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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.10.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-18
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921018019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892101801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892101801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-10
- Tag1892-10-18
- Monat1892-10
- Jahr1892
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NA»m»e«e«t-h»rei- d» b«r Hanprexpeditiou oder den t» Stadt» brsftk und den Vororten errichteten AuS- Indestillen ab,«holt: virrteljä-rltch^lSchO, bet zweimaiiaer täglicher Zustellung in« Ha»« -« 550. Durch di« Post bezogen für Deutfchlaad and Oesterreich: viercestährlich ^l ü.—. Direct» täglich« Kreuzdandseuduag t»< Ausland: monatlich ^tl A—> Die Morgensnegabe erschein» täglich '/,?Uhr, di« Nbend-Lntgab« Wochentags 5 Uhr. LeLaclion «u> Lrve^itio«: Antanne«,affe 8. Diekrvedition ist Wochentags ununterbrochen «»öffnet vo» ftüh 8 bis Abend« 7 Uhr. /ilialen: vtt« Me»«'» Tarti«. <Ll?re> Hahn), Uuiversüätsürab« 1, e»«t« Lösche. Kathariarnstr. 1«. Part, uud König-Platz 7. Morgen-Attsgave ^? 533. Amtliche Bekanntmachungen. Lekauntmachung. Da« s. Z. von uns aus Anlaß der drohenden Choleragesahr erlassene Verbot der Einführung von frischen Schweinsledern, frischen Därmen, sowie von Pelzabsällea (Stücke- in den hiesigen Stadtbezirk wird wieder ansgrtzntzen. Ebenso unterliegen aus Altona kommend« Waareusendungen aller Art keiner Eiafuhrsbeschränkung. Leipzig, am 17. Oclober 1892. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Georgs. Dietrich. Lekanntmachnng. Wegen Hebung des Straßenniveaus wird kam IN. dieses Monats ab die Stötteritier Strahe zu Lritz»i«-Dk,,»berg während der Dauer der Arbeit fnr aNrn Aahrbrrkrtzr gesperrt. Leipzig, am 15. Oclober 1892. Der Math der Stadt Leipzig. IL 18508. vr. Georgi. Stahl. Lekauntmachuu-. Wegen der Ausführung vrn Skaßenbauarbeiteu wird »»« 1». ds«. MtS. ab die Miebeckstratze, auf der Streck« von der Stötteritzer bis Sicitzenhaincr Straße in L -Thonberg, aus di» Dauer der Arbeit skr allen Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 17. Oktober 1892. Der «attz »er Stadt Leipzig. n. 18521. vr. Georgi. Stahl. Lekanntmachun-. Die Macadamisirung«. und Pflasterarbeiten, die bei der Der. legung des vom -uhlhurm nach dem neuen Schützenhause führende» Fahrweg« und des vom Leutzscher Weg« nach dem Luppeustege führenden Fußweg« nach dem Damme der 2. südlichen Borfluth. schleuß« uüthtg werden, sollen an eiueu Uaterurhmer verdungen werde». Die Bedingungen für dies» Arbeiten liegen in unserer Tiefbau« Verwaltung, Rathhaus. 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 28, aus und können daselbst einaesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 50 ^j, welche auch tu Briefmarken «ingesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „WegherftrAungrn auf dem Damme der 2. südlichen vorfluthschleutze" versehen ebendaselbst, und zwar dt« zu« >4. ds«. Mt». 