Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1889

Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Lrt«1i«u »»i LrPeditir» J»d,„e«g»ss, 8. OPrnhlluidr, der 8et«rti«u'. V»r»iN,^ 10—l> Uhr. N»ch»t«a,« b—6 Uhr. - >,»«»«» her für hte »>»ftk»>-e,h« I>»»er heAt«»te» Iuseratr » «»«entu-ru bt« » Uhr ,»h FrsNa,eu srü» bt«Uhr. 3n »kl, FUi>lk> str Zns.-L»a>tz»r: VN« Me«». u,i»ettllö»«-r»ß, 1. «Rhortunistr. N, p«n u»l> »öil,«pl«» 7. ,»r dt« '/.« Uhr. KipMer.TllMM Anzeiger. Organ fSr Politik, Localgrschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Adonnenientsprei« vierteljährlich «»/, Mk. t»cl. Bri»qerl»h, b Mk.. durch dir Post bezöge» 6 Mk. Jede ttazttne Nummer 20 Ps vrlrgrrrmplar 10 Ps. Gebühre» für Extrabeilagen ti» Taizedlali-Furmat gesaljtl »tz»r Postbes-roerun- SO Mk. »t, Poflbesördernng 7V Mk. Susernte 6 gespaltene Petklzeile tO Pf. «rsßere Schnste» lau» »»s. Prei«vrr,e>ch,«ß. Dadellattscher ».Zlfiernsatz »ach h»henn Tattl. Lnlamrn «nter de» Neviktt»,«strich dir 4-ekpalt. Zrtl« 50 Ps. »«doFamiltruaachrichte» hie 6,»spalten« Zeile 40 Ps. gnlrrat» ft»d ftr<« a» dir Expedit,«» »» lenden. — Vadatt attrd »ichl geqebeu 8«hi»»« pr»«r»w»r»oNo »der durch V»ft- »«chnahmr. r»7. Donnerstag dm 18- August 1889. 8Z. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Die Leuchtkraft de« städtischen Leuchtgase« betrug in brr Zeit vo» E. bis I». Nug«st d. I«. >m Argaudbrenner bei 7,5 Millimeter Druck und ISO Litern stündlichem Consum da« 18.0 fach« der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammeubvd«. Da« specifische Gewicht stellt sich i» Mittel auf 0.432. Leipzig, am t3. August 1889. De< -kath» Deputation z« den Ga4a»ftalte>. Lrlrdigt bat sich »»ier« Vekanntmaitiunn vom 8. d. M.. de, Sattler »ad Dilchaer L«d»t« He»nrtch Lihler voo hier betreffend, durch dessen Aestellung. Leipzig, am IS. August 188». La» P«tt»eia«t der Etadt Lethztg. Breilchneider.H. Auftorderung. Lee Dienstknecht Johann Friedrich Arudt, gebore» am 10 No- »enrder 1861 m Ras-Vwitz. wird hierdurch ausgrsoevert, der unier- zeichnetea Behörde, von welcher er vor da« h rsr ie Königliche Amte gericht in einer anhängigen ktrassache al« Zeugt geladen werden soll, se ue, Ausenihailtort sosorl an,«zeigen. Lechzt-, am 10. August 1889. Der Ktni-lt^e A»t««»»alt. Vr. Lob«, Res. LSnig!iche Vangkwerkenschule zu reiprig. Der Unterricht im Semester 1889/90 beginnt Doaner«iag d-n S. O tober früh 8 Uhr. Aar Ausnahme sind ersarderlich: da« vollendete IS Leben«jahr, eiue auf zwei Halbjahre au-gedehnte, praktisch« BeschLstigong im Baugewerbe, rin« Vorbildung, wie sie al« Ziel der Volksschule festgesetzt ist. Höher Vorgebildete können auch dann Ausnahme finden, wenn pe mindesten« ein halbe« Fahr praktisch beschäftigt waren. Außerdem ist ein Impfschein beizudringen. Die ollgemetue «usuahmeprüfung findet Motto» de« -8. Sep tember, früh 8 Uhr. die Piüfung döher Vorgebildeier. sowie die Nachprüfungen Dienstag de« 1. Oktober, früh 8 Uhr. statt, veioe« im Gchullorol, Nirslatkirchplatz Nr. L. Aumeldungen stad bl« zum SS. September» früh IN Uhr» späteste»« schriftlich oder mü»dltch bel dem Unterzeichnete» tz» de- Witte». Die Directto». —» Wilhelm Hey, Davivstr. 