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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930413013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893041301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893041301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-04
- Tag1893-04-13
- Monat1893-04
- Jahr1893
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Kunst. * Eia «euer Tizian lieber die Wiederausfinbung einer ver- wilhiichkn Tizian in Berlin wird der „Nar.-Ztg." geschrieben: Unter den nur aus Nachrichten bekannten Bildern Tizian'S, die zumeist vellorea gegangen sind, verzeichnet das bekannte Werk von Crowe und kavalcaselle über Tizian'S Leben und Werke Seite 736 Veron» cu« lluseUi, ..Verlobung der heiligen Katharina, gegenüber der knienden Heiligen der Knabe Johannes. Halbfigure» etwas unter 1'edenSgröße." — Diese Notiz, zusammengehalten mit der Ent- decknng eines bisher unbeachtet gebliebenen auf dem Blendrahmen befindlichen Siegels, daS unter einem sitzenden Bildlich der Veron» die Worte veroueosin »cackemm, darüber (soweit leserlich) ckurit inirium geschrieben trägt, lägt es als säst zweiseUoS erscheinen, daß ein in Berliner Privatbesitz befindliches, hervorragend schönes, ganz den Stempel Titanischer Kunst »ragendes Bild mit dem oben genannten, bisher verloren geglaubten Werke Tizian'S identisch ist. * LtmcS. In den für die Arbeiten der NeichslimeSsorschung für 1893 94 sestgestellten Arbeitsplan ist auch die Aufsuchung eines Castells bei Lorch ausgenommen worden. Der „Echwäb. Merk." schreibt hierzu: „Wir glaubten bei Lorch zwei Castelle annehaien zu müssen, eines auf dem Klosterberg, der jetzt die Gradlege der tzohenstausen trägt und an der Westseite noch Spuren eines wohl rorrömischen Ringwalls zeigt. An der Westseite der Kloster- kirche ist ein römischer Steinbalken mit verwischter Inschrift ein- gemauert. Auch zielt der Zug des rätischen Limes genau aus den Klosterberg, Tann aber ist es höchst wahrscheinlich, daß ein weiteres Castell mitten in der Stadt Lorch an der engsten Ctelle des ThalcS, da wo der die uralte Marienkirche umschließend» Kirchhof liegt, gestanden hat. Bor einigen Jahren schon hat Schreiber dieses als Conscrvator die den Kirchhof umschließende vier Fuß dicke Blockmauer untersucht und darüber an das königl. Cultusministerium berichtet, daß er dieselbe für ein römisches Werk, ähnlich wie die römischen Mauerzüge in Augsburg, Regensburg, Passau, holte, zumal da der ganze Kirchhof seit längst eine reiche Fundstätte römischer Siegelerdeicherben ist. Ten ausgiebigen Mitteln und Kräften der ReichslimeScommission wäre eine vollständige Bloß- legung dieser großartigen Blockmauer ein würdiger Gegenstand der Criorichung und würde den Gelehrten Gelegenheit geben, den Bau dieser Liauer mit der dohenstaufischen aus dem Klvfterberg zu ver gleichen. Unseren Erfahrungen nach ist dieselbe eher als nicht ein römisches Werk." Schulberichle. ? Die 2, städtische Realschule (Chausseestraßel schloß ihr letztes Schuljahr mit einem Sckülerbestande von 392 Schülern. Stutzer den 36 Abiturienten verließen-Ostern erfreulicherweise nur 27 Schüler die Anstalt. Neu zugeillhrt wurden der Schule 132 Schüler, so daß dieselbe ihr Sommersemester mit einem Gesammtbestaiide von 46l Schülern eröffnet hat. Dieselben werden imch Neueinrichtung von 2 Classen nunmehr in 16 Classen unter richtet. — Da das Schulgebäude in allen seinen UnterrichtsrAiinien vollständig besetzt ist, sind 2 Classen interimistisch in der 3. Etage des der Schule nahe gelegenen Rcudnitzer RothhauseS untergebracht worden. Ein in Aussicht genommener Flügelanbau in der Kohl« giutensiraße dürfte