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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930204011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893020401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893020401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-04
- Monat1893-02
- Jahr1893
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IMm z. Wim TUM mi> Wgn Hi. K, ZmM, j. M«r IW. <MM-AWk.) (Fortsetzung auS dem HauptblattI Ura»kreich. * Paris, 3. Februar. (Telegramm) Dem Journal ,.?a Paix" zufolge wartet der Untersuchungsrichter Frangue- rille, lcr im Besitz deS mehrfach erwähnten Notizbuches Ärton'S ist, nur auf die unmittelbar bcvorstebende Ver- daftunz deS Letzteren, um aufs Neue die Ermächtigung zur Verfolgung mehrerer Parlamentsmitglieder nachzusuchen. — DerÄinisterrath beschloß auch die Verfolgung Cass a g n ac' S und der „AutoritS" wegen ihrer Angriffe auf den StaatS- credit. — Nachrichten auS Bournemonth zufolge liegt Cor nelius Herz im Sterben; sein Ableben wird stündlich erwartet. — Ter Herausgeber der antisemitischen „Libre Parole", Guerin, ist verhaftet worden, wie es heißt wegen Unterschlagung ihm übergebener Depositen. Schweiz. * Peru, 3 Februar. (Telegramm.) Tie Regierung von Oesterreich-Ungarn hat die Initiative ergriffen zu einer in Dresden abzuhaltenden internationalen Conserenz zur Bekämpfung der Cholera. Der österreichische Ge pichte batte gestern eine'Unterredung mit dem BundcS- rräsitenten, welcher erklärte, die Schweiz sei bereit, an der Conserenz theilzunehmen. Italien. * Rom, 3. Februar. (Telegramm.) AuS den Docu menten, welche dem Ersuchen um Ermächtigung zur gericht licken Bersolgung de Zcrbi'S beigefügt sind, geht hervor, daß in den Notizen Tanlongo'S und Lazzaroni S l 220 000 Lire sizuriren, wclcke zu verschiedenen Malen für das Zustande kommen des Gesetzes bezüglich der Banken vertbeilt wurden, außerdem 1 0ä5 000 Lire für erneuerte und offene Wechsel »nd Summen für größere Ausgaben. — Im Laufe des Abends wurde der Advocat Bellucci aus Sessa verhaftet. Nach Ansicht teS Staatsanwaltes ist dies die Persönlichkeit, welche als Ver mittler zwischen der Ban ca Roma na und de Zerbi diente, um letzterem die Summen zu übergeben, von denen in dem Ersuchen um Genehmigung zur gerichtlichen Verfolgung de Zerbi'S die Rede ist. — In der Provinzialcasse von Mocerato ist ein Fehlbetrag von 200 000 Lire entdeckt worden. Der Cassirer ist verhaftet worden. — Die Propaganda verlor durch den Krach der Banca Ro mana eine halbe Million, der Papst selbst 600 000 FrcS., viele päpstliche Institute sind Lurch den Zusammenbruch ausS Schwerste geschädigt. * Madrid, 2. Februar. Nach dem beute Abend ver öffentlichten amtlichen Bulletin hat der König den Tag ruhig verbracht. — Der Minister deS Auswärtigen hat dem Beamten einen Verweis ertdeilt, durch dessen Verschulden in dem Dccrete, welches daS Entlassungsgesuch de« Bot schasterS in Berlin genehmigt, der Passus ausgelassen wurde, in welchem die Regentin dem Grafen Banuelos ihre Anerkennung auSspricht über die Art und Weise, in welcher Obliegenheiten als Botschafter in Berlin erfüllte. eben eine Folge Ihrer GesellschastSordaung. Ohne diese wäre sie gar nicht möglich gewesen. Das werde ich Ihnen später noch nach- weisen. Herr Ur Bachem macht uns den Vonvurs, wir machten keine Vorschläge. Was wir Ihnen aber Vorschlägen konnten, würden Sie nie anuebmen, und deshalb kommen wir Ihnen mit solchen Zumuthungen nicht. Trotzdem sind wir mit solchen Vorschlägen, die auch aus dem Boden der bestehenden GeselljchastSordr.ung auS- sübrdar sind, wiederholt gekommen, gerade auch bei dem letzigcn Nothstande. Wir baden die Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten und die Verkürzung der Arbeitszeit vorgeschlagen Wir baden uns an den Beratbungen der Gesetze betheiligt, welche die Lage der Arbeiter zu bessern bestimmt waren, wir sind dabei mit einer Reihe eigener Anträge vorgegangen. Hätten Sie alle diese Anträge an- genommen, so hätten Sie damit dem jetzigen Nothstande manche Schärfe genommen. Aber infolge Ihrer ablehnenden Haltung sind sie nicht Gesetz geworden. Wir bade» wiederholt die Herabsetzung der Mililairlasien verlangt, ober Sie haben diesem Verlangen nicht Folge gegeben. Trotzdem werven wir unbeirrt aus diesem Wege beharren, unbekümmert um diejenigen, die auS unserer eigenen Partei hervorgeganqen