Frankreich beinahe cm volles Jahrhundert hindurch den Handel mit der Türkei gleichsam monopvlisirt habe. Am aus geregtesten zeigt sich der „Figaro". Er gräbt aus dem unterm 23. August erstatteten Bericht eines im Orient stationirten hohen sranzösische» Beamten folgende Stelle auS: „Die Zahl der in verschiedenen Oertlickkeiten de- ottomnnischen Reiche- sctzhnk» gewordenen Deutsch-n hni in einer eben io sevr für die handeltreibende Bevölkerung dieses Landes al- für den Handel und die Industrie der ,n Hoodelsbeziebiingen zur Türkei stehenden aaderen Länder Europas bedrohlichen Weise zugenommen." Den Essect dieses Kassandrarufe« z» verstärken, ertheilt d" »Figaro" einem Konstantinepcler Corresponventcn das Wort zu folgenden Ergießungen: „Alle Welt klagt über diese Eindringlinge; wir haben eS hier mit einer friedlichen, langsamen, aber ununterbrochenen und fort schreitende» Invasion zu ihu». Der Handel verflüchiigt sich immer mehr aus der Haud der Lingeboreae, uud der seU Laagem ta Konstantinopel, Smyrna und aoderwärtS etablirtcu Ausländer und geht zu den Deutsche» über. Nicht- vermag ihnen zu widerstehen; sie erobern Alles, sie legen sich aus alle uur denkbaren Geschäft-« zweige. Denen, die sich mit ihnen etnlassen, gewähren sic alle mög- lichcn Erieichieruvgen; sie gehen überall hi», sie sassen überall sesten Fuß. Sie treffen tagtäglich in Grupven zu 5, 10, 15 Personen in Koustanlinopel ein. Man finvet sie überall, in allen Erwerbs- und Beruisarten. Bisher widmeten sie sich vorzugsweise dem mittleren Handelsbetrieb. Jetzt sind sie sowohl in den Groß- als in den Kleinhandel eingedrungen." Der Briesschreiber dcS „Figaro" bemerkt noch, daß seit Eröffnung der Satonichi bahn die deutsche Einwanderung »ach der Türkei einen bedeutenden Aufschwung genommen habe. DaS Blatt sieht übrigens schon den Zeilpuuct Heran naben, wo daS bisberige sranzösische Quaff-Monopol deS Orientbanvelö in die Hände der Deutschen übergegange» sein werde, welche dir Türkei überschwemmte» unv derselben ihre Cultur ausdrängtcn. Im Namen de» Patriotismus endlich beschwört der .Figaro" seine LandSleule, die Ohren steif zu halten und nicht zu vergessen, daß die Deutschen ein Volk seien, welckeS die Eroberungen aus dem Gebiete de« Handels ebenso liebe, wie dnjenigen aus dem Gebiete der Politik. Da hätten wir Venn den Appell an den Chauvinismus, von besten Tborhrit die Franzosen sich nachgerade doch überzeugt haben könnten. ' ^ ^ Sachsen. * Leipzig» 3. October. In der gestern Abend statt- gcfundencn Gtaserversammlung, welche wie gewöhnlich von Herrn Kannegießer geleitet wurde und von circa l50 Gehilfen besucht war, wurde die Annahme dcS von dem Gesellcnausschusse und der Innung vereinbarten Tarifs ab- gelehnt. ES streiken also die noch außer Arbeit befindlichen Gehilfen, etwa 30, weiter, die andere» arbeiten schon seit kürzerer oder tangerer Zeit wieder. * Stötteritz. 