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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.05.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920516028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892051602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892051602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-05
- Tag1892-05-16
- Monat1892-05
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Uuiversitattstrag, t, Loiii» Lösche, Natharinenstr. 14. vatt. uud >S,ig«vlatz 7. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Abend-Au-gabe: Vormtttag4 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn- und Festtag» srilb 8 Uhr. Lei den Filialen und Niinahinestellea je «ine halb« Stunde früher. Inserate l>ud stet» an di« Ertzeditio» zu richte». Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig Montag den 16. Mai 1892. 8ö. Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, 16. Mai. Wie bereits im Morgenblatte berichtet worden ist, ver wahrt sich das Organ der preußischen Conservativcnf, die „Eons.Corr", gegen den Versuch freisinniger Blätter, der konservativen Partei die Verantwortung für die Ahlwardl'sche „Iudrnflinten"-Azitation aufzubürden, und führt dann als Beweis für die patriotische Zurückhaltung der conservativen Fraction des preußischen Abgeordnetenhauses an, daß diese Fraction „bis jetzt Abstand davon genommen habe, von dein zahlreichen Material, das sich in ihren Händen befindet, öffentlich Gebrauch zu machen", da man in die Be hörden das Vertrauen sehen dürfe, daß sie das Verfahren gegen die Loewe'schc Gcwchrfabrik bezw, gegen Ahlwardt energisch fördern und in möglichst kurzer Zeit zu Ende führen würden. Schwerlich geht man in der Annahme fehl, daß diese Erklärung selbst in de» Kreisen der preußischen Konservativen lebhaftes Befremde» errege» wird, kenn die Behauptung, daß sich zahlreiches Material in den.Händen derFraction befinde,islnichtö weniger als ein Beweis patriotischer Zurückhaltung. Sic muß vielmehr die Besorgniß, daß von den Ahlwardt'schcu Be jchnltigungcir dann doch ein Theit sich beweisen lasse, in weiten Kreisen erwecken und das Vertraue» in die Sorgsamkeit der überwachenden Behörde erschüttern Helsen. Um so wünsckienS- werthcr ist cS, daß die angeordnele Untersuchung möglichst beschleunigt und daß Ergebnis; sofort in aller Ausführlichkeit veröffentlicht werde. Erfreulicherweise wird von einer Seite, die besonders dazu autvrisirt zu sein scheint, auf dicGründlichkcit dieser Untersuchung hingewicsen und die Verzögerung der bekannte» Erklärung des „Reichsanzeigerö" als eine noth- wendigc Folge dieser Gründlichkeit bezeichnet. In der „Schles. Zlg." wird nämlich den Vvrwürsen gegenüber, die anläßlich jener späten Erklärung erhoben worden sind, das Folgende auSgefnhrt: „Die furchtbare Frage, welche sich mit Centnerlast jedem deutschen Patrioten aufdringen muß, besteht darin, ob cS überhaupt möglich ist, daß trotz des evmplicirten militairijchcn ConirolapparateS un- brauchbare Gewehre in erheblichem Maße zur Abnahme gelangen können, durch deren Vorhandensein die Leistungsfähigkeit unserer Armee und die Sicherheit deS Vaterlandes in Frage gestellt er- scheinen müßten. Diese Frage ist im „Rcich-anzeiger'' vou zu. ständiger Stelle mit Bestimmtheit verneint und dl» entsprechenden Behauptungen Ahlwardt'S sind sür vollkommen un- zutreffend erklärt worden. -Nach dieser Erklärung muß jeder Patriot, den die Ahiwardt'schcn Beschuldigungen überhaupt bo unruhig! hatten, erleichtert ausathmen. Aber ein Theil der Presst zeigt nur wenig von dieser freudigen Stimmung. Warum ist die