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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-09-26
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189009266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900926
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-09
- Tag1890-09-26
- Monat1890-09
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1890
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1. DM W FkiMl kMdlilt «nd Amkizkl Ul. M. Mxg de» 2S. SkMIin 18SV. Weibliche Duellanten. Eitteagrfchtchtltche Bilder vo» Alexander Ritter. (NachtniS v»r»»le».> Der Sport ist die Losung unserer Zeit geworden. Neben dem Renn- und Turnsport haben wir den Ruder- und Segel sport, den Beiociped- und Schlittschuhsport und neuerdings sogar den — Hungersporl, die Berg- und sonstige Fexerei nicht zu vergessen. Bezeichnend für unsere Epoche — Ün äs kitzele, wie man in Paris sagt — ist aber dabei, daß an all diesen modernen Leibesübungen, die thcilS sehr nützlich, thcilS außerordentlich unnütz sind, sich auch daS »zarte Geschlecht" mehr und mehr z^u betheiligcn strebt. Wenn Damen reiten, turnen und Schlittschuh lausen, so ist daS ja gewiß mit Freuden zu begrüßen, wie denn überhaupt alle leichten und graziösen Uebungen dem weiblichen Geschlecht durchaus angemessen sind, während dagegen über seine Betbeiligung an verschiedenen andern Zweigen des Sports die Meinungen mindestens sehr auScinandergehen. Neuerdings ist nun, namentlich in Paris und Wien, für Damen auch da- Fechten mit dem Stoßdegen, dem sogen. Floret, Mode geworden, daS ja an und für sich für die Aus bildung deS weiblichen Körpers gewiß recht nützlich ist und in den Turnsälen der Mädchenschulen und Pensionate mit gutem Erfolg geübt werden mag. Wenn man aber, wie thal- sächlich geschehen, diese Fechtübungen einerseits zu öffentlichen Schaustellungen auSnutzt, und andererseits solche Uebungen sportmäßigen KampfspieleS sich bis zur Leidenschaft steigern und sogar nicht selten zu Zweikämpfen zwischen Damen mit scharfen Waffen führen, dann erscheint eS geboten, gegen solche Ausschreitungen ernstlich Einspruch zu erbeben. E« wäre jedoch ein Irrlhum, anzunchmen, diese Neigung deS weiblicken Geschlechts zum Fechtsport sei erst eine Er scheinung der modernen Zeit mit ihrem Rasfinement; dieselbe datirl vielmehr schon sehr weit zurück. Bereit- Zuvenal, der römische Satiriker auS der Zeit Domitians, entrüstet sich darüver, daß sich zahlreiche vornehme Römerinnen ein Ver gnügen daraus machten, gleich den Gladiatoren in der Arena vor allem Volke zu kämpfen. Und auch auf der Mensur sind Frauen schon vor Jahr hunderten erlchicncn, wie geschichtlich feststcht. So ließ z. B. daS um 5l1 verfaßte Gesetz der ripuariscken Franken einer Frau, die sich über Beleidigung oder Mißhandlung seiten- ihre- Mannes beklagte, die Wahl zwischen einem Spinnrocken und einem Schwert. Wenn sie, die Klage bereuend, nun den Rocken, da- Sinnbild der Unterwerfung, wählte, so mußte sie vor ibrem Manne nietcrknicn und ihn mit den Worten um Verzeihung bitten: „Mein süßer Herr, ich bin Deine gehorsame Magd, tkue mit mir, was Du willst!" Diejenige aber, welche daö Schwert ergriff, entschied sich damit für einen Kampf aus Leben und Tod gegen ihren Mann. Wenn sie ihn tödtete, so war