11.1. Ssene Lchrerlellt. Znr Irthekluag von 6—8 Unterrichtsstunde» im Zeichnen I» der koche wird ein Lehrer gesucht, welcher sich durch gute Zeugnisse öder seme Befähigung und Erfahrung auSweise» kann. Gesuche mit Zenginßabschrislen sind spätesten« bi« HO. August b. I. bei dem Unterzeichneten einzureichen. Lnrl Volkrom, Dtrector der Oeffeatlichea Handel-lehransialt. Zur Laiserbegegnung. Rebe« der Hochfluth der Begeisterung, welche seit der Ankunft de« Kaiser« Franz Josef in der Hauptstabt de« deatichen Reiche« wogt, treten alle sonstigen Vorgänge auf politischem Gebiete weit in den Hintergrund, der Aufstand aus Kreta und der Proceß gegen Boulanger können eö nur in nebensächlicher Bedeutung bringen, die Blicke der Well lind jetzt fast «»«schließlich nach Berlin gerichtet. Und in der Thal ist der Empfang, welcher dem Kaiser Franz Joses dort bereitrl worden ist, der Jubel, welcher ihn aus Schnlt und Tritt begleitet, wo er sich sehen läßt, etwa« so einzig Da stehende«. die Schlußfolgerungen, welche sich daraus mit über- wälligender Sicherheit ergeben, sind so schwer wiegend, so boch erfreulich, daß wir kaum Worte finden, um die große Tragweite dieser Ereignisse gebührend zu kennzeichnen. 3n Wien herrscht hell« Begeisterung, Alle« ist entzückt über die Huldigungen, deren Gegenstand Kaiser Franz Joses in Berlin ist, die Bevölkerung der österreichischen Hauptstadt Hai jetzt den Beweis in Händen, wie man gegen sie in Berlin gesonnen ist. obwohl la darüber seit langer Zeit kein Zweifel möglich war. Aber persönliche Berührung ist doch siel« wirkungsvoller al« die berzlichste und freundschaft lichste Gesinnung, die keine Gelegenheit hat, sich von Person zu P-rson kundzugeben, ein warmer Händedruck, rin leuchtender Blick, der au- dem Auge des Freunde« zurückslrahlt. ist doch noch etwa« Andere« und W ribvollere«. al« der überschwänglichste Brief, al» der innigste Gruß au« der Ferne. Kaiser Franz Joses hat die beneiden-werlbe Gabe, den Empfindungen seine« Herze»- den liebenswürdigsten Aus druck zu geben, und so war denn -da» Hoch, wa« er aus dem Paradediner auf das deutsche Kaiserpaar und da« kaiserliche Hau« ausbrachte, ein wahrer H-rzenScrg»ß, der seine zündende Wirkung nirgend« verschlt Hut. Die Worte deS Kaiser« sind so scköa, so echt, so lieb, daß ihre naturwüchsige Kraft auch da ihre Wirkung thun muß, wo sie den letzten Rest von Täuschung »Ich erh rstört haben. -erst heb« da« Ala« auf dal Wohl de« Meinem Herzen so nahestehenden Freunde« und Alliirten, auf die untrennbare Verbrüderung unv Kameradschaft zwilchen dessen tapferem und Meiner Armee unv auf die Mehrung und igung der Friedensbürgschaften zum Heile und Segen ter verbündeten Staaten unv Völker unb de» gesammten Europa " So viel Wort,, so viel Zeugnisse für ei» treue- edle- Herz, die bei allen Friedensfreunden der herzlichsten unb freudigsten Zustimmung gewiß sind. Nicht nur die verbün- delen Mächte sollen an den Segnungen der FriedenSbürgichasl lbeilnehmen, welche der Dreibund gewährt, auch da« übrige Europa soll daraus Voribe l ziehen, weil der Friede da« böchste Gut ist. dessen die Menschheit Iheilhastig werden kann. Dieser Gedanke ist so groß, so menscheuwürbig, so echt christ lich >m vornehmsten und edelsten Sinne, daß er überall An- klang finden muß und so recht eigentlich dazu bestimmt scheint, auch den abseits siedenden Tbeil Europa« zu gewinnen. Der Dreibund mit seinem engen Anschluß n» England ist keine BuuoeSaenossenschasl zur Erwerbung von Gütern, w ' einen Verlust aus der anderen Seite bedinge», sondern em Bund zur Sicherstellung eine- Guie«, dessen Werth nicht aui ollen Seiten gleichmäßig erkannt unv g-würtigt wird. Die Möglichkeit der Machterweiterung unv GebielSvergrößerun , welche den FriedenSsemden vorschwebt, steht in gar keinem verhältniß mit dem Schaven, welchen selbst