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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950311018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895031101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895031101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-11
- Monat1895-03
- Jahr1895
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1. MW W Lchzign ÄgeblM M Wz« K. IN, Mckz. II. Mlj W. Eine Mahnung zum L. April. Zwar Ehrenbürger ist er schier Von allen deutschen Städten; Doch ist er Ehrendoctor auch Bon allen Facultäten? Kaum bat bis jetzt ein Doctorhut Die hoye Stirn sezieret; Drum, was versäumt, macht wieder g»t, Ihr, denen dies gebühret? ES ist der Weisheit höchstes Ziel, — So lehrten schon die Alten, — Zwiespält'gen Stoff zum Einheit-bau Des Staates zu gestalten. Er aber ist in dieser Kunst Ein Meister sonder Gleichen, Den philosoph'schen Doctorhut Könnt Ihr d'rum wohl ihm reichen. „Mit Eisen man curiren muß. Wenn Medicin versaget!" Als tapfrer Retter unsres Volks Hat glücklich er'S gewaget. Ls steht der Völler heil'geö Recht Hoch über allen Rechten: Als Deutschlands Anwalt sah'o wir ihn Siegreich den Satz verfechten. Ein Muster frommen Sinns bat er Sein hohe- Amt sezieret: Zum Doctor der Theologie Sei drum er promoviret! So bringt ihm denn zu seinem Fest Vierfachen HuteS Ehren! Ihm, der in Thaten umgesetzt. Was Eure Meister lehren! X. 8. Königreich Lachsen. * Leipzig, 10. März. Im dritten städtischen Land tagswahlkreise, der die Städte Bischofswerda, Großenhain, Pulsnitz, Radeberg, Rabeburg und Stolpeu umfaßt, haben die Conservativeu, wie die „Dresdner Nachr." berichten, bereits endgiltigen Beschluß über die Person des für die bevorstehende LandiagSwahl aufzustellenden Can- didaten gefaßt. In einer Dresdner Versammlung wurde Freiherr von Schorlemer in Großenhain als Candidat ausgestellt, nachdem ein Brief deS Commerzienraths Buck wald-Großenhain, Inhalts dessen derselbe ertlärte, selbst nicht wieder candidiren za wollen, zur Verlesung gelangt war. * Leipzig, 10. März. In dem uns zugegangenen Ver zeichniß derjenigen Mitglieder des Gelehrten- und Buckhändler- standeS, welche die Erklärung in Sacken der Umsturz vorlage unterzeichnet haben, fehlte der Name deS Herrn Geh. Raths Prof. vr. iur. et plül. Adolf Schmidt. -g- Leipzig, 10. Mürz. Vom Verband evangelisch-lutbe rischer Kirchgemeinden in Alt-Leipzig wurde das der Ge meindediakonie zu St. Thomä gehörige, am ThomaSkirchbofe belegen« Grundstück zu Dem Kaufpreise von 81 000 ^ für die Thomaskirche, aus deren Stammvermögen erworben. — Den Mitgliedern des „Deutschen Patrioten bundes zur Errichtung eines Völktrschlackt- Denkmals bei Leipzig" wird am Dienstag, den 12.d.M., im Local deS Vereins für Volkswohl (Löbrstraße) ein vom Allgemeinen Deutschen Sprachverein veranstalteter Vortrag des Herrn HandelskammerseeretairS vr. Gensel von Interesse sein, welcher über „Anselm von Feuerback" spricht. Be kanntlich gehört dessen Flugschrift über die Leipziger Völker schlacht zu dem Besten, was Wer die nationale Bedeutung der selben überhaupt geschrieben wurde. Der Zutritt zu dem Bortrag ist Jedermann gestattet. — In der Soiröe, welche der Leipziger Fröbel- verein am 15. März im Theatersaale des KrystallpalasteS abhält, werden, wie schon erwähnt, auch die-mal hervor ragende künstlerische Kräfte Mitwirken. Ueber die Herren Georg Wille und Rudolf Zwintscher, welche Solo- und Ensemblestücke für Pianosorle und Cello zum Vortrag bringen werden, braucht an dieser Stelle nichts weiter gesagt zu werden. Sind sie koch hinreichend als Virtuosen