Erklärung im „Reichsanzeiger" nicht früher erfolgt? Warum ist das Anltagcversahre» gegen Ahlwardt nicht sofort crosjnet worden? Warum ist die Schmähschrift nicht unmittelbar nach ihrem Erscheine» confiscirt morden? Das etwa sind die tieffinnigen Fragen, welche der Regierung entgegeageschleudert werden. Tag die Mllitair-Ver- waltung, ehe sie eine nach jeder Richtung beruhigende Erklärung abgiebt, sich verpflichtet hält, nochmal» ein genaue vergleichende Uebcrsicht über die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Gewehr anzustellen, daß sie mit der scrupulösestcn Ge- Wissenhastigkeit alle über die neue Masse eingelausenen »lagennochmalSprüst, ehe sie sich zu einer absolut zusriedenstellen. Len Erklärung berechtigt glaubt — wiegt in de» Augen dieser lärmenden Fragesteller nur wenig. Ueber die Complicirtheit unseres Anklage- und Untersuchungsversahrens herrscht nur eine Stimme. Aber in solchem Falle muß natürlich nach der Meinung der unberufenen .ttritiker alles sofort geschehen, auch wenn die makelhofte Persönlich, keit des Anklägers die Richtigkeit der Beschuldigung von vornherein gänzlich unwahrscheinlich erscheinen läßt. Was aber die EonsiScation aiilangt, so hätten, wenn dieselbe erfolgt wäre, diejenigen Schreier sicherlich ain lautesten gegen das „willkürliche" Verfahre» der Behörde» gewettert, welche jetzt über das Richtersolgen der Beschlagnahme so heftig raijonniren. Wir leben in einer ernsten Zeit, die viele Gefahren in sich birgt, und wir geben sicher bedeutungsvollen Ereignissen und großen Umgestaltungen aus viele» Gebieten des öffentlichen Lebens ent- gegen. In solcher Zeit ist die Stimmung in allen Schichten der Gejcllichajt naturgemäß gespannt uud der Beunruhigung zugänglich. Aber ohne Zweifel haben die ernsten, von sittlichem Streben er- füllten Organe der öffentlichen Meinung besonder- gegenwärtig die unabweisbare Pflicht, durch eiserne Selbstzucht Alles zu ver- meiden, was sie zu frivole» Mitschuldigen an einer künstliche» Vermehrung der ohnehin vorhandene» Beunruhigung-momente mache» könnte." Durch diese Auseinandersetzung wird allerdings noch nicht erklärt, warum der „Reichsanzeiger" nicht wenigstens sofort da« längst feststehende Resultat der Untersuchungen der Com mission veröffentlichte, die mit der Ucbernahme der Locwe'schc» Gewehre betraut war. Immerhin wird der Hinweis ans die „scrupulöse Gewissenhaftigkeit", mit der alle über die neue Waffe cingelaufenen Klagen nochmals geprüft werden, beruhigend wirken und auch der Hindeutnng der „Eons. Corr." über das in den Händen der conservativen Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauseshefindliche „zablreickcMaterial" die Spitze abbrcchen. I» den ersten Tage:« deS Monates Juni soll, wie bereits kurz gemeldet, in Nancy unter der Etiguettc eines ,.Turn festes der vereinigten französischen Turnvereine" ein patriotisches Fest veranstaltet werden, weiches der Präsident Carnot und mehrere Minister »ul ihrer Gegenwart beehren wollen. An der Spitze des Festcoinilsö steht ein bekannter, äußerst rühriger cl,äffischer Emigrant und „Patriot", Herr Sanöboeuf, früher einer der CbcfS der Palriotenliga, jetzt Präsident der kürzlich gegründeten „Federation" der in Frankreich bestehenden clsaß lothringische» Vereine. Wie man erfährt, wollen die Studenten der Univcrsilät Nancy die Gelegenheit benutze», ebenfalls ihren „Patriotismus" zu be kunden, eine direct und offen gegen Deutschland gerichtete Manifestation in Scene setzen und dazu sogar die Studenten aller anderen europäischen Universitäten, natürlich die deutschen ausgenommen, eiuladen. Es erhellt das ans nachfolgendem Schriftstücke, welches in den letzten Tagen an eine Anzahl wohlhabender Elsässer und Lothringer gelangt ist: Allgemeiner Studenten-Verein. 