der Sieger er leidet. durch einen großen furchtbaren, mit allen Zerstvrung«- werkzeugen der Gegenwart geführten Krieg. Und deshalb haben die Frieden«fteundr die heilig» Pflicht. Alle«, »a« in ihrer Macht steht, zur Vermeidung eine« so entsetzlichen Un- glück» zu ihun, wie e« ein Krieg zwischen Großmächten unler allen Umständen ist. Diese Wahrheil hat Kaiser Franz Josef in seinem schönen Trinkspruch Europa zu Gemüthr ge führt und hat ihm damit einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Kaiser W'lbelm hatte in seinem Trmkspruch aus den innig- geliebten Freund und Bundesgenosse, und aus die Kamerad- ichasl de« deutschen und österreichisch-ungarischen Heere« den selben Gedanken angeregt, aber auch die Möglichkeit nicht außer Acht gelassen, daß vereinst der Bllndnißiall einmal ein- lreten könni«. Dadurch gestalten sich beide Trinkip ücke zu einem harmonischen Ganzen, denn nur durch die Eisüllung der Vorau-ietzung höchster Schlagserligkeit unv Kriegsbereit- schalt der Heere der verbündelen Mächte trilt die volle Wirkung aus da« üblige Europa in Kraft, welche de» Frieden zur Nothwendigkeil macht. Kaiser Wilbelm ist mckl minder ein Bürge de« Frieden«, wie eS Kaiser Fra»; Joses ist, aber seiner jugendsnschen energischen Natur enlspr-chenv erhallen die Gedanken beim Ausdruck eine andere kräftigere Form, welche die Ihatsächbche Lage in den Vordergrund hebt, ohne deshalb da» ideale Zel de« Frieden«, welchem alle Verbündeten gleicherweise zustreden, au« rem Auge zu verlieren. Kaiser Franz Josef hat auch der Tdeiinahme dankbar gedacht, welche ihm bei dem Verlust seine« einzigen geliebte» Sohne« unv Thronerben von ganz Deutschland entgegrn- gebracht worden ist. Diese Regung der Dankbarkeit ehrt ihn. ebenso wie da» liefe Mitgefühl aller Deutschen mit dem Säimerze de« kaiserlichen Vater« etwa« durchaus Natürliche« unv Unwillkürliche« war, wa« sich au« dem Verhältniß. in welchem die verbündeten Mächte zu einander stehen, von selbst ergab. Liebe unv Freunkjchast äußern ihre Kraft niemals stälker al» im Unglück. „Der Mensch hat nicht» so eigen, io wohl sieht ihm nichts an, als daß er Treu erzeigen und Freundschaft tiben kann", singt S>mon Dach, und wir können diese« Wort unemgeschrünk! aus den Bund anwenven, den Deutschland und Oesterreich-Ungarn vor zehn Jabren ge schlossen haben, die Treue dieser Freundschaft hat sich bewährt, auf Heiden Seiten in allen schweren Wechselsällen, welche da« letzle Jahr gebracht bat. Kaiser Franz Josef hat auch auf die Mehrung und Festigung der FrledenSbürgschastea sein Gla« geleert und dabei wohl weniger an Abänderungen unv Zulätze de« bestehenden Bündnisse« zwischen Deutschland unv Orster- reich-Ungarn gedacht, al» an die Erweiterung und den Krastzufluß, welche der Dreibund durch den engen An schluß an England erfahren hat. Dieser Anschluß bat vo» Anfang an nirgend« schnellere» Berständniß und sreudigrre Zustimmung gesunden al» in Oesterreich-Ungarn, die Presse diese» Reiche» feierte den neuen Bundesgenossen mit einer Begeisterung, welche Zeugniß ablegte von der hohen Wichtig keit diese» Zuwachse» an Fricdenöbürgschaslen, und so bat sich denn Kaiser Franz Joses zum Organ dieser freudigen Bewegung der ösfenUichen Meinung seine» Lande» gemacht unv dadurch gezeigt, wie sehr er berufen ist. Oesterreich-Ungarn zu vertreten. Kaiser Fra»; Josef hat ein liefe» Berständniß für den Pul-schlag seiner Völker, er weiß, welchen Werth sie alle aus da» mitteleuropäische FriedenSbündniß legen. Ueber die Zweckmäßigkeit