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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189207316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18920731
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18920731
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-31
- Monat1892-07
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1892
- Autor
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Die SteuipelMchungeil auf dom Lochmner Herein vor Gericht. (Nachdruck verboten.) H kr. Vsscn. 29. Juli. Gegen 9 Uhr Vormittags eröffnet der Präsident, Landgerichtsdirector Tbüne die Sitzung mit der Mitlhei- lung, daß das diesige königl. Eisenbahn Bcinebsamt ihm angezcigt habe, daß dem Bahnmeister Mvoskvps gestattet sei, in der gegen, wärtigen Verhandlung als Zeuge auszutrete». Es wird alsdann in der Beweisaufnahme sortgeiahren. Zunächst wird der Bergmann Paschmann vernommen. Präsident: Sie sagten vorgestern: eS hätte aus dem Werk eine Schelle bestanden und Sie Hütte» den Anstrag gehabt, Arbeiter aus dem Walzwerk von der Ankunst der Revisoren milden Worten zu benachrichtigen: „Ter Feind ist da!" Zeuge: Tas ist richtig. Präsident: Zwei Portiers haben geiler» hier bclchworc», das) eine solche Einrichtung nicht bestauben hat? Zeuge: Ich kann nur sagen, waS ich weiß. Präsident: Wie sah denn der Portier aus.? Zeuge: Ter hatte einen schwarzen Vollbart. Ter Zeuge sagt im Weiteren aus, das) er zunächst in der Portierslube sich au'talten mußte, um, sobald ein Revisor aufs Werk kam, ans einem Umwege ins Lager zu lausen und zu ruscn: „Ter Feind ist da." Tn er sich in dieser Beziehung nicht als zuverlässig erwiese» hatte, so wurde er durch einen alten Maschinisten, Namens Heising, erseht. Später wurde zu diesem Zwecke von der Portierslube ans eine Schelle, die »ach der Schleiferei ging, angelegt. Es habe sich dabei um drei Revisoren, deren Ankunft angczcigt werden sollte, gehandelt und zwar, soweit er sich erinnere, um eine» russischen, um einen auS Barcelona und einen dritten, den er nicht kannte. Ter folgende Zeuge ist Arbeiter Wilms: Er sei seit 1860 aus dem Bochumcr Verein und noch heule auf demselben beschäftigt. Er habe einmal in der Schleiferei gearbeitet, wisse aber nichts von einer Schelle. die von der Portierslube in die Schleiferei ging. Präsdcnt: Waren Sie einmal als Maschinist ans dem Bochumcr Verein beschäftigt? Zeuge: Nein. Präsident: Kennen Cie eine» Mann, der in der Ponterslnbc Auspasser gewesen ist? Zeuge: Nein. Präsident: Paschmann, Sic sagten doch: Wilms habe Ihnen erzählt, da» Heising einmal Aufpasser geweien ist! Pasch- mann: DaS habe ich nicht gesagt. Präsident: Kennen Sie einen Mann Namens Heising? WilmS: Jawohl, der ist auf dem Bochumcr Verein. Präsident: Sie sind nun seit 30 Jahren auf dem Bochumcr Verein und sind früher viele Jahre im Schienenlager gewesen, haben Sic irgend eine Betrügerei einmal beobachtet? Zeuge: Nein. Präsident: Wissen Sie, dag mit falschen Stempeln gestempelt wurde und daß die Cisenbahnvcrwaltnngen andere Schienen bekamen, als die Revisoren ausgesucht Hallen? Zeuge: Mir ist davon nichts bekannt. Arbeiter T cg euer: Er habe nie- mals aus dem Bochnincr Verein gearbeitet. Lnantius habe ihm einmal in einer Wirthichast gejagt: er bekomme Unterstützung und wenn der Proceß zu Ende sein werde, dann sei für seine Existenz gesorgt. Präsident: Hat Ihnen Qnantius gesagt, von wem ec Unter- Nützung erhält? Zeuge: Nein. Früherer Maschinist Lehmkuhl: Er sei im Jahre 1851 als gelernter Schlosser ans Lein Bochumcr Verein eingetretcn und sei bis 1878 dort zuletzt als Obermeister gewesen. Er könne nicht sagen, daß Betrügereien ans dem Bochumer Verein vorgckommc» seien. Präsident: Kennen Sie den Lnaniins? Zeuge: Genau nicht, ich glaube, ich habe ihn einmal gesehen. Präsident: QuaniiuS hat bekundet, er habe Ihnen init Lüning einmal falsche Stempel gebracht? Zeuge: Tavvn ist mir nichts bekannt. Präsident: Ouanlins, trete» Sic einmal vor. Lehmkuhl, kennen Sic diesen Mann? Zeuge: Nein. Präsident: Nun, QuantiuS, ist taS dieser Mann? Qnantius: Jawohl Prä- sident: Ter kennt Cie aber gar nicht. Quantius: Ich habe mit Lüning zusammen die Stempel in den Keller des Lehmkuhl gebracht. Präsident: Lehmkuhl, wissen Sic etwas davon? Lehmkuhl: Ich weiß nichts davon. Lcisitzender, Landrichter Schm öl der: Quantius, wann haben Sie dem Lehmkuhl die falschen Stempel nberbrachl? Quantius: Im Jahre 1881. Bcisitzendcr: Lehmlulil, Sie waren damals nicht mehr aus dem Bochumer Verein? Lehmkuhl: Nein. Arbeiter Hohendorf: Er sei seit 1881 und noch bis zum heutigen Tage auf dem Bochumcr Verein. Er habe keine Unregel mäßigkeiten wahrgenommcn, nur im Jahre 188.7 habe er etwa zwei- bis viermal Abends oder des Nachts Stempel von Schienen