6 SlaniSlaSplatz Nancy. Nancy, 4. Mai 1892. Meine Herren! Der allgemeine Studenten-Verein vo» Nancy oraanisirt sür den b., k„ 7. und 8. Juni große, mit dein Turnfest« zusammensallende, aber besondere Festlichkeite». Wir haben zu den. selben olle europäischen Universität«», die deutsche» ausgenommen, eingeladen. Diese Kundgebung wird demnach ein doppeltes In. tercsse bieten: ein nationales durch di» -Anwesenheit i» Nancy zahlreicher fremder Studenten, denen wir von u»jer»r Gnslsreund- schaff eine hohe Idee und eine unauslöschliche Erinnerung hinler- lassen wollen: ein lothringisches, wett wir die Anwesenheit vieler hohen Persönlichkeiten benutzen wolle», um zu zeigen, wie lebhaft hier die Sympathien sür die Universität sind, mit einem Worte, um die Sache dieser elsaß.lothringischen Universität zu vertreten, welche wir der deutschen Universität Straßburg gegenüber groß und stark mache» wolle». Um die bedeutenden Kosten bestreiten zu können, weiche un» diese Festlichkeiten verursache», haben wir »>,» an großmüthige Geber gewendet, welche un- bereit», namentlich aus den Grenz-TrporiemciilS, zahlreiche Unterstützungen übersendet haben. Wir nehmen an, meine Herren, daß auch Sie uns groß, müthig beistede» wollen, damit wir in großartiger und würdiger Weise unsere Pflicht erfüllen können. Der Titel eine» „membrv ckovstsur", den wir Ihnen anbieien, soll ein schwacher BeweiS unserer Dankbarkeit sein. Genehmigen Sie u. s. w. Der Präsident. Man sollte meinen, die Veröffentlichung dieses Bettel briefes müßte den französische» StaatSchef veranlasscn, noch mals in Erwägung zu rieben, ob nicht die in Nancy geplanten Festlichkeiten geeignet sein könnten, durch seine Anwesenheit in internationaler Beziehung einen nicht ganz unbedenklichen Charakter anzunchmcn. Die Agitation, welche aus Anlaß der Weckclsdorfer Verordnung deS IustizministerS Grafen Schönborn czcckisckcrscits entfesselt wurde, hält noch immer an. In den czcchischcn Blättern kann man täglich Kundgebungen gegen diese Verordnung lesen und zwar in Form von Protesten oder von Petitionen an den LandeSansschuß, der ausgesortcrt wird, die Rechte tcö Landtages gegenüber dein Iust>zin>n>stcr zu wahren. Um einem Erlahmen dieser Bewegung vorzubcugc». richten die „Nar. L " von Zeit zu Zeit einen Appell an alle Czeche» in Stakt und Land, sich ja dieser Bewegung gegen den Instizininister anzuschließe». Während sich die meinen Kundgebungen in den gleiche» Gleisen bewege», sind die Nechaiiitzer auf einen neue» Gedanken gekommen Ter dortige politische Club bat nämlich, wie die „Nar. L." berichten, beschlossen, eS mögen Maffenpelilionen „an Se. Majestät den König" gerichtet werden, in welche» gebeten wird, Sc. Majestät geruhe den Iuslizminisler Grasen Schönborn zu entlassen. ES unterliegt lemeni Zweifel, daß dieser Beschluß »n czcchifche» Lager Nachahmung finden wird. Die englische» Liberalen erfüllt jetzt nur e>» Ge danke: die Auflösung des Parlaments und die allge meinen Wahlen, welche die ungeduldig Harrenden wieder an das StaaiSrutcr bringen sollen. Lord Noseberry wird ohne Zweifel, wenn de» Liberalen der Sieg znfallen sollte, was aber dock »och sebr zweiselbast ist, im nächsten Glat sione'sche» Cabinct wieder das Amt eines Ministers des -Auswärtigen übernehme» Er hat schon im Londoner Graf- schaslsrath, kesse» Vorsitz er erst vor Kurzem übernommen hatte, anackniidigl, daß man sich ehestens nach einem passe» den Nachfolger sür ilm nmsche» sollte. Die Glatslo»caner