und als sogenannte .Hungen" von unterem Wege abdrängen und aus den der Revolution hindrängen wollen. Deshalb würden wir auch die Auslösung des Reichs- tageS begrüßen, denn Sie werden sehe», daß die Partei im Land« zu uns steht. Wir werden auch aus allen Gebieten für daS Recht stimmen und beispielsweise sür die Aushebung des Iesuitengesetzes eintreten. Herr Bachem ist angeblich auS dem Studium der socialdemokratischen Schriften nicht klüger über unser Ziel geworden. Er hätte das Wort des Schülers im Faust citiren können: Mir wird von alledem so dumm, mir geht « wie ein Mühl rad im Kopse herum. Hätte er wirklich die socialistische Literatur studirt, dann hätte er so OberslächllcheS und Flaches wie am Sonn abend nicht Vorbringen können. Ich muß mir sagen, die Soch- keuntniß de« Reichstages, die dieser Rede Beifall zollte, hat un gerade nicht iinponirt. Herr Bachem hat aus die Bäckereigcnossen schäften hingewieskn. Diese stehen aber nicht aus socialistischein Boden, sondern aus dem der bestehenden WirtbschaslSordnung, aus dem Schulze-Telitz'schen Princip, das schon Lassale als ein elende« Palliativmittelchen verurtheilt hat Ter einen Bäckereigenosse» schast in Berlin, di» in Schwierigkeiten gerathen ist, stehen aber doch Dutzende anderer im Lande gegenüber, dir blühen und gedeihen: dazu kommen alle die Genossenschaften aus andere» Gebieten^ Herr Bachem hat ferner die Gehalts, frage hier in die Debatte gezogen. Die 7200 ^!, die unserem Freunde Liebknecht bewilligt worden sind, nachdem er ein Menschen alter sür Hungerlöhne gearbeitet Hot, sind eine Lappalie gegen daS, was andere Redacteure beziehen. Und diese Redakteure haben sich nicht gescheut, jene Affaire mit den 7200 in die Leffentlichkeit zu ziehen. Solche Mittel müssen Sie aber anwenden gegen die Socialdemokratie, da Sie mit anständigen Mitteln nicht mehr kämpsen können. iViceprästdent I)r. Baumbach: Ich nehme an, daß Sie diese Wendung nicht aus Personen im Hause bezogen haben.) Natürlich aus die Presse der anderen Staaten! — Herr Bachem Kat weiter den Mangel an Autorität in unserer Partei er wähnt. Er vergißt dabei, daß wir eben eine vollständig demo kratische Partei sind, daß Jeder vor dem Parteitag sich rechtfertigen muß. Endlich hat Herr Bachem ebenso wie Herr von Bötticher nach dem ZukunstSstaat gefragt. Hätte er wirklich die socialistische Literatur studirt, so hätte er gar nicht so fragen könn-n. Er hätte sich sagen müssen, daß wir einen solche» Zukunstsstaat gar nicht wollen. (Ah! rechts und im Centr.) Wir sind eben keine Partei der Revolution, sondern eine Partei, die vorwärtSstrcbk, die wieder holte Mauserungen durchmachen muß. Verschiedene Mauserungen haben wir schon durchgemacht. (Heiterkeit.) Ich erinnere an unsere veränderte Stellung zu verschiedenen Lehren LasjalleS, an die voll cr seine L-vuegenveuen al« «oiicnaiicr »i Berlin erzürne. > z^hjge Umgestaltung unsere« Parteiprogramms. Schon vor zwölf Gleichzeitig sandte der Munster an BanueloS ein Telegramm I Jahren hätte Herr Bachem in Engels' Schrift „Bon der Entwich und sprach demselben sein Bedauern über das Vorkomm- niß aus. Rußland. * Warschau, 3. Februar. (Telegramm.) Wie polnische Blätter melden, richtete der Generalgouverneur Gur ko an den Besitzer einer hiesigen Curanstalt, Or. Jodler, einen Erlaß, nach welchem zehn in der Anstalt befindlichen Aerzten verboten wird, sich gegenseitig im Verkehr der polnischen Sprache zu bedienen, widrigenfalls die Anstalt geschloffen werden wird. Orient. * Sofia, 2. Februar. Ein Decret des Prinzen Ferdinand sanctionirt die mit England, Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Frankreich, der Schweiz, Italien und Belgien abgeschlossenen Handelsverträge. Gleichzeitig werden die Verträge ver öffentlicht. ' tkonftantinopel, 3. Februar. (Telegramm) Die Be mühungen des russischen Botschafter» um Zulassung deS Exarchen Joseph zur bulgarischen Synode in Konstan- tinopel sind erfolglos geblieben, da die Pforte kategorisch erklärte, daß die VerfaffungSrevision eine durchaus interne Angelegenheit Bulgariens sei. Afrika. * London, 3. Februar. (Telegramm.) Nach einer Meldung aus Kairo hat die daselbst seit der Krisis herrschende Aufregung auch die Provinzen ergriffen und droben neue Wirren. Sollten Ruhestörungen auSbrechen, so werden sofort englische Truppen nach Egypten entsendet werden. — Nach einer Depesche der „Correspondencia" aus Tanger nehmen die Unterhandlungen deS englischen Sprcial- gesandten Sir West Ridgeway mit Marokko einen un günstigen Verlauf. Amerika. * Re»--ork, 2. Februar. Nack einer Depesche aus Washington einigte sich daS amerikanische Cabinet über die Grundzügc eines Vertrages, der Hawaii den Schutz der Bereinigten Staaten gewährt, vorbehaltlich deS Ab schlusses eine« dauernden Abkommens. Der „Standard' erfährt, Deutschland gedenke nicht gegen die C avcr- leibung der Sandwichinseln durch die Vereinigten Staaten zu protestiren, sondern wolle da« Ergebniß der englisch amerikanischen Verhandlungen abwarten. Reichstag. (Special-Berlcht de« „Leipziger Tageblattes".) 35. Sitzung vom 3. Februar, 1 Uhr. 6. 8. Berlin, 3. Februar. Am Tische de« BoudeSrath«: v. Boetticher, Gras Hohen thal und Bergen. Zunächst wird ein Antrag Werner (Antisemit! aus Einstellung -ine« gegen Abg. Ahlwardt beim Landgericht Berlin I schwebenden Strafverfahrens wegen öffentlicher Ueieibigung nach kurzer Befür wortung durch den Antragsteller und nach einer Erklärung de- Abg. Ur. Hartmann (coas.l, daß seine Partei in diesem Fall« keinen Werth aus die Verweisung deS Antrag« an eine Commission lege, angenommen. Sodann wird die zweite LiatSberathong bei dem Titel „StaatSjecretair" de« Specialetat» ReichSamt de« Inner» fortgesetzt. Abg. Bebel (Soc): Abg. Bachem hat am Sonnabend von vn« eine Darlegung verlangt, wie wir un» dir Verwirklichung de« iocialfftischrn Staate« denken. Er and andere Redner hoben dabei eine Reche von Einwendungen gegen meine BuSsührunarn gemacht, di« eine Widerlegung erheischen. EtootSsecretoir v. Boetticher hat zunächst eine Behauptung bestritte», daß den Schaffnern die Pelz mäntel entzogen worden seien. Ich habe mich dabei aas die Erspar- nisse bei den Bekieidung«tttela der preußischen Eisenbabnvrrwaitung und aus die Thatsache, daß eine Anzahl solcher Pelze billig ver- kaaft nab von den Beamten zu theueren Preisen wiedergekaust ward«» sind, bezogen Herr v. Boetticher hat dann meine Behaup tung bestritten, daß »ine vierwöchentllch« Lohnzahlung stattfinde, er bat aber datut zugegeben, daß man, um ein paar Diätarien -» sparen, rin andere« System der Lohnzahlung einaesührt hat, also mehr Vermehrung der Zahl der Arbeitslosen. Der StaatS- lecretair hat uns weiter vorgeworfen, wir wollten da« Mittel nicht, da» der Arbeitslosigkeit obdelsen könnt» Er meint damit die Be schränkung der Freizügigkeit, und da können wir chm allerdings nicht folge». Herr Ur Mehnert hat seinerseits »ine Reib» von Mittel» gegen di« Socialdemokratie gemacht; ich muh ihm sagen, «I« dies« Mittel werde» nicht« helfe». Di» Socialdemokratie ist lung der Socioldemokratir von einer Utopie zur Wissenschaft" er sehen können, daß er die Idee des socialistischeu Staate« voll kommen bekämpft. Ebenso in einer Reih« anderer Schriften. Herr Bachem hat ans da« Buch deS Abg. Richter verwiesen. Herr Richter wird selbst zugeben, daß dieses nur ein Pamphlet gegen die Social- demokratie ist. Ich habe andere Schriften des Herrn Richter, selbst sein Abc-Buch mit viel größerem Genuß gelesen (Heiterkeit.) Er wird mit seinem Buch auch keinen einzigen Arbeiter uns abspenstig geinacht haben. Tie Arbeiter sagen einfach: Solchen Unsinn können die Socialdemokraten doch nicht wollen. (Heiterkeit.) Wenn wir aber «inen sociaiistlschen ZukunstSstaat nicht wollen, wa- wollen wir dann ? Ich venveise Sie hier zunächst ans die Schwierigkeiten, di« e« gekostet hat, um da» Wesen des Staate» wissenschaftlich zu definiren. Eine Staotsoraanisation ist erst nolhwendig geworden, als sich in der Gesellschaft Interessen gegensätze, der Kampf um daS Mein und Dein herauSgeblldet halte. Ta wurden autoritative Organe nöthig, um regelnd einzugreifen. Dieser Apparat wurde allmählich immer complicirter, denn StaatS- form und StaatSgewait mußten sich den veränderten socialen Be ziehungen anpassen. Die Herrschaft der kleinen Feudalherren wurde gebrochen, eS entstanden die großen Machtsiaaten, deren die Bonrgeoisie bedurfte, um ibrc Product« aus den Weltmarkt zu bringen. So rppräsentirt also die Staatsgewalt nichts als ein Spiegelbild der herrschenden Interessen. Kann nun ei» Zeilpunct erdacht werden, in dem dir IatrreffrngegensStze aushören, dann wäre diese Staatsgewalt nicht mehr nöthig. (Heiterkeit.! ES würde eben bann die rechte allgemeine Gleichberechtigung herrschen, und der