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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950509026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895050902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895050902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-05
- Tag1895-05-09
- Monat1895-05
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33S4 mrr beschränkt, sonst würbe er alle Herren bitten. Dann trat er nochmals an die Brüstung de-Altan- und sprach: „M:inen herzlichsten Dank; e» macht mir große Freude, daß olle Sachsen und gerade Sie von den sächsischen Städten hierher gekommen sind. E» ist da» eine Friedenspfeife, dir wir hier rauchen, nicht blo« zwischen den Sachsen und den Preuße», sondern auch zwischen dem Bürger und dem Junker, zwischen dem Alten und dem Neuen, indem wir alle alten Kämpfe begraben, und zwischen dem Minister und den Verwaltern. Eins möchte ich Ihnen empfehlen: Brurtheilen Sie die Minister mit mehr Nachsicht, wir «» bisher in Deutschland üblich war; sie können nicht immer Alle», wa» sie wohl möchten, der Wille ist selten schlecht, im Tegentheil, in der Regel sicher gut, aber sie sind eben auch Menschen und sehen nicht rundum gleich zeitig. Ich bringe Ihnen noch dankbar rin Glas aus da» Wohl der sächsischen Städte!" Am Frühstück mit dem Fürsten und seiner Familie, soweit sie z. Z. in FriedrichSruh anwesend ist (Graf und Gräfin Rantzau), nahmen argen vierzig Herren Tbeil. vr. Beck (Freiberg) toastete auf den Fürsten, der zahlreiche Erzählungen au- seiner Vergangenheit zum Besten gab. Um 3 Uhr fuhren sämmtliche Herren nach Hamburg zurück, wo noch ein fest liche- Beisammensein im Local „Alsterlust" und sodann eine Rundfahrt im Alsterbassin stattsand. Morgen früh folgt die Deputation einer Einladung de« Oberbürgermeister- Fuß nach Kiel zur Besichtigung der Holteuauer Schleußt. Politische Tagesschau. * Leipzig, d. Mai. Wenn da- Publicum, da- gestern auf den Tribünen des Reichstages dem Beginne der zweiten Lesung der Umsturz vorlage anwohnte, Kampfesgetöse zu vernehmen erwartet hatte, so ist es enttäuscht worden. Der Entwurf ist halb entseelt in daS Plenum zurückgelangt, und es hätte deswegen der Situation keineswegs entsprochen, zur Herbeiführung feines Endes große Energie zu entwickeln. Klangen schon die „allgemeinen Bemerkungen", zu denen vor Eintritt in die Berathungen der Reichskanzler das Wort erbeten batte, wie der Todtengesang eines nicht völlig Trostlosen, so schraubte der konservative Führer Freiherr v. Manteuffel der Vorlage das Lebenslicht so tief herab, daß nur der ge> schäftsordnungsmäßige Funke, der vor der Abstimmung nicht verlöschen kann, übrig blieb. Was die Conservativen fordern und verweigern, um für das Gesetz zu stimmen, giebt und opfert das Centrum nicht, und wenn es sick> zu einem Ent gegenkommen herbeigelassen hätte» würde der Entwurf dennoch keine Mehrheit finden. Hinter den die CommissionSbeschlüfse mildernden, aber nicht genügend mildernden conservativen Anträgen steht, wie die gestrige Sitzung gezeigt hat, nicht einmal die ganze konservative Fraktion. Wir vermuthen, daß diese Anträge nur gestellt waren, um den Reichskanzler der Nothwendigkeit zu entheben, seinerseits die Grenze zu bezeichnen, welche die Regierung nach der positiven, wie nach der negativen Seite nicht überschreiten zu lassen entschlossen ist. In dieser Annahme werden wir durch die Thatsache bestärkt, daß Fürst Hohenlohe sich gestern ängstlich gehütet hat, dem Centrum. das ihm seine oder doch die von ihm weitergeführte Caprivi'sche Action verdorben, anders als überaus glimpflich zu behandeln, obwohl er sonst mit scharfen kritischen Bemerkungen nicht sparsam umging. Der mit unterlaufende tadelnde Hinweis auf Diejenigen, die von Anbeginn einer Bekämpfung der Umsturzbestrebungen geneigt waren und jetzt zu den Führern im Streite gegen die dem Reichstage vorliegenden Strafbestimmungen gehören, war höchst unglücklich, denn