hoffentlich bereits für das nächste Schuljahr »eu« zweckmäßige Unterrichtsräum» schaffen. Sterblichkeils- und Gesun-heitsverlMnisse. ' Gemäß den Veröffentlichungen deS kaiserlichen Gesundheitsamts sind iu der Zeit vom 26. März bis I. April er. von je lOOOEin- wohaern, aus das Jahr berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin N,I, in BreSlau 28,2, in Königsberg 28,0, in Köln 22,4, in Frank- >urt a M. 22,3, in Wiesbaden 12,0, in Hannover 16,3, in Cassel 14,2, in Magdeburg 16,2, in Stettin 80,8, in Altona 24,3, in -lratzburg 22,9, in Metz 17,2, in München 25,2, in Nürnberg 24,9, m Augsburg 37,4, in Dresden 22,9, in Leipzig 18,6, in Stuttgart 202, in Karlsruhe 35,7, in Braunschweiq 16,7, in , Hamburg 15,9, in Men 24,6, in Pest 26,9, in Prag 26,4, in Triest 25,6, in Krakau 45,8, in Amsterdam 21,5, in Brüssel 26,8, in Paris 27,2, in London 21,0, in Glasgow 26,8, in Liverpool 24,0, in Dublin 27,9, in ELinburg 16,6, kn Kopenhagen 22,0, in Stockholm 18,6, m Christiauia 16,9, in Petersburg 29,5, in Warschau 27,4, in Odessa 262- in Rom 22,3, in Turin 28,1, in Venedig 26,9, in Alexandrien —. - Ferner in der Zeit vom 12. bis 18. März er.: in New-York 262, in Philadelphia 21,5, in Brooklyn 23,9, in Kalkutta 24,4, in Bombay 28,3, in Madras 39,5. Auch in dieser Woche war der Gesundheitsstand in den meisten Großstädten Europas ein günstiger und die Sterblichkeit, besonders ia den größeren deutschen Städten, eine mäßig hohe. Einer sehr geringen Sterblichkeit von noch nicht 15,0 pro Mille und Jahr er- mitten sich Kiel, Cassel, Osnabrück, Wiesbaden. Günstig lbiS 20,0 dio Piille) war die Sterblichkeit in Barmen, Danzig, Elberfeld, Hannover, Magdeburg. Leipzig, Braunschweig, Tarmstadt, Metz, Vamburg, Edinburg, Thristiania, Stockholm. Auch in Berlin, Aachen, Düsseldorf, Frankfurt a,M-, Köln, Dresden, Stuttgart. Bremen, Straßburg, Amsterdam, Kopenhagen, London war die Sterblichkeit «ine mäßig hohe (etwa- über 20,0 pro Mille) und stieg unter den deutschen Städten nur in Karlsruhe und Augsburg über 3ö,0 pro Mille und Jahr. — Unter den Todesursachen waren eS noch immer acut« Entzündungen der Athmungsorgane, die in sehr vielen Orten eine größer» Zahl von Todesfällen als ionst um diese Jahreszeit Hervorriesen. Erkrankungen an Grippe baden meist abgenommen: aus Kopenhagen und Stockholm werden ,e 3, au» Paris 8, aus New-Uork 11, au- London 46 Todesfälle Grippe gemeldet. Auch acut« Darmkrankbeiten kamen seltener zum Vorschein und endeten nur in Breslau und Leipzig unter den deutschen Städten in größerer Zahl als in der Borwoche lödtlich. Tie Theilnahme des Säugling-alter- an der Gesammtsterblichkeit blieb im Allgemeinen di» gleiche wie in der Vorwoche. Bon je 10000 Lebenden starben, ouss Jahr berechnet, in Berlin 58, in München 98, in Leipzig 72 Säuglinge. — Die Nachrichten über die Cholera lauteten in der BerichtSwoch» weniger günstig. Au- deutschen Orten ist zwar auch in dieser Woche kein Choleralall vorgekommen: da- gegen kamen in dem galizischen Dorfe Kudrhnce (Bezirk BorSzczow) mehrere Cholerafälle zaus Rufs. Podolien eingeschlept) vor, von denen auch 2 tödtlich endeten. Auch aus Lorient (Frankreich) sind eine größere Zahl von Cholerasällen bekannt geworden. — Bon den anderen JnfectionSkrankheiten wurden von Masern und Keuchhusten mehr, von Scharlach, Diphtherie, Unterleibstyphus und Pocken weniger Sterbesälle als auS der Vorwoche mitgetheilt So waren Todesfälle an Masern in Würzburg. London, Glasgow, Paris, Aom, Venedig häufiger, in Berlin seltener, und blieben in Dresden, Men, Moskau und New-Hork in fast gleich großer Zahl wie in der Vorwoche. Erkrankungen an Masern kamen dagegen aus