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Das Schiff
- Bandzählung
- 1930
- Erscheinungsdatum
- 1930
- Sprache
- German
- Signatur
- Z. 4. 6055-27.1930
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-193000009
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19300000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19300000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Bemerkung
- Ohne Heft 2
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 11, November
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
- Autor
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Der australische Film Hier ist, sehr verehrter Herr Professor, der australische Film, den Sie von mir zu verlangen die Güte hatten. Er spielt an einem der wenigen australischen Seen, in denen Wasser ist, und wo schwarze Schwäne schwimmen, die sich gleich bei un serer Ankunft entfernten. Ein dicker Herr war mit mir und sein Hund, der den merkwürdigen Namen Slibowitz führte. Wir wollten zu einem Farmer, namens Clark, mit frischgefangenen Fischen, die wir, was verboten ist, mit Dynamit an die Ober fläche zu bringen gedachten. Der dicke Herr und ich, der Lange, standen am Ufer. Der Dicke machte eine Dynamitpatrone zu recht, die er in großem Bogen in den See warf. Slibowitz betrachtete seinen Herrn aufmerksam und spitzte die Ohren. Dann stürzte er in den See und schwamm auf die Pa trone zu. »Slibowitz«, rief der dicke Herr, »Slibowitz, ho-oo, Slibowitz!« Aber Slibowitz, der ein Apporteur war, wie kein zweiter au stralischer Hund, hörte nicht auf seines Herrn Rufe. Er kannte seine Pflicht. Nichts konnte ihn abhalten, das »Apportl« (wofür er die entzündete Dynamitpatrone hielt) herauszuholen und seinem Herrn zu Füßen zu legen. Er schwamm auf die Bombe los, die jeden Moment platzen konnte. Der dicke Herr suchte Rettung in der Flucht. »Los«, schrie er, »um Gottes willen schnell«, rannte die »Straße« hinauf (was man in Australien so nennt), und ich rannte ihm nach. Wir rannten, der Dicke und der Lange, wie zwei Wiesel. Hinter uns her galoppierte Slibowitz, das Maul voll Dynamit. Es war ein Rennen auf Tod und Leben. Der Vorsprung, den wir hatten, wurde immer kleiner. Der Weg fing zu steigen an. Schweiß tropfen rannten uns übers Gesicht, die Kragen hingen nieder, die Röcke flatterten, die Haare wehten, die Augen brannten, die Knie jagten: so begegneten wir einem Policemann, der uns überrascht nachblickte. Hatten wir eingebrochen? Gemordet? Der Policemann folgte uns und lief hinter Slibowitz her. Wir schossen an einer Farm vorbei. Der Farmer sah’s, ein rechtliebender Mann, und lief hinter uns her, seine Kinder auch. Dann schloß sich ein älteres Fräulein mit einem roten Sonnenschirm an und bald darauf ein behördlicher Kaninchenvertilger. EineKuhmagd hörte zu melken auf und sauste mit, und zwei Farmer mit Hunden. Es wurde eine rennende Prozession. Wir brausten wie der Sturmwind einher. Jetzt ging es zwischen rindenlosen Eukalypten mit nadel artigen Blättern dahin; ein Blechdach schimmerte in der Abend sonne. Ein Haus tauchte auf. Ein Tor verschlang uns. Wir sprangen kopfüber durchs Fenster und waren in Herrn Clarks Speisezimmer, der still und friedlich, wie John Bull, bei einer Tasse Tee saß. Im Nu war das Zimmer voll Menschen. Aber ehe noch der erste ein Wort gesprochen hatte, gab es einen großen Krach, und Slibowitz, in seine Bestandteile aufgelöst, regnete als Gulasch auf das Blechdach nieder. Dann löste sich alles in Wohlgefallen auf. Wir mußten dem Polizisten zwei Pfund für widerrechtliches Fischen mit Dynamit einhändigen. Bekamen aber später einen Rekordpreis für Schneilaufen. Heinrich Hemmer Faktor Meier Keiner kann ihn leiden. Er läuft durch die Gassen, treibt die Leute an, gafft ihnen dauernd auf die Finger, ist sofort dabei, wenn zwei sich etwas zu sagen haben, und hat immer zu tadeln. Er paßt sogar auf, wenn einer hinausgeht, um seine Notdurft zu verrichten. Kontrolliert die »Sitzung« nach der Uhr. Überall ist er mit seinen Stieraugen. »Sind Sie noch nicht fertig?« donnert er einen an. »Warum haben Sie das nicht so gemacht, wie ich es gesagt habe?