der Pfeil prallte auf den Schützen zurück. Daß die Commissionsvorlage nach Inhalt und Zweck bestimmung etwas von dem Regierungsentwurfe Grundver schiedenes ist, hat der Reichskanzler nicht nur nicht bestritten, sondern in diplomatischen, unseres Erachtens allzu diplomatischen Wendungen eingeräumt. Dieser Umwandelungsproceß hat sich aber unter den Augen der Regierung vollzogen, ohne daß diese einen energischen Versuch gemacht hätte, ihn zu unterbrechen. Die Regierung hätte vielleicht, ja wahrscheinlich, auch bei richtiger FührungZder Berathungen in der Commission keine Fassung erzielen können, die ihr und den mit dem Vorwur deS Fürsten Hohenlohe gemeinten Parteien annehmbar er schienen wäre, aber sie war in der Lage, zu verhindern, daß etwas für die zweite Lesung zu Stande kam, was die Natio nalliberalen und die Freiconservativen in da» Lager der Gegner drängen mußte. Hätte die Regierung in der Commission durch eine entschlossene Erklärung gegen die CentrumStendenzen das Ende, das nun doch eintritt, herbeigeführt, so wäre der Sturm gegen die Vorlage nicht entstanden, und die Negierung hätte früher und aussichtsvoller, als nun möglich ist, aus ihren Gedanken zurückkommen können. Etwas nach dieser Richtung könnte aber jetzt noch geschehen, wenn man nämlich der Ablehnung des ß. 111 die Erklärung des Verzichte- auf die weitere Berathung folgen und damit die ver unglückte Sache heute oder spätestens morgen in der Ver senkung verschwinden lassen wollte. Wie wir hören, geht die Absicht jedoch nicht dahin, sondern soll die Hoffnung, die Militairparagraphen durchzubringen, die Regierung be stimmen, einer Weiterberathung nichts in den Weg zu legen. Hier entscheidet der Erfolg. Gelingt die Einschränkung der Agitation im Heere, so hat die Regierung Recht gehabt; mißglückt ffe, so wird dm in dieser Angelegenheit begangen«, Hehlern «a weiterer hinzugefügt worden fern. Denn die Regierung, sollte man meinen, müßte heute mit Sicherheit ermessen können, ob sich «ine den Militairparagraphen ünstige Constellation herbeiführen läßt oder nicht. Freilich »ünschten wir nicht, daß diese Sicherheit erkauft wäre mit Eoncessionen an da- Crntrum, die, sie mögen sein, welche sie wollen, einen zu hohen Preis für die auch von uns für sehr werthvoll erachteten Bestimmungen gegen die revolutionäre Verleitung von Soldaten repräsentiren würden. Ja Frankreich nimmt die Frage de« Gesetze- über die ogenannte Zuwach-besteuerung der geistlichen Ge nossenschaften die allgemeine Aufmerksamkeit immer mehr in Anspruch. Diese« jüngst beschlossene Gesetz hat den Zweck, dem Staate jene Einkünfte zu sichern, die er bei privatem I StammeSgenossen finden Vermögen-Wechsel im Todesfälle durch die Erbsteuer hat. So oll bei den geistlichen Genossenschaften, deren Vermögen-subject nie stirbt, eine fixe Zuwachs st euer eintretrn. Bon kirchlicher Seite wurde gegen den Gesetzentwurf vor und während der Berathung heftig gekämpft. Jetzt sind zwei Richtungen wahrzunehmen; vereinzelte Kircheufürsten predigen die Unter werfung unter das Gesetz, aber die meisten und mächtigsten treten gegen Bischof Tuzet von BeauvaiS auf, der Nach iebigkeit räth. Die Cardinäle Richard von Pari- und, wird. Wir daß Regierung, vir nicht erlheilt wurde. Im Jahre 188V ekMrw der Gouverneur der Kapcolonie, Sir Herkules Robinson, daß die ReichSregieruag den Erwerb der betreffenden Gebiete nicht gutheißeu könne, da er der Lösung der Swazisrage vor greifen würde. Da- Traa-vaal gab sich damit zufrieden, bi» diese Angelegenheit erledigt sei. Die» ist geschehen; dafür nimmt nun England die streitigen Gebiete, die an Swaziland grenzen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Lage de- Lande-, die sich bis zum Meere erstreckt, von welchem Transvaal dadurch wieder abgeschnitten wird. Der britische Plan ist vollkommen Nar, er ist nur ei» Glied in der Kette der Bestrebungen, die sich auf eine südafrikanische Weltmacht richten. Die Zähigkeit und Widerstandskraft der Buren wird allerdings nicht erlahmen und bei einer Vergewaltigung würde Transvaal auch die Unterstützung der europäischen Deutsches Reich. * Berlin, 8. Mai. Die „Nat.