der Bersöhnung»oersuche der Völker Oesterreich-Ungarn» unter einander kann ma» verschiedener Meinung sein, aber nicht darüber, daß Kaiser Franz Joses e» verstanden hat, alle seine Völker mir gleicher Treue und Zu neigung für die habsburgische Dynastie zu erfüllen. Dieselbe Zuneigung und Liebe, welche ihm in seinem weiten Reiche überall entgegen tritt, bringt ihm auch Deutschland von der Nordsee bi» zu den Alpen entgegen, wir Alle stimmen freudig in den Nus ein: Hoch Kaiser Franz Josts, ter crlauchle treue und aufrichtige Freund de» deutsche» Kaiserhauses und de« deutschen Volke»! * Leipzig, 15. August. * In der jüngsten Sitzung de» Bayreuther Magistrat» wurde mitgetbeilt, daß da- Kaiscrpaar am Sonnabend Morgen, wahrscheinlich 9 Uhr, in Bayreuth emkresse Sonnlag» besucht der Kaiser den Gottesdienst in der Sladl- kirche, um t Uhr findet Hostafel in der Eremitage statt. * Die welsische Presse hat bislang die Muße noch nicht gesunden, um ihre Preußen- unv reich-feindlichen Be strebungen im Lichte der jüngsten Monarchenbegegnung in O-borne zu betrachte», wiewohl dieselbe für die realen europäischen Verhältnisse kaum von größerer Bedeutung ist, al« jür die Wahnvorstellungen der welfischen ZukunslS- poliliker. Wenn irgendwo, so bestätigt sich doch dei ihnen, daß der innere Bankerott und die unglaublichste Vertrauens seligkeit am nächsten beieinander wohnen. Da» war beim Welsenthum von jeher so. Im Jahre 1868 sehitc Alle«, waS irgend zur Kriegführung erforderlich, und dennoch lebte man der zuversichtlichsten Erwartung de» Siege»; so selten auch nachher der Herzog von Cumberland den deutschen amllichen und Hoskreifen Gelegenheit gab, sich mit seinen Aspirationen zu beschäftigen, wenn e« einmal geschah, konnte man in Welsenkreifen al«balb dem felsenfesten Vertrauen begegnen, daß nun die neue Herrlichkeit vor der Tbüre st.-he. Ha» Jahr 1884 übte zwar einen empfindlichen Rückschlag au», und nicht» berechligle da» Welsenlhum seitdem, da» Haupt wieder zukunsl»gew>ß zu erheben. Da» Hinderte doch nicht, daß noch wie vor jede» größere innere Ereigniß daraus geprüft wurde, ob e» den großwelsischen Plänen vor- lbeilbafl oder nachtbeilig wäre und — die Gelegenheit mochte so unpassend, dieBegründung so gewagt al» mögliä» sein; in einer ganzen ReihevonFällen baben wir e» mil erlebt, daß denAnhängern de» Welfenlbum» unmittelbar bevorstehende Wendungen in den Geschicken de» .anaestamniten Herrscherhauses' i» Au-sickt gestellt wurden. Ob die deulsLe Nat on am Grab« ihre» Kaiier» trauerte, ob eine Wahl zum Reichslag zu ent scheiden war. ob der Anlaß der Mühe weilb war oder nicht, die allen lanbeSverrätherischen Triebe wieder in» Kraul sch eßen zu lassen: e» war immer dasselbe Spiel und, wa» vielleicht am meisten zu bedauern, es fanden sich immer wieder so und soviel w ltabgeschlossene Kopfhänger oder unzniriedene kleine Leule, die sind den Träumereien von einer Wiederkehr der ..guten alten Zeit" mehr oder weniger freiwillig bingabe» Al» da» Jahr 1888 zu Ende ging, hätte man zwar a»ch dem Kiirzüchli^sien Zutrauen mögen, daß er die volftndele Halt losigkeit der welfischen Umiriede erkennen müßte. Die deutsch freisinnige Partei wird sich schwer von dem Boiwurs reinige» können, daß sie mit ihrer Wahltaktik e« gewesen, die nun zu allein lleberfluß dem erlöschenden Kiämmchen nochmal» rin wenig Oel lieferte und die Voraussicht schwerer innerer Spaltungen nädrle. Gleichwohl blieb der Blick der Welfen hauptsächlich noch aus die Mächtigen aus dieser