5 Uhr Nachmittags einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtlich« Angebot« abzu« lehnen. Leipzig, den 15. Oclober 1892. De» Mathe» der Stadt Leipzig Io. 5S5S. Straßenbau-Deputation. WMLGMatt Anzeiger. Organ für Politik, LocalgesWte, Handels- «nd EcMtsmlehr. Dienstag den 18. Octobcr 1892. Viebstahls-Lekanutmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: l) !t große Elfrubeiu-Villardbälle — ein weißer und «in ebensolcher mit schwarzen Punkten, eia sogenannter «reazball —, vom 2. bi« 7. d. M.; 3> eine silberne Ankeruhr, oha« Sekunde, mit geriester Rück seite, vom 9. bis 11. d. M; 8) eine silberne Thlinderuhr mit Fabriknummer 5100, Sekunde und gelbem Rand aus dem Zifferblatt«, am 4. d M.; 1) rin goldener Trauring, „r. 0. 2. April 1877" gravirt, vom 20. bis 29. v. M.; 5) ein Wintrrüberzicher von braunem, glattem Stoff mit braunem, halbwollenem Futter, schwarzem Sammetkrage», einer Reihe Hornknüpse und tkettchcndcukel, darunterdi« Firma: „liluolcevirr, Xn^er-tlratteockors", eine MannShose von dunkelblauem Stoff, mit buntgestreiftem Buudsutter uud MessingkuSpsen, End« v. M.; 6> ein Havelock, getragen, graumelirt, ohue Kragen, mit grau, blauseidenein Futter, einer Reih« grauen Steinnußknöpsen und Leder- Henkel, am 11. d. M.; 7) ei« kurzer Herrenpelz mit graumelirtem Bezug, schwarzem Schaffell im Schooß und Katzenfell iu Leu Aermelu, rin Nrise- koffrr mit grauem Bezug, eine Läge und ei« Hobel, am z. d.M.- 8) ei« Hrrbstüberzieller von^gra»braunem, chtviotarligem Stoff mit schwarzem Llothsutter, gestresstem Aermelsutter, glatte» Knöpfe» mit verdeckter Batterie und gelbem Keltchenheukel, am 10. d. M. 9) ein Sommrrüberzietzer von grauem, glattem Stoff, mit grauem Lloihsulter, graue» Sieiauußkuopsea mit verdeckter Batterie und Settchenbenkel. am 9. d. M.; 10) ein Sonuneräbrrzietzer von hellarauem, bläulichem Stoff, mit fleuch farbigem Futter, geriest«» HorukuSpseu uud Stoffhenkel. 11) S »istchen isigarrrn. je 100 Stück enthaftend, mft der Etiguette „LI Ißuero", am 7. d. M.; >2) ei« rothgestrristr» Deckbett, weiß gestopft, uud ein» «ene schwarze Sa««gar»weste, am 20. v. M.; 18) 4 Gartenftühle mit eisernem, griinaeftrichenem Gestell und 4 Holzftkhle «ft durch- Jnsertioriöpreis Die 6 gespaltene Petitzeile 20 P-g. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) 50^. vor den Familicnuachrichte» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Sptra-Beilagen (gewlzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderuu, ^l 60.—, mlt Postbesorderuug ^l 70.—. Ännalswelchluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge u-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bel den Filialen und Aiinahmeslellen je ela» halbe Stunde früher. Inserat» sind stets an die Expedition za richten. Druck und Verlag von E. Polz kn Leipzig. 80. Jahrgang graugestrichenem Holzsitz und Lehn« uud brochenem Holzsitz, am 7 d M.: 14) ein ausgrfchlachtete« »albe« Schwei» mft de» Zeichen 961, am 10. d. M.; 1ä) rin Hanbwage«. Lrädrig. mit Esseaftütz«, Holzvorsteckern und der Firma de« Bäckermeister« VitUuuon, vom 10. dt« II. d. M.; 1») 2480 Stück Frhfell«. am 15. v. M. Etwaige Wahruchuruimeu über den B«rbli«b der gestohlenen Gegenstände oder über den Tbeiter sind ungesäumt b«t miseree Kriminal Abttzeiluug zur Anzeige zu bringen. Leipzig, a« 17. Oktober 1892. Da« Galtzet««t »er Stabt Letpzia. vretichuetdre. W. Lekauirlmachuu-. Wegen