« fragt er — und der Setzer weiß bestimmt, daß Herr Meier vorher überhaupt nichts gesagt hat. So geht das Tag für Tag. Man hat sich daran gewöhnt und nimmt den Fax nicht mehr ernst. Seine Würde ist defekt; jeder sagt ihm die Meinung. Alle wissen es, daß sein fachmännisches Können nicht hervor ragend ist. Vor kurzer Zeit stand er selbst noch am Kasten. »Mit dem Mund ist er vorwärtsgekommen«, sagt man. Nun fühlt er es, daß niemand mehr Respekt vor ihm hat. Das macht ihn nervös, zapplig, garstiger. Ich sitze im Korrektorenzimmer. Faktor Meier kommt herein gestürmt, knallt die Tür zu, stemmt sich mit beiden Händen auf meinen Arbeitstisch und spricht: »Das muß alles schneller gehen. So genau brauchen Sie das nicht zu lesen. Fehler bleiben so und auch so stehen.« Da habe ich den Stift hingelegt und Herrn Meier angeschaut. Doch seine Stieraugen wurden unruhig. Er brachte es nicht zu wege, meinen Blicken standzuhalten. Sein eckiger Kopf wand sich hin und her, und ich dachte daran, daß sich jeder in die Augen schauen läßt, der ein reines Gewissen hat. Mit den Worten: »Die Sache ist sehr eilig!« ging er hinaus. Zornig rief ich ihm nach: »Quatsch!« Später zeigte er einem Kollegen eine Korrekturfahne: »Hier, das haben Sie übersehen « Antwort: »Hm! Na, ja, Herr Meier, Fehler werden so und so gemacht.« Faktor Meier hatte noch etwas an sich, etwas schwer Erklär liches. Wenn ihn jemand tüchtig abgekanzelt hatte, war er fünf Minuten später zu demselben Menschen übertrieben freundlich, als wolle er sich entschuldigen. Man lachte darüber und legte es als Falschheit aus. Die Art des Vorgesetzten machte mich nachdenklich. Ich suchte nach einer Begründung. Und ich fand sie. Ein Arbeiterdichter sprach vor Proletariern aus seinem Leben. Erschütternd einfach, so packend und mitreißend erzählte der Dichter von erlebter Not. Malte die Peinigungen aus, die er überall durch seine früheren Brotherren erleiden mußte. Unter den ergriffenen Zuhörern fiel mir plötzlich eine Gestalt auf: Faktor Meier. Der hier? Wie kommt Meier hierher? Das ist ja lächerlich! Morgen wird er uns wieder an treiben. Rechnet sich Meier zu uns ? So grübelte ich und fand heraus, daß er schließlich nicht der schlechteste ist. Er weiß vielleicht gar nicht, daß man sein Ge habe als Tyrannei empfindet. Seine Aufgabe ist — und dafür wird er bezahlt —, die Leute anzutreiben. Man treibt ihn doch auch! Seine Existenz hängt ebenso in der Luft wie die der Ar beiter. Er muß antreiben, möglichst viel herauswirtschaften und sich beugen — oder er kann gehen. Meier hat eine Familie zu ernähren, will irgendwie leben ... Aber muß er sich deshalb so geben, wie er es tut? Es gibt doch auch andere, die Menschen menschlich behandeln können. Ich verzeihe ihm innerlich, wie allen seinesgleichen. Sie sind Knechte wie wir und heucheln, weil sie etwas mehr verdienen wollen. Sie sind nicht solidarisch und haben mehr von sich ver kauft als der einfachste Arbeiter: ihr reines Gewissen. Kann Faktor Meier nicht den ehrlichen Willen haben, auf gutem Fuße mit uns zu stehen ? Sonst brauchte er doch hinterher nicht immer so freundlich zu sein! Vielleicht bringt ihm seine Stellung schwerste Konflikte, und er weiß keinen Ausweg?... Und doch frage ich mich: Darf man so schnell verzeihen? Muß ein Faktor wirklich solche Maske tragen? Morgen werde ich ihn fragen: »Herr Meier, wie hat Ihnen gestern abend der Vortrag gefallen ?« Bernhard Puschmann, Königsberg i. Pr. Kurzschrift eines Setzerlehrlings 0*8 = Osternacht; -j-wg = Kreuzweg; W8 , n d o = Wacht- kommando; L* aug = Elsternauge; O d: g = Eau de Cologne; Xr:i = Malerkolonie; H&dqp = Hundekupee; -)-. = Kreuz punkt; Q h r e = Kuhhaare; aXie = Amalie. Und so weiter. Hoffentlich wird die Reichskurzschrift dadurch nicht verdrängt. Den Entwurf zum Umschlag dieses Heftes fertigte Kollege Rudolf D ö rw a l d, Berlin Die »Typographischen Mitteilungen« erscheinen monatlich einmal im Verlage des Bildungsverbandes der Deutschen Buchdrucker, G. m. b. H. / Bezugspreis vierteljährlich 4,20 Mark, Einzelheft 2 Mark, ohne Porto / Herausgeber: Bruno Dreßler / Verantwortlicher Schriftleiter: Artur Grams / Verantwortlich für die Anzeigen: Otto Schröder / Sämtlich Berlin SW61 / Druck: Buchdruckwerkstätte, G.m.b. II., Berlin SW61, Dreibundstraße 5
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