sie in allen Ohren Wittwe und durfte sich wieder vermählen; uberwand er sie, so durfte auch er sie tödlen, bat sic aber um ihr Leben, so mußte sie unter seine Herrschaft zurückkehren und sich in Zukunft stets unterwürfig betragen. Später, zur Zeit de- Faustrechts, war eS in manchen Gegenden Deutschland-, namentlich in Franken, Sitte, daß Frauen, wenn ihre Unschuld durch verläumderische Beschul digungcn in Frage gestellt ward, den Ehrabschneiderzum Zwei kample hrrauSsordertcn. I» den Verordnungen de- Würzburger BrückcngerichlS bandelte ein besonderes Capitcl davon. Hiernach war eS vor Allem Vorschrift, daß die beiden Kämpfenden sowohl betreffs der Waffen, als auch an Stärke und Ge wandtheit einander möglichst gleich sein mußten, weshalb z. B., wenn ein Theil einäugig war, dem andern vor dem Kampfe ein Auge verbunden wurde. Weiterhin lautete die Verordnung folgendermaßen: „Dem Mann soll eine Grube gemacht werden, so dreier Schuh breit ringsum und so tief, daß sie ihm bis an den Nabel gebe. Darin soll er stehen »nd daraus gegen die Frau kämpfen, so zwar» daß er eine Wehr habe, nämlich einen Stecken, zweier ManncSdauiucn dick und einer Ellen lang, derer soll er drei nacheinander gebrauchen. Die Frau aber soll erhalten einen Haselstccken von einer Ellen Länge und vorn daran soll gebunden werden ein Wack (Stuck) von einem Stein, der eines Pfunde- schwer sei und Beide- soll zusammen in ein Tuch gebunden und mit einem ledernen Riemen umwunden werden, daß das Ganze einem Kolben gleiche: derer soll auch sie drei haben und nach ein ander gebrauchen. Schlägt nun der Mann nach der Frau, so daß er dabei mit Arm oder Hand die Erde berührt, so hat er eine Stange verloren und gleichermaßen, wenn eS wieder geschieht; beim dritten Mal aber hat er den Kopf ganz verloren, und die Frau mag über ihn richten lassen, wenn sie will. Desgleichen ergehe es mit der Frau; der KreiS, darein sie sich bewegen soll, muß zehn Schuh lang sein ringsum von der Grube, darinnen der Mann steht. Dabei soll jede Partei einen GrieSwart (Sccundanten) bei sich haben, und die Kampfrichter sollen in einem besonderen Raume auf ume Platz nehmen, ebenso die Zuschauer." In den Rittcrzeiten ging die Kampfeslust oft genug auch die Damen über, und BrantSme versichert: „die deutschen Damen halten unter sich wirkliche Turniere mit freilich etwas zierlichen Lanzen ab, und die Damen in Bologna fechten ganz ernstlich unter einander." Er erzählt dann eingehend über weibliche Fechtkünstler und Duellanten auS dem Lande, „wo die Eitronen blühen"; ähnliche Fälle werden anck auS Spanien berichtet, und selbst da- »kältere England hatte seine Amazonen, so eine gewisse Hannah Gnelle, da- Eoldatenmädchen genannt, die aus der Mensur m jeder Beziehung, ihren Mann stand und da« Rapier gleich einem gelernten Fechtmeister führte. Solche weibliche Duellanten sind nun ohne Frage eine »öchst unerquickliche Erscheinung, die aber vom sittengeschicht- ichen Standpunkte auS so interessant ist, daß wir für eine etwas eingehendere Betrachtung derselben sicherlich auf dir Theilnahme der Leserwelt rechnen dürfen. DaS eigentliche Land der DamendueUe war lange Zeit hindurch Frankreich, und typisch für diese Zweikämpfe von Amazonen ist vor Allem da- berühmte Duell zwischen der Marguise de NcSle