zählen nicht viele PairS des Reiches zu den Ihrigen und ohne Pairs würde ein englisches Ministerin»« kaum das »öthigc Ansehen besitzen. Lord Noseberry weiß, daß man ohne ihn nicht gut sertig werden kann. Aber um so bedeutsamer ist cs, daß seine Ansichten, die er öffentlich vorträgl, mehr die des radikalen Flügels der libe ralen Partei sind. In Gladslone steckt ei» gut Stück gesunden ConservatiSmnS, aber er hat der Strömnng des Tages zu folgen, so sebr er sich auch sträuben mag. Glatstonc weiß, wie rorucnrcich die sociale Frage sür einen englischen Partci- politiker ist, Lord Noseberry stürzt sich kükn in den Strudel hinein. Am Donnerstag Abend sagte er in Edinburgh: „Un sere Demokratie ist keine übcrgrcisende Demokratie, aber sic will als Demokratie anerkamil werden. Tie Regierung Eng lands hat ihren Ursprung im Volke, eine Regierung des Volles für das Volk. Eines ist sicher: gewisse Frage» sind »och nicht zur Lösung reis. Aber gerade deshalb sind versnchs weise gesctztichc Maßnahmen absolut nöthig. Ich kann i»i Augenblick nicht Voraussagen, wohin diese Versuche jübren werken. Viele, die dafür sind, »vagen nicht alle i» Betracht kommendcn Interessen ab. Aber dessen bin ich sicher, daß die liberale Partei, falls sie diese Versuche nicht nnlerniulint, wen» sie ans Ruder gelangt, sich die große Masse des Voltes entfremden wird Einige von diesen Versuchen sind schon in unseren Colonien »nlernomuien wo»den und werden jetzt vom Londoner Grasschaflörath unternommen." Mau sieht ans diesen Worte», daß eS noch zu heftige» Fehden im Schvoßc der liberalen Partei vor dem Beginn der Wahlen komme» kan». Deutsches Reich. 8». Berlin, 15. Mai. In demselben Augenblick, wo Regierung und Volksvertretung in Preuße» ihre Fürsorge sür die evangelische Kirche durch Ablösung LcrStot- gebühren bethätigt und derselben hiermit finanzielle Zu wendungen gemacht haben, die um so höher anzuschtagcn sind, atS die ungünstige Finanzlage die Erfüllung dringender Be dürfnissc (Beseitigung des Richten» angctö in Berlin, Auf besserung der Beamtengchältcr rc.) nicht gestattet — in dcm- sclbcn Augenblicke halten cS die protestantischen Heißsporne für augczeizt, mit programmatischen Erklärungen hervorzn- treten, welche, ganz im Sinne der Hainmerstcin'schcu Anträge gehalten, die HerrschaftSgclüste dieser Gruppe wieder einmal inir erwünschter Offenheit zum Ausdruck bringen. Natürlich ist eS Herr Stöcker, der im Kampfe für die „Selbst ständigkeit" der Kirche als Fahnenträger voransckreitei. Er hat ans der diesjährigen niederrheinischen Pastorenconserenz. »reiche am 12. Mai t I. zu Düsseldorf stattfand, die an wesende» I2i> Pfarrer und Presbyter über das wechselseitige Verhältniß zwischen Staat und Kirche gegenüber den Auf gaben unserer Zeit aufgeklärt. Nach seinem Vortrage wurtcii zehn „Leitsätze" einstimmig und, wie das „Volk" be richtet, „mit großer Begeisterung" angenommen. AuS diesen Leitsätzen verticnc» die folgende» charakteristische» Punele hervorgeboben zu werden: Eine völlige Trennung der Kirche vom Staat ist weder möglich, »och wünscheiiSwerlh. Ter eonstiinlionellen Monarchie, dem parlätischcn Staat und dem Bestreben gegenüber, den Einfluß des Staates auf die Kirche sestznballeii, dagegen de» Einfluß der Kirche auf den Staat zu beseitigen, bat die Kirche die Aufgabe, das notb- wendige Mas; von Selbstständigkeit ;n bewahre» oder zn gewinnen. „Tcinnach soll in religiöser Beziehung der Staat ui den innere» -Angelegenheiten der Kirche sflh aus ei» HohcilSrecht beschränke» unk seine Kirchcngcivalt eniweder ganz aufheben oder dieselbe überall mit der Kirche gemeinsam ausübcn In