3. October. Im Anschluß an unsere vor Kurzem gebrachte Notiz, betreffend die am 21. vor. Mts. erfolgte Verhaftung des hier prakticirenden Natnrbcilkun- digcn D., ist mitzutheilen, daß der Inhastirte bis aus Weiteres entlasse» worden ist. Die Angelegenheit, welche die Cur eines achtjährigen Mädchens betrifft, soll indessen weiter ver- olgt werden unv darf man aus den AuSgang der Sache gespannt sein. * Borna, 2. October. In der Nacht zum vorigen Sonntag hat sich der 17iährige Lehrling L., beim Sckloffer- meister K. hier in der Lehre stehend, unter Mitnahme voll 160 in Gold, welche er seinem Meister zuvor entwendet hatte, von hier heimlich entfernt. Um zu dem Gelde zu gelangen, mußte derselbe zuvor drei verschlossene Thürcn, oww den ebenfalls verschlossenen Sccretair, in welchem sich daS Geld befand, öffnen, was ilnn, da er säminttichcö Hand werkszeug dazu in der Wcrkstcllc vorsand, nicht schwer sein konnte. * Zwickau, 2. October. Herr Bergdircctor und Mark- ckeider Scken cke hier, welcher seit nuumebr 25> Jahren als erster technischer Beamter daS Steinkohlcnwcrk von C. G. Falck in Bockwa leitet, wurde anS diesem Anlasse am vorgestrigen Tage vor versammelter Belegschaft durch den Wcrksbevoll- mächtigten, Herrn Iustizralh Wols-DrcSde», sowie von den übrigen WerkSeigenthümern herzlicbst begrüßt und reich de- chenkt, wie auch die Ossiciaiilcn und Arbeiter werthvolle Ge schenke spendeten. Bei derselben Gelegenheit wurden außer dem 12 Arbeiter, welche gegen 20—30 Jahre bei genanntem Kohlenwerke beschäftigt sind, durch ansehnliche Geldgeschenke von der Verwaltung ausgezeichnet. Nach dem festlichen Acte zog die gesammte Belegschaft in Paradeuniform mit klin gendem Spiel nach der Kirche zu Bockwa. woselbst ihr DiakonuS Lebmann die Bergpredigt hielt. Ai» Abende aber versammelte sich im geschmückten Saale deö Gastboss zu Bockwa die Belegschaft mit den Osficianten, der Bevoll mächtigte und viele geladene Gäste zu einem gcmeinschasllichen Festmahle, dem sich ein sehr belebter Ball auschloß. * Frcibcrg, 2. October. In dem benachbarten Mü- diSdors ertrank im Wassertroge auf dem Hose des etter tichen Hause« daS zwei Jahre alte hinterlassene Söbnchen dcS dortigen Cinwol'nerS Tannebcrgcr, daS in der Nähe deS Troge« gespielt batte. — Bei dem schweren Gewitter, daS vorgestern schadlos über Frcibcrg hinwcgzog, schlug ein Blitz in das Seitengebäude deS Herrn H. C. Kluge in dem naben Wcgcsarth und zündete, doch wurde infolge deö schnelle» LöschenS daö Gebäude nur wenig beschädigt. — In der Nachbarstadt Brand trat an die Stolle des nach Leipzig versetzten Referendars dcS dortigen Amtsgerichts, Herrn Dr. Tietzsch, Herr Referendar Richard Lange aus Plauen i/V. * Dresden, 3. October. Am Abend dcS 19. Juni wurde die Ehefrau dcS 4l Jahre alten ZimmermannS Gustav Ernst Hänset in dem Dorfe Ncnkaditz von letzterem aus eine barbarische Weise mißhandelt und entfloh hieraus in den nahen Busch. DaS beklageiiöwertbe Weib kehrte Morgens 4 Uhr, vom Nachtfrost durck'schüttelt, in die Wohnung zurück und erhielt, nachdem der dem Trünke ergebene und jäh zornige Mann wieder, wie gewöhnlich, Geld zu Schnaps verlangt hatte, nochmals Schläge. Häusel warf schließlich die Aermste, der man allgemein daö beste Lob als sparsamer, fleißiger und sanstmüthiger Hausfrau zollte, mit voller Wucht und unter der Bedrohung mit Todtschlag an die Thür-de« im Hose befindlichen Schuppens. Hier