bekannt und in allen musikalischen Kreisen dieser Stadt geschäht, »rrl. Anna Koeppe, die durch den Vortrag stimmungsvoller Lieder erfreuen wird. Kat erst kürzlich in Zeitz die Leonore in Mar Bruch's Dichtung „Loreley" mit großem Erfolge gesungen. Herr E. Schneider, der sich ebenfalls großer Beliebtheit beim kiesigen Publicum erfreut, wird „Die Wall fahrt nach Kevelaar", Ballade von Julius Röntgen, singen. Der zweite Tbcil wird durch eine Reihe lebender Bilder, arrangirt vonHerruKunstmaler Heul)ner, ausgerüllt, zu denen Herr Hermann Pilz eine verbindende Dichtung geliefert hat, die durch Frau Gerhard t-Wi lke l m zur Recitalion gelangt. DaS Ganze ist eine Verherrlichung des „Deutschen üedes" und es werden daher auck verschiedentliche Gesänge ringeslockten werden. Die Soiree verspricht demnach wieder eine hochinteressante zu werden. tz. Leipzig, 10. März. Einen vollen und schönen Erfolg erzielte der neu gegründete Verein der „Knnstfreundinnen zur Förderung der Frauenarbeit in Kunst und Kunstgewerbe" mit seinem ersten Damenabend, der am vergangenen Montag, den4. d.M., stattsand. Fast 100 Theil- nehmerinnen füllten den Raum cm Kürstenbos. Nachdem die Vorsitzende in schlichten, warmherzigen Worten Mitglieder und Gäste begrüßt und dieselben aufgefordert hatte, als tüchtige Arbeiterinnen an den, Ban des jungen Vereins treulich weiter zu helfen, verlas sie die Grundsätze, nack denen die Statuten und Ausstellungs-Bestimmungen formulirt werden sollen, um dann gedruckt vertheilt zu werden. Sie vertündete dann, daß eine AuslünftSstelle für Arbeitsnachweis und An gebot beim Vorstand eingerichtet sei, der auck Anmeldungtu entgegennimml für die Teilnahme an gemeinsamem Modell* malen wie an Ausflüge» für landschaftliche Studien. Dann begann der künstlerische Theil des Programms und Fräulein Paar, unsere hochverehrte Kunftgelehrte, betrat das Podium. Sie gab an der Hand von Stichen und Photographien eine höchst anziehende Uebersicht und Erklärung deS „Marien- lebenS" und der „Madonnen" von A. Dürer. Einen ganz be sonderen Reiz verlieh es der Darstellung, daß sie aus einem Frauenberzen kam, das neben der Kunst Dürer's auch die echt deutsche Auffassung deS Familienlebens mit seinem weiblichen Sinn zu deuten und zu würdigen wußte. Der lebhafteste Beifall lohnte ibre beredten Ausführungen. Als der Frage kasten noch einen lebendigen Austausch von Frage und Ant wort bervorgerufen hatte, ging die Versammlung zum ma teriellen Genuß über, wobei die munterste Unterhaltung in ungezwungenem Verkehr sich entwickelte. Der nächste Damen abend wird am 1. April, unserm nationalen Feiertag, ein ganz besonders festliches Gepräge erhalten, das die Mitglieder des Vereins, deren eS schon lOO zählt, auch patriotisch be geistern wird. D Leipzig, 10. März. In dem heute im Saale des Vereins für Dolkswobl abgebaltenen Gauturntage des TurngaueS des Leipziger Schlachtfeldes wurden die Herren Witzgall, Heinrich, Goldstein, Hennig und Reimann als Abgeordnete zum Deutschen Turn tage in Eßlingen gewählt.^ Als Stellvertreter ernannte die Versammlung die Herren Schubert und Pohl. — Der Vorsitzende, Herr vr. Ferdinand Goctz, tbeilte im Laufe der Versammlung mit, daß der Ausschuß der Deutschen Turner schaft beschlossen habe dem Fürsten Bismarck bei dessen 80. GeburtStage »ine Ehrung in Form eines Gef che ntes zu Theil werden zu lassen, das aus einem vergoldeten Silber kranz mit eichener Platte besteht. Die Platte wird einen Ausspruch Vater IahnS und die Widmung enthalten. - )) Leipzig, 9. März. In der Berliner Straße sic gestern Mittag ein Geschi rrsübrer während