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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-26
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920826021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892082602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892082602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-26
- Monat1892-08
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April 1894 ab- läuft, kann die Angelegenheit wohl bis zur Session 1893/91 vertagt werden. Aus der bisherigen Erörterung bat man den Eindruck empfangen, daß freisinnige und klerikale Blätter die Bedeutung der formalen Festsetzung der Friedenspräsenz stärke jetzt weit leichter nehmen als früher und der Meinung sind, so heftige Kämpfe wie im Iabre 1887 könnten sich jetzt darüber nicht mehr enlspinnen. Diese Parteien scheinen demnach jetzt über die constilutioneUe Frage der mehr jährigen Feststellung der Präsenzstärke weil milder zu nrlhciien als zu Zeilen des alten Reichskanzlers, wo darüber die lcitenschaillichften Kämpfe und Conflicte sich erhoben. Inwieweit wirklich in Zukunst die Sache einen glattere» Verlauf nimmt, muß man dahingestellt sein lassen. Es wird Niemand bedauern, wenn die Entscheidung vertagt wird, falls es ohne Schaden für unsere Wehrfähigkeit geschehe» kann. Der vordem recht trübe Aus blick ans die bevorstehende NeichStagSsession würde damit wesentlich aufgeklärt, und man würde einem verbällnißmäßig ruhigen Verlaus derselben entgegen sehen könne». Zu leb hafteren Kämpfen wird eö im Anschluß an den Etat Wohl nur bei den neuen Anforderungen für die Marine und die Eolonialpolitik komme». In letzterer Hinsicht sollen, als Frucht derAsrikareise dcSGeb. Raths Kahser, mancherlei neue Organisationen zu erwarten sein, über deren Umfang freilich noch nichts Sicheres verlautet. Bei dem Verzicht auf große Militair- und Steuervorlagen würden in der Hauptsache außer dem Reichsbauöbalt voraussichtlich mir die in der vorigen Session lioge» gebliebenen Gesetzentwürfe (gegen Un sittlichkeit, Trunksucht, Spionage,sowie daSCbcckgesetz) und einige Handelsverträge mit sütamcrikanischen Staaten vorgelcgt werden, vielleicht auch eine Novelle zum Unsallvcrsichcrnngs- gcsctz. DaS sind Gegenstände von vorwiegend technischer Art, bei denen die politischen Gegensätze verhältnismäßig mehr in de» Hintergrund treten. Die „Kreuzztg." weist eine hervorragende Stelle einem „Eingesandt" an, welches die herrschende Hitze gegen die zweijährige Dienstzeit ins Treffen führt. Der Ein sender hat nämlich dieser Tage ein Garde - Bataillon marschirc» gesehen, bei welchem kein Hitzschlag vor- gekonimcn, in dem nicht ein Mann „schlapp" geworden war. Er ist überzeugt, daß dieselbe Leistung manchem Linien-Bataillon seine Opfer abverlangt hätte. Wer unsere Armee nur nach dein Gardc-CorpS heurtheilen wolle, würbe scbr falsche Rückschlüsse machen. Man sebc die Linicii- Bataillone mit Ersatz auö armen und namentlich Industrie- Gegenden an, man beobachte den schwer bepackten, wenig ent wickelten Infanteristen ans solchem Ersatzbczirke in seinem ersten Dicnstjahre und man werbe bemerken, daß die An forderungen an Körpergröße und Körperstärkc doch schon er heblich heruntergegangen seien. Auf welches Recrutenmatcrial würden wir aber kommen, wenn wir jährlich >,» mehr an Ersatz einstellten, wie dieses die zweisährige Dienstzeit er fordert. — Mit derselben Berechtigung, mit der dieser Ein sender auö