Berlin, Wien, Pest, sowie au- den Regierungsbezirken Dusteldors, Königs berg, Posen in geringerer, aus den Regierungsbezirken Aachen und Arnsberg in gesteigerter Zahl zur Meldung. — Die Zahl der Todes- säll« an Scharlach hat in Berlin, Paris, Moskau und New-f)ork etwa- ab-, in Wien und London etwa- zugenommeu. — Die Sterb lichkeit an Diphtherie und Crovp war in Berlin, Breslau, Frankfurt a.M., Cassel, München, Dresden, Chemnitz, Stuttgart, Wien, Pest, Kopenhagen, Paris, London, Moskau, Odessa eia« kleinere, in tssen, Mannheim, Remscheid, Stettin, Nürnberg, Hamburg, Stock- Holm, Rom. New-Pork «ine größere, in Charlottenburg. Hannover, Magdeburg, Leipzig, Mannheim. Triest, Warschau die gleich große wie in der Vorwoche. Auch Erkrankungen kamen aus Berlin, Wien, Kopenhagen, den Regierungsbezirken ArnSberg, Düsseldorf, Schleswig und Wiesbaden in geringerer Zahl zur Anzeige. Sterbe- fälle an Unterleibstyphus waren nur in Pari- häufiger. An Flecktyphus wurden aus Warschau 2. aus Moskau und Peters- bürg je 3, auS New-flork 7 Todesfälle, au« den Regierungsbezirken Polen 2. aus Pelersbnrg 9 Erkrankungen gemeldet. — Genick- starre führte in vereinzelten Fällen im Regierungsbezirk Düffel- dors und in Kopenhagen und in 9 Fällen in New-York zu Tode. — Dem Keuchhusten erlagen in Berlin. Wien und London weniger, in Altona, Paris, Glasgow, Liverpool mehr Kinder. — An Pocken wurden auS Lemberg. Odessa, Petersburg und New- fsork je 2, aus Prag 3, auS Warschau und Moskau je 4. au» London 5, auS Krakau 10 Todesfälle, auS Prag 2. aus Wien 4, aus Petersburg 13 Erkrankungen berichtet. In den Pockenspilälern Londons befanden sich zu End« der Bcrichiswoche 263 Pockenkranke. vermischter. --- Berlin, 11. April. Seit einiger Zeit forscht die Criminalpolizci nach den, Verbleib eines am 20. Ociober 1892 geborenen Knaben, der bald nach seiner Geburt voraus sichtlich zu unlauteren Zwecken seiner Mutter entführt worden ist. Die Mutter des Knaben ist ein armes Dienst mädchen. Als sie bald nach der Geburt des Kindes in einem hiesigen Blatt eine Arrzrigc laS, Lurch die eine angeblich ver mögende Frau ein Kind im Alter von höchsten- drei Wochen suchte, um eS zu adoptiren und zu erziehen, antwortete das Dienstmädchen und bot seinen Knaben an. Dieser Brief wurde, wie die Anzeige eS verlangte, unter der Adresse L. k. im Postamt am Königsgrabcn hinterlegt. Am 3. November 1892 erhielt die Absenderin ein Schreiben von einer an geblichen Gutsbesitzerin B. Hartwig, die sich bereit erklärte, tfn ihr angeborenen Knaben anzunebmcn, und mittheilte, daß sie nach ein paar Tagen ihr Hausmädchen Anna schicken werde, um den Jungen abzuholen. Als ihre Wohnung in Berlin gab die Absenderin des Briefes 102 Fricdricksträße an, doch bat eS sich bcranSgrstellt, daß eine Gutsbesitzerin Namen- Hartwig dort nie gewohnt vckj. Am 6. November erschien bei der Mutter de« Knaben eine junge Blondine im Aller von ungefähr 26—2? Jahren, gab sich für die Dienerin der Frau Hartwig auS und verlangte, daö Kind zu sehen. In dieser Person vermutbet man die Aufgcberin der Anzeige. Sie hat bei dem ersten Besuch, den sic der Mutter des Knaben machte, für diesen feine Wäsche mitgebracht und für die Mutter zwei Flaschen Ungarwcin und beim Abschied sckgte sie, daß sie am nächsten Tage widcrkommen und da- Kind dann milnebnien werde. Am folgenden Tage kam die Person in einer zweispännigcn Equipage an und fuhr mit dem Knaben fort, von dem mau nicht weiß, wo er ge blieben ist. ---- Zwei Arutzerungkn BtSmarck'S. Gelegentlich des von uns schon erwähnten FackclzugS erwiderte Fürst BiSmarck auf die Ansprache deS Herrn Lutteroth etwa Folgendes: ' „Ein Gefühl der Verlassenheit