und der Gräfin von Polignac zur Zeit Ludwig s XV. Beide waren in den Herzog von Richelieu, den berüchtigten Don Juan deS HofeS, verliebt, der seine Gunst zwischen den beiden Schönen theilte. Eine- Tage- aber Halle er irrthümlich Beiden dieselbe Stunde für rin Stell dichein angegeben, so daß die Nebenbuhlerinnen bei dem Herzog unerwartet aufeinander trafen. Natürlich kam es zu charfen Auseinandersetzungen, die Richelieu vergeben- zu hindern suchte, und da- Ende war eine Herausforderung um Duell zwischen den beiden Damen. Als Waffen wurden Pistolen und als Ort der Handlung das Boulogner Wäld chen gewählt. Beide Rivalinnen waren pünktlich zur Stelle, die Waffen wurden geladen und die Distance abgesteckt. »Schießen Sic zurrst", sagte die Gräfin Polignac, »aber geben Sie wohl Acht, daß Sie mich nicht fehlen, denn ich meineSthcilS würde Sie zu treffen wissen." Die Marquise schoß und fehlte. »Der Zorn hat meine Hand unsicher gemacht", sagte sie stirnrunzclnd. Nun war die Reibe an der Gräfin. Sic zielte und schoß ihrer Gegnerin ein Stückchen vom rechten Ohrläppchen weg, woraus diese zu Boden stürzte, als hätte ihr die Kugel das Herz durchbohrt. La Eolombitzre erzählt von zwei Damen der damaligen Demimonde, die sich auS Eifersucht auf einem Pariser Boulevard schlugen. Um eines kleinen Wortwechsels willen forderte die berühmte Schauspielerin Bcauprtz eine Eollegin, Katharina von UrliS, während der Vorstellung zum Zwei kampf. Wulhschnaudend schleppte sie zwei Tbeaterdeaen in da- Garderobcziminer. Katharina von UrliS nahm den Kampf an und ward gefährlich am Halse verwundet. Tallcmant de- Rtzaup macht verschiedene berühmte „Schlägerinnen" namhaft, von denen hier die schöne Madame de Ehatean-Gay in erster Linie genannt werden soll, die, als sie einen Liebhaber im Verdacht der Untreue hatte, ihn zum Duell forderte und verwundete, um ihm die Treue rinzu- rägen. Ihre Schwester, die einen Herrn La Douze gehciralhet alle, war nicht so glücklich, denn als sie ihren eigenen Mann crauSfordertc, brachte ihr dieser drei tüchtige Stiche bei, um ,le zur Vernunft zu bringen. Gewiß ein recht heroische-, aber in diesem Falle Wohl unvermeidliches Mittel. Mit einer Schießwaffc hätte die tolle Dame übrigens vielleicht ein an deres Ergcbniß erzielt, denn eS wird erzählt, sic habe eine so sickere Hand gehabt, daß sie mit einem Hakenbüchsenschuß eine Kerze putzen konnte. Als fernere Duellantinnen von Ruf werden erwähnt: Henriette Sylvie de Moliöre, Madame de SamoiS, Made moiselle Durieux, die sich einmal auf offener Straße mit ibrem Geliebten schlug, Madame de Saint-Balmont, ein echtes Mannweib, daS stets einen Degen an der Seite trug und mehr als vierhundert Männer verwundet oder gctödtet haben sollte) und noch viele andere. Die Opernsängerin d'Anbigny, bekannt unter dem Namen de- Fräuleins von Maupin, machte jahrelang ganz Paris durch ihre tollen Streiche von sich reden. Auf einem Maskenball im PalaiS-Royal war sie m Männcrklcidcrn, die sie mit Vorliebe trug, erschienen und benahm sich einer angesebenrn Dame gegenüber so ungebührlich, daß drei Freunde der Be leidigten von dem vermeintlichen Cavalier sofort eine Sühne durch die Waffen verlangten. Tie Maupin, die von einem Pariser Fechtmeister, NamenS Stzranc, alle seine Künste gelernt batte, stieg