der Fahrt von dem von ihm geleiteten Wagen und verletzte sich dabei am Hinterkopfe. Zum Glück erwicS sich die Verletzung als eine unerhebliche. — Gestern Abend kam auf dem Täubchen wege ein Handarbeiter aus Lindenan zu Falle und zo( sich hierbei eine Zerreißung der Weichtheile am linken Knie gelenk zu. Der Verletzte wurde mittelst Droschke in seine Behausung geschafft. — Am Schwan ent eiche stürzte am Sonnabend Nachmittag ein 14jähriger Knabe beim Herum- sprinqen zu Boden und kugelte sich den linken Arm aus. Er wurde unverweilt der Sanitätswache zugeführt. ** Mit der rechten Hand in die Schraubenschneidemaschine erieth am Sonnabend Nachmittag der 80 Jahre alte Arbeiter heodor N. aus Gohlis in einer größeren Maichinenfabrik der Ost. Vorstadt. Derselbe erlitt eine derartige Quetschung der rechten Hand, daß er sich wglrich in das Krankenhaus begeben mußte, wo- selbst die Amputation eines Fingers vorgenommen wurde. — Einen tin tsjeitigen Untrrschenkelbruch zog sich am Sonn abend Nachmittag die 1832 zn Borniy geborene Oberschaffners- Ehesrau Amalie H., in Connewitz wohnhaft, durch Hinsallen auf der Straße zu, die Frau muß:e mittelst Krankenwagens dem Kranken Hause zuqesuhrt werden. — Al« geheilt konnte am Sonnabend aus dem Kranlenhause jenes Dienstmädchen aus Eutritzsch entlassen werden, welches, wir wir vor einige» Tagen berichteten, in Gohlis von einem Pferde gegen die Brust geschlagen wurde. 8 Aus dem Bureau des Stadttheaters: Im Neuen Theater findet am heutigen Montag das Gastspiel der Howpern- ängerin Frl. Erica Wedekind vom königl.Hostheater in Dresden als „Marie" in Donizetti's Oper „Die Tochter des Regi ments" siatt. — Im Alten Tbeater wird heute „Die Reise um die Erde in 80 Tagen" gegeben. — Morgen, Dienstag, wird im Neuen Theater das neue Schauspiel von Felix Plulippi .Wohltdäter der Menschheit" zum ersten Male wiederholt.— Im Alten Theater wird die Oper „Das Nachtlager in Granada" gegeben. — In Abänderung des ursprünglichen Repertoire-Entwurfes geht am Sonnabend im Neuen Theater Heinrich Laube's „Gras Essex" in neuer Einstudirung in Scene. In der Titelrolle wird einem jungen Leipziger. Herrn Grkgori, der von nächster Saison an dem Deutschen Theater in Berlin an gehören wird, die Gelegenheit gegeben, sich unserem Publicum vor> zustellen. §. Krystall-Palast. Im Circus Barists der Albert- Halle finden die mit großem Beifall aufgenommenen Künstler> Vorstellungen bei neuem Programm heute ihre Fortsetzung. Billels zu de» Vorstellungen, welche um 8 Uhr Abends beginnen, and von 10 Ubr Vormittags ab an der Tageskasse zu haben. — Im Parterresaate concertirt heute wiederum die schnell beliebt gewordene englische Damencapelle unter der Direction von Miß F. Sidney. — Das Marine-Panorama im Kuppelbau der Albertballe, dessen Besuch wiederbolt empfohlen sei, ist bis Abends >1 Mir geöffnet. — Vom 25. März ab gastirk im Thentcrsaal das Schlierseer Bauerntheater. — Im Etablissement Friedrichs.Hallen kn Connewitz findet heute daS letzte A bonnements-Concert statt, ausgesührt vom gelammten Musikcorps des königl. säcks. 7. Jnf.-Regts. Nr. l06 unter Leitung des Herrn Stabshautboislrn Matthey. Das Programm ist reichhaltig und gewählt. H Linvcnlhal, 10. März. Ter Verkebr ans der Omnibus linie Leipzig-Zwochau-Radefeld hat allenthalben auch unter den Nacktbeilen des sckneereicken Winters erheblich zu leiden und das Fortkommen der Wagen wurde durck die Schneemassen, die auf den von der erwähnten Linie berührten Straßen lagerten, wesentlich erschwert, so daß die Fahrt zwischen Leipzig und Zwochau und zurück an den schneereicken Tagen acht Stunden Zeit in Anspruch nahm, während beide Orte nur drei Stunden von einander entfernt sind Das bat die Geduld der Fahrgäste auf eine barte Probe ge stellt und begreiflich erscheint der, Wohl von Jedermann ge tbeilte Wunsch, es möchten die Tage solcher abnormer Schnee Verhältnisse nunmehr für diesen Winter vorüber sein. Naunhof. 