abgcfeilt. Präsident: Von wie viel Schienen haben Sie denn in einer Nacht die Stcinpcl entfernt? Zeuge: Vo» 2.7 bis 30Stück. Präsident: Wie lange arbeiteten Sie an der Abscilung einer Schiene? Zeuge: Etwa 8 Minute». Präsident: Tan» müssen Sie doch mehr als 25 bis 30 Schienen abgcscilt haben? Zeuge: Tic Abseiluiia mußte möglichst sauber geschehen. Präsident: Haben Sie allein abgefeilt? Zeuge: Nein, es habe» »och etwa vier Arbeiter geseilt. Präsident: Worden die Schienen nach ge schehener Abscilung mitRostwasser begossen? Zeuge: Tas weiß ich nicht. Präsident: Ware» die Schiene» am Tage vorder von einem Revisor gestempelt worden? Zeuge: TaS weiß ich nicht. Präsident: Wurden die Schienen am folgenden Tage wieder Abnahmebeamten vor- gclegt? Zeuge: Tas weiß ich nicht. Präsident: Sind Sie der Meinung gewesen, daß Cie Lurch die Alfeiluug etwas Unrechtes begehen? Zeuge: Nein, ich wußte, laß bisweilen mehr Schienen als abgenommc» waren, gestempelt wurden. R'chiSaiiwalt Lenz- mann: Hat Ihnen Jemand gesagt, was Eie hier ausiagen solle»? Zeuge: Nein. Rechtsanwalt Lenzmaun: Hat Ihnen Herda nicht gesagt, als Sie das erste Mal zu dem Unterinelmiigsrichier gingen: Sie sollen sagen: es seien von überzähligen Schienen Stempel ent- fernt worden? Zeuge: Nein, Herda hat mir nichts gesagt. Präsident: Wußte Herr Bering etwas von dem Abseilen der Schiene»? Zeuge: DaS weiß ich nicht. Ter Zeuge bekundet im Weiteren, daß Bering bisweilen, wenn er au den von den Abnahme beamten auSgcwählten Schiene» Fehler entdeckte, diese, selbst, wenn sie schon verladen waren, wieder heruntcrnehmen und sie durch andere fehlerfreie ersehen ließ. Auch die Arbeiter haben, wenn sie gesehen, daß eine bereits abgenommcne Schiene schadhaft war, diese durch eine bessere erseht. Daß bereits verladene Schienen vom Bahnhof zurückgcholt wurden oder daß mit einem Kreidestrich versehene Schienen hinter dem Rücken deS Revisors gestempelt wurde», wisse er nicht. Verkittungen von kleinen Fehlern seien bloß in Gegenwart der Revisoren vor- genommcn worden. Aus Befragen des Rechtsanwalts Or. Sello bemerkt der Zeuge, daß unter den Arbeiter», die mit ihm zusammen abgefeilt haben, u. A. der Angeklagte Oclichmann gewesen sei. Schlosser Löhmann: Er sei von 1880 bis 1885 aus dem Bochumer Verein beschäftigt gewesen. Er habe niemals irgend welche Un- gehvrigkeite» bezüglich Falschste,npclung, Ctempclabfcilung u. s. w. beobachtet. Schlosiermeister Hahne: Er sei seit 17 Jahren aus der Achsendreherci de? Bochumcr Vereins beschäftigt. Er bestreite, daß Zerreißproben jemals untergeschoben wurden. Falsche Proben habe er niemals gemacht. Er habe allerdings stets gesiempeltc Cvntrcprobcn gehabt, diese seien aber mit dem Stempel des Bochumer Vereins ge stempelt gewesen. Schlosser HceS behauptet: die falschen Proben feien mit de», nachgemachtcn Stempel des Revisors gestempelt gewesen. Taß die Proben, die er gebracht, salsche Proben waren, dieser Ueberzeugung sei er sofort gewesen. Rechtsanwalt Hünebeck: Hotten Sie Liese Ueberzeugung schon damals in Ihrem 16. Lebensjahre oder haben Sie dieselbe erst erlangt, als Sie den Proceß Fv.Sangel gelesen hatten? Zs„gk: Ich hatte sofort diese Ueberzeugung/ Schutzmann Karl Schulz lEssen): Er sei von 1882 bis 1888 auf dem Bochumer Verein beschäftigt gewesen und habe von 1882 bis 1887 aus dein Schienenwalzwerk gearbeitet. Er habe etwa 20 Mal gesehen, wie Schienen in Aoweicub-it von Abnahme- beamten gestempelt wurden. Etwas Unrechtes habe er darin nicht gefunden, zumal die Abnahmebeamten oftmals die Stempel ans dem Werke zurückließen und die Vorarbeiter mit der Weitersteinvelung beaustragten Auch habe er einige Male geieben, daß Stempel von Schienen entfernt und Schönheitsfehler verkittet wurden. Arbeiter Hassemaycr war von 1882 bis 1881 aus dem Bochumer Verein beschäftigt gewesen und hat cinnial gesehen, wie die Ange klagten Krüger, Kirchner und Hülsman» von etwa 20 Schienen Stempel abgesraist und dieselben am folgenden Tage demselben Abnahmebeamten wieder vorgelegt haben. Außerdem habe er ge sehen, daß ausgeworiene, von dem Abnahmebeamten i.iit einem Kreidcstrich versehene Schienen gestempelt und mir den abgenommenen zusammen verladen wurden. Präsident: Baben Sie etwas Un rechtes darin gesehen? Zeuge: Tamals nicht. Rechtsanwalt Hünnelbeck: Sie haben nichts Unrechtes darin gesunden und trotz dem wollen Sie heute »ach acht Jahren ganz genau wisse», daß demselben Abnahmebeamten die adgeiraisten Schienen wieder vor- gelegt wnrde»? Können Sie sich in dieser Behauptung nicht irren? Zeuge: Nein, ich weiß ganz genau, daß cs derselbe Abnahmebeamte war, dem di» abgesraisten Schienen wieder vorgelegt wurden. Präsident: Wissen Sie auch etwas vo» falschen Strmvel»? Zeuge: Nein, ich habe nur einmal