mit ihnen in den Garten hinab, tödtete einen nach dem anderen und kehrte daun ganz ruhig wieder auf den Ball zurück. Wie bock ihr Einfluß in maßgebenden Kreisen war, acht am besten daran- hervor, daß ibr wegen dieses Vorfälle- nichts geschah, trotzdem gerade damals strenge Verordnungen gegen das Ducllunwcsen erlaffen worden waren. Um nun auf die neuere Zeit zu kommen, so sei zunächst an einen Fall aus weniger „fashionablcn" Kreisen erinnert, den die Pariser Journale Ente der sechziger Jahre unseres Jahrhundert- berichteten. Eine Näherin und eine Eorsct- arbeiterin liebten beide einen jungen Arbeiter Namens Julien. Eines TageS trafen die Nebenbuhlerinnen in einer Kneipe zu sammen, worauf die Eorsctarbeitcrin, Fräulein Thill, alSbaid ein Küchenmeffer aus der Tasche zog und die Näherin, Fräulein Lancry, aufforderte, sich mit >hr zu schlagen. Die HeranSgcforderte ging mit einem wahren Heldenmutbe auf daS Anerbieten ein, indem sie von dem nächsten SimS ein Messer nahm. Ein paar Minuten später hatte Fräulein Tbill fünf Wunden weg. während Fräulein Lancry im ganzen Gesichte wie zerhackt auSsah. Schade, daS Zola unS die heroische Kampfsccne nickt geschildert bat! Sofort erschienen nun natürlich die Stadtsergcanten, bemächtigten sich der todeS- muthigen Amazonen und brachten sie in sicheren Gewahrsam. DaS Drama endete mit drei Monaten Gcsängniß — ge beirathct aber hat der schöne Julien keine der beiden Tucllan tinnen. Vor einigen Jahren gab e- in Bordeaux einen zwischen zwei jungen Frauen; 1888 kam e- in ^anne» zu einem Damenduell mit tödtlichem AuSgangr für die ältere der beiden Kämpferinnen, und in demselben Jahre schlug sich auch die bekannte Pariser Emancipirte, Madame Astitz de Valsayrc, an der belgischen Grenze mit einer jungen Amerikanerin In der neuen Welt, wo jede europäische Excentricität meist noch überbotcn zu werden pflegt, bat da- Damenduell längst Anklang gesunden, und wir könnten eine lange Reihe von bekannt gewordenen, höchst »sensationellen" Fällen anführen, wenn wir nicht au- räumlichen Rücksichten darauf verzichten müßten. Nicht unerwähnt dagegen wollen wir lassen, daß vor etwa einem Jahre erst in Nürnberg rin Zweikampf aus Messer mit blutigem AuSgange zwischen Mädchen statt gefunden hat. Es waren noch dazu zwei Schwestern, l8 bzw 2» Jahre alt, die sich auS Eifersucht so lange bekämpften, bis sich Beide in ihrem Blute wälzten. Eine hatte eine tiefe Schnittwunde im Gesicht, der Anderen war ein Auge auS- gestochen. Daß ferner erst kürzlich in Wien ein Säbelduell.zwischen einer jungen Dame, die für die Ehre einer Freundin entstand, und eine», jungen Arzte auSgefochten wurde, der dabei kampfunfähig gemacht wurde, wird unseren Lesern wohl noch erinnerlich sein. Wir schließen damit diese Galerie weiblicher Duellanten, die ja auf Vollständigkeit keinen Anspruch erhebt. Mögen die besprochenen Fälle auch zur Genüge darthun, daß eS dem „schwachen Geschlecht«" keineswegs an Mutb fehlt, so tritt das Weib doch stet-, wenn eS zum Mannweib wird, an- seiner Sphäre hinaus und wird unnatürlich. E« entäußert sich dadurch seines schönsten Schmucke-, der Weiblichkeit, der ihr in den Augen deS ManneS den eigentlichen Reiz verleiht, ohne dafür die Achtung, die man dem männlichen Muthe rollt, cinzutauschcn, denn die