negativen Beobachtungen bei einem Garde-Bataillon auf die Zwcckwidrigkeit der zweijährigen Dienstzeit schließt, hätte er daraus die Nothwendiglcil deducircn können, die ganze „Linie" abzuschaffen und nur die Garde zu belassen. Es ist natürlich nur rer Ausfluß junkerlicher lleber- bebnng, wenn die Garde ganz allgemein als der über legene HcereSthcil hingestellt wird. Dabei kann unk muß zugegeben werden, daß nicht alle Bataillone des deutschen HcercS in Bezug aus körperliche Wider- tandSfähigkeit glcichwerlbig sind »»d sein könne» und zwar aus dem zutreffend angeführten Grunde, weil die Ernährungsweise und die bürgerliche Beschäftigung in den verschiedenen RecruIirungSgebiele» eine verschiedene ist. Dieser Unterschied besteht aber, wie der Einsender ja selbst seftstcllt, auch unter der dreijährigen Dienstzeit und würde durch die Einführung der zweijährigen nicht gesteigert werden. Tenn die erweiterte Nccrnten - Einstellung würde von allen Theilen des Reiches gleichmäßig und nach dem jetzigen Verhältnisse zu tragen sein. Einem Mehr aus Industrie gebieten würde ein Mehr auö bäuerlichen Kreisen gegenüber stehe». Einen Halt hätte die Ausführung der „Kreuzztg.", wenn niit der jetzigen alljährlichen Aushebung die Ge- sammtbcit der absolut Tauglichen gefaßt würde. Das nt aber bekanntlich durchaus nicht der Fall, eine große Anzahl der kräftigsten jungen Männer wird alljährlich der Ersatz- Reserve überwiesen. Ter Zusammenstoß zwischen Russen und Afghanen auf dem Pamir, von dein die Petersburger Blatter be haupteten, er sei nur eine Erfindung der Engländer, ist jetzt durch einen eigenhändigen Brief des Obersten Jonow bestätigt. Der Emir von Afghanistan wendet sich in seiner Roth an die indische Regierung und bittet um Hilfe gegen die Russen. Er selbst hat mit der Unterdrückung von Aufständen rebellischer Uuterthanen so viel zu tbun, daß er einem russischen Ein marsch gegenüber machtlos dastebt. Man wird sich jetzt in London zu einem diplomatischen Schritte in Petersburg ent schließen, wenn man vcrbüleii will, daß der Emir in seiner Nvtk sich gänzlich den Russen in die Arme wirst. Die Lage ist jedenfalls ernst genug, um die Aufmerksamkeit der poli tischen Kreise zu fesseln. Gladstone und seine Negierung werden nun in der ersten der schwebenden Streitfragen Farbe bekennen »nd zeigen müssen, wie hoch er den Schutz der indischen Grenzen veranschlagt, lieber die afghanischen Vor gänge wird der „Vossischcn Ztg." aus London telegraphisch gemeldet: LonSon, L5. August. Noch einem Trahtbcricht der „Times" aus Sünla übermittelte der Emir von Afghanistan dem Vice- könig von Indien den Originaltext des Schreibens des Obersten Jonow an den Gouverneur von Badakschan über de» Kamps zwischen Russen und Afghanen bei Somatasch. Jonow sagt» daß, da er gehört habe, daß 1000 Afghanen in iromatasch ständen, er sich mit etwa >000 Mann seiner Truppe» dahin begab, um Erkundigungen cinzuziehen. Er selber marschirte mit einigen Mannschaften voraus, gelangte zu einem afghanischen Vorposten und versuchte den afghanischen Befehlshaber zu veranlassen, «hm srenndschajtlich zu begegne». Ter Lsficier antwortete mit Drohungen und Schmähungen, wurde handgreiflich und schließlich begannen seine Leute zu feuern. Tic Russen erwiderte» das Feuer, wodurch neun Afghanen getödtet und zwei verwundet wurden. Tic Russen hatten einen Tobten und zwei Verwundete. Jonow vcklagt sich über den uncivilisirlcn Charakter der