politischer'Beziehung sott sich der Staat durch die Parität nicht zur Berttachtäffigmig der protestantischen Interessen, durch de» liberalen und radikalen Zeitgeist nicht zu E oneessioncn i» silltich-religiösc» Angelegenheiten drängen lassen; die Kirche soll ihm Helsen, einen christlichen Volko g-ist und eine gesunde öfsentliche Meinung zu I Massen " — lieber die Forderung nach kirchlicher Selbst släntigkeil, wie Herr Slöcker und Genossen sie verstehen, braucht kein Wort verloren zn werde», das sind abgethanc Tinge. Wen» man aber, offenbar angeregt durch das Schicksal des Volkssckulgesetzculwurss, den Grundsatz ansstellt, die Kirche solle eine gesunde öffentliche Meinung schasse», so muß dagegen cnlschietencr Widerspruch erhoben werde». Tie öffentliche Meinung erstreckt sich ans alle Gebiete nienschlicher LebenSlhätigleit, vorzugsweise aus das der Politik Tie Kirche jedoch, im ersten „Leitsätze" ausdrücklich als „das Gebiet der G»ade»ordnl»ig" definier, hat ihrem Wesen nach mit dev Politik gar nichts zu Ihn» Tabcr ist cs eine Verkennung der eigentlichen sceliorgerischen -Pflichten, wen» die Diener der Kirche es zn ihrem Vernsc machen, im politischen Streit -Partei zn ergreifen und von der Rednertribüne ans oder gar von der Kanzel herab ans die Gesinnung ihrer Zuhörer ein zittvirkc». Bo» verschivinrenden Ausnahmen unter de» evan gelischen Geistliche» abgesehen, war cs bisher der zweifelhafte -Vorzug der katholischen Capläne, „gesunde" öffentliche Mei nung zu „schassen". Wird ihr Beispiel auch von den cva» gelistben Predigern »achgeabnil, dann mag wob! liier und da eine janatisirtc Gefolgschaft dies beifällig begrüßen, im All gemeinen aber werden solche Herren, mit Mollke zu reden, die Leute ans der Kirche hiuansprcdigc». tsss Berlin, 16. Mai. (Privattclegramni.) Tein Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Kocller ist vom Kaiser der rothc Adlerortcn erster Classc mit dem Stern verliehen worden. — In Bezug auf die Nolle, die der in den letzten Wochen so oft genannte O bcr-V crwal tu n g s ra t h .Kunze in der Gefchicktc der Projekte zur Umgestaltung des Berliner Schlossplatzes gespielt hat, erzählt inan sich in parlamen tarischen Kreisen, wie der „Schles. Ztg." geschrieben wird, daß Herr Kunze nicht nur keineswegs der Urheber dieser Prvjcclc gcwcse» sei, sondern das; er auch gegen das zur Be treibung derselben beliebte Verfahre» an hoher Stelle cul- schicdciieBcd enkcn geltend acinachl und aus den z» crwartendcn Widerstand der öffentlichen Meinung hiiigcwicscn habe, daß seine Bedenken aber unbeachtet gcblicbc» seien. Wie man sich aus dem Bericht über die Monlagsitznug des Abgeordnetenhauses entsinnt, ist rcgicrungöseitig aus die -Anfrage des Abgeordneten FesriHet-n. Gerettet. Ils Novelle von Alexander Römer. Kachdrua verbot«». (Fortsetzung.) Die Composition deö Bildes war weit vorgerückt gewesen, als Lisa ihm die erste Sitzung gewährte, er hatte ja unter Hangen und Bangen und schmerzen gearbeitet an den anderen Figuren. Jetzt rückte die Arbeit rasch vorwärts. Eines Tages mußte sie vollendet sein, und dann — es gähnte in Arthurs Geist, wie eine unendliche Lücke nach diesem Zcitpuncte. Dann mußten »veilere Entschlüsse gefaßt werden. „Dein „Gretchcn in der Kirche" ist von der Münchener PrüjungScoinmission mit dem ersten Preise prämiirt worden, burrab! Junge — und nun gehst Du mir nach Italien!" Das rief ihm der Onkel eines Morgens entgegen. Wahrbastia — ja» der erste PrciS — und dieses, sein zweites Bild, stcuzd dem erste» nicht nach Mit einem tiefen Atbcmzuge, in der vollen Erregung des Glückes über die Er füllung seiner ehrgeizigen