brach die Hänsel zu sammen, raffte sich aber mit Aufbietung ihrer physischen Kräfte wieder aus und flüchtete abermals in den Busch; nach ihrer Rückkehr in die Wohnung sank die unglückliche Frau, mit dem Kopse an die Wand schlagend, nochmals zu Boden und gab wenige Minuten später ihren Geist aus. Die Section der Leiche ergab, daö die bejammerns würdige Frau an einem bedenklichen Herzfehler gelitten hatte und cs konnte daher nicht mit voller Bestimmt heit angenommen werden. daß der Tod lediglich eine Folge fortgesetzter Mißhandlungen seitens dcS Angeklagte» war. AuS der fünfstündigen Beweisaufnahme ergab sich nämlich, daß Hänsel schon seit Jahren daS bcklagcnSwerthe Opfer seiner Brutalität mit Fäusten, Stockscblägen und Fuß tritten tractirt, sowie wiederholt in kalten Nächten aus der Wohnung getrieben und hungern lasten hatte. Bemerkt sei nock', daß H. als Soldat deö 4. Jnf.-Rcgimentö Nr. 103 bei Nouart und Sedan verwundet wurde und eine Invaliden- pcnsion von monatlich 63 bezog. Herr Staatsanwalt Ilr. Merz gab seiner Entrüstung über die entsetzliche Rohheit deS Angeklagten und dem Gefühl de« innigsten Mitleides für die arme Dulderin beredten Ausdruck und betonte, daß Hänsel eine viel größere Schuld als ein Einbrecher aus sich geladen habe. DaS gestern Nachmittags gefällte Urtheil lautete aus 3 Jahre 1 Woche Gesängniß. vermischtes. -7— Altenburg, 2. October. Bei dem Gewitter welches am Sonntag über unsere Gegend zog und ziemlich heftig austras, schlug der Blitz in Gieba in ein HauS ein. richtete einige Zertrümmerungen an. zündet« jedoch nicht. — Am vorigen Sonntag feierte der Häusler Pa>ck> in Klein stechau sein goldenes Ehejubiläum und süblte sich mit seiner Frau so munter und rüstig, daß er Nachmittag« noch zur Kuck« nach Großstechau ging, woselbst da« Ehepaar den Segen der Kirche erhielt. Am Abend fand in der Wohnung des Jubelpaare« «ine klein« Festlichkeit statt, zu der di« nächsten Verwandten eingeladen waren. Nach Beendigung de« Abend essen« fühlte sich der Jubilar jedoch nicht mehr recht wohl, weshalb er sich in den Lehnstuhl an den Ösen setzte, wo selbst er nur zwei Stunden später verschied. — Bor acht Tagen theilten wir mit, daß polnische Arbeiter sich in Meuselwitz gelegentlich einer dortigen Bereiiissest- lichkeit, an der sie gar nicht berechtigt waren, theilzunehmen, Ausschreitungen erlaubt hatten, die von den verderblichsten Folgen für sie und Andere sein würben, und schon heute bringt der „Bote von der Schnauder" folgende Mittheilung: „Am Sonnabend Vormittag ist der Grubenschinied Binnwerk den ibm am 23. September Abend« im „Weinberge" von einem polnischen Arbeiter zugefügten schweren Kopfverletzungen erlegen, nachdem er sich seit seiner Verwundung in bewußt losem Zustande befunden hatte. Der in Folge so entsetzlicher Ursachen auS dem Leben Geschiedene, ein braver Gatte und Vater und tüchtig in seinem Berufe, war auch wegen seiner Freundlichkeit und Geselligkeit sehr beliebt und wird sein trauriae« Ende allgemein beklagt. Gleiche Theilnabme wendet sich auch der schwergeprüften Gattin zu. die, nachdem schon ibr erster Gatte vor einer Reihe von Jahren den Tod durch