9. März. Gleich den übrigen Städten mittlerer und kleiner Slädteordnnng des Königreichs Sachsen, hat der hiesige Stadlgemeinderatb beschlossen, dem Fürsten von Bis marck an seinem 80. Geburtstage als Beweis besonderer Hochachtung und Dankbarkeit in Ansehung seiner unsterblichen Verdienste um die Einigung Deutschlands daS Ebren- bürgerrecht hiesiger Stadt zu verleiben. Dieser Beschluß wurde in der gestrigen außerordentlichen Sitzung der Ge- nreindevertretnng einstimmig gefaßt. Grimma, 9. März. Heute Vormittag 8 Uhr wurden die Schnlamlscandidaten deS Seminars I entlassen. Der Direktor ermahnte die Abgebendcn unter Hinweis ans Kaiser Wilhelm, an dessen Todestage die Entlassung stattfand und den er als den Mann der Treue charaklerisirte, daß sie ihr Amt in Treue verwalten möchten. —t. brimmitschau, 9. März. Zur Erinnerung an den 80. Geburtstag des Altreichskanzlers Fürsten Bis marck und zum ewigen Zeichen des Dankes für das von ihm esckaffene Deutsche Reich gedenkt man hier einen Bi-marck )ain zu errichten und zwar aus dem Areal des alten in der leipziger Straße liegenden Friedhofs Den Anstoß zu dieser Idee gaben einige hiesige patriotische Bürger, welche vor kurzem dem „Reichs verein" die Summe von 3500 übergaben mit der Bestimmung, dieselben zu einer Ehrung des Altreichskanzler» zu benutzen. Eine hierauf unter den, Vorsitz des Herrn Bürgermeisters Beckmann niedergrfetzte Commission kam zu obigem Beschlüsse, und wendet fick die- elbe jetzt an die Einwohnerschaft mit der Bitte, die Grün dungsfumme durch Beiträge zu erhöben, so daß möglichst bald die Durchführung deS ProjectS gesichert werde. Bautzen, 9. März. Am Donnerstag Nachmittag Ubr fand die feierliche Verabschiedung der evan gelischen Geistlichkeit von dem Kreishauptmann Frei Herrn von Salza und Licktenau aus Anlaß de« bevorstehenden Sckeidens desselben aus seinem kiesigen Wirkungskreise in besten Wobnnng statt. Die hierzu abgeordnete Deputation erschien im Ornate. Der Führer derselben, Primarius Wetzte, überbrachte dem Kreisbauptmann als Vorstand der Consistorialbehörde die ehrfurchtsvollen Abschiedsgrüße der gesammten evangelischen Geistlichkeit der Provinz. In der beute Vormittag abgebaltenen ersten diesjährigen Kreis aus schuß sitzung, welche neben den Mitgliedern deS Aus schusses auch daS gesammte Eollegium der Kreishauptmann schast beiwohnte, verabschiedete sick Kreishauptmann v. Salza und Lichten» n in bewegten Worten von den Mitgliedern des KreiSausschustes. An rem gleichen Tage wohnte er auch der Sitzung des Bezirksausschusses in Löbau bei, uni sich auch von den Mitgliedern dieses Ausschußes zu ver abschicden. — Im Kloster Marienstern erhielten sechs Candidatinnen, welche vorige Ostern am hiesigen katho lischen Seminar ihre Lehramtscandioatenprüfuna ablegten, das geistliche Kleid. Eine Novize legte im Beisein des Klostervogtes Herrn Georg von Posern und seines Begleiters, des Archivraths Herrn llr. Ermisch, und der Klostergeistlich teil die Ordensgelübde ab AönigSbröck, 9. März. Der hiesige BerschönerungS- verein beschloß, in den Anlagen an der Schule ein Bismarck-Denkmal zn errichten. Dasselbe wird aus einem circa zwei Meter hohen, sormzefällig sich nach oben ver jungenden Sockel aus Syenit besteben, auf dem eine