Reinig««, brr Geschäftsräume ttnnen tu unserem «elbeamte. Wächterbraß» 5, «« l». Hirse« Moast» iu Tdtheiluug II (für Fremd«) und ^ .. am HO. «tele« »snat« « Abtheilung I. Buchstabe A—2 (für bleibend« Einwohner), sowie t» Abtdeiluug IU (für Dienstboten) nnr dringlich« Geschäfte er- ftdiüt werden. «tvitg. am 14. Oktober 1892. ^ Da« Pottzrio»» her G»«»« Lechat» v. L 8782. Bretschnetder. Hirsemann. Äirchow über die Grundlagen der wissenschaftlichen Lilduug. Birchow hat in seiner Antrittsrede als Rector der Ber liner Universität den Satz ausgestellt, daß die alten Sprachen ihre Bedeutung als gemeinsame Grundlage der wissenschaft lichen Bildung verlöre» Kaden, seitdem die nationalen Sprachen in ibr natürliches Recht getreten sind. Tic grainniatische Schulung sei nicht das Hilssinittel fortschreitender Entwicke lung. welche» unsere Zugend brauche, sondern die Mathe matik, die Philosophie und die Naturwissenschaften gäben dem jungen Geiste eine so sichere Vorbildung, taff er in jeder Facultät sich mit einiger Leichtigkeit einheimisch machen könne. Wir bestreiten die Richtigkeit dieses Satzes um so mehr, als Birchow bei seiner Formulirulig von falschen Voraus setzungen auSgc^angen ist. Tic grammatische Schulung ist nur eine «eite der Wirkung, welche die Beschäfti gung mit de» alten Sprachen auf den Gymnasiasten ausübt; die Hauptsache ist die Versenkung tcS jugend lichen GemüthS in den Geist dcS AllerkhumS, welche durch das Studium der alten Sprachen vermittelt wird. Die Blülhk Griechenland- und RomS wird durch die Lcctüre der griechischen und römischen Elassikrr in der Vorstellung des Schiller- zu ncuei» Leben er weckt. er begeistert sich an Helden wie Achilles und Hektar, Ldysseuö und Ajax. Tie Kraft eine« MuciuS Scävola, die Todesverachtung eines EurtiuS, die Einfachheit eines Cin- cinnatuS erregen seine Bewunderung und regen ihn zur Nach eiferung an. Mehr ater noch als durch die Eharaklerziige großer Männer und Frauen, wie der Mutter der Gracchcn wird der Ziinger der Wissenschaft von dein poetischen Sagen kreise der griechischen Mythologie bezaubert. Tie höchst glück liche und heitere Art der griechischen Natur-Auffassung, welche Berge, Bäume, Flüsse und das gewaltige Meer mit Wesen ihrer Einbildungskraft bevölkerte, die Schiller zu seinem Gedicht die ,Götter Griechenlands" anrcgte, sie ist eS haupt- sächlick, welcher wir unsere idealen Anschauungen verdanken. Bildung ohne Bcrbindutig mit der Kirnst muß immer Halb bildung bleiben, erst die Kunst macht das menschliche Gemütb empfänglich ,nm Genüsse der reichen Gaben der Natur »nd hat die Geschichte aller Künste nicht unwiderleglich gezeigt, daß mit der Kunst zugleich ihre veredelnde Einwirkung ans daö Leben in Verfall gcräth, wenn das Berständniß für jene klassische» Knnstepochen verloren geht, die »war nicht ewig giftige Kunstideale aufstcllen, aber in cwsg mustergiltigcr Weise lekren, wie diese Ideale auS den LbbenSidcalen sich herausbilden müssen? Der frühere preußische CnltuSministcr v. Goßlcr sagte einmal, daß der Werth der Gymnasialbildung in der all gemeine» Empfänglichkeit für Wissenschaft und Kunst Kerube, für das Fachstudium sei damit nichts anzufangcn. Das ist richtig und wird