habe ich nicht, am aller- wenigsten, wenn Sie in meiner Nähe sind, am heutigen Tage. Wenn man rin Jahr zurückblickt, so muß man sagen, daß es ein hartes Jabr war. welches über Sie, über uns ergangen ist. Schwer haben Sie Lurch dir Choleraseuche in Ham- bürg, der Stadt, wo wir leben, an der wir hängen, zu leiden gehabt. Aber es war nicht diq erst« Latainilät der Art. Denken Sie an das Jahr 1842, wo der große Brand über Hamburg herein- brach. Ich mar damals dort und habe die Trümmer rauchen sehen. Denken Sie ein weiteres Menjchenalter zurück, an die Zeit der Fremdherrschait. Aber Alles wurde überwunden, und sie sollen fortan vergessen sein die schweren Leiden, die Hamburg im letzten Jahr- hundert dreimal gehabt hat Di« schwere Heimsuchung deS letzten Jahres ist in Hamburg noch nicht in Vergessenheit geratden. Die Hamburger Bürgerschaft ist keinen Augenblick zurückgejchreckt vor der Plötzlichkeit, mit welcher die Cholera hereinbrach. Wenn aber Haiabnrg diese schweren Verhältnisse mit Leichtigkeit zu überwinden wußte, so ersehe ich daraus, daß in der Hamburger Bürgerschaft ein« Trieb kraft stecken muß, die nicht überall zu finden ist. Die Stadt liegt in einer günstigen Lage für Len Verkehr, aber es giebt doch noch günstiger gelegene Slübte, wie Altona, Glückstadt, Harburg. Warum schritt Hamburg vor, während die anderen Städte zurückblieben'? Es muß in der ersten Ansiedelung dieses hanseatischen Gemein wesens eine besonders lebhafte Triebkraft geherrscht haben, welch« Hamburg zu allen Zeiten hoch gehalten hat. Bor Hamburg hatte ich stets eine besondere Achtung, und deshalb bin ich namentlich erfreut darüber, daß es mir gelungen ist, in dieser tapferen, leistungsfähigen, in ihren Erfolgen glücklichen Bürgerschaft mir Wohlwollen zu erringen. Es ist für mich nicht leicht gewest», mir dieses Wohlwollen zu erwerben. Ich war ver- anlwortlicher Minister, und es ist das ein übleS Gewerbe, wo man mehr Feindschaft wie Freundschaft findet. Daß mir aber dennoch ein so erheblicher Anlheit von Wohlwollen ward, erfreut mich von Herze» und ist mir gewissermaßen eine Quittung über meine Thätigkeit während der 3o Jahre meiner Lausbabn als Minister, und daß Sie mir deute Ihr Wohlwollen in solcher Weise kundgeben, gereicht mir zur besonder» Freude." — Nach kurzer Pause fuhr der Fürst fort: „Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind gerade am Geburtstage meiner Frau. Gott hat mir rin gesegnetes, glückliches Familienleben geschenkt, und ich würde wohl nicht ei» fo hohes Alter erreicht haben ohne meine Frau. Ich bin überzeugt, daß Sie bereitwillig einstimmen werden in ein Hoch aus meine Frau." Eine weitere Aeußerung Bismarck s über die Ebolcra in Hamburg drucken die „Hamburger Nachrichten" ab. Bekanntlich sollte BiSmarck sich bei der Epidemie gar nicht um Hamburg bekümmert baden. Der Brief ist an den früberen, jetzt ver storbenen Oberbürgermeister Petersen gerichtet: Barzin, den 11. September 1892. Geehrter Freund! Ich bedauere, daß meine Abwesenheit von Friedrichsruh mich der Möglichkeit beraubt, Ihnen mündlich die herzlich« Theilnahme anszusprechen, mit der ich seit den jüngsten traurigen Wochen an Sie und an Hamburg denke. Es ist hart, in unserem Alter eine solche Calamität der Heimath erleben zu müssen und der vi, major der anonymen Seuche gegenüber zu stehen, eines ungreisbaren Feindes. Ich kann in meiner heutigen privaten Stellung den Antheil, den ich an diesen Vorgängen nehme, nicht öffentlich zum Ausdruck bringen: es gehört weniger Uebelwollen als mein« Feinde hegen, dazu, um mich der Ueberhebung und Faljch- wcrbung zu bezichtigen, wenn ich dem Staate Hamburg meine persüiltichen Gefühle