Verunglückung fand, nun abernialS den treuen Lebensgefährten o unerwartet verloren hat." - Zeulenroda, 3. October. Bei Gelegenheit deS 450 jährigen Stadtjubiläums hat der erste Bürgermeister Herr Vv. zur. Westphal bierselbft, noch während der An wesenheit deS regierenden LandeSsllrsten in hiesiger Stadt, trotz seiner erst dreivierteljährigcn, aber erfolgreichen hiesigen Thätigkeit das Prädicat „Oberbürgermeister" verliehen erhalten — Wien, 1. October. DaS große internationale Wcttfahren, welches der Wiener Rennverein für Nadsahrsport gestern als Herbstrennen aus seiner Renn bahn im Prater veranstaltete, folgte dem im August hier ab gehaltenen Feste de« deutsche» NadsahrerbundeS doch zu bald, alS daß aus eine stärkere Betbeitigung von auswärts zu rechnen gewesen wäre, und in Folge des schlechten Wetters, da« gestern herrschte, fand sich auch da« Publicum nicht zahlreich ein. Cs sande» zehn Rennen statt, an denen sich Mitglieder aller Wiener Radsabrcrvereinc und außerdem je ein Radfahrer aus Wiener Neustadt, Linz, Leipzig und Frankfurt a. M. be- theiligte». Beinerk-'nsiverth war daS gestrige Wettsahren da durch, daß um drei Mcisterscbasten gekämpst wurde. Die Meisterschaft von Wien aus dem hohen Zweirade errang Herr Gericke (Wiener Radfahrer-Club), die Meisterschaft von Wien ans dem Dreirad« Herr A. Silv /„Wanderer"); im Meister- cbaftSsabren von Oesterreich aus den, Zweirade über die lange Strecke (10 000 m) trug aber ei» Ausländer, Herr I. Goebel auS Frankfurt a. M., de» Preis davon, indem er die Strecke von 10 c km in 20 Minuten 34 Sekunden durchmaß. Herr A. Sild (.Wanderer") gewann nebst der Wiener Meisterschaft aus dem Dreiradc gestern noch drei erste Preise, „nd zwar im Erösjnnngssahren ansSicherheits-Maschinen, im Dreirad-Haupt« iahrcii und im Dreiradsaliren mit Vorgabe. Außerdem siegten )crr TrinkauS („Wanderer") im Bersuchssabren aus dem hohen Zweirave, die Herren Bohatta und E. Pernolv („Wanderer") im Doppelsitz-Drciradsahrcn mit Vorgabe, Herr W. Guth (Radfahrer-Club) ii» DamenpreiSsahrcn aus hoben Zweirädern und Herr M. Meister („Vorwärts") im Zweiradsahren mit Vorgabe. I» dem Verzeichnisse der beidemWeitsahren betheiligten Wiener Ratsahrcrvercine bemerkten wir auch ein Mitglied eines „Clubs der czecho-slawisckcn Velocipedisten" in Wien. ES giebt onilt unter den vielen Wiener Radsahrervercincn auch einen czechischen, der übrigens erst jüngst entstanden sein muß. DaS ist eine neue, für bas Auftreten des CzechentbumS in Wien wieder bezeichnende Erscheinung. Also sogar auf einem national so unterschiedslosen Sportgebiete, wie es daS Nad- abrcn ist, wollen die Wiener Czechcn sich nicht einem der bereit« bestehenden Wiener Vereine anschließen, sondern niüssen ihre Nationalität durch Gründung euicS eigenen Vereins zur Geltung bringe», um nur dadurch de» künstlichen Schein der Bedeutung und Verbreitung deS CzechentbumS in Wien zu verstärken. Wen» aber die czechischen Radfahrer in Wien sich schon so exclusiv qcbcrde», so ollten sie auch sietS mit oem Bewußtsein ihres GzechcnthumS^ür sich bleiben und sich bei gemeinsamen Festen der übrigen Wiener Vereine nicht in deren Reihen