Ansdruck dersetbrn wird durch das allge meine Stimmrecht herbeigeiührt werden. Das allgemeine Stimmrecht führt eben zur Demolratifiruilg der Gesellschaft. Ich bin daher auch daraus gefaßt, daß nächstens ein Antrag aus Ausdebung dieses Stimmrecht» eingebrachi werden wird. Wenn ich kein ausführlicheres Gemälde von der späteren Gestaltung der Tinge geben kann, so liegt daS nur an der Uamögiichteit, die Entwickelung der Dinge abzulehen. Deshalb würde eine Ausmalung ebenso fruchtlos sein wie daS Vorgehen der Utopisten. Wir sind aber keine Utopisten, svndern arbeiten praktisch mit an der Gestattung der Dinge. Wir geben unS auch keine Mühe, etwa in Amerika oder Australien künstliche socialistische Gesellschaften zu begründen. DaS wäre Unsinn, denn man kann damit der natürlichen Entwickelung nicht Einhalt thun. Zllnächsl muß sich die bürgerliche Gesellschaft abwirtdschasten. Wir erkennen an, daß diese die beste ist, die bisher bestanden hat, wir bekämpfen auch nicht sie, sondern nur ihre Auswüchse (Lachen im Centr.). DaS können Sie wiederholt in den Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels Nachlesen. Aber der Bourgoisie wird eS gehe» wie ihren Vorgängern. Indem sie sich entwickelt, werden an- ihrem eigenen Leibe die Elemente erstehen, die ihren Untergang herdei- fübren werden. Wie auS der Feudaiwirthschaft die Bourgeoisie entstand, so wird au» der letzteren die Socialdemokratie entstehen. Daraus sehe» wir schon, bau cs nicht möglich ist, die Social demokratie au» der Welt zu schaffen. Hat man das aber erkannt, dann müssen wir nur alle Lullur- und AuskiörungSmittei benutzen, um di« Masse» über dir Schäden der bestehenden Gesellschaft aus zuklären. Je mehr man aber die Rothweudigkert einer Umgestaltung einsieht, desto zwingender wird sich diese Nothwendigkeit geltend machen, und daS Weitere ergiebt sich dann ganz von selbst. In Detaiimalerei uns einzulassen, können wir un» daher ersparen. Wir wissen ebenso wenig wie Sie, wie sich die Verhältnisse in fünf Jahren gestalten werden. Wir haben aber unser Programm, und diele» «n halt die Gnindzüge dessen, wo» wir wollen. Die Hauptsordernng »st die Expropriation der Arbeitsmittel und damit die Umgestaltung der ProductionSweise. Die Expropriation machen Sie un« aber selbst leicht, indem Eie die große» Betrieb« zu Actteoqesellschaften machen, also in die Hände von Nichtarbeitrrn dringen. Alle Ibre Ingenieur« »nd Beamte können wir ebenso gut gebrauchen wie Sie. Uederhaupt wird uns das Andere alle» nicht schwer werden, wenn wir erst so weit sind (Heiterkeit.) Unsere Progrommiorderunaen sprechen sich ja über unsere Ziele deutlich genug au« Die Hauptsache bleibt immer die Expropriation, aber wir werden auch dahin ge langen, daß e« heißt: Und da» Schuidbuch sei vernichtet. anSgesöhnt die ganze Welt. Damit, daß dann auch die Hvpolhekraschulden getilgt werden, werden wir auch schnell einen Tdeil der Herren ans der Rechten sür un- gewinnen Denken Sie sich in dir Lage der Armen, dir arbeiten möchten und nicht können, während Waarenvorräthe brach liegen, weil die Be sitzer momentan keinen Profit daran» ziehen können. Siebt »S denn eine verrücktere Gesellschaftsordnung? Daß sich die Erkennttiiß dessen auch schon in Ihren Reihen gellend macht, beweist da» neue Lehrbuch der Nationalökonomie von Adolf Wagner, in dem schon di» Expropriation de« Grund and Boden« sür gerechtfertigt erklärt wird. Von der Expropriation de« Grund und Boden« b,S zu der de» gelammte» Eigentbum» ist aber nur rin Schritt. Wir hoben also keine Ursache, un« graue Haare über unseren ZakunstSsloat wachsen zu lasse». Alles arbeitet va» ln die Hände, vor allem die Ueberpradartto», auch die Ueberproduction an Intelligenz. Daß die Bourgeoisie die Kräfte nicht mehr unlerbringea kann, die sie selbst gezeugt, da» sühn un» zur Verwirklichung unsere» Staate«. Kommt dann noch eia großer europäischer Krieg mit seinen Mafien schlachten, dann wird etwa« kommen, wa« un» unseren Plänen näher bringt. Wir werden olj» weiter marschiren, ob Sir mit dem zu frieden sind, was Cie henie gehört haben oder nicht. Die Zukunst gchöri eben uns, und bei den nächste» Wahlen werde» wir in er- hebiich größerer Zahl hier erscheinen. (Beifall bei den Cociai- demokraten. vereinzeltes Zischen rechlS und im Cenirum.) Abg. Frhr. v. Stumm (Reichsp.): Abgesehen vo» den Wegen, die seine Partei zu gehen gelenkt, bat u»S