weiblichen Duellanten werden stets zugleich in einem etwa- lächerlichen Lichte erscheinen. Lrystall-Palast. u Leipzig, 25. September. Im Theatersaale de- Krystallpalaste« haben während der Messe die echten „Leip. ziger Quartett- und Concertsänaer'' ihr Quartier auf geschlagen. Tie beliebten Künstler, welche hier und anderwärts ihrem Auditorium immer fröhliche Stunden zu bereiten und deS Lebens Ernst durch de» Leben« Heiterkeit zu paralysiren wissen, haben in den letzten Tagen so reichen Beifall gefunden, daß sie, ob wohl kaum „Neuheiten , immer noch zu den Kräften gehören, welche „ziehen". Ihre Wunderkraft besteht im deutschen Liede, im launigen, pikanten Couplet und in der harmlosen Posse, bei welcher auch der in Meßzeiten besonders hochgeehrte Freund Kalauer eine hervorragende Stellung einnimmt. Der Humor dominirt im Programm, und mit Recht nennen die Künstler ihre Darbietungen „humoristische Abende". Neben den alten Liedern, die schon im „Hotel de Pologne", dem ehe maligen Stammsitz der Sänger, das Publicum elektrisirten, wißen sie immer neue Perlen der deutschen Liedcrkunst anzureihen, so daß auch Diejenigen Befriedigung finden, welche daS Neue zur Be dingung solcher Ausführungen machen. Die Vorstellungen haben diesmal auch durch eine Bereicherung der Kräfte gewonnen, denn neben den wohlbekannten Herren Ehle, Hoffmann, Küster, Frische, Maaß und Hanke wirkt Herr Paul Krugler als Tanzhumorist in den Vorstellungen mit, der durch seine Humoreske „der Hampelmann" und wa- er sonst auf seinem abwechselungs- rcichcn Repertoire hat, seine Zuschauer und Zuhörer zu elektrisiren weiß. Die Quartette der Herren Ltpart, Eyle, Hoffmann und Küster erfreuen durch den sicheren, klaren Ensemble gesang, bei welchem immer rin» markige Schattirung und eine warme Empfindung vorherrscht, jeden unbefangenen Zw Hörer. In Herrn Ltpart hat die Gesellschaft einen neuen stimmbegabten Tenoristen erhalten, der sich vortrefflich in bas Ensemble einsügt. Herr Hermann Lipart hat aber noch einen anderen Vorzug für unsere Künstler. Er bereichert das Pro gramm derselben durch Instrumental-Humoresken und erweist sich als ein wahrer Virtuos auf dem Piston und dem Flügelhorn. Die humoristischen Solojcencn, in denen die Sänger zum Theil auch durch drastische Coslüme zu wirken verstehen, stehen hinter den Quartetten um nichts zurück. Besondere Meister der Komik sind die Herren Hanke und Frische, die mit ihren Nummern: „Ein Erleuchteter", „Der Jndustriedichter", „Bliemchen auf Reisen" und Anderem mehr stets die Lacher aus ihre Sette zu bringen wissen. Den Schluß der Vorstellungen, bet welchen alle Mitwirkenden bemüht sind, einen fidelen Abend in Scene zu setzen, bildet gewöhnlich «ine größere Posse, unter denen jetzt „Ein Stündchen bei Or. Zapp" in besonderer Gunst steht. Daß unsere Leipziger Quartett- und Concertsänger sich bei aller komischen Wirkung doch niemals zu obscönen Spätzcn hinrcißen lassen, hat ihnen schon längst die Gunst der Familien gesichert, welche einmal vereint einen geuußrcicken Abend im Banne der holden Licderkunst erleben wollen. Sicherlich wird den Sängern auch im neuen Local der alte goldeue Stern freundlich weiter auf ihre Thätigkeit herableuchten. Eden-Theater. * Leipzig, 25. September. WaS die Probevorstellung im Eden-Theater