gehört, wie der Angeklagte Krüger sagte: mich hat geschaudert. «IS ein Revisor in meine Stube kam, in der so viele Stcinvel umherlinen. Präsident: Kr.iaer, ist das wahr? Angeklagter Krüger: Mir ist von alledem nichts be kannt. Angeklagter Rosendahl: Ich kann inilthkilen. Laß meinem Bruder Wilhelm einmal drei neue Stempel der königlichen Lstbabn von dem Abnal mcbeamten übergeben wurden. Präsident: Tie vernommenen Nbitahmcdcamicn haben sammtlich in Abrede gestellt, daß sie Stemvel aus dem Werk zurück oder solche aus diesem habe» anserligen lassen. Nu», Hassemeyer, wissen Sie. ob aus dem Werke auch falsche Stempel angcsenigt wurde»? Zeuge: Davon weiß ich nichts. Präiidcnt: Bei dem Herrn Untersuchungsrichter haben Sic gesagt: Sie haben gesehen, daß ein Mann ein Stück Blei aui den Etenipel eines Revisors legte und mit dem Hammer daraus schlug, um sich einen Abdruck zu machen. Zeuge: Das habe ich nicht gesagt, ich muß alsdann falsch verstanden worden sein. Präsident: Kenne» Sie den Graveur Jansen? Zeuge: Nein. Der Zeuge bekundet im Weiteren, daß er cinnial aus Befehl deS Meisters Wilh. Rosendahl Schienen, die schon auf de» Wagen ge- laden waren, mit Salmiaklöjung begossen habe. Ter Sachverständige, Ingenieur Frendenberg, bemerkt, daß rr de» Zweck dieser Mani pulation nicht einsehen könne, der Bochumer Verein mußte denn den Zweck verfolgen. Laß die Schienen in verrostetem Zustand an Lrt und Stelle ankommcn. Angeklagter Rothkamp bemerkt: Diese Schienen waren für Pferdebahnen bestimmt, die weder gestempelt noch abgenomincn waren. Nun waren darunter viele alle, schon etwas verrostete, zum Theil aber auch neue Schienen, so daß die Ladung etwas bunt anssah. Um nun ein gleichmäßiges Aussehen zu erzielen, sei Salmiak über die neuen Schienen gegossen worden. Es tritt alsdann eine kurze Paule ein. Nach Wiedereröffnung der Sitzung wird nochmals der Zeuge, Arbeiter Hajlemaher vorgerusen, um vereidigt zu werden. Hasse- niayer bemerkt: Er habe noch eiwaS zu sagen: Er habe in der Stube des Angeklagte» Krüger einmal einen Verschlag anserligen müssen, in den die Stempel, die i» der Stube uniherlagen, gelegt wurden. Krüger giebt dies zu: er habe sich de» Verschlag machen lassen, damit die Ciempet nicht so unordentlich umherliegen. Hass cm ah er wird hieraus vereidigt. Ter folgende Zeuge ist der Schlosser Reese, der 1888 89 in der Achsendreherci des Bochumer Vereins beschäftigt gewesen ist. Er habe mchrfach ge- ehc», daß aus Vierkantsiahl angefenigte Zerreißproben unter geschoben wurden. Tiefe Vierkanlsiahlprobe» seien schon fertig gewesen; sie seien zn Zerreißprobe» bergerichlet und von dem Angeklagten Georg Müller mit einem saliche» Stempel gestempelt worden. Eachveriiändigcr Eisenhahiidireelor Passaucr: Es sei ihm unklar, daß die Revisoren, die doch mißtrauisch waren, nicht danach gefragt haben, Ivo die von ihnen gestempelten Proben geblieben seien. Tie Revisoren müsse» doch gesehen habe», daß nicht ihre, sondern die Vicrkantprvbe als Zerreißprobe genommen wurde. Ter Zeuge giebt aus Befragen des Präsidenten von der uniergcschobcncn Probe eine eingehende Schildernng. Prä ident: Wissen Sie, für wen die Zerreißproben gemacht wurden? Zeuge: Das weiß ich nicht. Präsiden!: Wissen Sie keine einzige Bahn anzugeben, für die diese Zerreißproben gemacht wurden? Zeuge: Eine Probe war für die Hannoversche Bah». Regierung?- Bauralh Heilung: Wie sah der Stempel aus der Probe aus? Zeuge: Tas weiß ich nicht. Hellwig: Wenn Sic so genau wissen, daß die Probe für die Hannoversche Bahn war, dann müssen Sic doch wissen, wie der Stempel ausgcseken har? Zeuge: Das weiß ich nicht mehr. Hellwig: Wissen Sie, wie viel Buchstaben dec Etenipel gehabt, ob er eine Krone Halle? Zeuge: Tas weiß ich nicht. Rechtsanwalt I>r. Sello: Herr Rcgicrimgsrath, wie sicht denn der Stempel der Hannoverschen Bahn aus? Regier»,ngsbau- ralh Hellwig: Früher hatte der Stempel die Buchstaben X.li.L.B., setzt hat der Stempel nur ein großes deutsches H. mit einer Zahl. Regicrungsbansührcr Block bemerkt, daß die Art, wie der Zeuge die Zerreißprobe schildert, nicht glanbhast erscheine. Tie Probe dürfe an der Stelle, wo der Elcmpct des Revisors aufgedrückl sei, nicht vorgcdreht werden. Arbeiter Stemmer, der von 1873 bis 1889 aus dem Bochumcr Verein im Hainmerwerk beschäftigt gewesen, bekundet ebenfalls, daß Zerreißproben aus Vierkantslahl »nterge- schoben wurden. Wer diese Unterschiebung gemacht habe, wisse er nicht. Tie Sachverständigen bekunden, daß die Schilderung des Zeugen über die Art der Unterschiebung der falschen Zerreißprobe wenig Wahrscheinlichkeit für sich habe. Arbeiter Kornau: Er sei vvn 1871—1876 und von 1878 bis 1882 aus dem Bochumcr Verein beschäftigt gewesen. Er habe mehrfach gesehen, daß Schienen