immer richtig bleiben. Die Gyninasialbildung ist neu trales Terrain, sie darf nicht in Fachstudien auSarten, sondern der Blick muß stelS ans da« Allgemeine gerichtet bleibe». Die Mathematik ist gewiß sebr nützlich als Unlerrichlsgege»- stand, sie ist eine treffliche Gumnastik des Verstände« aber eine hervorragende bildende Kraft für das Leben kann man ihr nicht zugcstchcn. Es ist auck nicht wahr, daß Mathematik, Philosophie und Naturwissenschaften die Grundlage für die Entwickelung der gesammtcn abendländischen Eultur bilden. Die Philosophie gehört in diese Dreizahl überhaupt nicht hinein, denn sie ist keine exacte Wissenschaft und kann unmöglich zu den DiSciplincn gerechnet werden, welche auf daS Universitäts-Studium vo^ereitc» sollen. Erst wenn der Jünger der Wissenßchast ourch die Kenntniß der Entwickelung dcS Menschengeschlechts ans alle Erscheinungs formen des Lebens seine Aufmerksamkeit gerichtet bat, kann er mit Aussicht auf Erfolg an da- Studium der Philosophie bcrantrelen, und dazu ist nicht daS Gymnasium der geeignete Ort, sondern die Universität. Auch die Naturwissenschaften sind DiSciplincn, welchen die allgemeine bildende Kraft nicht abgesprochc» werde» kann; sie muß ihnen jcdcusalls i» höherem Maße zuerkannt werten alS der Mathematik. Ater auch ihnen fehlt das Er fordernis der unmiltelbaren Wirkung als Erkennungszeichen. ES giebl viele Wahrheiten, welche die Naturwissenschaften lehren, deren Kennlmß jedem Gebildete» unentbcbrftch ist» wie da« Gesetz der Schwere, die Lehre vom spccifischcn Ge wicht, die Lehre von der,Auflösung aller Stoffe in ibre Urstoffe rc., aber diese Kenntnisse bringen die Menschen nicht einander näber, sie begründen nicht die seelische Harmonie, die den Gebildeten sogleich den gleichberechtigten Genossc» im Andern erkennen läßt. Botanische, zoologische unk mineralogische Kenntnisse sind gewiß schäyciiswcrthe Be reicherungen de« menschlichen Wisse»«, aber wer sie nicht besitzt, sinkt dadurch noch nicht aus da« Niveau de- Unge bildeten bcrab. Wie Birchow alle »seine Behauptungen, die mit den bis herigen Anschauungen zu brechen bestimmt sind, beweist»« hinstellt, so datirt er auch eine neue Epocbe von dem Eintritt der nationalen Sprache in ihr natürliche- Recht, ohne die Nothwenkiglcit diese« Schrille« darzulcgcn, und meint, daß damit die klassischen Sprachen an einem Wentepunct augclangt seien. Worin besteht denn der Unterschied »wischen sonst und jetzt >n sprachlicher Beziehung? Zn der Ausbebung de« Zwange«, Doctor-Dlisertativuen in lateinischer Sprache abzusaflr». Zin lledrigen ist All»« beim Alten geblieben. DaS Ourllenstudium, daS doch einen breiten Raum in den UniversitäiSstutien ein- nimin«, kann der alten Sprachen beute so wcnig entbehren wir früher. WaS sängt der Jurist chne da» Oanpu» juri^ Der Theologe ist gcnöthigt, die Bibel im hcbräiichen an? und griechischen llrtext zu lesen und auszulcg », dir Philo logen können vollend« die alten Sprachen nia>t missen, und die Mcdiciner würden bald daS Vcrstäntnlß für alle ihre wiffeaschaftlichrn Kunstausdrücke verlieren, wenn sie nicht im Stande wären, itderzcit auf die Elvniologi« zurückrugrciscu. Die Ansicht Virchvw'S, daß die Mathematik, die Philo sophie und die