das Eolleg de« Herrn Bebet nichts Neues gebracht. Er bringt die alten Klage» über die moderne ProductionSweise vor, vergißt aber zu benicrke», daß durch die Agitation seiner Partei viele Verbesserungen zu Gunsten der Arbeiter verhindert worden sind. Mit der Unzusrieden- heit aber, die Eie hier säen, werden Sie auch in Ihrem ZukunslSstaate zu rechnen haben. Ta« bat sich schon jetzt bei de» von Ihren Genossen begründeten GenossensciiaUen verschiedentlich gezeigt. Tie sociaidemolratische Fractio» selbst zählt ja in ihren Reihen auch nur zwei ganze Arbeiter, die als Vertreter von Arbeiterintereste» gellen könnte», dagegen zählt sie in ihren Reihen nicht weniger als 12 Redakteure. Öb jene Zwei ober wirklich noch Arbeiter sind, läßt sich nicht genau seststellen Teshaib können Sie auch nur mit Hilfe eine« in anderen Parteien unerhörten Terrorismus sich Ihr Ansehen erhallen. Mit Hüte dieses Terrorismus schüchtern Sie sogar die Arbeiter ein, die sich Ihnen nicht freiwillig anichließen. Ein klares Bild von Ihrem ZukunstSstaat haben Sie entweder nicht oder Sic wagen cs nickt zu entrollen auS Furcht, daß Eie die Arbeiter stutzig machen, die zu uns herüberzuziehen, uns dann ein Leichtes werde». Tie Arbeiter würde» bald eiiiiehe», daß Ihr Staat nichts ist als ei» große« Zuchthaus, daß Sie »ur Hoffnungen erregen, die Sie nicht erfülle» können, nur z» dem Zwecke, Unzutriedenbeit zu erregen So babcn Sie sich doch selbst allen WohlsadrlSeinrichtungc» sür die Arbeiter widersctzt und dieseidcn zu discreditiren versucht. Ich bin überzeugt, wenn letzt die verbündeten Regierungen einen Gesetzeniwurs einbringen würden zur Linderung de« Nolbslaiides, Sie würden sich genau ebenso ablehnend verhallen Andererseits würde die Verwirklichung Ihrer Vorschläge die Arbeitslosigkeit »ur noch ver mehrt habe», denn sie verlheuern die Production und vermindern die Exporisähigteil unserer Industrie. ES ist aber da« Betrübende, daß Sie mit Ihre» Agitationen in de» Arbeiiermaffe» ganz saischc Vorstellungen über La» Wesen des CapitalisiniiS gemacht habe». Hat doch Herr Bebel neulich auch unser Sparcastenwesen dadurch zu discreditiren versucht, daß er behauptete, die Spareasse iei nur zum Nutzen der Capilaiislcn geschaffen. Mit solche» Agitationen schwören sie allerdings Gefahren heraus, die man nicht durch Rete und Gegenrede, sondern nur Lurch Gewalt abwehrt. Abg. l>r. Bachem (Centr ): Ich spreche zunächst mein Bedauern über den Ton aus, in weichen» sich der „Vorwärts" über »leine Rede vom DienStag auSgciasseli hat. Sodann schicke ich voraus, daß mit der Eocialdeniokralie schwer sertig z» werden ist cAb- geordneter Singer. Socialdemvkrat: Sehr richtig!». Entweder heißt «S: Was Ihr wollt, »vollen wir »ich», oder aber wir wollen eS letzt nicht. So haben Sie sich in den letzten Jahre» allen Vorschlägen der Regierung gegenüber ablehnend verhalte». Das werden wir den Arbeitern immer von Neuem sagen (BessalU, und wenn wir aus diesem Wege weiter gehen, wird eS mit der Sociaidemokralie bald zu Ende gehe» (Lachen bei Le» Socialdemo- kraleitt. Dabei werde» wir aber nicht in de» Fehler der Social- demokraien verfallen und lediglich Agitatoren züchten. Wir wolle» nicht agilircn, sondern sachlich gegen die Sociaidemokralie kanipse». So habe ich auch keineswegs Herrn Liebknecht einen Vorwnrs aus seinen GehaltSbezügen gemacht, ich habe nur gesagt, ich verstände eS nicht, wie sich i» Ihre» Reiben ein solcher Vorwurf erhebe» kannte. Wen» Sie da« nickt verhindern können, wie wolle» Sie sich in Ihrem ZiitlinftSstaale Anlorilät verschaffe»? Herr Bebei sagt, wir wüßten ebensowenig wie er, wie cs in 5 Jahren i» unserem Staate aussehen würde. Es wird genau so ausschen wie heute, »ur daß wir aus der Bahn der sociale» Politik etwas weiter sein werde» (Lache» bei den Socialdemokraie»). Heute erklärt Herr Bebel, er wolle keinen Zukunftsstaat. Früher bat er einmal ge schrieben, der ZukiiiiftSstaal müsse vor der Mion bi« in da« kleinste Detail vorbereitet sein. (Hört! Hört!». In Versammlungen ist dann der ZukunstSstaat als willkommenes Agitatioiismiitel gleichsam tvdt geritten worden. Aber eü ist nichts vo» Ihrer Seite geschehe», »m an Ihr Ziel zu gelangen. Heute jagen Sie, Sie wollte» gar keine» socialdemokratischen Zukliustsslaat. Tie Sache würde sich ro» selbst machen. Sie thun, als hätten Sie wunder wie viel Zeit. Aber daS haben Sie nicht Hat doch