Afghanen. Tie..Tinicr"- Tepcsche fugt noch Hinz», daß nach einer Meldung ans Chitral eine russische Streitkrast am Lxns, dicht bei staiapany. erschien. Nach einer „Reutcr"-Meid»ng aus Simla scuerlen die Afghanen erst, nachdem Jonow gedroht, sie wegen ihrer Schmähungen zu entwaffnen. Ter Emir erkläre in «einem Bericht an den Bicekönig, die Russen umzingelten das Lager der Asgbanen: sie waren die Angreifer. Schließlich bittet er die indische Regierung um Beistand gegen die Russen. Bcmerkcnswertb in dem Briefe des Obersten Jonow ist, baß er selbst zuzeslcht, er sei mit lOOO Mann seiner Lente aufgcbrochcn, wäbrcnv bisher stets bebauptct wurde, die „wissenschaftliche Expedition" nach dem Pamir beslekc nur aus einer Escorte von einigen hundert Kosaken. Es ist hier durch unzweifeihasl festgestellt, daß eine dauernde Besetzung deö Pamirplatcauö beabsichtigt war. llcbrigcns ist cs nicht die „Times" allein, welche ein energisches Vorgeben gegen Rußland fordert, sondern auch alle anderen Londoner Blätter, ausgenommen „Daily News", drücken die Hoffnung aus, das britische Eabinct werde in Petersburg Auskärnng über den Angriff auf die afghanischen Truppen verlangen. Wir haben schon gemeldet, daß Gladstone und sein Eabinct seitens deS VaticanS einer freundlichen Aufnahme sich zu erfreuen haben. Welche Gründe hierbei Mitwirken, darüber bat der mit den vaticanischen Kreisen in Füblung stellende Eorrcspontenl der „Politischen Eorrcspcnken;" Licht verbreitet, indem er Folgendes schreibt: „Der Amtsantritt des EabinetS Gladstone wurde im Vatican mit Befriedigung anfgenommcn. Nicht als ob der heilige Stuhl Ursache hätte, sich über das frühere Ministerium zu beklagen Lord Salisbury hat vielmehr dem Papste und dem Vatican Beweise der Verehrung und Achtung gegeben, und während Gladstone vor zehn Jahren nur gewagt hatte, einen osstciösen Vertreter beim Vatican zu bestellen, welchen er unaushörlich dcSavouirte, trug Lord Salisbury kein Bedenken, den General Simm onS in zeitweiliger ofsiciellcr Mission nach Rom zu entsenden Wenn der Vatican dennoch die Ernennung des Ministeriums Gladstone freudig begrüßt, so geschieht dies hauptsächlich wegen der irischen Frage, welche sowohl für den römischen Stuhl wie für Großbritannien eine peinliche Angelegenheit bildet. Im Vatican hofft man, daß die Annahme der Homernlc, wenn sich dafür eine Majorität findet, die Elemente der revolutionairen Propaganda in Irland lahm legen und dem unglücklichen irischen Volke die Wohltbaten des inneren Friedens zu Tkeil werden lassen wird. Irland war immer eine ergebene und treue Tochter der Kirche, und Alles, was dasselbe betrifft, muß auch den heiligen Stuhl nahe berühren. Hierbei muß bemerkt werden, daß der Vatican seit einigen Iabrcn gegenüber Irland eine neutrale Haltung beobachtet und der Klugheit des dortigen Episkopats vertraut. ES ist übrigen« unleugbar, daß seit der Verwerfung der Landbill und den „BoycottS" der irische KlcruS sich weniger eifrig an den Agrarstrciligkeiten und den politischen Agitationen bcthciligt bat. Tie Berufung des EabinetS Gladstone bringt nun die Frage der diplomatischen Be ziehungen zwischen England und dem heiligen Stuhl neuer dings aufs Tapet. Aber so freundlich auch Gladstone dein Vatican gesinnt sein mag, so ist cö doch rwciselkast, ob er cS Wagon wird, dem diesen Bezicbnngcn feindlich protestan tischen Geiste cntgegenzutreton. Wahrscheinlich wird der Erzbischof von Dublin, Msgr. Walsh, gleich scincm