Erd« gerichtet, und man konnte bi» zuletzt noch manchem albernen Gerede in der Provinz Han nover begegnen, al- ob von England früher oder später doch die .Erlösung'' au» der .preußischen ZwangSderrschasl' kommen werve. E» wird immerhin einige« Interesse in An spruch nehmen dürfen, wie nun die welstsche Agitation den detbörten Gläubigen auSreven will, daß die Begegnung von O^borne alle alten Märchen Lügen straft und jede weitere Hoffnung aus England un Ke-me ersticken muß. * Mit dem t. April d. I. hat die Einführung der Kr ei«- ordnung und der Provinzialorvnung in Schleswig- Holstein stallgrsund n und ist mit dem 1. Juli er. da» Gesetz über die allgemeine LandcSvcrwaltung und da» Gesetz Über die Zuständigkeit der Verwaltung»- und Verwallung»- gerichls-B-vv den in der Provinz in Kraft getreten. Die hiervurch riolhivrndig gewordenen Veränderungen und Neu- organilalionen sind in« Leben gerufen unv zum Tbeil auch bereit» wirksam geworden. Die Feststellung der Amtsbezirke seilen- de« Herrn Munster» steht unmittelbar bevor. Die Verbandlu»gen mil den Betbeiliglen (Gemeinden und Guts- dezirken) unv mit den Kreistagen sind abgeschlossen. Die Vorschläge der zu AintSvoistebern, bezw. deren Stellvertreter» geeigneten Personen sino überall vorbereitet. Damit jedoch die Bekanntmachung der endgilligen Feststellung der Amts bezirke. sowie der Ernennung der Amt-vorsteher für den ganzen Umfang der Provinz gleichzeitig erfolgen kann, wird der Uebergang der örtlichen Polizeiverwaltuna an die Amt»- Vorsteher di» zum l. Oclober d. I. hinaurgeschoben werbrn. * Im »Pester Lloyd" werden die Miltheilungen de» .Neuen Pester Journal»" Uber die drohende Lohnbewegung in den FUnskirchner Kohlenrevieren der Dona»- DampfschisfsabrtS-Gesellschast al» übertrieben de» zeichnet. Thatsache sc, Folgende»: Im Moaat April wandte sich der österreichisch-ungarische llonsul in Münster mit der Anfrage an die Fünskircheaer Over-Sladthaupt- mannschast. ob sich die Muthmaßung der demschen Behörden be stätigt, daß tentiche Agitatoren in die Bergwerke der Donau-Dampf» schissjadrl-Aeiill'chast gekommen wären, nm die Arbeiter, momenian über 2000 Man», zum Anschlüsse an die Lohnbewegung zu be stimmen. In Folge der Ans age deö Lonsul» wurden die strengsten Recherchen e,»geleitet, dieselben haben jedoch nicht da» germgst« Resultat zu Tai« gefördert. Seit jener Zell hörte man auch Nicht« von ktreikabsich-en. Erst lm Laufe der verflossenen Woche verbreitete sich da« Erüv«. daß die Arbeiter der Zsolnav'jchen Majolika- uoo Fayeiiccsobrck mit den V-rg-oeikgarbeilern in Szavolc«. Bonha eine Unterredung gehabt hätten, t» welcher bewrocheu wurde, dcß eine Loonausbesserung und Herabsetzung der ArbeitS- dauer aiigestrebt werden soll. Ja den jüngste» Tagen begav sich der Jilliskirchner Ober-Siadtbauplmana Herr Iuitu« Lechner nach der Lalouie; doch hat er hier unter den Aroeitcrn abiolut keinerlei Absicht zu streiken wahrgenommen. Unter den Arbeitern >n der Szabolcser Grabe konnte man wohl «ine gewisse Erregung be merken und hier »nd da gab auch «in Arbeiter dem Wunsche nach Lohnerhöhung und Verbesserung der Verhältnisse Ausdruck. Doch der überwiegende in der Colonie arbeitende Theü der Arbenec erinnert sich noch lebliast deö hier vor sieben Jahren staitgchablen Slrcike« und seiner Folg>n, die für die Arbeiter unersetzliche Verluste b-- deuteleu. Vo-sichiSmaßreg-ln wurden allerdings gelrosfen. So wurde zur Bocsi.vt der Gndarmerie-Posten verstärkt und 60 Mann in di« unmittelbare Nähe der Kohlenbergwerke