miitheilen wollte; daS würde auch, wenn ich noch Reichskanzler wäre, Geschick und Bescheidenheit der Fassung erfordern, wenn ich die Sandbank der Ueberhebung vermeiden wollte. In meiner jetzigen Stellung wäre es tacttos und eia Vergnügen für meine Feind«. Ich beschränke mich daraus, Auen, vcrebrter Freund, vertraulich meine Geiühlr für unstre Mitbürger und insbesondere für Sie und die Ihrigen persönlich auSzilfprechen, damit Sie wissen, daß wir Ihrer in Liebe gedenken. Die Nvlb der Armen wird erst nach dem Erlöschen der Seuche zur vollen Wirkung kommen und ich hoffe, daß alle Deutschen im Reiche dauernd bereit sein werden, sie mit zu tragen, nachdem die pharisäische Kritik gegen Hamburg anfängt, der Beschämung über die feige und gesttzwidrige Boycottirung leidender Mitbürger Platz zu machen. In Friedrichsruh bat hoffentlich Lange die Thüren offen gehalten. Mit den herzlichsten Wünschen für rasches Ende der Plage und mit der Bitte um verbindliche Empfehlung an Ihr HauS der Ihrige (gez.) von Bismarck. — Paris, 11. April. Der bekannte Pariser Nerven- und Irrenarzt vr. LuyS hat in dem Ebaritö-Hospital sehr eigenartige Beobachtungen gemacht, dir offenbar »och der Bestätigung durch andere Forscher bedürfen, aber immerhin der Mittheilnng Werth sind. LuyS ging von der Tharsache auS, daß sich die Blutgefäße deS AugeS bei einem Hypnotisieren erheblich erweitern (angeblich nm daS Dreifache idreS normalen Umfangs), und er fragte sich, ob derselbe nicht in der Lage sei, Tinge zn beobachten, von denen tcö gewöhnlichen Sterblichen Auge nichts ahnt, beispielsweise magnetische und elektrische Ausströmungen zu scheu. Die Versuche wurden mit Erfolg gekrönt. Die in künst lichen Schlaf Versetzten, denen cm stärker Magnet vorgchaltcn wurde, sahen rothe oder blaue Ausstrahlungen, je nachdem eS sich um den positiven oder negativen Pol bandelte. Nach diesen und ähnlichen Vorübungen stellte Luv- seinen Hypnoti- irten Gesunde und später Kranke gegenüber. Bei erster» aben sie Ausströmungen auS den Augen, Obren, Nasen- lüzcln, Lippen, und zwar die der rechten Seite in rother, die der linken in blauer Färbung. Die Beobachtungen DöclcS über die Polarität deS menschlichen Körpers würoen also nach LuyS dadurch bestätigt. Die Farben, die der Hypnolisirte bei gesunden Menschen erblickt, sind, beiläufig bemerkt, tiefblau und karminroth, und der Gedanke liegt nahe, da, wo maltergetönte oder andere Farben von >bm erblickt werden, auf Krankheit zu schließen. In der Tbat bat LuyS seine Hypnolisirte» zu unbewußten Aerrten ausgebiltct, deren Diagnose ibm untrüglich erscheint. Er zäblt all die Krankheitsfälle aus, bei denen sich ibr Urtbeil alS richtig er wies; bei den Tabetikern sind die FarbenauSströmungen er- beblich geschwächt, bei den Morpbinomanen erballen die blaue» Ausströmungen eine violette Färbung, bei einseitigen Lähmungen sind die Ausftrablungen de- Auge« auf der kranken Seite erheblich geschwächt :c. Es ist nicht möglich, aus alle diese Einzelheiten eiuzugehen, ich will nur hinzusügen, daß LuyS nicht nur ein sicheres Mittel der Diagnose vieler Krankheiten entdeckt zu haben glaubt, sondern auch ein heilkräftiges, zu nächst gegen die Hysterie. (Köln. Ztg.) —v. Das „Schmelzen" der Geschosse im Dowe'schrn Panzer. In den meisten Berichten über den Dowe'schcn Panzer wird Hervorgeboben, daß der Stahlmantcl der Ge schosse durch den Widerstand gesprengt, daS Blei dagegen durch die Hitze geschmolzen und desormirt wird. —- Es türsle angebracht sein, bei dieser Gelegenheit an die Versuche zu erinnern, welche über die Deformation des Geschosses in Schußcaiiälcn oder beim Aujtreffen auf harte Gegenstände vor einige» Jabren