verkittet und ganze Stücke in die Schienen Angeschweißt wiirdcu. Außerdem habe er gesehen, daß einmal von 100 abgenoniinenen Schienen 20 hcrauSgcnomincn und durch 20 fehlerhafte ersetzt wurden. Vo» den 20 hcrauSgenvminencn Schienen wurden des Nachts die Stempel entfernt und nin folgenden Tage demselben Abnahmebeamte» wieder vorgelegt. Auch habe er gesehen, daß Schienen, die der Abnahmebeamte verworfen, gestempelt wurden. Präsident: Mit welchem Stempel wurde wohl gestempelt? Zeuge: Es wnrde gesagt: Rosendahl und Rasche haben salsche Ttempel ansertigcn lasse». Präsident: Sind nun die gestickten Schienen, in die Stücke eingesetzt wurden, als Schienen mit Schön- hcitSsehlcrn verkauft worden ? Zeuge: Alle Schiene», die auszubcssern gingen, wurden mit einem falschen Stempel versehen und mit den vom Revisor gestempelten Schienen mit verladen. Nur diejenigen Schienen, die gar zu schlecht waren, wurden als wrack erklärt. Sachverständiger, Rcgieruiigs-Banraih Hellwig: Wurden auch Schienen mit ver laden, in die große Stücke cingcschwcißt worden waren. Zeuge: Jawohl. Hellwig: Tie Löcher, die da gestickt wurde», waren also sehr erheblich? Zeuge: Jawohl. Ter Zeuge zeigt die Grüße der Risse an. Regiernngs-Baurath Hellwig: Ich tiin der Ueberzeugung, das Schienen mit so großen Rissen, wie sie der Zeuge beschreibt, sehr bald hätten brechen müssen und zwciseilos tvürcn die Fehler sehr bald entdeckt worden. Derartige Schienen können Vollbahnen nicht gebrauchen; cs kann nur sein, daß diese Schiene», als mit Schönheitsfehler» behaftet, an Bahnen unter geordneter Bedeutung verkauft worden sind. Ter Zeuge weiß von den Schienen mit Schönheitsfehlern nichts, eine Verwechselung ist also leicht denkbar. Präsident: Nun, Kornau, waS sagen Sie dazu? Haben Sic genau gesehen, daß die gestickten Schiene» mit den Schienen, die der Revstor ausgesucht, mitvcrladen wurden. Zeuge: Jawohl. Tie anderen 2 achvcrständigen bestätigen das Gutachten des Regiernngsbauralh-? Hellwig. Ter Zeuge bekundet im Weiteren, daß die Flickschmicde weit zurückgelegi wurde, damit dieselbe von Unbefugten nicht betreten werde. Präsident: Ist das ausgesprochen worden, oder haben Sic sich gedacht: die Flickjchiiiiedc ist zurückgelegi worden, damit sie von Unbefugten nicht betrete» werde? Zeuge: Tas habe ich inir so gedacht. Rechtsanwalt Hniinebeck: Sie haben bei dem Herr» Untersnchiiiigsrichter gesagt: ein Drittel aller in Betrieb gebrachte» Schienen seien fehlerhaft gewesen? Zeuge: Tas ist richtig. Rc- gicrungsbanralh Hellwig: Diese Angabe ist geradezu unglaubhaft. Wenn ein Teiltet aller Schienen mit großen Fehlern benaflet ist, dann muß dcr Betrieb eingestellt werden. Nach vielfachem Befragen bemerkt der Zeuge schließlich, daß er unter dem Trittel fehlerhafter Schienen olle diejenigen Schienen mit einschließc, die irgend einen kleinen Fehler hatten. Er müsse sagen, daß cS kaum eine voll ständig fehlerfreie Schiene gebe. Schlosser Rampelmann: Er sei seit 1862 auf dem Bochumcr Verein. Er habe einige Male kleinere Verkittungen an Schienen vorgcnomiiicn und habe auch einige Male von Schienen den Stempel abgcfeilt. ES sei Las im Jahre 1885 etwa vier Mal geschehen. Auster ihm haben noch fünf Arbeitet abgcscilt. Was mit den ab- gescilten Schienen geschehen, wisse er nicht. Staatsanwalt: Wan» wurde das Aofrilen vorgenommcn? Zeuge: Tes Nachts von 8 bis 12 Uhr. Staatsanwalt: WeSlalb wurde da? Ab seilen blos des Nachts vorgenommen? Zeuge: DaS weiß ich nicht. Schlosser Ersenbardt: Er sei von 1872 bis 1882 aus den, Bochumer Verein gewesen. Im Januar 1882 sei ibm al-S „überzählig" gekündigt worden. Er sei ans dem Wer! Locomolivsührer gewesen und habe gesehen, Laß des Nachts vom Bahnhof ein ganzer Wage» Schienen zurückgeholt und durch andere ersetzt wurden. Präsident: Wie viel mal haben Cie dar gesehen? Zeuge: Trei bis viermal. Präsident: Wie viel Schienen wnrde» jedes Mal zurückgcholt? Zeuge: Ein ganzer Wagen voll. Präsident: Geschah das immer des Nachts? Zeuge: Jawohl. Ter Zugführer des Bochumer Vereins sagte: „Der Controleur schreibt sich die Wagennnmmcr ans. So klug wie die Coutroleure sind wir aber auch." Präsident: Nun, was wisse» Sie noch? Zeuge: Ich habe bis jetzt noch nicht gesagt, daß ich gesehen habe, wie Arbeiter an de» Köpfen dcr Schienen Flickarbeiten vorgenommen haben. Stationsvorsteher Acker, mann: Er habe eiiieManlpnlatio», wie sie der Vorzenge bekundet, nicht gesehen, er müsse aber bemerken, Laß, wenn Schienen so schlecht ver laden seien, daß eine Umladung notdwendig sei, die Schienen aufs Werk znrückgeichickt werden müssen, da ans dem Bahnlios keineVorrichtung für die Umladung sei. Rechtsanwalt klr. Sello: ES kommt also vor, daß Schicnen bchnis Umladung vom Bahnhof znrückgeholt werden? Zeuge: Jawohl. Rechtsanwalt 1>r. Sello: Tiefer Vorgang ist rin ganz natürlicher? Zeuge: Jawohl. Wagenmeister Schröder, drr hierauf als Zeuge erscheint, sogi aus, daß er einmal gesehen hebe, wie der Angel.agte Herda der Nachts verladene Schiene» ge- stemvelt bade. Präsident: Herda, ist La- richtig? Angeklagter Herda: Jawohl, cs wurde mir gejagt: wenn der Abnehmer wchl bis Mittags 1 Ubr aiiis Werk kommt, dann solle ich di-- Schienen verladen. Ich bin ds-sem Austrage nachgekommen. AIS nun der Abnehmer kam, legte ich ihm d'.c »och nicht r>rlab«nen Schienen vor. Letzterer sa;re mir: Wenn die verladenen Schienen cbenso ouSsaUcn, dann stempeln Sic mir dieselben gefälligst. Der Abnehmer übrrgab mir den Stempel hierfür. Präsident: Wer war dieser Abnehmer? Zeuge: Ter Ingenieur Kellner. Präsident: Herr Schröder, haben Sie den Herda gefragt, was er da mache? Zeuge: Jawohl, Schröder antwortete mir: das gehe mich nichts an. Ich incldrte in Folge dessen den Vorgang dem Station-S-Assistenlcn Hanke, der den Herda sofort vom Bahnhof verwies. Präsident: Herda, weshalb sagten Sie nicht zu dem Wagenmeister Schröder: Sie seien vo» dem Revisor mit dem Stempeln veauslragt worden? Herda: Das hatte ich ja gar nicht nülhig. — Aus Anlrag der Vertticidignng wird de- schlossen: den Revisor, Ingenieur Kellner als Zeuge» zu laden. Arbeiter Lanbach: Er sei bis Lctober 1888 aus dem Bochumcr Verein beschäftigt gewesen. Er habe Ungebörigkeiten nicht wabr- genomnicn. Zwei I S drei Mal habe cr gesehen, wie Hcrdn bei Abnahme von Schwellen, anstatt aus den Stempel aus die Schwellen chlng. Präsident: Wie viel Schwellen blieben jedes Mal un- gestenwell? Z z e: 30 bis 40. Präsident: Tann .fehlten doch aber 30 bis s Schwellen? Zeuge: Es war das Gerede, daß diese blind , T.npcltcn Schwellen durch andcre fehlerhafte ersetzt werde». Aul Befragen des Rechtsanwalts 1>r. Schwering be merken die Sachverständige», daß ein Unterschied im To» vorhanden sei, wenn inan aus die Schwelle oder aus den Stcnipcl chlägt. Rechtsanwalt Stapper: Weshalb haben Sie von dieser Ihrer letzlc» Bekundung bis jetzt nicht? gesagt? Zeuge: Ich hatte das vergesse». Landwind Hu sein an» war von 1878 bis 1883 aus dem Bochumer Verein beschäftigt. Er habe einige Male geicbc», daß Stempel von Schienen abgeseilt und Len Ab nahmebeamten wieder vorgelegt und die abgefeiltc» durch andere ersetzt wurden; auch bade er gesehen, daß ausgeworiene Schiene» gestempelt wurde». Ferner habe er gesehen, daß am Fuße der Schienen ganze Stücke cingestickt waren und den von den königl. Revisoren aus gesuchten Schienen bcigclegl wurde». Bei den erwähnten Manipu lationen seien Herda und Quantius dabei geweien. Arbeiter Endres war von 1875 bi? 1884 auf dem Bochumer Verein beichäsligt. Er habe mindestens zehnmal gesehen, daß von gestempelten schienen die Stempel lhcils abgcfeilt, ttzcilS abgesraist und Len anderen Tag den Abnahmebeamten wieder vorgelegt wurden. Bei diesem Vor- gange seien die Angetlaglc» Herda, Georg Müller, Held und Hüismann dabei gewesen. Präsident: Wissen Sie etwas von falsche» Stempeln? Zeuge: Ich habe bei dem Angeklngten Gräme einen Slempel von der königl. Qslbah» gesehen. Präsident: War dieser Slempel falsch? Zeuge: Jawohl, ich nahm das wenigstens an. Präsident: Wodurch gelangte» Sic zu dieser Annahme? Zeuge: Weil ich wußte, daß die Abnaomebeauile» mit größter Peinlichkeit auf ihre Stempel achteten. Präsidenl: Haben Sic auch mit diesem Stemvel stempeln sehe»? Zeuge: Nein. Präiidcnt: Hohen Sie aber sonst falsch stempeln sehe»? Zeuge: Jawohl, ich habe mehrfach gesehen, wie Schienen, die vom Revi'or ausgeworfen wurden, in dessen Abwesenheit gcslcmpelt und den gestempelten schienen hinzugelcgt wurden. Präsident: Wissen Sic, wer das gemacht bat? Zeuge: Soweit mir erinnerlich, waren das die Angeklagte» Herda, HülSniann,Held undGeorgMnllcr. TieAngekiagtc» bestreiten das. Endres bekundet gleich mehreren aiidercn Zeuge», daß Bering schr grenz war und wenn ihm lliigekürigkeiten niigezcigt tourdcn, er diese sofort ahndete. Schlossermcistcr Baumeister bestreitet, daß, wie der Zeuge Jülich genern bekundet, unter lOOO Wagensedern 200 bis 300 schlechte gemischt wurden. Es wäre das ei» Io plumper Betrug gewesen, der sofort bemerkt worden wäre. Tie Sach verständigen bestätigen diese letztere Bekundung. Bergmann Lüning sagt a»S. daß er einmal Stempel von Schienen abseilen und auch einige Male gesehen habe, wie Herdn Schwellen blind stempelte. Treber Fritz Lange: Er sei vvn >875—>885 auf dem Bochumer Verein gewesen und er habe wohl gegen 10 Mal gesehen, daß Stempel von Schienen abgesraist und den andere» Tag dem selben Abnahmebcamlen wieder vorgelegt wurden. Auch Schienen- sticken habe er gesehen. ES wurden die Stelle», die Risse batten, auSgehaueii