Herr v. Vollmar, rin Mitglied der socialdemokratische» Fraction, in der ..Neue» Zeit" ausgesprochen, da« letzle Jahrzehnt deS neunzehnten Jahrhunderts werde wichtige Entscheidungen bringen. (Abg. Bebel: Sehr richtig!» Wir ständen aus einem Punkt, wo inan die Erreichung des Ziele« mit mathematischer Genauigkeit Voraussagen könne. In der Partei herrscht denn auch die Ansicht, da« Jahr 1808 werde den Zukunstsstaat verwirklichen. (Hört! hört! Lachen bei de» Soc.) Aber Sie haben doch gar nicht mehr so lange Zeit (Heiterkeit). Doch nehmen wir selbst an, es könnten noch 100 Jahre bi« zur Verwirklichung Ihrer Ziele vergehen, so muß die Entwickelung doch schrittweise vor sich gehen. Dem aber wtdersetzen Sie sich ja. Und weshalb? Weil Sie die Revolution wollen, den allgemeine» Kladderadatsch. Wer das aber will, der handelt frivol, wenn cr nicht eia bestimmtes Ziel vor Augen hat. (Sehr richtig! rechlS und im Cenirum.) Früher wurde auch eine revolulionaire Uebergangs prriode als wahrscheinlich von den ossiclellen Sociaidemokraien an genommen, so von Karl Marx. Erst 1600 in Halle schob man Liese revoluiionairc llebergangsperiode bei Seite »nd stellte den Satz aus, die socialdeinolraiische Weitordnung wachse aus der capitalistischen heraus. Aber allgemein anerkannt ist dieser Satz nicht, denn in einer Versammlung in Berlin wurde erklärt, eS bedürfe nur eines DecreteS dahin: Von morgen Mittag 12 Uhr an gehören alle Fabriken dem Staate und die Sache ist sertig. (Heiterkeit.) Nachdem Redner unter allseitigem Beifall geendet, wird die Fortsetzung der Berathung aus Sonnabend veriagl. des Abg. Hinze erklärt der RegierungScommissar, daß gegenüber einem Manqueinent von 650 Lfticieren ein Nachwuchs von 1500 vorhanden iei. Das Manqueinent sei gegen die Vor,adre erheblich gestillte». Titel l iBesoldungen der Osstciere 24158 706 wird bewilligt. Bei Titel 2 (Militäirärzle 24 020 600^) wird constattrt. daß auch das Manq»el,ie»t bei de» Astistenzärzten im Abnehmen begriffen sei. Aus die Frage bezüglich der Mililairmusiken wird erklärt, daß die Neubildung von Bataillonsmusike» untersagt sei, da circa 55 Balaillonsmustken bestehen. Der Fragesteller Ur. Baum bach regt auch die Aushebung der bestehenden an. Nach längerer Tiscussion wird die Fortsetzung der Berathung wegen Beginnes der Plenarsitzung vertagt. Ja der ReichstagScommission zur Borberathung der „lex Heiuze" wurde heule die Berathung des neu vorgeschiageuen A. l8ln zum Strafgesetzbuch« fortgesetzt. ES lagen dazu 15 Anträge vor. Schließlich wurde der Paragraph in folgender, von dem Abg. Ist. Pirschet und Gröber vorgcschiagener Fassung angenommen: „Eine Mannsperson, weiche vo» einer Weibsperson, dir gewerbs mäßig Unzucht treibt, unter Ausbeutung ihres unzüchtigen Erwerbes ganz oder theiiweise de» Lebensuiilerhait bezieht, oder wer einer solchen Weibsperson gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz in Be zug aus die Ausübung des unzüchligen Gewerbes Schutz gewährt oder sonst förderlich ist, wird »ilt Gesängniß nicht unter einem Monat bestraft. Ist der Thätcr der Ehemann der Weibsperson, oder dal der Thätcr die Weibsperson unter Anwendung von Gewalt oder Drohungen zur Ausübung de« unzüchtigen Gewerbes angc- dallen, so tritt Gesängniß nicht unter einem Jahre ein." — Eia Antrag aus Zulassung mildernder Umstände wurde abgelehnt. 88. BkrU», 3. Februar. Die Bndgetcommission des Reichs tages trat he-'te in die Berathung des MilitairetatS ein. Bei Cap. 14 der dauernden Ausgaben — KriegSministerinm — macht der Referent daraus ausmerksam, daß im vorige» Jahre eine Reihe von Resolutionen gesoßt worden seien, die sich aus die Einschränkung der PosteiiauSstellung und den Gebrauch der Schußwaffen der Wach Posten, sowie aus Einjährig-Freiwillige, die erst mit 23 Jahren ein- ireien, beziehen Die verbündeten Regierungen hätten den Reso lutionen nicht Folge gegeben. G.