angcstcllt wurden. Mau glaubte früher in der Thal, daß die Entformung deS Geschosses durch das Schmelzen des Bleies verursacht werde, dis die Frage durch Versuche von Professor BrunS iu Tübingen, die vor drei Jahren mit llcinkalibrigen Gewehren stattfanden, entschieden wurde. Professor Bruns benutzte dazu einen viereckigen, aus starken eisernen Platten gearbeiteten Kasten, der vorn durch ein dünncS Eisenblech geschlossen, unten aber gegen eine Schieblade offen war. DaS abgeseucrte Geschoß drang zuerst durch die dünne Blcchwand, schlug auf die Eisenplalte des Kastens ans und siel dann mit allen seinen Bruchstücken unmittelbar in die Schieb- ladc. Diese wurde nun mil Stoffen von verschiedenen hohem Schmelzpuncte (wie Paraffin, Schwefel in Pulverform :c.) gefüllt, damit man beobachten konnte^'inwieweit dieselben durch die niedersallenden Bleilheile zuin Schmelzen gebracht werden. Man fand nun, daß größere Bleistücke sich höchstens bis auf 150 0, die kleinen bis 200" und die kleinsten bis zu döchstens 2l0°O. erwärmten, der Schmelzpunkt des Bleies liegt aber erst bei 334 "0. Bruchstücke von Stahl- und Nickelmänteln erhitzten sich bis zu 230".0, die kleinsten ausnahms weise über 300 » O. Niemals konnte man ein Schmelzen der Geschosse feststcllen, die Entfernung geschah also nur in Folge des Drucke- aus rein mechanischem Wege. Ebenso wird die Deformation auch im Dowe'schcn Panzer erfolgen. Selbst verständlich erweisen sich die Mantelgeschosse widerstandSsähiger als die einfachen Bleigeschosse. Literatur. Zeitsptegel. Politisch« Bilder au» der Gegenwart. Von E. R. Renzlav. (Berti», G. Schenck, königl. Hosbuchhändler, 1893.) Zeitbrtrachtungen eines Unbefangenen. Elf politische Briese von ,*» «Dresden, Wilh. Baensch, königl. sächs. Hosverlagsbuchhand- lung, 1893>. Beide Schriften haben das Gemeinsame, daß sie einem polilticyen Pessimismus zum Ausdruck dienen, daß sie das Beliebende angreijen, tiefgehende Aeaderungen politischer und wirihschastiicher Einrichtungen verlangen, etwa« wirklich Bester,- aber vorzulchlagen nicht vermögen. Die „Zeitbetrachtungen" richten sich zuerst gegen die Socialdemokratie, gegen das politische Parteiwesen, gegen das Manchesterthum; sie sprechen da Manches auS, was mehr oder weniger wahr, aber schon hundert Mal ge- jagt, also nicht neu ist. Der Hauptzielpunct ihrer Polemik ist ober das allgemein« Wahlrecht. Was sie über dessen llebelstände und Gesahren sagen, ist ja großentheilS richtig, allein, abgesehen davon, daß der Verfasser sich die Beseitigung dieses allgemeine» Wahlrechts „auf versassungsmäßigem Wege" viel zu leicht denkt, ist auch das, was er an dessen Stelle setzen will, nämlich »ine planmäßig Lurch, gciührte „Jnieressenvertrelnng", jedenfalls die allerschlechteste Art von Vertrelung. Ihre Einführung würde (zumal mit dem nach des Verfassers Ansicht jeder einzelnen Interessengruppe zu be- willigende» „Separatgutachten") uns in die Zeiten der allen Feudal- slände ooer in Zustände wie di« des polnischen Reichstages mit dem liberum veko jede» einzelnen Reichstaasbolen zurückversetze». Viel weiter in seinem Unmulh über olles Bestehende geht der Vers. deS „Zeitspiegels". ES muß da« ein recht griesgrämiger, verbissener Herr sein. Gründlich — das muß man ihm lassen — geht er bei seiner Polemik zu Werke, so gründlich, daß von alledem, was wir als «inen Fortschritt in unserem öffentlichen Leben betrachten, so put wie Nichts übrig bliebe, wenn es aus ihn ankäme. Der Vers, »st rin Gegner des Conslirulionalismus. an dem er nur Nachtheile, keine Vortheite wahrniimnt; er ist ein Gegner der modernen Steuer- aejetzgebung, welche den Minderbemittelten zu entlasten, den