und dafür andere Stucke warm eingeschweißt. Präiidcnt: Haben Sie das osimals gesehen? Zeuge: Jawohl. Präsident: Haben Sie gesehen, daß diese so geflickten Schicnen gestempelt wurden? Zeuge: Jawohl. Ter Zcnge bekundet im Weiteren, daß cr einmal gesehen habe, wie Meister Trewel zwei Schienen, die gestempelt waren, hat herunter holen und Lurch zwei andere, ans der Flickschmiede gebrachte, hat ersehen lassen. Ter Angeklagte Dre.vct bemerkt, daß cr sich eines solche» Vorganges nicht erinnere. Präsident: Haben Sie auch gesehen, daß die Schienen, vo» denen die Stempel entfernt waren, durch andere crietzt wurden? Zeuge; Jawohl. Präsident: Sie haben das gesehen? Zeuge: Jawohl. Präsident: Hat Herr Bering von all den Tinge», von denen Sie nnS erzählt haben, etwas gewußt? Zeuge: Jawohl. Präsident: Woraus schließen Sie das? Zeuge: Herr Bering schickte mich einmal zu Herrn Bernhard Baarc mit dem Aufträge: ich solle das Bewußte holen »nd cs dem russischen Abnedmer Pctrowitsch über- geben. Herr Bernhard Baare ging in ei» Nebenzimmer und kam bald darauf mit dem Geh. Rath Baare heraus. Präsident: Das führt »ns aber zu weit. Rechtsanwalt Hnnnebeck: Ich ersuche, den Zeugen dies erzählen zu lassen, nur werken den Nachweis sichren, daß die ganze Geschichte eine Legende ist. Präsident: Nun, dann erzählen Sie weiter. Zeuge: Herr Bernhard Baare össncte das Gcldipind, nahm mehrere Hundertmarkscheine heraus, steckte sic in ein Couvert und übergab mir dasselbe Ich lies in das Comptoir des Herrn Bering und übergab Herrn Pc lrvwilsch das Couvert. Herr Bering stand während dieser Zeit am Fenster. Präsident: Dieser Vorgang spricht Loch noch nicht dafür, daß Bering von den von Ihnen bcknndeten Betrügereien etwas geivnßt hat? Zeuge: Ich nahm das a», da dcr Abnahmebeamte Pctrowitsch, der schienen nicht cibnehmen wollte, am folgende» Tage sofort abnabm. Präsident: War denn dieser Pelrowi.'ich ein so strenger Abnehmer? Zeuge: Jawohl. Präsident: Für welche Bahn bat er wohl abgenomme»? Zeuge: Für die Warschau-Wiener Bahn Präsident: Was wissen Sie sonst »och von Bering? Zeuge: Herr Bering jagte einmal z» dem Meister Grabow»: Wenn Ihr Slempel schlecht ist. dann lassen Sie sich einen anderen machen. Präsident: Sollte das ei» Stempel eines Revisors gewesen sein? Zeuge: Ja. Präsident: Woraus schlichen Sie das? Zeuge: Tas nehme ich an. Präsident: Kann cs nicht auch ein Stcnipcl des Bochumer Vereins gewesen sein? Zeuge: Ich Hobe Stempel des Bochumer Vereins niemals gesehen. Rechtsanwalt 1>r. Schwering: Als Sic Ihre Wahrnehmungen, die Sie soeben bekundet haben, machte», waren Sie 16 Jahre alt »nd aus den» Bochumer Verein als Lauf bursche angestellt? Zeuge: Ja. Tie Verhandlung wird alsdann gegen 3'« Uhr Nachmittags auf morgen (Sonnabend) Vormittags 9 Uhr vertagt. GerichtsverlMdlumitN. Königliches L a n V g c'r i ch t. Fericiistrafkiiniiner 1. 6. Leipzig, 29. Juli. 1. Es ist leider eine beklagenswertste Tstotsache, Laß gerade die dienende Elaste unserer weiblichen Jugend in besonder? hohem Grade den Verlockungen der Heirathsschwindler zugänglich ist. Es liegt da? wohl in den bestehende» Verbällnisien: die Aussicht, nicht allein einen Mann zu bekommen, sonder» auch der dienenden Stellung enthoben zu sein, ist eben rn verlockend, um den falschen Versicherungen jener gemringesährlichen Schwindler ans die Taue: widerstehen zu können, die sich nicht scheue», eine innige Zuneigung ihren Lpicrn gegenüber zu erhcuchrln, nur um ihnen die sauer rrworbcnen Sparpfennige abnebmen zn können. Einer dcr schlimmsten jener Sorte, der den HeiraibSschwindel geradezu gewerbsmäßig betrieb, siand heute vor der Ferien Siras- kanlincr A des königl. Landgerichts. Es ist dies dcr am 15. Lctober 1868 in Hnisinetz geborene Fukrinann Friedrich Ernst Dorn. Ter Angeklagte kam im Jahre 188:; »ach Leipzig »nd verdiente sich hier seinen Lekensunterbalt als Geichirrsührer. Tann gmügie er seiner Militairpslicht und gründete, ab? er im August l.^i vom Militair entlassen war, in Leipzig ein Fnkrgeschäsk. Tasselle renlirte sich jedoch ichlecht, Dorn kam in mißliche Vermögenslage, wurde wiederholt ausgevsändet »nd mußte schließlich am 18. Mai 1891 de» Offenbarungseid leisten. Nachdem da' Dorn nur mit fremden Geschirren gearbeitet. Dorn ist auch bereits porbcsirasl, er hat wegen Diebstahls 14 Tage, wegen Unterschlagung und Betrugs 5 Tage »nd wegen de? letztere» Vergebens 1 Woche Geianan-ß verbützt. Am 13. Juli vorigen Jahres wurde cr wegen Betrug» zu 4 Monaten Gefängniß vernrlheilt, im Gnadenwege ist ihm inedr- nialiger Strafaufschub, zuletzt bis Januar 1892, gcwuhrt worden. Er reichte ein neuerliche-? Gesuch bei dcr königl. Staatsanwaltschast ein, daffelbe wurde aber abgewiescn und Tor» >ollte seine Strafe um 14. Januar