Vor gänger, dem Eardinal Mac Cabe, die Nölle eines ossiciöscn Vermittlers zwischen dem Vatican und der englischen Negierung übernehmen. In seinem Wochenblatte„Truth" veröffentlicht La bouchöre nochmals im Zusammenhang, waS über seinen Ausschluß aus dem ncuge bi ld etc n Ministerium biSbcr in Bruch stücken bekannt geworden ist. Seiner Angabe zufolge wäre am 15. August — also an dem Tage, wo Gladstone mit der Ministerliste in der Tasche nach Osborne ging — ein politischer Freund zu ihm gekommen, welcher nach einer langen Vorrede über ihre gegenseitige Bewunderung für Glad stone mit der vorgeblich für Labouchöre großen Neuigkeit bcranS- rückte, daß letzterer für den greisen Staatsmann bei der Bildung des Ministeriums eine große Schwierigkeit bilde. Und um den Premier auö seiner mißlichen Lage zu befreien, stellte dieser Freund an Labouchöre das Ansinnen, er möchte an Gladstone einen Brief richten mit dem Ersuchen, aus jeder Ministerliste ausgeschlossen zu werden, da er unabhängig vom Cabinet der liberalen -Sache größere Dienste leisten zu können hoffe. Labouchöre brauchte natürlich nicht lange Bedenkzeit, um eine solche Zumntbung vom liberalen Hauptquartier von der Hand ',» weisen und fragt jetzt, welche Gründe Gladstone zu diesem Lchritt bewogen babcn können. „Während jencS Gesprächs", so schreibt er, „glaubte ich sicherlich annehmen zu müssen, daß die Königin auf irgend eine directe oder indirecte Weise Gladstone die Tbalsackc halte nahelegen lassen, daß meine Anwesenheit im Ministerium ihr Mißfallen erregen würde." Darüber bat nun wohl nie ein Zweifel Vor gelegen. Denn wenn ein Mann als Politiker. Journalist und vielleicht auch als Privatmann bei Ihrer Majestät schlecht augeschricben steht, so ist dies wohl der cynisch-republikanischc Herausgeber der „Truth". Indessen in welcher Weise die Königin diesem ihrem „Mißfallen" hätte weiteren Nach druck verleihen können , wenn andererseits Gladstone auf Laboucbörc'S Eintritt ins Ministerium ernsthaft bestanden hätte, darüber scheint sich auch Labouchöre nicht recht klar und sicher zu sein. Er bat darum »och einen zweiten Grund bei der Hand: die gemäßigte Gruppe im Eabinet, die alle Stellen für sich behielt, bade den gewünschten Brief als einen Beweis benützen wollen, daß die Radikale», als deren Führer ja Labouchöre gelte, freiwillig auf Sitz und Stimme im Cabinet verzichtet hätten. Dieser Grund scheint indessen doch ein wenig zu geistreich ansgetüftclt zu sei», um überzeugend zu wirken. Ob nicht vielleicht beide Gründe und dazu noch als der gewichtigste der Umstand, daß Roscbery und Labouchöre bei ihren diametral entgegengesetzten Anschauungen in der äußeren Politik Englands nicht gut in einem und demselben Eabinet sitzen konnten, zur „Kaltstellung" LabouchöreS beigetragcn, wird man erst entscheiden können, wenn auch — waS nunmehr wohl unumgänglich nöthig ist — die andere, die ministerielle Seite gesprochen Kat. Nutz bringend kann sich dieser Zank jedoch für keinen der beiden Tbeile erweisen. Das Ersuchen, einen solchen Brief zu schreiben, muß man gewiß sür recht unklug erklären Allein Labouchöre dient seinem eigenen Rufe als verläßlicher Politiker damit gewiß sehr schlecht, daß er, von rein persönlichem Verdruß getrieben, eine ihm doch ganz vertraulich gemachte Mitthei lung nuiimehr an die große Glocke hängt. Und auf der anderen Seile dürste eö die Minister angesichts ibrer kleinen und unerläßlichen Majorität recht theuer zu