Büste des »Fürsten Bismarck zur Aufstellung gelangt. An einer Seite des Steinsockels wird auf polirtem Grunde als Widmung die Inschrist: „Dem Fürsten Bismarck zum 80. Geburtstage am l. April 1895" enthalten sein. Die Enthüllung des Denkmals soll am l. April erfolgen. Lödan, 8. März. Der im December vorigen Jahre» verstorbene Fabrikant Christian Gabriel PriebS hat, nach« dem er schon früher zu Lebzeiten der Kirche zu Eibau ein Geläute geschenkt hatte, folgende Legate ausgesetzt: 3000 mit der Bestimmung, daß von deren Zinsen eine Diakonissin zur Gemeindekrcinkenpflcge angestellt werden soll: die Zinsen von weiteren 3000 sollen an Arme verthrill werden; 3000 erhält die dortige Kirche; die Zinsen von 900 sollen an arme Confirmanden oder alte Personen znr Verthei lung gelangen. Zittau. 9. März. Der in hiesiger Stadt von Seiten deS Frauen-Vereinö seinerzeit ins Leben gerufene Koch sckulun terricht für junge Mädchen konnte leider nicht weiter geführt werden, da eS nicht gelang, nach den ersten zufriedenstellenden Cursen weiterhin die nöthige Anzahl Schülerinnen zu finden. Der Grnnd des Scheitern- des Versuches ist wohl lediglich darin zu suchen, daß man nur Mädchen zum Unterricht zuließ, die bereits aus der Schule entlassen waren. Znm Theil waren diese Mädchen nur schwer zu bewegen, sich nochmals unter den Schulzwang zu begeben, anderentbeilS waren sie aber dadurch zur Theilnahme am Unterricht behindert, daß sie in Stellung oder in die Fabriken auf Arbeit gingen. Um nun die Kochschulunterrichts angelegenheit nickt fallen zu lassen, beschloß der Stadtratb, den Kockiintcrricht für Schulmärchen einzuführen, ein Versuch, der, wie von den betheiligten Schulbehörden versichert wird, die günstigsten Resultate zeitigte. Veranlaßt durch diesen guten Erfolg hat nunmehr der Schulausschuß den Vorschlag gemacht, den Kochuoterricht für die Mädchen der ersten Elasten der hiesigen Volksschulen obligatorisch in den Lehr- Lerrillrtsir. Die jesuitische Literatur im gegenwärtigen Deutschland. Lon Prof. vr. Nippold-Jena. Nichdrmt erwllnsch». S. VIll. Philologie. In der klassischen Philologie haben eigentlich nur zwei neuere Jesuiten einen gewisten Namen gewonnen: Fox in Feldkirch und Niederegger in Kalksburg. Der Hauptruhm des Letzteren liegt zudem m der Begrünvung der Marianischen Sodalitäten, und von dem Erfteren ist nur eine einzige Schrift über eine einzige Rede eines einzigen ClassikerS (die Kranzrede des Demosthenes) Gegenstand der Reclame. Aber daS vermindert die Ansprüche nicht, die wir in der pädagogischen Rubrik bei den Patres Pachtler und Duhr kennen gelernt baden. UeberdieS aber wird die Arbeit, welche fick für die zur Zeit zu wenig aussichtsvolle alte Philologie nicht zu lohnen scheint, auf die neu entstandenen DiSciplinen ver wendet. Pater Straß maier hat in der Astyriologie recht wacker gearbeitet. Flugs ist aus ihm der erste aller Fach männer geworden, und seine Verbannung „muß jedem Deutschen die Schamrötbe ins Gesicht treiben". Es ist wirklich schade, daß wir nicht einige der Reclamea über ihn im Wortlaute ansühren können. IX. Theologie. Bereit- die inhaltreiche Eröffnungsrede Friedrich'» bei der Begründung der Berner katholisch theologischen Facultät bat es mit einer Reihe der schlagendsten Beispiele belegt, wie die (durch die ihm eidlich verpflichteten Germaniker auSgeübte) vorvaticaniscde Thätigkeit des Ordens mit Bezug auf die deutsche Theologie durchweg eine unterminirende, eine zer störende gewesen ist. Auch heute versiebt eS der Einfluß der Jesuiten meisterhaft, die Lage ehrlich forschender Theologen, wie sie