antretcn. Torn wurde jedoch flüchtig und erst nach mehreren Woche» in Wien auV.egriff,'» und nach Leipzig ans- gelieiert, wo rr am 18. März in Bast lam. Inzwischen waren aber gegen Tor» eine ganz: Anzahl Anzeigen eingelansen. in denen er des Betrugs beschuldigt wurde. Tie ein- gel kiidcn Erörterungen ergaben, dav dieselben ans Richtigkeit de- rubleii, und daß man in Tor» cinen der gemeingesahrlickff:» Hcirathsschwindlrr dingfest gemacht hatte. Tie Aul age koniü- weg« n 31 selbstständiger BetrugShandlungen erhoben werden, außerdem kamen noch drei versuchte Betrügereien und eia« Unterschlagung tu Frage. Tie Art und Weise, in welcher Dorn, der durch rin hübsches Acullerc in seinem verbrecherischen Ti eiben unterstützt wurde, vorgiag, war folgende. Obwohl in her mißlichsten Vermögenslage und wieder holt ausgrpsändet, stellte er sich doch seinen Opfern gegenüber als vermögender Man» Lar, als Fuhrivcrksbesitzer, der zwei Wagen und zwei Pferde seu. Eigen nennen könne, als Besitzer einer Sandgrube, der eine grötzere Anzahl Arbeiter beschäftige, u. s. w. Wenn dann die Mädchen enigegnete». daß sie größeres Vermögen nicht besäßen und nur im Besitze eines Sparbuchs seien, so erwiderte er groß« inUihig. da-? sei gleich, cr sei ;a vermögend und sähe nicht auf Geld, sondern wolle nur eine tüchtige, ordentliche, minhschaftliche und thälige HauSsra» haben. Was aber Len Mädchen als Nebensache bei dem angeblich vermögenden Mann erschien — das Sparcassen- buch — war für diesen gerade die Hauptsache, und er operirte auch geschickt genug, um sich die sauer verdienten Spargroschen seiner Lpscr anzncignen. Schon wenige Tage nach angaknüpfter Bekannt- Ichasl schwindelte cr daun dem Mädchen vor, er habe Löhne auk- zuzahlen, bez. einen Frachtbrief einzulüsen und waS sonst der schönen Tinge noch mehr waren, cs fehlte ihm hierzu aber noch eine Summe Geldes, um die cr schließlich seine Braut bat mit dem Hinzusügcn, er würde sie doch nächstens heirathen und da ginge ja die Sache aus eins hinaus. In den meisten Fällen ließen sich die armen Opfer auch lauschen und wurden aus diese Weise ihr mühsam er sparte? Geld ios. In welch rasstnirler Weise Torn zu Werke ging, erhellt daraus, daß er häufig zu gleicher Zeit zwei Liebesverhältnisse hatte, und daß cs ihm auch gar nicht daraus ankam, beiden Bräuten an einem Abend Rendezvous zu geben; er verließ dann die Eine nach kurzem Zwiegciprach linier dem Vorwände, cr habe noch rin Gclchäft zu.hesvrgeu, um zu einer andern zu eilen und auch diese mit süßen Liebesworlen zu deldörc», bis sie sich bereit finden ließ, ihm ihr Cpareasscnbucki anzuvcrlraue». In den weitaus meisten Fällen haben die armen Mädchen keinen Pfennig wieder bekommen. WaS die einzelnen Falle betriffr, so sei nur Folgendes erwähnt. Am 6. Lctober I8'.>o lerule cr das Dienstmädchen B- kennen, be reits 3 Tage spaier borgte cr sie, nachdem er in der oben ge- Ichildcrtcn Weise ihr seine Vermögenslage beschrieben und ihr die Ehe versprochen hatte, nin 10 ./t an und am 13. Octobcr ließ er sich weitere tV -/d geben. Von dem Melde hat die B. aus vieles Dränge» nur 20 ./L zurückerhallen. Zur selben Zeit knüpfte er ein Peihattillß mit dem Tlensimadchcit Z. an, die ihn, am 25. Januar 1891 aus sein Verlangen 120 .L lieh. Späier hat er noch in sieben Fallen von der Z. Sninnicn von 4,50 ./L bis 15 >l, ins- gesaninu 55,25 -/>!, erhallen. Von einer dritten Braulj, dem Dicnslinädche» I., erhielt er am 2. Januar 1891 ein Sparcassen- buch über I7l,50 ./ä und Ende Juni 50 ./l geborgt. DaS Ticnsluiadchen L., mit welchem cr im Juli ein Verhältniß hatte, gab ihm 20 ./>», aus ihre energische Mahnung hat Dorn Ipäter da-S Geld zurückgezahlt. Schlimmer war das Dienst mädchen E. daran, welches Torn im September 1891 kennen lernte, das ihm im Lctober 50 ./d und später zu drei verschiedenen Malen zusammen 37 ./L gab, ohne einen Psennig zurückzucrhallen. Eine sechste Braut, das Tienstmädchen H., gab ihm am 21. November Id91 gleichsalls 50 ./rl, ohne einen Psennig von ihrem Gelbe wieder- zufi'hcn. Tic Kellnerin K., welche Anfang Teccmber 1891 die Be- kannlschast Lorn's machle, büßte dieselbe mit 12 -si Schließlich hat cr am 3l. Tecember 1891 das Tienslmadchen R. kennen gelernt, 7 Tage später ihr 70 >6, am 10. Januar 30 und an zwei weitere» Tagen noch 15, bez. 40 abgcborgt. Aber Torn begnügte sich nicht mit seinen Opfern, er plünderte auch deren Verwandle aus. Ter Schwester dcr I. borgte er im Juni 1891 50 und dcr Schwester der H. oni 25. November, bezw. 5. Lccembcr je 20 .si ab. Seine eigene Schwester betrog Torn ebemalls. Im März 1891 hatte jie ihm 14 zur Anschaffung eines Kleides gegeben, er Lachte aber gar nicht daran, sondern schwindelte ihr noch für das Kleid späier zu zwei verschiedenen Malen je 6 ./t ab. Die Schwester Toru s besaß ei» Sparkassenbuch über 24,l2 .