dränge». ----- Ein blutiges Drama im hohen Norden. Die Polarinscl Nowaja Se m lj a wird bekanntlich administrativ und gerichtlich zuni Gouvernement Archangcl gezählt. Im Sommer 1882 brachten einige Schiffer, die aus Nowaja Semlja nach Archangcl zurückkamen, die Nach richt. Laß ei» Samojede auj der fernen Insel sieben seiner LandSlente »mgcbrachl hätte. Der damalige Gonvernciir von Archangcl, Geucrat Baranow, sandte nun sofort zur Unter suchung dieser Afsaire den Beamten Robusch per Dampfer nach Nowaja Semlja. Allein der späten Jahreszeit wegen konnte der Dampfer nur einige Stunde bei der Insel bleiben und der Beamte, konnte von den Bewohnern deS Dorfes Malyje Karmakuly nichts über den Mord erfahren. Sechs Jahre sind nun seitdem vergangen und erst jetzt ist das ent setzliche Verbrechen Dank einem Reisenden Namens Nossilow, der daS letzte Jahr in Nowaja Semlja überwinterte, anS Licht gekommen. Nossilow wußte von dem Verbrechen, er erfuhr aus der Insel de» Namen deS Mörders und eS gelang ihm sogar kürzlich, den Verbrecher, einen Samojeden Pirerk. de» Händen der Gerechtigkeit zu überliefern. Die folgenden Details dieser Mordassaire zeugen dafür, daß unser hoher Norden, trotz deS ossiciell eingcsührlen EhristentbumS, noch lies heidnisch ist. In den Jahren 1881 bis 1882 hatte Pirerk mit seiner ganzen Familie die bitterste HungerSnoth zu be stehen. Alle LebenSnnttel waren verbraucht, die Fischerei aber brachte in den beiden Jahren nichts ein. AIS schon der Hungertod vor der Thür stand, wandte sich der Samojede an einen Götzen und schwor, ein Menschenopfer zu bringen, wenn ihm der Götze reiche Beute schicken wollte. Als nun der nächste Fiscbzug wirklich äußerst günstig au-ficl, hielt Pirerk seinen schrecklichen Schwur und erstach ein kleine« Mädchen dem Götzen zum Opfer. Zu ihrem Unglück waren bei der schrecklichen That Zeugen anwesend, LandSlente dcS Pirerk. Sir warfen ihm seine Grausamkeit vor und erinnerten ihn an die furchtbare Verantwortung vor der russischen Obrigkeit. Dieser Umstand brachte den Mörder auf den Gedanken, auch die Zeugen seiner That auS der Welt zu schaffen. Je näher nun die Zeit herankam. wo der erste Dampfer auS Archangcl eintreffcn mußte, desto rciser wurde der entsetzliche Vorsatz und als der Polarjrühlmg «»brach, brachte das Scheusal sechs von jenen Zeugen seine« ersten Verbrechens um. — Als Nossilow den Mörder aus der Insel gefunden hatte, überredete er ibn, nach Archangcl zu kommen und lieferte ihn hier der Obrigkeit aus. Pirerk ist schon geständig unv wird demnächst gerichtet werden. --- Wie viel betrug daS Schcrflei» der armen Wittwe? In einer rheinischen ländlichen Schule unter richtete, laut der „Essener VolkSzeituna", der Herr Pfarrer über daS Almosengebcn »nd führte u. A. da« reiche Almosen deS Pharisäers und daS Scherslein der armen Wittwe an. Ans seine Frage, wie viel wohl daS Scherflein der armen Wittwe betragen habe, gab eine Schülerin zur Antwort: .12 Mark 42 Pfennig". Ueber diese seltsame Antwort befragt, erklärte sie: „Im Katechismus steht: DaS Scherslein der armen Wittwe. Mark. 12. 42."
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