trotz allem auch heute noch in keiner der deutschen Facultäten ganz fehlen, zu einer kaum mehr erträglichen zu machen. Untersuchen wir aber: WaS haben sie Positives an die Stelle zu setzen? so zeigt sich, daß gerade in der Theo logie die Repristination der mittelalterlichen Scholastik zu einer epidemischen geistigen Entmannung geführt hat. Als die dringendste Aufgabe für die jesuitisch umgestaltete Theologie erwies sich die erkenntnißtheoretische, nämlich die Herstellung einer der jesuitischen Tendenz entsprechend ein gerichteten Ausgabe der ,,^et» et Vscretn' deS vaticanischen Concil». Dieselbe ist in überaus „praktischer" Weise mit einer Gesammla»«Sgabe der modernen ConcilSbeschlüffe seit der Zeit, wo dem alten IefuitiSmu« die Verdrängung de» IanseniSmuS gelimgen war, verbunden. Die „OollocUo Unovual»" giebt snd zugleich als Fortsetzung der älteren Sammlungen der ConcilSacten, von Mansi, Hardouin «. A. *) Dl» ist«» beiden Artikel find t» Nr. 123 und Nr. 185 ent halt«,. Von den et Oecreta Laewrum coueiliorum receutiornm" umfasten die beiden ersten Bände die abend- und morgen- ländischen Concilien von 1682—1789. Vier weitere Bände holen die Zeit von 1789 — 1869 nach: für 3) Nordamerika und Großbritannien, 4) Frankreich, 5) Deutschland, Ungarn und Holland, 6) Italien, Südamerika und Asien. Aus diese Weise erscheint der siebente Band über das Vaticanconcil zugleich als Fortsetzung und Krönung der ganzen bisherigen Ent wicklung. Der Commentar zu den dogmatischen Constitutionen des DaticanumS ist das Werk des PaterS Granderath. Er steht mit seiner Arbeit in den Fußstapfen der bereits oben erwähnten, den Syllabus popularisirenven Patres Schnee mann und Schräder. Durch die Umgestaltung der Erkenntnißquelle ist eben so natur- emäß die ganze bisherige Theologie bei Seite geschoben. Zn rutal naiver Weise wird diese Thatsache in der Darstellung der „Jesuiten-Wissenschaft" dabin umschrieben: „Mit Skauden- maier'S, Kuhn'S und Dieringer's Dogmatik konnte der Seel- sorgekleruS nicht viel anfangen." Der vor drei Jahrzehnten von K leu tgen »öffnete Kampf der Scholastik gegen die deutsche Theologie bat mit einem so vollständigen Siege geendigt, daß nunmedr Kleutgen's eigene Institution«» tbsologicac einfach als unangreifbare Grundlegung gellen. Neben ibm ist an die Stelle jener einst so glänzenden Namen Wilmers getreten. Sein Lebrbuch der Religion ist deutsch, französisch und englisch er schienen. Daneben stellt sich sein Handbuch der katboliscben Religion. Seine Sporen batte er sich im ConcilSjahre durck die ^nimnäversioves in 4 contra Uomam povtiüeis inkallihilitstew eckitos lidellos (Neapel 1870) verdient, von denen nickt weniger als drei deutsche Uebersetzungen (in Münster, Wien und RegenSburZ) erschienen. Ihm zur Seite stehen zur Zeit besonders die Patres FrieS und Sasse. Jener hat u. A. eine ControverSschrisl gegen den Dominikaner Dummermutb über die Lehre von der cooperntio Gottes geschrieben, wofür schon vor dem Er scheinen die nöthige Reclame gemacht wurde. Dieser „bat sich in verschiedenen Abhandlungen als tüchtiger Dogmatiker bewiesen". Der Umgestaltung der bisherigen Dogmatik reibt sich die Umwandlung der Moral in Casuistik an. Die beiden Haupt- Autoren für die Moraltbeologie sind heute Lehmkudl und Meyer. Die zweibändige Tkeologia moralis deS Erster«» hatte 1893 schon 6 Auflagen, da« Meyer'sche Oowpouckiuw deren 3 erlebt. Tie Consequenzen dieser Moraltbeologie treten jedoch erst recht deutlich in der Katechetik zu Tage. Tie gleiche durch- gängige Veränderuna ver Katechismen, die Michaud in dem Frankreich deS 