am Sonnabend versprochen hatte, das haben die weiteren Vorstellungen der letzten Abende durchaus gehalten: aus der außerordentlichen Mannigfaltigkeit seines Programms trifft Herr Tirector A. Schenk stets eine sorgsame Auswahl, so daß auch dadurch der Erfolg, dessen sich daS Eden-Theater erfreut, mit be- dingt ist. Alle Mitwirkenden, au der Spitze Herr Dircctor B. Schenk mit feinen unübertroffenen Künsten ans dem Gebiete der Zauberei, setzen ihr bestes Können ein, um etwas Ausgezeichnetes z» geben und in angenehmster Weise die Sinn« der Zuschauer zu beschäftigen. Was insbesondere die Darstellungskunst des Dircctors Schenk anbetrifft, so beruht deren ungewöhnlicher Erfolg zunächst in der sehr geschickten Benutzung der Fortschritte, die aus dem weiten Gebiet» der Technik gemacht worden sind. Tie früheren „Zauberer" waren in dieser Beziehung ungünstiger daran, was sie boten, war aus schließlich manuelle Geschicklichkeit, so daß wenn uns als Kinder Der- artige« vor Augen geführt wurde, wir doch schon bei einiger Auf _,nac, . „ . . merksamkeit den ursächlichen Zusammenhang der Vorgänge zu erkennen vermochten Weit ander» ist dies bei den Zaulereien B Lchenf-I Was er auch an Kunststücken dem großen Kreise der Besucher deS Eden-Theater« zum Besten giebt, er weiß »S immer so zu gestalten, daß Niemand die geheimen Werkstätten zu erkennen vermag, in denen all die oft unendlich schwierigen Künste ihren Ursprung haben und wo die geheime Triebfeder der scrnijchen Ent faltungen zu suchen ist. Wie zeigte sich dies wieder bei der am gestrigen Abend ab- gehaltenen Vorstellung, in deren Verlaufe an unterhaltenden und überraschenden Kunstslucken wiederum viel Neue- und Schönes zur Darstellung kam. Recht gut gelang die Scene, in der unter dem mit geheimnißvoller »rast autgrslalleten Zauberslabe ein ganzer Blumengarten in die Höbe ging Ti» schnelle Correfpondenz zwischen hier nnb Pari« fand eine treffliche Wiedergabe, wa- in gleichem Maße auch gilt von der Nummer deS Programms, welche den originellen Titel führt: „Die zehn Teufel oder das elcltrisch« Ballet." dle beifälligste Ausnahme. Neu war «ine sensationelle Vorführung: „Phönix oder da» Ver- brennen einer lebenden Dame bis zum Skelett und deren räthsel- hafte Wiederbelebung". DaS Stück wurde so dargestellt, daß ein mächtiger Papiercylinder, von dessen völliger Leere der Künstler Jedermann sich zu überzeugen die Gelegenheit bot, über eine Dame gedeckt wurde, die auf einem freistehenden Tische stand. Sodann wurde der Papiercylinder in Flammen gesetzt und verbrannt, woraus auS der Asche ein vollständiges Skelett sich erhob; nach Verlauf einiger Minuten lind nachdem das Knochengerüste mit einem Tuche bedeckt worden war, kam auf dem Tische die lebende Dame wieder zum Vorschein. Hübsch gelang auch das „lustige Geislerconcert", aus- geführt von einer freischwebenden Trommel, die auf Wunsch und Befehl wirbelt oder schweigt, sowie einer aus dem Tabulett liegenden Trompete, die aus sich selbst heraus die schönsten Stücke jpiett. «statteten sich auch gestern wiederum die Bilder, die irector Schenk in seinem „Blitzzuge um die Erde" bot. Bon deu weiteren allabendlich auftretenden Künstler-Specialitäten ist in erster Linie die Luri-Luri-Geselljchaft zu nennen. Zwei Herren und eine Dame