Bemittelten und vollends den Reichen nach Maßgabe seines höheren Einkommens zur Deckung der Elaatslaslen heranzu- iehen sucht, und ebenso ein Gegner der sogenannten Sociolpoiitik, nSbesondere deS AlterSverjorgungs- und Jnvaliditätsgesetzes, ja auch der öffentlichen und der privaten Wohlthätigkeit, die, wie er meint, „nur den Anspruch erhöhe und daher mehr schade als nütze". Er geht dabei mit einer Offenherzigkeit zu Werke, die einer besseren Sache werth wäre und die in ihrer Rückhaltlosigkeit wahrhaft ver blüffend wirkt, z. B. wenn er(S. II) fragt: „Ist es nicht betrübend, die Steuerlisicn durchzusehen und daraus zu entnehmen, daß 20 (?) Millionen Arbeiter in Deutschland keine Staatssteuern zahlen?"» oder wenn er (S. 20) klagt: „Den untersten Classen wird seitens der Regierung und der Abgeordneten eine Ausmerkiainkeit gemidmet, die sie jeder Sorge bei einlretender Invalidität und Altersschwäche über- hebt. Man berust sich dabei ans notorische Armuth, aus Gebote christ licher Liebe und aus das Dognia von der Humanität", und wenn er (T. 12) sagt: „Das Strebe» unserer Finanzoperateure geht offenbar dahin, dein Nachlässigen und Lüderliche», d. i. in socialistischer Sprache (?> dein wirll»chasllich Schwachen, die Früchte des Arbeit samen und Vorsichtigen, socialistisch: des wirthschasttich Stärkeren, in den Schooß zu wenen." Selbst bis zu Drohungen versteigt sich der Verfasser in seinem Grimm gegen daS bestehende Finanz- und Wirtb- schaftssystkin: „Der Mittelstand", rust er S. 13 au-, „wird sich als ausersehenes Speculations- und AbzapsungSobject nicht fortwährend benutze» lassen und ruhig zuseken, wie man ihm sein wohlerworbene- Eigenthuin in jeder Weise kürzt". DaS ist eine nahezu revoiutio- näre Sprache im Munde eines Mannes, der doch offenbar aus bei alleräußersten Rechten steht! K. ö. SnrqNopädie des ge,ammten Eisenbahnwesens in alpba- betischer Anordnung. Herausgegeben von Dr. Victor Rüll, GeneratdirectionSrath der österreichischen Staaisbahnen, unter redactioneller Mitwirkung der Oberingenieure F. Kienespergrr und Cb. Lang. Fünfter Band. (Istrianer Bahnen bi- Personenverkehr.) Mit 383 Originalhotzschnitten, 13 Tafeln und 3 Eisenhahnkarte». Wien, Druck und Verlag von Karl Gerold'» Sohn. 1893. Preis 12 Bereits bei der Besprechung der vier ersten Bände des vorliegenden werthvollen Nachichlaaewerks haben wir Gelegen heit genommen, auf die zahlreichen Vorzüge dieser Encvtlopädie hinzuweisen, mit deren Herausgabe sich die Gerold'sche Verlags buchhandlung in Wien sich ein unbestrittenes Verdienst erwirbt. Eine erschöpfende, klare, übersichtliche Behandlung des umfangreichen Gebietes des gelammten EiienbahnwesenS ist mit großen Schwierig keiten verknüpft. Tic Berlagshandtung ist aber unverzagt an die Wcgräumung dieser Schwierigkeiten gegangen. Sie hat sich zunächst eine große Anzahl tüchtiger und gediegener Mitarbeiter gesichert, die ihr die einzelnen Artikel über ihre Specialgebiete lieferten und hat dann in dem Herausgeber, dem GeneratdirectionSrath 1)r. Röll, de» richtigen Man» gesunden, der mit seinen beiden eisrigen Mit- arbeitcrn Kienespcrger und Lang an dem gewaltigen Stoff seine redactionelle Thätigleit erprobt. Auch aus di» Ausstattung ist große Sorgfalt verwendei, zahlreiche, vorzüglich ausgesührte Holzschnitt» erläutern und ergänzen den Text. Ebenso bilden zahl- reicye Tafel» und Karten eine nierthevolle Bereicherung der Encyklopädie. Was nun den vorliegenden sünsten Band aniangt, der das Werk von „Istrianer Bahnen" bis „Personen verkehr" fördert, so zeigt er sich nach jeder Richtung hin, was In halt und Ausstattung anlangt, seine» Vorgängern ebenbürtig. Eine Fülle von