18. Jahrhunderts bargelegt hat, hat sich in Deutschland am Ende deS 19. vollzogen. „Beinahe in allen Diöcesen Deutschland- sind die Katechismen nach Pater De har de bearbeitet." Als Anleitung zu ihrem Gebrauch dienen dabei seine vierbändigt „Erklärung veS katholischen Katechismus" und da» kürzere „Handbuch für den kathe- cketiscken Unterricht," in der neuen Ausgabe von Witten- brinck. In ven Mittelpunkt von Debarbe « System fübrt seine im Iabre 1856 erschienene Monographie über die vollkommene Liebe Gotte». Welche Rolle neben Debarbe der berüchtigte Gury gespielt bat, dürfte vielleicht doch noch einig,n unserer Zeitgenossen in Erinnerung sein. Neben den einschlägigen deutschen Schriften über die Gury-Moral sollte nur auch diejenige deS Schweizers Augustin Keller nicht ruibenutzt bleiben. Wie die moderne Katechetik auf der Casuistik sich auf baut, so die Homiletik auf der Rbetorik. Auch hier hat Kleutgen die Wege geebnet. Zur Zeit gilt Schleiniger als der gewandteste Homilet. Auch feblt eS nickt an Predigtsammlungen, gleich denen der bekannten PatreS Pottgeisser und Rob, welche die seelsorgerische Predigt durch die von Ort zu Ort getragenen oratorischen Schau stücke überschatteten. Neben ihnen haben Grocnings, von Lamezan, Riese und Roder die gleiche Rolle wandernder Rbetoren gespielt. Man glaube daneben ja nickt, daß eS an einer „correcten" Auslegung der Bibel fehlt! Im Gegentheil, eS ist schon seit Jabren ein auf ganze 60 Bände berechneter,.8eripturue sucrae cursus uuctondus Öornelx. Luudöllduuer, Hummeluuer" im Erscheinen begriffen. Aber wer die alten jesuitischen Commentare kennt, und die Art, wie bier dem Bibeltext, (der selber nur nack der Vulgata gegeben wird) durch daS Traditionsprincip Gewalt angetban wird, kann in diesem „CursuS" wenig Neues finden. Zwar wird von dem bändereichen Werke kurz und gut behauptet, „e» stehe durchaus auf der Höbe der heutigen Forschung". Wie dies aber zu versieben ist. beweist die gleich vanebeu heraebenve Erklärung: „Es hält auck mit den protestantischen Publicationen Ab rechnung, obwohl diese nur nebensächlich zur Geltung kommen, da unsere Autoren wieder auf die gediegene katholische Tradition zurückgehen". Die Art von „Gediegenheit" dieser Tradition in den seither erschienenen Bänden kann man am besten an der Hand der Siegfrieb'scken Berichterstattung im „Theologischen Jahresbericht" studiren. Unter den weiter hervortretenden Namen jesuitisch- theologischer Schriftsteller sind unS neben den bereits ge nannten noch diejenigen von Beringer, Flurck, Hurter, Lobmann und Stentrup begegnet. Wie herzlich un bedeutend aber erscheinen diese neben den Passaglia, Curci und HoenSbroech ven einstmaligen — Führern der theologischen Controverse de- Ordens I Passaglia hatte mit dem umfangreichen Buche zur Vrr- tbeidigung der „unbefleckten Empfängniß" begonnen (1854). Womit er schloß, durfte ick bereits im Iabre 1861 in den „Protestantischen Monatsblättern" Gelzer'S aus seinen späteren Schriften darlegen. Curci ist der Begründer der OiviltL cattoIicL. Er schloß mit der Uebersetzung der Evangelien als de« bis dadin in Italien unbekanntesten Buche«. Auch bei dem Grafen HoenSbroech darf man, um die volle Be deutung des Mannes und seine- aus schwerer GrwifsrnS- bedrängniß erwachsenen Austritt« auS dem Orden gebührend zu würdigen, niemals seine früheren Schriften vergessen. ES sind ihrer fünf: 1) Warum sollen die Jesuiten nicht nach Deutschland zurück? 2) Der Kirchenstaat in seiner dogmatischen und biftorischen Bedeutung. 3i Die erste päpstliche Encyklika. 4) Neun Briefe an einen Protestanten. 