elocirt; auch die Polizeimannschast winde verstärkt, und da sich daö Gerücht ver- bre-tete, tntz der Streik am Sonnabend noch der Lohnauszahlung und Bertheiluag te« Vorschusses inscenirt werden sollte, stand und steht noch jeht aus Ansuchen de« Fünskirchner BerqwerkS-Iaspectoral- ein Bataillon de« b2. Jiifonlcttereglmenl« Erzherzog Friedrich in Berenschast. * Die feindselige Haltung gegen dir deutsche Politik dauert in der nalionalrussiscken Presse fort. Mit großer Erbitterung spricht sich die „MoSkowskija Wje» domofti" über daö Verhallen au», da- die osficivse deutsche Presse wählend der letzten drei Jabre den russischen Finanzen, dem russischen StaalScredit, dem Handel und der Landwirlh- lchaft Rußland« gegenüber beobachtet habe. Da» saubere Mo-kauer Blatt sagt: „Uuzöhlige Broichüren und ZeliunaSarltkel bemühten sich, den Beweis zu liefern, daß sich sämmiliche Zweige der russischen Stoall- wiridschast in der Iraurigst n Lage befinde» und daß ei» Staat'- bankerott aus die Dauer nicht zu vermeiden wäre. W,nn in Deuisch- land irgend eine Persönlichkeit oder ein Organ de» Versuch inachle, diele Frage nüch eraer und aewissenkalter »u behände n, und wenn auch Nicht lür die ru'siichei Finanzen, so doch sür die in schamlosester W sst getäuschte oeutschc Geicllichatt einzntreten, w-nn I,mand die russischen Fi isnzen und die ökonomische Lage Rußland« in richtigem Liebte darsiellie, so wurde er von der Regieruagsvreste aeradezu über all n, zum Mindesten für einen Verröth-r erklürl. Jede In'cbiitznahme der Höflichen F nauzverwaltung galt >n der oisicitzien Prisfe als ein Manöver der Börsenkrrise, die ni toi, ui toi besäßen, oder der Ovposi, onSparlei, die dem Fürsten Bismarck und folglich auch Deutschland feindlich gesinnt wäre. M«t solchen Gegnern lohnte e- sich selbstvernändlich weder zu streiten, noch die ganze Lüge ihrer l'ehouptungen nachzuweisen." Nack diesem Verhallen der veiiischen Presse wäbirnd der letzten Jahre hätte man nun, meinen die „MoS- lowiilja Wjedomosti". kig-nllich annevmen müssen, daß ganz Drillich- land die Finanzen Rußland« schließlich nur durch die Brille de- irichlen würde, die ibm die gehorsame, Diener de» Fürste» Bi»« marck «mfzusetzeu bemüht sind Die» sei aber »och lange nicht der Fall, deu brsten Lewem hierfür biete der neueste Jahresbericht der Berliner Kau!ma»nichasl. Und daß dieser Beitcht etwa tendenziö ses» da« Höllen nicht einmal die zu Allen« bereiten Osfic ösen zu b-- haupleu gewagt, da die Politik de» Fürsten BiSmarck gerade btt den Deputirten der Berliner Kauimannichast stet« die größie Anerkennung gesunden Kode Dieser Bericht sei boh-r die beste Antwort aus die tenden ziösen Artikel der deutschen Oistciösen über den russischen Credit »nd die ru fischen Finanzen. Gleichzeitig gebe er aber auch der Reg erung z> verstehen, daß ihre durch polit iche nne ökonomüch« Motive hervor, nernsene» Angriffe gegen die rnisiich » Finanzen zu keinem Reiuliate führen, wenigsten» Rußland nie dazu zwingen werden, in seinen iniernalioualen und ökonomischen Fragen aus seine nationale Politik zu verzichte». Ueberzeuqt von der Fruchtlosigkeit inner Z iinng». 