Träume, berichtete er dem Oheim, daß cs nahezu vollendet sei. „Goldjunge? Ja, ich habe dock Freude an meinen Adop tivkindern. be! Thekla, wie? Ter Alle will aber noch nichts von Vatcrschast wissen, ist noch jung mit Euch, kan» noch alle Tage heiralhcn." Volgersen lachte und sab Tbckla blinzelnd an Er war in brillantester Laune. „Und nun noch Ein« — hier ist ein Schreiben vom Fürsten L . . . eine Bestellung auf fünf Wandgemälde in seinem Schlöffe, Scenen aus der alten Göttergeschichte — Zeit ist Dir unbegrenzt gelassen, bist ein Glückspilz erster Sorte, ein gemachter Mann. Aber erst gehst Du mir nach Italien." Arthur stand wie betäubt. Der Onkel jubilirte, war rein aus dem Häuschen, Thekla umarmte ihn mit Thränen im Blicke — wenn das der Vater erlebt hätte; ja, wie war ihm denn? Galt denn ihm das wirklich? Er sank ganz verwirrt aus ciuen Stuhl. Italien! Freilich, eine Kunstreist nach Italien — lange Jahre war sie ihm als deS Glückes Gipfel erschienen. Und auch jetzt — dazu dieser Ruhm — sein vollendetes Bild — der Onkel und Thekla mußten eS jetzt sehen — Lisa!! Ihre Gestalt trat plötzlich erschreckend störend in den fertigen, frohen, vertrauten Kreis. Lisa! Wie sollte sie in diesen neuen Zukunftörahmen ringesüat werden? „Was hast Du? Was ist Dir?" fragte Thekla ver wundert, „eS sieht doch beinahe aus, als ob Du Dick, gar nicht so sehr freutest. Mich dünkt, für einen jungen Manu mit Deinem Streben ist diese Stunde eine überwältigende." Arthur war bleich geworden und sah verstört aus. „Ich muß mich erst besinnen", sagte er. In seinem Hirn taumelte» die Gedanken hin und her. Jetzt beginnen die Kämpfe, die Du um sie kämpfen wolltest, dir Opfer, die Du ihr wirst bringen müssen. Seine Kunst — nein, die konnte er natür lich nickt zum Opfer bringen, sic mußten warten — sich trennen — sobald war an ein Eden der Bereinigung nickt zu denken. Wie das mitten durch den Freudentaumel dieser Stunde brauste — eine Dissonanz. Der Onkel und Tbekla standen vor dem neuen Bilde. Thekla erschrak, ihr Gesicht war plötzlich aschfarben. Niemand gewahrte eS. Der Onkel spitzle die Lippen, trat der Leinwand näher und wieder zurück. „Hm, hm — ja — recht gut — reich lich weichlich, reichlich süßlich, weißt Du — mein Geschmack ist das nicht gerade. DaS Mädel da ist mir zu sehr aus Dust gewoben, ist ja gar kein Wesen v"n Fleisch und Blut — na, na, na — '< ist Zeit, daß Du herauskommst, in andere Strömungen hinein — wo hast' denn das Modell ausgetrieben?" Der alte Volgersen fixirte den Neffen scharf, er war schlau und hatte seine eigenen Gedanken. Daß der Junge etwa« auf dem Korne habe, war ihm seit lange zweifellos — die ganze Süßholzraspelei lag in diesem Machwerk. Arthur stand bleich und erregt da. Der Onkel lobte das Bild kaum — war nicht befriedigt. Er stürzte aus deinen sieben Himmeln jählings auf die Erde. Er war seit Wochen auf der Erde nicht mehr zu Hause gewesen. Nun brauste daS volle Leben »viedcr heran und nahm ihn in seine Milte. Es kam ia Sturzbächco, welche ihn begrub«, und chm alle Besinnung raubten Seine Auge» glitten mit abwesende»», zerstreutem Ausdruck zu Thekla hinüber. Ihre Blicke be gegneten sich, was hatte die Eckwester? Ha! sie hatte Lisa erkannt — Zorn, Vorwurf, Entsetzen — was lag nicht Alles in ihrem Blick! Er nahm sich gewaltsam zusammen, er durfte sick »in keinen Preis verrathen. Der Onkel ließ sich deS Breiten über die Technik aus, lobte, tadelte — das Letztere nielir als daS Ersterc. „Deine früheren Arbeiten waren kräftiger, der Mephisto, nun ja, gefällt mir noch am besten, der Faust ist mir auch zu sebr Mondschcinprinz. Nun — eö wird