5) Christ und Widerchrist. Die erste dieser Schriften steht neben derjenigen von Knie, dem damaligen Redactevr der Bonifaciu-broschüren. (die, wie diese Broschüren überdaupt, in Katholisch oder Jesuitisch?" näber gekennreichnrt ist), an der Spitze der Literatur, in welcher die Rückkehr deS Orden» verlangt wird. Die zweite ist aus besonderen Wunsch Windthorst's heraus gegeben. Die dritte hat außerordentlich geschickt eine Hypothese Harnack'S verwertbet, der eine bis dahin anderen Verfassern zu geschriebene altkatbolische Schrift gegen das Würfelspiel dem römischen Bischof Victor beilegte. Die vierte vertritt verwandte Gedanken wieHoenSbroech's früherer Genosse Hammerstein, nur mit etwas mekr Geist. Die fünfte ist eine bitterböse Sammlung von Excerpten aus der neuesten deutschen Theologie, die in der bei den Jesuiten üblichen Weise der gläubigen Gemeinde als ungläubig denuncirt wird. Wie bekannt, hat sich HoenSbroech später über die dem OrdenSprincip ent sprechende Vorenthaltung der Literatur beklagt. ES stad ibm nämlich Citate zur Benutzung in die Hände gespielt worden, die bewußte Fälschungen der schlimmsten Art ein schließen. Ich vermutbe, daß die Entdeckung, wie man ihn scheinbar zum Mitschuldigen an diesen Fälschungen gemacht bat, bei seinem Austritt aus dem Orden nicht in letzter Linie gestanden hat. ^ X. Erbauungsliteratur. Dem äußeren Umfang nach ist die neujesuitische Er bauungsliteratur sehr bedeutend. Die Namen der Patres Dosenbach, Frey, Hettler, Hammerstein, Höver, Lob mann, Mesch lrr, Mohr, Mül len dorf, Platz weg, Sckmade begegnen unS hier jeden Augenblick. Der Herz- Jesu-Cull, die Marien- und Josephs-Andachten, die Heiligen legenden finden gerade gegenwärtig wieder eine besondere Pflege. Die Verehrer des Ordens bilden sich denn auch gerade auf diese <Äite seiner Thätigkeit besonders viel ein. Denn „in der Asketik sind die Jesuiten von jeher Meister- gewesen." „Geradezu hervorragend" werden besonders die Schriften deS Pater Meschler genannt. Sein „Rosengarten Unserer lieben Frau", seine „Novene zu Unserer lieben Frau von LourbeS" werden ebenso überschwenglich gelobt, wie sein sogenanntes Leben Jesu und sein Leben de« h. Aloysius von Gonzaga. Aber wenn wir in den anderen Literaturgebieten — bei allem Gegensatz zu den auch dort durchweg von den Jesuiten durchgrsübrten Principien — immerhin der persönlichen Arbeitsleistung zahlreicher Einzelner mit Achtung gedenken konnten, so mutz auf diesem Gebiete jede» derartige Gefühl vor demjenigen tiefer Trauer znrücktreten. Tenn eS handelt sich um eine systematische Verdrängung der trefflichen älteren Erbauungsliteratur deS katholischen Deutschlands durch einen reckt eigentlichen modernen Fetischismus. Etwa» sittlich An stößigere- als die „MonatSrosen zur Verehrung de» heiligen Herzen» Jesu" (aus deren holländischer Ausgabe schon die 1877 erschienene Monographie Auszüge giebt) ist selbst in den abergläubischesten Perioden deS Mittelalter» kaum dem christlichen Volke geboten worden. In CultuS und Volks leben wird die eine längst überlebte Unsitte nach der anderen wieder bergestellt. Madonuenerscheinungen und Teufel«- au-treib»ngen sind bereit» wieder wahrhaft epidemisch auf getreten. Wie sehr aber gerade die Jesuiten durch die Germaniker und deren Schüler bei allen diesen Dingen be- tdeiligt sind, ist fast in jedem neuen Falle sichtbar geworden. Noch bei der Ausstellung des Trierer Rockes bat Pater Stephan Beissel al» bischöflicher Sachverständiger bm sichtlich der „lückenhaften Stoffkhrile" fuogirt. Daß übrigen«
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