NtUurwissenschastcn an di« stelle der bisherigen Pflege der allen Sprachen aus den Gymnasien treten werben, ist wissenschaftlich und praktisch unbalidar, sie ist mehr der Ausdruck der materiellen Richtung unierer Zeit, al« da- Ergedniß von Beobachtungen, welche den veränderten Zeitgeist »um Gegenstände Haben. Birchow selbst bat seine Vorbildung für da« UniversitatSstudium in der Weise genossen, wie sie noch heute in Kraft und r" "cm Gymnasium kürl.ch z» verschieben; d,c große Zahl N» uoe,^ ^ ei» angeborenes Recht daraus, die e. g g s.-lbst cr- acmeineii wissenschaftlichen Bildung,, "c>> Gegcn- freut, auf ihre Nachkommen zu über! > g - ^ stand der Erwägung ,e.„, "b mch nack d'c,er r^dcr ^ Richtung bin de« Gnlcu zu viel „ Deulschcn in« lateinische Aussätze und Ueber,etzu»ge>, T ^ Griechische zu verscrtigen. Wir st»d Ggar em, ^ Meinung, daß die darauf vekc>c Zo- ^^^ mäßiger für die Pflege des deutschen Auffatz Aber das ,st etwas Andere-, al- ter Ersatz t r ^'NIchU' ^ !^ stuvicn durch die Beschäftigung n»t P.a!hc> al k. r >>l , r unk Naturwissenschaften. Gli,äl,cherw-,se ,icl t .vc , r >cl c in dieser grundsätzlichen Frage keinerlei Enlscheid ' - ZU. wir glauben auch, daß sein.- Antr.llsrcde Tbcil wcnig oder gar keine Ztstl'N'mung gefunden hat- 4i r verwahren u»S dagegen, daß die Bcichafnguug »>> ' . ^ matik und Nalurwisscnschaflcn ,c»ialS den Werlh human,!»! Y Studien überflüssig machen könnte. Deutsches Reich. - Berlin, l7. Oktober. Der gegenwärtig in der Schweiz lebende Han- Müller, früher einer der G'i'rcr der ..Un abhängigen" hat in Zürich eine Schrift erscheinen lassen unter deck Titel: „Der Klasscitkampf i» der deutsche» Socialdemokratie". Mit Sachkenntniß sucht der Heraus- gcber den alten Führern ter Socialdemokratie nachzuweise», daß der Parlamentarismus die Partei von dem Wege dcS reinen reoolulionaircn Marxismus abgcdrängt und daß die kleinbürgerlichen Elemente, welche die Svcialdcmokratie durch ihre Versprechungen und Wahl - Agitationen in ßch anf- gcuommen, zu einem einflußreichen Factor in der poft- tischeil Arbeiterbewegung geworden seieu, dem zu Liebe die frühere revolut>o»airc Ueberzeugung bemäntelt, di.- sokia'c«»,okratische Lehre in einem harmtoseren Lichte er scheinen müsse. Man habe die Kleinl-üraerstimmen gebraucht, »in in den Reichstag zu gelangen und habe die Partei deshalb als eine ziemlich barmlofc, gemäßigte Vertreterin der kleinen Leute hingestellt, die keinen Umsturz, sondern kleine praktische Ziele aiistrebe»: Beseitigung der LebenSmittclzöllc, billigeren Branntwein. Brod für alle Arbeiter. Besonders bei den letzten ReichstagSwablen babe man den reinsten Gimpelfang getrieben. Viele Tausende von Kleinbürgern und Klein bauern wurden für die Partei gewonnen, weil man ihnen vormachle, man babe alle Achtung vor dem jungen Kaiser, man wolle nichlS Anderes als er »nv sei somit auch eine Art Regierungspartei. So wurde die Socialdcinokralie cntprole- tarisirt »nd aus ihr eine Partei gemacht, die ,n ihrem Wesen verkleinbürgcrt ist und von der neun Zehntel sür Re formen, ein Zehntel wirklich revolntionair ist; deshalb sprechen auch die Führer bald im Sinuc der einen, bald Ver ankeren Richtung — so Bebel in Paris und Halle in kleinbügcrlichem, in