steben kommen, daß sie „Labby" die Ministcrtrauben zu hoch gehängt haben. Ter dänische KricgSminister Bahnson hat neuerdings bei Gelegenheit eines Festes deS dortigen „Arbeiter- und WählervercinS", welcher sich de« besonderen Wohlwollens der Negierung erfreut, eine Rede über die Befestigung Kopen hagens und die sonstigen Rüstungen Dänemarks gehalten. Tic Befestigungen, welche während der letzten Iabre ebne Bewilligung der Volksvertretung gebaut wurden, sagte der Minister, cntsprecbcn unserer HcercSordnung und unseren Waffen. ES ist Harmonie in der ganze» Anlage, und cS ist die Möglichkeit für ihre Weiterentwicklung vorbanden. Die Rüstung Dänemarks ist freilich noch nicht vollständig; dasselbe könne aber auch von allen anderen Ländern gesagt werden. Die Zeit stelle immer neue Forderungen, und man werde nie völlig fertig werden; dazu sei die technische Entwickelung gar z» groß und schnell. Indessen seien die Land- und Scebesestigungen so ziemlich durch- gesührt. Nun gelte cS aber, die „lebende Webr" zu vergrößern. Auch werde cs nothwentig, Befestigungen an verschiedenen anderen Puncten des Landes zu errichten, so z. B. bei Korsör, Nyborg, bei Kallundborg und Aarbuus, denn dadurch würde die Eonccntrirung deS Heeres im Augenblick der Gcfabr leichter vor sich geben können. Wenn eS solche stark befestigte Ein- und AusschiffungSpnncte Feuilleton. Schloß ^enetrange. S2j Nachdruck »erbelcn. Ein Roman aus den Vogesen. Von O. Elster. (Fortsetzung.) „Nein, Herr. Ich mag Euer Geld net", entgegnete mit dumpfer Stimme der alte Zigeuner. „Ich bin um ne andre Sache heimgekommen, ich such' mein TochterSkind, die Marianne!" Bourgeois erbebte, er wurde bleich wie frisch gefallener Schnee und rang nach Albem, aber mit gewaltiger An strengung unterdrückte er seine Aufregung und erwiderte, wenn auch mit zitternder Stimme: „Eure Enkelin, die Marianne? Ja, befindet sie sich denn net bei Euch? Sie verschwand spurlos aus Finstingcn, als man das Versteck im Thurm entdeckt hatte; ich glaubte, sie sei zu zu Euch gegangen. „Sie ist net gekommen. Aber Leute aus unserm Dorf sind zu mir gekommen und haben mir die Geschickt er zählt und haben fick gewundert, daß Marianne net bei mir gewesen ist. Ich Hab mir dacht, Ihr, Monsieur Bour geois, wüßtet, wo daS Mädel geblieben sei, und so bab' ich mich ausgemacht und mich hierher gestohlen. Meine Gesellschaft liegt jenseits der Grenze, ich allein bin gekommen, und nun sagt mir, wo die Marianne geblieben ist." „Zum Henker, Joseph, wie kann ich'« wissen?" Werweiß wohin das Mädel ausgcrückt ist. Vielleicht steckt's in Nancy mit einem Liebsten." „Nein, Monsieur Bourgeois, daS ist net wabrl DaS tbät die Marianne net. Ich weiß, sie hatte den deutschen Unter- ossicier gern, und wenn die Marianne einen lieb hatte, dann blieb sie ibm auch treu Ich kann mir net anders denken, als daß die Marianne verunglückt ist." Ein neues Beben durchlief die Glieder de- WirthcS bei dieser Vermulhung. „Wie könnt Ihr nur daran denken", stieß er hervor. „Die Marianne kennt hier jeden Steg und Weg, genauer als wir selbst, sie wird in Frankreich fein," „Nein, nein, sie muß hier sein", entgegnete hartnäckig der Alte. „Und Ihr, Monsieur Bourgeois, müßt wissen, wo sie «st- E»ch hat ich sie aus di« Seele gebunden, Ihr wißt, wie ick an dem Mädel gehangen Hab, und jetzt müßt Ihr sie mir wieder Herdringen." „Ibr seid toll. Joseph! Wie kann ich Eure Enkelin wieder berbeischaffen! Wer weiß, wo sich die