-M. von Goßicr sagt von Neuem zu, daß die Stellung von Posten möglichst eingeschränkt werde» und daß die Posten in allen belebten Straßcu ohne scharse Patronen auszögen. Abg. Singer «Toe.) anerkennt die Besserung der Zustände, wünscht aber thunlichsie Ausdehnung und besürwortet den Transport der Arrestanten durch Wagen. Der Kriegsminister sagt zu, in der angeregten Richtung verfügen zu wollen. Abg. Gröber (Centr.) bringt die Soidatenmißhandlungen von Neuem zur Sprache und fragt an, weshalb der Bundesraih der bezüglichen Resolution des Reichstags keine Folge gegeben habe. General v. Goßier erklär«, daß die Verhandlungen darüber noch schweben. Abg Lin gen« (Ctr.) wünscht, wie im vorigen Jahre, daß die Soldaten, die ohne Begleitung zur Kirche geben, auch in Berlin wie an anderen Orten dies ohne Helm thun könnten. Der Kriegs- Minister hält diese Frage sür eine Sache de» inneren Dienste«, in die hier nicht einzugreisen jei. Abg. LingenS äußert »och andere Wünsche aus kirchlichem Gebiete, insbesondere bezüglich der Recrulen Vereidigung, der Mischehen, der Sonntagsruhe der Wärter in der RuhmeshaUe, der neu zu erbauenden Garnisonkirche in Berlin, der Statistik über die Selbstmorde in der Armee, Anregungen, denen thrilS keine Folge gegeben wurde oder deren Erledigung ans später vertagt wurde. Abg. Ur. Hammacher (nat.-Iib.) bringt die Commandirung de« GardelchützenbaiaillonS, einschließlich der Frei- willigen, noch Abtrennung der Tienstzeichen, zu Hosjagden bei schwerem Frostwetter zur Sprache und fragt an, ob eS zulässig sei, die Dheilnahme solcher, die sich nicht sreiwillig dazu melden, zu befehlen. General von Goßler erkennt an, daß eine unfreiwillige Theiinadme nicht zulässig sei. Auch Abg. Hinze (dsr.) bringt einen ähnlichen Fall au-Posen »ur Sprache Abg. Ist Hammacher hebt nochinal- hervor, daß erhebliche GestindheilSschädigungen bei Len fraglichen Maunschaslen vorgekommen seien, und verlangt Mitlheiiung des Resultat« der Untersuchung vor Schluß der ElaiSberalhung. Ter Kr leg «minister sagt die gewünschten Mittheilungrn z». TaS Lopitel wird daraus bewilligt, ebenso Capitel 15 (Miiitaircaste» wesen). Be» Capitel 16 (Miiitoirinlendonturen) verlangt der Cor- referen» Abg. Hinze nähere Begründung wegen neueingeslellter 3 Iatendanturräihe und 2 Assessoren. Die Forderung wird hin reichend begründet und daraus genehmigt. Ebenso werden bei Capitel l? zwei Militairgeistlich» neu genehmigt. Abg. LingenS bemängelt die ungenügende Seelsorge für die katholischen Patienten in Lazaretts»». Abg. Gröber vermißt genügende Vorkehrungen zur Ergänzung der Feldgeistlichen im Falle der Mobilmachung. Seiten- der Regierung-Vertreter wird diese Auffassung widerlegt und da« Capitel „Militairaefftlichkeit" bewilligt. Bei Tapstet 24 >Geib- verpslegunader Truppe») stellt Abg. vH » nk (coas»dir Frage, ob siirdie abgelednte Marineartillerie-Compagnie für Cuxhaven e,n Ersatz an« der Fußartillerie beschafft sei. Die Frage wird verneint. Aus «ine Frage Die Jesuiten im Spiegel ihrer Geschichte un- Moral. Von L. Klapp. (Schluß.) Bedenkt man nun, daß in diesem Organismus die strengste Tiscipli» herrscht, daß jeder Jesuit seinen Aufpasser zur citc bat, der über »bn an den Vorgesetzten berichtet, daß jeder seinen Beichtvater zugewiescn erhalt und daß er zur Noth durch Hunger zur Beichte gerwungen wird; ferner, daß die Novizcnmeister, die Rectoren und Superioren in den verschiedenen Häusern durch Visitatoren und Consultatorcn überwacht werden und die Häuser einer Provinz durch den Provinzial: endlich, daß der Provinzial jede» Monat an den General. berichtet, die Novizen- meisler, die Rectoren und Superioren jeden dritten Monat, die beigeordncten Bcrathcr ininkeslenS zweimal jähr lich, so begreift man, wie dcr Gcucral instruirt sein must und in der Lage ist, als eine Art von Vorsehung über dem Orden und seinen einzelnen Mitgliedern zu walten. Der Historiker pitllcr berechnet, daß an den General in einem Jahre 65', l ossiciellc Berichte cingegaiigen sind, zu denen Hunderte von Epccialbcrichlc» und Privatschrciben nicht mit cin- gcrechncl wurde». Ter General ist nun zwar an die Ver fassung de« Orden« gebunden, aber er legt dieselbe au« mit autoritativer Kraft. Tie Gesellschaft setzt ibm einen Beichtvater und »ichrcre Assistenlcn, er soll ohne eine» der letzteren nickt eine Nackt außerhalb Rom« verweilen,- cr kann sogar in scckö bestimmt vorgcsckricbcncii Fällen abgcsctzl werden. Aber er bcrust und leitet die Gcncral- vcrsaminlungcn, er ist der Richter über alle seine Unter gebenen und verfügt über Stelle», Personen und Functionen derselbe» mit sonveraincr Gewalt. Zu große Gewalt in Menschenhand pflegt aber zum Mißbrauch zu führen. De« halb klagt selbst der Jesuit Mariana über den Despotismus des General«. Cr frage nicht« nack der Versassung, wolle den Tyrannei, spielen und bcrnse deshalb keine General Versammlungen. Selbst