Brüssel und Erfurt i» reoolu- tionair-proletarischcm Sinne. Darum beschäftigen sich die Abgeordneten auch mit allen mögliche» irre levante» Details und stelle» keine bestimmten Anträge; sie fürchten, daß dann Massen von Mitgliedern von der Partei abfallen würden. Tic Masse aber faßl die Social demokratie heule als die Resormpartei der kleinen Leute aus, und die Masse entscheidet. Die Führer unlerlicgcn dem Einfluß der Wähler und werden so wirkliche Parlamentarier in> vollen Widerspruch mit dem revolutionairen Princip. Au« Furcht, nicht wicdergewäblt zu werden, wenn sie ihre parlamentarischen Pflichten vernachlässige», gebe» sie sich de» Anschein, als ob deren Erfüllung sür die Partei von Be lang wäre, was aber gar nicht der Fall ist; da man den Wählern vorgereket, daß ihnen durch das Parlanieul geholfen werden könne, so muß man natürlich auch ins Parlament gehen. Ta nun, sübrt Han« Müller weiter ans, die Partei i» ihrer ganzen Tactik, in den Aussprüchen ihrer parlamentarischen Führer und sraclionStreue» Organe längst vo» den Grundsätzen des revolutienairen EocialiSmuü auf dir mannigfaltigste Weise abgewichcn ist, so iiiußtc eine Opposition entstehen, ein Elasienkamps in der Partei zwischen de», revoluiivnair proletarischen und dem possibilistisch kleinbürgerlichen Elemente. Diese Bedeutung hat der Kampf der .Finigen" gegen dir Fraction. Die Opposition will keineswegs besondere Principien vertreten, sie ist durchaus socialdcmokratisch und bängt keinen sectirerische» Marotten nach. Sie verlangt eine völlige Regeneration der deniscbcn -Lccialdcnickralie. die Ausscheidung aller opportunistisch possibilistische» Elemente, die Emaneipalion des Prolelariais vo» de», die Parle, bederrscheiiden Kleinbürgerthum. Zu diesem Fwcck müsse» die soeialtemokraliicbe» Abgeordneten Nircl, eine Lhat sage», daß sic sür ihre Wähler im Parlament nichts erreichen, daß die herrschenden Elasscn daö Loos der Armen nicht verbessern wollen und dir Tbat, die dies der Well ver künden würde, wäre die Niederlegnng der sechSund- drcißig socialdemokratischen Mandate! Eine revolutionaire Begeisterung würde daS aanze Proletariat e. greisen, und die berrschendcn Elasten sanimt der Regierung wurden, so meciit HanS Müller. i„S Wanke» geratben -die Worte, mit denen die Abgeordneten die Niederlegung ihrer Mandate inotiviren würden, müßten wie em politischer l^rkan durch das Reick, rasen und das Proletariat zu einem bedeutenden Machtfactor machen. Dann würden die Ersatzwahlen lon-.men und Gelegenheit bieten, mit dem ganzen Programm unter d.e Maste» ,u gehen; würden die Ab- geordneten wieder gewählt, dann genössen sie viel größeres Anfehen als früher und würden ganz anders auflretcn und iprechen können. Wen» njcbt, nun so ist e« auch gut; dann balle man doch die Hauptsache «reicht; dir Partei wäre diirch und durch rcvvlu,ch»air. sie wäre sich klar Uber ,bre Macht und die bcrrschebdcn Elasten würden sich gewaltig nrchtcnl — So Herr Hans Müller, der e» schwerlich er^ leben wird, daß dir socialtemokraftlchen ReichStagSabgeortnelen seinen Rath befolgen und zur Niederleaung Ihrer^Mandale lchreiicn werden. Tenn gerade weil diele Herren wissen, daß HanS Müller Recht bat, weil er behauptet, das