'khde gegen die ruiiiichen Finanzen werde der deutsch- Reichskanzler jetzt vielleich. Alle« daran s-tzen, Rußland i» der Form eine« Handel«, vertrag« eine Schling- »m den Hils zu Wersen, dir Rußlaich dann von Neuem Deutschland tributpflichtig machen könnte. Aber alle d-ratttgkn Verlache wurden edenio erfolglos bleiben w e die früheren, und dem Fürsten BiSmarck werde nichts Andere« übrig bleiben, al« auch aas sein zweite« Manöver zu verzichten. * Da« russische ReickScontroleamt entspricht in vielen Beziehungen dem deutschen Rechnunq«bose, übt aber un- gleich größeren Emsluß aus alle Zweige de« SlualSdien'ie» au-, weil ibm zugleich diejenige Uebecwachung der Verwendung von Slnailgelvern obliegt, welche in coi'stitutionellen Skaaken dem Parlamenle zusälll. Nachdem unlängst durch Ernennung de» Herrn Ssolrki zum Vorsitzenden de« Gesetzgebung». dcpartement« der Possen de« NeichS-Eontroleur« erledigt wurde, ist Herr Philippo», der d,«herige Adjunct de« Herrn Ssoldki, mit der tuterimistischen V rwailung de« R.-ichS-Controleainle» betraut worden. Herr Philippow, der bisher nur bei religivS-polilische» Fragen von sich reden machte, gehört ebenso wle jener Herr Petrow, der eine Ht lang al« Eanbidat für di« »teichSeontrole an erster iielle genannt wurde, der aber >m Hos-Minlsterium unent behrlich zu sein scheint, zu der mehr unv mehr in den Vorder- rund tretenden Classe stockrussischer Beamten. Obgleich von )erus Finanzmann» ist Herr Phillppow Lutonlät ersten Range« aus dem Gebiete der orientalischen Klrchengescbichie, der Organisation, Verwaltung und Propaganda der ortho doxen Kirche; unter Anderem wird die in neuerer Zeit ost genannte Palästina-Gesellschaft, deren Protektor der Groß fürst Sergiu« ist, von Herrn Philippow geleitet. * Der neu ernannte österreichisch-ungarische Gesandte am serbischen Hofe. Generalmajor Frdr. v Thvm mel, über reichte am DienSlag den Regenten Prot'lsch und Belimarko- witsch im Beisein de» Minister« de« Auswärtigen Grultsch sein Beglaubigungsschreiben und detorrle in seiner Ansprache, daß er beauftragt sei, bei jeder Gelegenheit die ausr chtige unv wohlwollende Freundschaft zu manisestiren, sür welche Oesterreich-Ungarn Serbien gegenüber stcl» Bewe.se geliefert habe. Der Regent Protitsch erwiderte, die Regenlschast sei von der Wichtigkeit herzlicher Beziehungen der beiden Nach barländer überzeugt. Die Gesandtschaft könne aus die Unter stützung der Regentschaft und der Regierung nicht nur sür die ungeschmälerte Erhaltung, sondern auch sür die Wciker- enlwickelung der freundschastlichen Beziehungen rechnen. * Der Präsident de» Obersten Gerichtshöfe» in ari» Verla» am Dien-tag ein Schreiben de» Senator» erdrel, welcher im Namen der Mitglieder der Rechten er klärte, daß sie e» ablebnen, an den Sitzungen de» Obersten Gerichtshöfe» weiter theilzuncbmen. Hieraus erfolgte eine längere Beralhung Uber die Frage de» Verfahren» und der Competenz. Schließlich wurde mit 20l gegen 7 Stimmen und 2 Sliininenenlhaltungen entschieden, daß der Gerichtshof für alle Anklagepuncte kompetent sei, und beschlossen, mit ber Prüfung derjenigen Tbatsachen zu beginnen, welche die Anklage wegen Complot» begründen, und daraus Uber die Anklagen wegen Attentats und Veruntreuung zu verhandeln. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde sodann in nament licher Abstimmung mit 206 Stimmen geaen 6 Stimm enthaltungen Boulanger de« Eomplot» sür schuldig er kannt. (Wiederholt!) * Die Inbesitznahme Keren« undASmara« durch da« italienische Ocrupation«corp» stellt sich al» ein äußerst glücklicher Schachzug de« in M.issauah commandiren- den General» Baldissera heraus. Derselbe entschloß sich zu diesem Schritte erst, nachdem seine sorgfältige Beobachtung der adessinischen Verhältnisse ihn zu der Ueberzengung ge bracht hatte, daß ein günstigerer Moment zur Aussühlung de» längst al» notl'wcndig