<2, eines Tages erbot sich Torn, da er gerade Geld aus der Spareasse cinzahlcn wolle, ihr Geld mitzunchmen. Er er hielt anch 2l ./L von ihr, verwendete ober das Geld gleichfalls für sich iliib hob noch daz» vom Sparkassenbuch 23.« ab. Tcm Markkhelser St. hatte Torn »n Januar 1892 das Dienstmädchen R. als seine Frau vorgeslcllt; eines Tages bat Torn den St. »m rin Darlehen von 5^1, da icine Frau verreist sc, und Len Schlüssel zum Geldschrank mit- genommen halte. Er erhielt auch das Geld, zahlte es aber nicht wieder zurück. Am 14. Januar 1892 lernte cr das Dienstmädchen N. kennen, am 19. Januar bat cr sie um ein Tariehn von 50 VL Das Mädchen war auch zlinächst dazu bereit, aus die energische Warnung ihrer Herrschaft unterließ sic eS jedoch. Im September 1891 ließ er Lurch üas Tienstmädchen I. an deren Vater einen Brief schreibe», in welchem cr um ein Tarlehn zur Anschaffung eine? Pferdes bat, da ihm eines gestürzt sei und cr das Geld von der Versicherung erst nach einem Neonat erhalte. Er bekam jedoch kein Gelb, cbensowcnig nützte ihm eine mündliche Wiederholung des Schwindels vor dem Vater der I. Auch bei dcr Schwester dcr R , die Tor» am 1l. Januar um 50 .« anborgru wollte, hatte cr kein Glück. Schließlich soll sich Tor» auch »och rmer Unterschlagung schuldig gemacht haben, iiijvsern er von dein vo» der H. erhaltenen Sparcasjenbuche nicht nur, wie ihm gestattet war, 50 sondern noch 24 .« avgelioven Halle. Es stellte fich nach dein Gange dcr Beweisaufnahme diese Thal jedoch als Betrug dar. In dcr Haupt- verhanblniig blieb Torn seiner Rolle als Schwindler treu, indem er eS versuchte, sich von dcr Anklage loszuschwindeln. ES gelang ihm dies aber nicht, denn nur bezüglich eines PuncteS war der Beweis als »ichl völlig gelungen anzujehen. I» allen übrigen Fallen wurde durch das umjangrelcheZeligenveihSr — cL wurde» gegen 25 Zeugen vernommen — die Antlage völlig gedeckt. Mildernde Umstande dem Ang»klagten zuzubilllgen, lag bet der großen Zahl dcr Belrugssalle. bei dcr überaus großen Gemcingefährlichkeit des Angeklagten, der Planmäßigkeit und Gemeinheit dcr Handlungsweise und Gesinnung keine Veranlassung vor. Es wnrde daher Torn nitter Aushebung de? Unheils vom 13. Juli 1891 zu 5 Jahren 6 Monaten Zuchthaus, 1890 .« Geldgrase, eveniucll? weiteren 120 Tagen Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust vernrlheilt. 4 Monaie der Unlerjuchnngshasl kamen aus die erkannte Strafe in Anrechnung. vermischtes. -- London, 27. Juli. Die Vorarbeiten für die Her stellung einer Ei sc »bei kn brücke zwischen England und dein Eontinciit sind beendet worden. Die „Ebannct Bridge and Raiiway Eompany", welche vor 8 Jabrcn be grüntet wurde, ui» zunächst die lechnischen Schwierigkeiten zu lösen, sodann den Bau der Brücke und den Betrieb einer Eiscnbakn nach dem europäischen Festlande zu übernehme», Kat den ersten Tkcil ikrer Ausgabe erledigt. Erncul vor- gcnoniniene Messungen haben ergeben, Laß eine kürzere Linie ansgcsührt werden kann, als anfangs angenommen wurde, wodurch die ursprünglich aus 121 festgesetzte Anzahl der im Meer zu errichtenden Brückcnpscilcr auf 72 verminderl wird. Die Spanuwcile» dcr Brückenbogen sind aus je abwechselnd loo und 5«io Meier berechnet worden; die Eonstruelicncn verbinden größtmögliche Einsachdeil mit aller nach dem kculigen Stande dcr Technik nur denlbaren Sichertest. Als Bauzeit sind sieben Jahre vorgesehen, von welchen vier Jabre für die Fnndamcntirung der Pfeiler beansprucht werden. Der Schiff fahrt soll durch die Brücke und deren Ban kein Hindernis; bereiter werden. Das für die Ausführung des Projeclcö er- ioreerlichc Eapital einschließlich Verzinsung während dcr Bau;eir hal man ans 32 Millionen Pfund gleich 610 Mist. Marl berechnet, was der E)ejellsche>st eine gute Rentabilität sichern würde. Sollte das demnächst zur Regierung ge langende Eabincl Estatslonc die Enkeilung dcr erforderlichen Eonccssicncn »ichl zu lange binausschicbcn, so würde man vorausfich"-ch nvch vor Ablauf dieses Jabrkuntcrls im durch gehenden Ei/nbabnwagen vo» Berlin bis nach London gc- lai'gen können. Literatur. Romanische Rrvne. Politisch-Literarische Monatsschrift. Direktion: Wien, Vill., Feld,;aiie l.7. V. Hest. VIII. Jahrgang. Inhalt: Zur Lage der Gr. Lr. Roinäniichcn Kirche in Ungarn und Tiebenbürgrn. Vo' der romäniiche» Akademie. Romäniens aus- .-a:„:e Politik. Von Tab? Jo-eSei. Ans dem Französischen übe-ictzt von Mor. Przhbcrski, Ingenieur in Kiadno. Tie bist». nd pbüviogische Literatur der Romanen im Jahre 1890. Vo» Nie. Tenklifianii. Zur Altcrthumsknnde dcr Bncovina. Von I n. Raimund Friedrich Kaindl. Rundschau. Literatur.
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