Klcinbiirgcr- lbuin würde von einer ibre rcoolulionairen Ziele offen be kennende» socialtcmokralischeli Partei abfallen, eben deshalb wird die fraclionelle Socialdciuvkralie trotz der Opposition der ,0»l>gc»" sortsahreii, sich als Vertreterin der kleinen Leute bittziistellen, die jedenfalls zahlreicher sind als die „Zungen" Gerade deshalb »lögen auch die Negierungen und die staat-crhaltenke» Parteien unermüdlich in ihrem Bestreben sortsadre», daS unznsriedeiic Kleinbürgertbum durch zeit gemäße Reformen von der Socialdemokratie zu trennen. * Berti», 17. Oclober. (Telegramm) Der „Post" zufolge hat ver Kaiser zur Feier in der Schloßkirche zu Äitlcnberg nicht nur die protestantischen Landcü- sürsic», sondern auch die protestantische» ausländischen Souoeraine eingeladen. Die Königin von England wird hier bei »nd wahrscheinlich auch bei der Taufe der Prinzessin am 22. Oclober von dem Herzog von L)vrk vertreten werden. — Die beiden Häuser des Landtags sind aus de» »cun- zebntc» November einberusen. — Der „Rcicbsanzeiger" meldet, daß der Finanzministcr I>r. Miguel am Sonnabend an einer llnterleibScutzündung erkrankt ist »nd daS Belt bülcn »»iß. — Wie die Berliner „Börscn-Zcilnng" erfährt, bat der Reich-lagSabgeordiicle von Hnenc gestern dem Reichskanzler Grasen Eaprivi einen längcrn Besuch gemacht.— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt, daß die Anregung zu einer Sa inmlung sür die notblcidcndeu Postbeamten Hamburgs nicht vom NcichSpostamt, son dern von den Postbeamten des Bezirks Köln aus eigenem Antriebe ausgegangcn ist. — Der „SlaatSanzciger" publicirt eine königliche EabinctSordrc, tnrch welche ge nehmigt wird, daß von der vorgeschricbene» gleichzeitig»!, allmonatlichen Revision der öffentlichen Easscn Berlins durch de» zuständige» Minister im Einvcriicbmcn mit dem Finanz»,inister abgesehen niid die gleiche Ermäch- tignng a»ch für die öffentlichen Easscn in den Provinze» von den zuständigen Beamten erlheilt, sowie daß statt der all monatliche» Revisionen eine zwei- oder dreimvnalliche sür dir öffentlichen (Lassen angcordnet werten darf. — Dem BundcSrathe ist die Uebersicht der Ei,r< nahmen und Ausgaben der LandcSverwaltnng von Elsaß-'- Lothringen für das Elaisjabr lslll — 1892 mit dem Anträge zugegangen, die Elalsüberschreilungen und anßer ctaismäßigc» Ausgaben vorbehaltlich ter bei der Prüfung der Rechnung sich etwa noch ergebenden Ennnerungc» zu genehmigen. Tie Mebrzabl der auswärligcn Mitglieder des BundcsrathS, welche während der SitzungSzcit des letzteren ihren Wohnsitz in Bcili» habe», sind jetzt hierher zurück- gekehrt. Die „M. Z." vernimmt, daß i» einige» Wochen mehrere süddeutsche Minister zur Tbeilnahme an Leu Bundesrathsarbeilen hier zu crwarlcn seien. — Die Begründung der Militairvorlagc ist jetzt, der „K. Z." zufolge, endgiftig sesigcstelll; sie ist, wie dies auch bei den srühercn gleiche» Vorlage» der Falt war, Ibnnlichil rusammengcdrängt und knapp gehalten, da die wicbligstcil Beweggründe jetzt wie srübcr mündlich i» de» Eon: missionsberalhungcn unter Ausschluß der Ociseiillichkeil miigetheilt werde» sollen. Z» BuiitcSralbskrciscn nimmt man an, daß der Reichskanzler Gras Eaprivi am nächste» Donnersiag in längerer Rete die