erkannlen Vorstoßes vom Küsten- säume gegen da» Hochland kaum gedacht werben könne. Zur Eonsolldirung der italienischen Herrschaft in Maffauah erschien der Besitz einer gesicherten OperalionSbasiö am Sanme de« Hochplateau» unentbehrlich, die Eroberung Keren» und ASmara» hätte früher oder später durch Waffengewalt unter Auskieluna ganz unverhältnißmäßigcr Kräfte erfolgen müssen, während sie jetzt, wo die Feldherren de» tobten Negn» unter einander um den Besitz der Herrschaft kämvsen, ohne sich viel um Italien zu kümmern, ohne Schwertstreich bewerkstelligt wurde. Daß c» immer so bleiben sollte, erscheint allerdings nicht glaubhaft. Bielmehr muß Italien »nl der Evenlualttät rechnen, sich dereinst gegen adessinische NevindicalionSgelÜste zu waffnen. Ra- Alula ist nicht, wie ein neuerliche» Gerücht fälschlich verkündete, im Kampfe gefallen, sondern befindet sich im Tigredistricle bei dem präsumtiven Thron erben Mangascha, den er zum Kampfe gegen Menelik von Sckoa, den Bundesgenossen der Italiener, anfeuert. Die Provinz Tiare ist eine Gegend, welche sich zum Kampfplatz !ür einen Prätendenten, der durch die bewährlc KnegS- ersahrung Ra» Alula'S unterstützt wird, ganz vortrefflich eignet. Ra« Alula selbst aber kann unv wird sich sehr bald wieder zu einem sehr gefährlichen Gegner entwickeln, nachdem er immer noch die Trümmer der Armee de» Negu» in ter Hand und Organisationstalent genug besitzt, ui» d «selben al» festen Kern sür die Sammlung eine» neuen kriegSliichliqen Heere» zu benutzen. Ein Sieg Ra» Alula'» Uber Menelik wäre nur die Einleitung zur späteren Offensive gehen Italiens Stellung an der Küste; mit einem Sieg Menelik'» wäre sür die Jlaliener vielleicht auch niclt niebr gewonnen, da Menelik für einen schlauen, nur sein Interesse berücksichtigenden Politiker gilt und Niemand dafür bürgen kann, ob der Herrscher von Schoa, wenn ihm der Sieg über den zwischen ihm und dein Thron stehenden Präientenlc» zusallen sollte, e» nicht seinem Interesse angemessen finden küiste, den Jkalienern die seitherige Freundschaft zu kündigen, linker solche« Umständen erscheint die Besitzergreifung von Keren unv ASmara al» ein durchaus richtige» B'ginnen de» General« Baldissera und wird deshalb auch s löst von den parteilactischen Gegnern der überseeischen Politik Erikpi'S gebilligt. * lieber die Revolution in Badakshan sind au» Afghanistan in Ealcutta keine weiteren Nachrichten cingc- gangen, allein man glaubt, daß dieselbe unterdrückt sei. Der Gouverneur von Kandahar wild demnächst Chanian besuchen, um dem Emir nack persönlicher Inspektion Bericht über den Vorschlag, eine Endstation 6 Meilen jenseits von El'aman zu errichten, zu erstatte». Die Grenzlinie «st niemals c„r- giltig geregelt worden und der englischen Regierung liegt daran, den Emir zu veranlasse,', feine Zustimmung dazu zu geben, daß die Grenze in den Ebenen am Fuße der Ab dachung de» Khojakgebirge» abgesteckl werde. * Die japanische Legation in Washington em pfing ein Telegramm, demzufolge die japanische Regierung einen mit der russischen Regierung geschlossenen Beitrag Unter zeichnete, ähnlich den Verträgen, welche e» jüngst mlt den Bereinigten Staaten uns Deutschland geschlossen. Zur parleilage. * Die .Nationalliberale Correspondenz" schreibt zur Parteitage: .Allmälig werden sich im nationalliberalen Lager die Ge- mülher über den Earteldruch vo» Halberstadt berul'igt baden. E« kann keine Rede davon sem. daß dieser verrmzc-le Vorgang sür d,e Frage der Erneuerung unseres Bündnisse«