Dirne bernmtreibt. Kommt Ioi'epb, seid vernünftig, ich geb Euch ein gut Stück Geld, und Ihr kehrt nach Frankreich zurück oder noch besser, Ihr gebt mit dem Jockel nach Amerika." „Net eber, als bis ich die Marianne geftrnden bab!" „Aber wenn die Grcnzjägcr Euch hier wittern?" „Sic werden's schon net thun. In meiner Höhle unter der Dachsburz finden sie mich net." „So ballet Ibr Euch in Eurer Hütte versteckt?" „Ja, Ibr kennt ia den geheimen Auögang." „Da seid Ihr allerdings sicher! Und der Jockel ist auch bei Euch?" „Ja, er hat ja kein andere- Versteck." „Na, jetzt hat er ja Geld, sich einen anderen Unterschlupf zu suchen! Net wahr, Jockel, Ihr verlaßt noch heute Nackt die Höhle in der Dachsburg?" „Weiß net", entgegnete mürrisch der Bursche. „Ich muß mich zuerst etwas erbolcn von dem Marsch hier der. Hak>' mich von Paris bis hierher aus DiebeSwcgen schleichen müssen, damit mich die Gendarmen nickt faßten. Und dann muß ich mir neue Kleider anschaffen, in diesem Habit kann ich net nack Amerika geben." Er zeigte höhnisch grinsend seine durchlöcherte Jacke und fuhr fort: „Ein paar Tag' wird es schon noch dauern, ehe ich sortkomme!" „Ihr seid verrückt", fuhr zornig der Gastwirtb auf. „doch ich bekümmere mich net mehr um Euch. Macht, was Ihr wollt." „Und Ihr wißt wirklich nix von der Marianne, Monsieur Bourgeois?" „Laßt mich in Ruh mit der Dirne? Ich weiß nir!" „Dann werd' ick selbst nachforschen. Aber, Monsieur Bonrgeoi«, merkt'- Euch, ich geb net wieder fort, ehe ich net die Marianne wiedergesunden bab, todt oder lebendig." Bourgeois war wieder allein. Ties in Gedanken ver sunken, saß er da. Plötzlich zuckte ein teuflisches Lächeln über sein Gesicht. Nasch erhob er sich »nd öffnet: abermals seinen Schreibtisch. Die Briefe und Rechnungen flogen nur so durch seine Hände. Dir Wertpapiere wurden sorgsam in eine kleine schwarze Lederlasche gepackt, da» baare Geld in Rollen zusammengelegt und in eine Geldtasche gethan, die sich der Gastwirth dann um den Leib schnallte. Nach einer balbcn Stunde etwa erhob sich Bourgeois. Scheu blickte er sich um, doch kein Laut war börbar, kein menschliches Auge hatte sein gcheinicS Tbun beobachtet. „So, sagte er flüsternd zu sich, „jetzt hinauf zu dem Osficicr. Er mag das Nest in der Dachsburg ansbcbcn; der weil bin ich schon über die Grenze, der Nachtschnellzug bringt mich noch beute nach Nancy, und morgen früh bin ich !n Paris. Von da auö gebt'S nach Calais und dann Adieu, Europa! — mich sichst du nimmer wieder . . . Oder noch besser ist'S, ick, such' die Schweizer Grenze zu gewinnen. Tort verfolgt mich Niemand! Die französische Grenze ist zu stark bewacht . . ." Jetzt ward es in der vorderen Gaststube lebendig. Einige Gäste verlangten nach Wein. Monsieur Bourgeois ging hinüber und bediente die Leute. Dann sagte er seiner Hauü- bältcrin und der Magd, sic möchten für die Gäste sorgen, er babe noch einen kleinen Geschäftsgang zu machen und lehre in einer Stunde etwa zurück. „Ist denn der Herr Lsficier droben in seinem Zimmer?" fragte er schließlich die Wirtbschasterin. „Ia, Herr", entgegnete diese. „Er ist oben. Er hat schon nach dein Abendessen verlangt." „Ist cS bereit?" „Ja, Herr." „So werd' ich's selbst hinausbringen." Monsieur Bourgeois ergriff die bcreitstchende Platte mit den Speisen und begab sich nach dem Zimmer deS LfsicicrS. * Die Hütte des alten KöblerS Christoph lag hoch oben auf der Halde an einem der mächtigsten Bergkegel, welche sich