Vorlage vor dem BnnteS- ralh begründen und befürworten wird. — Tie Angabe, daß der Fiilaiizministcr von den 172 neuen Nichlerstellen, die der Znstizminister verlange, 75 ge strichen bälle, wirb von verschiedenen Seilen angezweisett. Ter Zustizmiiiistcr v. Schellina babe das dringende Bedürf nis! sür die Vermehrung der Richter nachgcwccsen und buizu- gefügt, daß er seine Mehrfvrdcrung obneki» aus die be >chciteiistcn Grenzen beschränke, llebrigens solle» fast von allen Regierungen Klage» über den Richlcrinangcl cingclaufen sein, so daß unter allen llmstäiitc» bei den Landtags- verhaiidlniigeii diese Angelegenheit zu eingehender Erörterung kvinmc» wird. — Für das Inkrafttreten der Stclicrrcform-Gesctze sind verschiedene Zcitpnnclc nickt in Aussicht genommen. Der früheste Termin ist nach der „F. Z." der l. April 1895». — Die Absicht, die Tabaksteuer zu erhöben, scheint in bayerische» RegierungSkreisc» andauernd einem nachdrücklichen Widerstande zu begegnen, von dem man sich freilich in München selbst keinen praktischen Erfolg verspricht. Wir lese» hierüber in den „M. N. N.": „In inahgcbknLen Kreise» ist man über die Vorschläge der Reictiöregierung wegen Besteuerung des TabatS nicht» weniger als entzückt. Leiber Hai es den Vliiichci», als ob die Sache schon so gut wie abgemacht wäre und daß der Tabak unter allen Umständen blulen muß. Für Bayern komme» nicht weniger als >1000 Tabakbauer in Betracht, welche bei einer Er- böhuna der Tabaksteuer den Betrieb einstellen müßte». Ter Karwstelbau kann nnmöglich als Ersatz für de» Tabakban ein« pivblcn werden. Ter Tabakbau gestaltet die bestmöglichste Ver wendung von Arbeilskräsle» einer Familie: Kinder und ältere Leute tonnen hierbei bcichajligt werden, da der Tabak eine sehr sorgsame Pflege beansprnckit, stets vom llnkraut sreigehaltc» werden muß, aber auch intensiven Fleiß und jvrgicinie Pfleg« reichlich lohnt. Schon im Interesse der Landescuftur wäre das Eingehen des Tabak baues bedauerlich. Wie inan kört, will übrigens die baye- rijchc Negierung vor einer endgiliige» Bkichlußnadine den Inlereftcnien nochmal- Gelegenheit geben, ihre In teressen zu wahren." — Al« PräzedenzMr sür Heirathen preußischen Diplomaten mit eingeborenen Tain«» der Länder, bei deren Regierungen sic deglaukigl waren, nennt die „Post" noch den Botschafter Grasen Hatzseldt, Fürsten Radolin und den Gesandten in Tresden, Grasen Tönhoss, welche ersteren beide in erster Ehe mit Amen- knnerinnen, letzterer mit einer Stiestochler de« damaligen italienischen Ministerpräsidenten Äingbelli sich vcrhciraihele». Weiler zurück wäre auch die Ehe des preußische» Tiplomalr» Grasen Hatzfeld mit Mademoiselle de llastellanc, jetzigen Herzogin von Sagan, zu er- wähnen —. Der Cl'kf der Station Tabora in Deulsch - Ostasrika, Premierliculcnanl Sigl, kehrt, wie au-Graz gemeldet wird, über Neapel aus seinen Posten zurück. Diesmal ist er von seiner jungen Gemadlin begleitet, die den Landweg, eine Strecke von etwa 950 km. in einer Sänfte zurücklegcn wird. j 2«ndr»shausen, 17. Oktober. Die beiden diesigen Lokalblätter haben die Nachricht gebrach», daß der Claal»- ministcr Petersen bei der Staatsanwaltschaft gegen een
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