schließ lich passiren, bist jetzt einmal auf den Schild gehoben, da geht eine Weile Vieles durck, dieses Werk hätte Dich nickt berühmt gemacht. Komm, Tbekla, wir »vollen noch einen Spaziergang machen und den Glückstag für den Jungen mit ein paar Flaschen Sect feiern." Thekla stand »nit abgcwandtem Gesicht. „Ich folge Dir gleich, Onkel, ich möchte Arthur noch etwas fragen." „Geschwisterliche Geheimnisse — nun meinetwegen — Du findest mich auf der Terrasse." Arthur machte sich mit der Stellung des Bildes zu schaffen. Ihm war ein Verhör in diesem Augenblicke sehr unlieb. „In welchem Verhältniß stehst Du zu dem Mädchen, das Dir zu diesem Gretchcn saß?" fragte Thekla ohne Umschweife, aber mit tief erregter Sin» nie. Arthur blickte ans, er sah trotzig und finster aus. „WaS acht das Dich an?" fragte er dagegen „Ich malte den Kopf als Idcalkops nach dem Gcdächtniß." „Ich kenne dieses Mädchen, sie heißt Lisa PetcrS und — ich habe meine Gründe, Antheil an ihr zu nehmen. Wie stehst Du zu dem Mädchen?" Arthur war sehr verstört, er batte nicht geahnt, daß Thekla Lisa kannte. Aber cs war »nmöglick. ihr Verhältniß jetzt auszusprechen, der Schritt mußte vorbereitet werden, in ihrem und seinem Interesse. Wie zog er sich nur für den Moment aus der Schlinge? „Also Du kennst sic", sagte er so unbefangen wie möglich. „Dann kannst Du auch begreifen, daß sic mir als das Idealbild eine- GretchenS erschien, sobald ich sie gesehen. Ick traf sie auf der Reise, im Coupv, ein liebes, unschuldiges Mädchen." „Und sic hat Dir gesessen?" „Wie Tn cs nennen willst — die Mutter war auf meinen dvingcndcii Wunsch ei» paar Mal mit ihr in meinem Atelier, indessen — Tbclla, das sind Dinge, »vorüber ich die strengste Tiserclwn von Dir fordere." Thekla lebnte sich an die Wand. Ihre Einpsindnngcn »raren so verschiedener Art, das; sie sich gar nicht klar Rcchen- schast darüber gebe» konnte Wahrhaft dämonisch erschien ihr das Mädchen. Wenn der Toclor sein Herz an sic hing — und darüber war Wohl kann» noch ein Zweifel — uud sie verriet!» und betrog ihn, so ging er daran zu Grunde. Und Arthur — ihr Bruder, dem eine glänzende Zukunft winkle, lag auch in ihren Banden? Was war wahr und was vcrbüllt an dem, was er ihr sagte? Aber sie getraute sich nicht, weiter zu forschen, ihr graute davor, die Schleier gänzlich zn lüsten. Auch Arthur forschte nicht weiter. Thekla stand dein Toetor Welslcr »abe, er balle ihr sicher von Lisa gesprochen — wenn sie dein Doelvr Andeutungen machte, es wäre ihm augenblicklich sehr unlieb. Thekla s Herz war voll, als sie den Onkel draußen traf. „Kannlcsl Du -Arthur s Modell zu seinem Grctchen nicht?" fragte sic, eigentlich Wider ibrcn Wille». „Nein — und Du?" Volgersen war ganz Ohr. Thekla nannte Lisa und deutele ihre Sorgen und Be fürchtungen an. „Ha! zu der Lippe gekört sie?" rief er lcbaaft. „Wußte gar nicht, das; noch eine ,n»gcrc Tochter da sei, die Andere ist mir wokibekaniil. I« freilich, wenn der Junge da binein- sielc, das wäre toll. Nun — so ernstlich wird es hoffentlich nicht sein, wollen ibm den Kops schon zurechtsetzen. Verliebt ist er, das wußte ich lange, »nb warum auch nicht, jung Volk will seine Vrausejabre habe» " „DaS Mädchen soll ehrbar sein, Onkel, Doctor WelSler hat sie erziehen lasse» und sie jahrelang aus dem Elternhause entfernt." „Doctor Welsler? Der Duckmäuser? Na, dann hätte er nur sorgen sollen, daß sie jetzt in dem gcfähr- lichslen Alter fern von ihrer säubern Sippe sei. Er mag sic wobl sür sick haben wollen und kommt dann dem Arthur ms Gehege — auch gut." (Fortsetzung folgt.): e.
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