in dem mittleren Theile der Vogesen erheben. Die Kuppe sollte von dem dichten, fast zum Urwalde gewordenen Forst befreit werden, um von Nmem Tannen und Fichten dort anpflanzcn zu können, deshalb hatte auch der alte Christoph die Er laubnis« erkalten, seine Hütte auf dem „Tonon", so hieß der Berg, auszubaucn und daS Dickicht von wildverwackffeiien Tannen, Buchen rc, niederzuschlagen. Schon zwei Iabre hauste Cbristvpb mit seinem Weibe und zwei Knechten droben auf dem Tonon; selten kam er in die Tbäler und die Wohn stätten der Menschen, Nur im Winter, wenn die beiden Knechte ihn verlassen batten, machte er sich zuweilen aus, um in den umliegenden Dörfern seine Kohlen zu verkaufen. Im Frühjahr und im Sommer besorgten dies Geschäft seine Knechte und seine Frau, während er daheim blieb bei dem rauchenden, dampfenden Kohlenmeiler, umringt von dem stille» > Walde, dessen Bäume mehr und mehr seiner Axt zum Opfer fielen. Im Winter lag die kleine Hütte Christoph'- oft wochenlang unter dem Schnee begraben, und tagelang hatte der alte Mann zu arbeiten, bis er einen gangbaren Weg durch den Schnee geschaufelt hatte. Im Frühjahr indessen schmolz der Schnee sehr rasch, da die Hütte aus der nach Süden gerichteten Seite des Berges lag und die warmen Winde und die Sonne des Südens gar bald mit den, Schnee aufräumtcn. Dan» war es herrlich hier oben in dem stillen, grünen Wald! Dir Büsche und Bäume schienen noch einmal so frisch zu rauschen und zu flüstern als da unten im Thal, die Vöglein »och einmal so lustig zu pfeifen und die Blumen auf der Halde noch einmal so bunt und prächtig zu blühen! Der alte Christoph saß oft Nächte lang vor seiner Hütte und starrte schweigend hinein in den dunklen Wald, der sich, kaum zehn Schritte von der Hütte entfernt, ernst und gebcimnißvoll ausbaulc, oder er blickte ans zu den unzähligen Sternen an dem tiefblauen Himmel, die jetzt, nacktem Christoph'- Art zwei Jahre gearbeitet batte, hincinblicken konnten auf den Grund de« Walde». Marika, Christopb'S Weib, setzte sich neben ikren Galten und arbeitete an einem schier endlosen Gewebe, den langen Winterstrümpfen für ihren Mann. Mil der großen, runden Brille auf der starken Habichtsnase, dem zahnlosen Munde und den tausend Falschen in dem geblichen, runzligen Gesicht war Martha daS wahrhaftige Bild der Hexe an« dem alten Märchen; aber wer einmal in diese großen, blaßblauen Augen geseben, der vergaß gewiß niemals wieder den Ausdruck der reinen Herzens gute. die sich in diesen Augen wiverspiegelte. Auch am heutigen Frühlingsabend saß da« Paar vor der Hütte, während die beiden Knechte sich an dem rauchenden Kohlenmeiler zu schaffen machten, welcher auf der Mitte de« bereits abgebolzten Platzes gleich einer mächtigen, schwarzen Pyramide zum sternenhellen ffrühlingsbimmel emporragte. Ein zottiger, großer Hund lag dem Ehepaar zu Füßen, Der Frühlingswind sauste in den Bäumen deS naben Hochwaldes und trieb zuweilen graue Regenwolken daher, welche jedoch an der Kuppe deS Berge« vorübrrzogen. um sich in die Thaler und Schluchten des Gebirge« als Regen nicderzusenken. Hier aber war eS klar und schön, wenn auch der Wind scharf und kalt über die Halde strich. Die Köhler waren indessen an die scharfe GebirgSluft gewöhnt und sie begrüßten den FrüblingSwind freudig, kündigte er ihnen doch die nahende schöne JabreSzeit an, „Wie ist «, Christel," nahm nach einer längere» Paus«
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