produciren sich in den komischsten Pantomimen, dt« noch durch eine groteske und wahrhast stanncnS- werthe Gelenkigkeit der Glieder in ihren Wirkungen erhöht werden. — Die Gebrüder ForrS erweisen sich als Virtuosen im beiten Sinn« de« Worte-, indem sie die reizendsten Lieder in entzückender Har monie der Töne auf ihren Instrumenten: Holzharse, SchtittenscheUen, Euphontum, AeolSharfen, Blumentöpfen rc., Hervorbringen. Nicht weniger fesselnd sind die Kämpfe der englischen Boxer Jack und Dik: was diese bieten, reizt unwillkürlich zum Lachen, und verstehen es die beiden KnockaboutS, die Zuschauer für sich zu gewinnen und eine zwerchsellerfchütternde Wirkung auSzuüben. Den Beschluß auch der gestrigen Vorstellung bildete das Steigen- lasscn der in großartiger Beleuchtung erglänzenden CaScaden, die in prächtigster Wasserfälle und in Verbindung mit den malerischste» sonstigen Dekorationen die Bühne in einen wahren Zaubergarten verwandelten. Die Maschine» zu diesem einzig in seiner Art da- stehenden Effectstück sind rusanimenaesetzt gemäß denjenigen des Thcätre du Lhatelct in Paris, während die Decorationcn von Wiener Hoftheatcrmatern auSgeführt wurden. Mit den vorstehenden Angaben hat selbstverständlich, nur eine kurze Skizze dessen gegeben werden können, was das Eden-Theater allabendlich bringt. Wer einen Abend angenehm verleben will — und wer in aller Welt wollte das nicht? dem kann ein Besuch deS Eden-TheaterS mit Fug und Recht empfohlen werden. vermischtes. — Potsdam, 24. September. Berliner Blättern ent nahmen wir dir Meldung, daß der Commandeur der Unter- officierschule Major v. Normann sich gestern das Leben ge nommen habe, die Eommandantur von Potsdam erklärt dagegen, daß Major v. Normann eines natürlichen Tode«, wahrscheinlich an einem Schlaganfall, gestorben sei. --- Hamborn, 23. September. Ein sechsjähriger Knabe fand vor der HauSthllr einen Gegenstand, der ihm un bekannt war, und trug ihn deshalb zu seiner Mutter, Welche gerade ihr jüngstes Kind stillte. Auch ihr war daS Ge fundene unbekannt und sic kratzte mit einer Nadel daran herum. Da erfolgte eine heftige Explosion; der Frau wurden drei Finger der rechten Hand abgerissen, außerdem ist sic im Gesicht erheblich verletzt; der Knabe kam mit weniger schweren Verletzungen im Gesicht davon, dagegen erlitt daS kleine Kind schwere Verletzungen am Arm. Man vermuthet, daß irgend ein Bergmann eine Dynamitpatrone verloren hatte, die von dem Knaben gefunden wurde. — Roding in der Oberpfalz, 22. September. Brenn burg hat feine Burg — Wahrzeichen und Schmuck zugleich — verloren. Unter entsetzlichem Krachen stürzten die mächtigen Trümmer der Burg und deS Warttbum», von welchem aus sich dem Auge des Beschauers ein so schöne- Panorama ge boten, in sich zusammen. Die Ursache ist noch nicht fest- gestellt, doch wird ein Fclsrulsch vermuthet. Der geborstene Thurm gehörte zu den trigonometrischen Hauptnetzpnnclcn der Oberpfalz. ---Wien,24. September. IndcmEhrenbeleidigungs- processe des FZM. Freiherr von Scudier gegen das „Vaterland" wurde durch einstimmiges Verdick der Ge schworenen der Ncdacteur Koller zu achtmonatiger Arrcst- strafc und der Redactcur Nalh zu 50 fl. Geldstrafe, evcnt. zehntägigem Arrest vcrurtbcilt.
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