Material ist in dem stattlichen Bande ausgejpeichert in einer Form, die das Material sofort verwendbar und verwerthbar macht nno eine Fundgrube historischer, technischer, geographischer, siatisliichcr u. s. w. Notizen über olle im Eisenbahoiachr vorkonnnendeu Gegenstände ». s. w. bietet. So wird sich denn auch dieser neue Band in der Hand des Fachmanns, wie de- Laien als «in zuverlässiges erschöpfendes Nachschlagebuch von großem Werth« erweisen. * < * * Tie im Verlag von I. I. Weber in Leipzig erscheinende Nr. 2597 der Jllustrirtrn Zeitung enthalt folgende Abbildungen: Deulsche Historiker: l l Ponrails. — Vom Bau des Nord-Lstsee- CanalS. 4 Abbildungen. Nach der Natur gezeichnet von Fritz Stoltenberg. — Heinrich Towe, der Erfinder de- kugelsicheren Panzers. — Der gefangene Fischer. Gruppe von Aniceto Marinas-Garcia. — Und trotzdem König l Nach einem Gemälde von G. Wertheimer. —, Ter Salvatorbierausschaiik i» München. Lriginalzeichnuna voix Fr. Amling. — Christian Ritter d'Elvert. — Berliner Bilderz Sonnenbrüder im Lustgarten. Originalzeichnung von W. Zehme. — Ergebnis! einer Frühjahrstreibjagd aus amerikanische Hase» in Cali- sornien. — lleberrajchung. Nach einem Gemälde von A. Ricci. — DaS Verschwinde» der Mansselder Seen. 2 Abbildungen. — Poly technische Miilheilungen: Neue aiiierikanische Schreibmaichine. Warm- wasser-Automat. — Moden: Zur Geschichte der Crinoline. Ab- jchreckungrbilder au- der Vergangenheit für die Zukunst. 11 Figuren. Für Pogcllicbhabrr und Aquarien- und Terrarienfrennde hat die Creutz'sche BeriagSbuchhandiung <R. L M. Kretjchmann) in Magdeburg ein höchst geschmackvoll auSgestatleles, gut illustrirtet, 32 Seiten starke» Verzeichnis» ihre» einschlägigen Verlages tusammeu- gestellt. Aus dem Geschäftsverkehr. 7 „Kla-P mich ans" (Patent-Nl,iderhalter>. Bei herrschendem Schiinitzwetter ist e» für die Damenwelt «ine Plage, die Straßen zu passiren, da sie unausgesetzt ihre Kleider vor dem betannte», recht unliebsamen „Saum" zu schützen haben. Es geschah dies bekanntlich bisher meistens durch das „Ausnehmen" oder „Aus raffen" des Kleide- init der Hand, «ine umständlich« und ermüdende Handhabiliig, denn das Halten d»S Kleides war aus die Dauer anstrengend. Diesem Hallen des Kleides hat eine Frau durch eine sehr praktische Erfindung abgedolsen. Die Letzter« wird „Klapp mich aus" benannt »nd besteht auS einem scharnierarlige», zmainmenklappbare» leichten Apparat mit Bändern, welcher unter dem Kleide am Rockbund befestigt wird, während man die Bänder nach unten, links und rechts befestigt. Soll nun das Kleid ausgeschürzt werden, klappt man das Scharnier zusammen, so daß Metall aus Metall zu liegen kommt. Tamil beben auch die an dem Aufklapper befindlichen Bänder daS Kleid und zwar infolge der praktischen Einrichtung überall gleichmäßig. Die Apparate sind so eingerichtet, daß die Ausichnrzung in beliebiger Höhe erfolgen kann. Es werde» vor läufig zwei Größen hergestellt und zwar zur Hebung de- Kleide« »»> 7,-8 em und von 5—12 cm. Der Apparat schützt das Kleid indeß nicht nur vor dem Etrahenschmutz, sondern auch vor der Ausnahme des Staube» im Sommer. Es kann daher den Damen nur eiiipsohlen werden, sich diesen Apparat, welcher ln den meisten hiesigen Posamenten- und Kurzwaaren^tieschästen zu habea ist, an- zuschaffen oder die Kleider damit versehen zu lassen. Als bssonävrsn 6vl6§6ntisil8kauk empkskls iek: SS»d e r K«jn8el«le»er lOnItii il. Me, mu 2.LV, 86k? 8vl!ä6 yualitat in äen N6U6816N Klu8tsrn unä moäsrv8t6N kard6N8t6itun§6n; Wmdnie 8KIIVÄIM kuimiernkiÄk, M »k 4L» in neuer vixenartixer Au8terunx, vorrüxiiok im Iraxen.
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