wen» er wahnsinnig werden sollte, würde cr de» größten Tbcil des Orden« sür fick haben. Diese Selbstherrschaft ist erklärlich. Wo blinder Sclavcngehorsam erzogen wird, da ist der Tyrann die »othwentige Crgäiiznng, sind da der Orden nie einen blöken Schwächling, sondern einen einsichtsvollen und energische» Mau» an seine Spitze stellte, so wäre eS ein Wunder gewesen, wenn ein überlegener Geist die gebotenen Machtmittel nicht gebraucht bätle Fragen Sic >»ich freilich, wie diese von einem absoluten Willen bcberrschte Campania -ft^u beschligt und in Bewegung gesetzt wurde, so muß ich bekennen, darüber so gut wie Nickis zu wissen. Die innere Geschichte de« Ordens ist noch bcnte ei» Geheimnis;, ebenso die Praxi« und Strategie seiner (Nnerale, die aus nicht gedruckten Insorinationcn beruht. Dagegen lassen die Privilegien de« Ordens ahnen, wie er zur Macht gelangte. Nach der Versassung der Gesellschaft erkläre» die Päpste jeden Angriff ans die Vorrechte derselben für null und nichtig und bedrohen Jeden, der dieselben antaslet, mil der großen Cx coiiliiiunieation. Die (Nsellschast bat die Privilegien aller anderen Orden und zugleich das Vorrecht vor allen ander». Die Fürsten und weltliche» Herren werden vom Papste ausdrücklich ausgefortcrt, die Rechte des Ordens zu schützen »nd z» fördern. Insbesondere dürfen die Jesuiten überall Niederlassungen anlcgcn, Collegiei, und Kirchen bauen, auch gegen den Willen der dadurch betroffenen Bischöfe und Landesherren; sie dürfen überall Beichte kören und Gottesdienst balle», auch ohne Crlaubniß der zuständigen Bischöfe »nd Pfarrer, so daß sie den ofsi- ciclleii «üottestieusl tabm legen lönnen. Zugleich sind sic leiner bischöflichen Jurisdiction oder irgend welchem Ver fahren uiiterworsen, noch können sie von einem Bischof excom- iuu»ieirt werden, indem sic uiimitlelbar unter der Protection dcö Papstes sieben. Tie Gesellschaft Kat von ihren Gütern weder Steuern, noch Zehnte» au den Papst oder an einen Fürsten z» zahlen. Dagegen ist ihr erlaubt, Handel und Bankgeschäfte zu treibe», und i» der Tbat hat sic eine Zeit lang den porlugicsische» Handel beherrscht. Aber selbst der Papst darf sich nicht in die DiSciplin des Ordens mischen, er laiin kein Mitglied aus demselben ausstoßc» Zwar bat er das Reckt, einen Jesuiten als seinen Missinair zu benutzen, aber der General darf denselben, sosern er « für gut befindet, zurück rufe». TerGcneral schafft in Universitätsstädten Wissenschaft lichc Docenlcn auch gegen den Willen der akademischen Lehr körper; und endlich sind in >edcr Iesuiienkirche die Ablässe und Indnlaenze» zu babcn, die sonst nur in Rom ertbe lt werde». Ans tiefe kolossalen Vorrechte wird aber dadurch das Siegel gedrückt, daß die Päpste dieselben sür alle Zeiten sür unanfechtbar erklären und dem Orden erlauben, seine Gesetze zu ändern oder sich neue zu geben, auch ebne Genchmizung de- päpstlichen Stuhles, so daß eine Reformation de« Ordens selbst durch den Papst rechtlich unmöglich wird. Größere Vollmachten bat ein Orten nie besessen. In ibreii Rechten von jeder Crdenmacht unabhängig, für ihre Vergebungen nur ihrer eigene» Gesellschaft verantwortlich, durch DiSciplin. Organisation und nicht gewöhnliche Bildung ein geschultes schlagfertige« Heer, durch ihre Niederlassungen in katholischen Ländern allgegenwärtig, durch Beichte und Unterricht im Besitze der Herrscher und Völker, durch Schenkungen, Vermächtnisse und kluge Geschäftsführung im Besitze gewaltiger Mittel, konnten die Jesuiten jeden äußern Feinde trotzen und in der eigenen Kirckie jedem Nebenbuhler schlagen. Sic babcn diese Macht furchtbar gebraucht. Seit Ende teS IabrbunrertS der Reformation und da» ganze folgende siebzehnte hindurch gicbt eS kann» eine Glaube»« Verfolgung, kaum ein Attentat, kaum einen Religionskrieg im Westen des europäischen ContinentS, wo ibre Hände nicht mit im Sviel gewesen wären. Wo sie mit Ketzern in Berührung kommen, triescn ihre Spuren von Blut. Ich führe »n Fol gendem nur verbürgte Tbalsachei» an. In Piemont wollte der Herzog von Savoyen seine ketzerischen Uiiterlhaneii durch gütliche Unterhandlung zur römischen Kirckc zurücksübren und sandte reSbalb nach Rom Aber von hier auS wurde erwidert, daß mit Milte bei Ketzern nichts auSzurickten sei. Laincz, der zweite General, schickte den Jesuiten Poffevio, und
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