-lib. Corr." schreibt heute: „Die heute im ReickrStag begonnene Verhandlung über die Umsturzvorlage hat unsere Auffassung, daß die Vorlage als gescheitert zu betrachten sei, vollständig bestätigt. Es erweist sich auch als durchaus der parlamentarischen Die "Cardinäle" Richard v°"n'Paris^und! Sachlage entsprechend, daß die Besiegelung des Schicksals -ngSnieux rathen zum Widerstande. Die Genossen- b'«'" be. §111, also spatesten- übermorgen erfolgen schäften sollen sich zahlungsunfähig erklären und ihre I7" der Annahme sicher zu gehen, Habe von dem Steuer-Einnehmer pfänden kaffen. Um ni der Annahme die Regierung den tz. 111 ihrerseits ablehnt und dem drohenden Conflicte auSzuweichen, soll Minister-1 ^mit auch das ganze Gesetz fallen läßt, wenn der Schutz für man behauptet in Pariser Regierungskreisen und wird m.l ^,7:;' »7^„ din„ SIn»adm- ,-um s-btz.h-». daß der Papst -H-I zu, W-u-"b, - bu»a Ä Ulwu-I- -u W-il» Regierung wird jedenfalls nicht erwartet. Der Termin für die italienischen Kammerwahlen ist! nunmehr anberaumt, und die Annahme erscheint gerechtfertigt, daß Crispi für seine Politik ein zustimmendes Votum dei^ schreibt das nationalliberale Parteiorgan: „Die national liberale Fraktion des Reichstags hat zu § 111 der Umsturzvorlage lediglich eine kurze Erklärung abgegeben und auf alle eigenen AenderungSanträge verzichtet Wenn in der Presse hier und dort noch von einem „Ge sa mmtan trag" die Rede ist, mittels dessen die Fractivn Wählermehrheit erhalten werde. Seme Gegner sind nach wie, P„befferungSversuche an der Vorlage zu unternehmen ge- sich verfeindet. Daß die jetzige^Gestaltung f so sei dem gegenüber einfach festgestellt, daß solche vor unter der öffentlichen Angelegenheiten ihre Lücken und Mängel auf weist, wird von den national und regierungsfreundlich ge sinnten Richtungen selber nicht geleugnet; sie lassen sich dadurch aber in ihrer Uederzeugung nicht irre machen, daß kein anderer der lebenden italienischen Staatsmänner daS Zeug habe, CriSpi im gegenwärtigen Augenblicke zu ersetzen, und daß sehr viele der gegen die Action des leitenden Staats mannes erhobenen Beschwerden ihre Erledigung finden werden, Versuche in keinem Stadium der Vorberathungen seitens der fractivn beabsichtigt waren, so lange auch die Commission- ergebnisie schon vorliegen." * Berlin, 8. Mai. Zu der Angelegenheit deS Kreuzers »Kaiserin Augusts" schreibt heule der „ReichSanz.": „Die in den Zeitungen umlaufenden Gerüchte über einen neuen Zusammenbruch der Maschinen S. M. S. „Kaiserin wenn er nicht mehr nöthig haben wird, sein.'beste Kraft anI?uMa" -b"Kn ^ die Ueberwindung der parlamentarischen Friktionen zu setzen.! -^n-bTnen Das schwierigste Problem ist und bleibt ja zur Zeit die °Zru"Ehmen nachdem d* dr«^ Finanzfrage. Von den Gegnern istCrisp! bis zum Ueber- galten habem D.e zuerst das Schiff emge^ mÄ^aeTheilnahme an dln EröffnungSftieAichkeittn der Colmbischen d°l t-kd.eU sach-d-r gan n budg- ar-nV ^ gen- Weltausstellung in ihren Böden als zu schwach erwiesen. 1 Bisher ist kein Grund zu der Annahme vorhanden, daß ^E^ " «ionisch? I ""ck dem Einbau der neuen, stärker construirten Cylinder die Adln,-»--" -mg»-,!-» Ab» wm» mo» h'.d-»„. d?b w»«m"°«»-° §!--»»» -wttm"LL»!-" p» I in der äußeren Wand der doppelten Böden an zwei Nieder i«n,»«in" 0°^ ^S Anzosische I ^uckxylindern kleine Risse gezeigt haben, die entweder au Chauvinismus hlndurchkriechen sehen mochte, so "scheint r l ^ ungleichmäßige Erwärmung des doppelten Bodens oder au der Correctheit der von den Reaieru g '»lÄ»ö stärkste Zweifel an ... ... „ feinden aufgestellten Behauptungen am Platze. Sie ver- sangen auch nicht, denn die Mehrzahl der Wähler ist weit entfernt davon, Italien zu einer Macht ganz unter geordneten Range- herabsinken zu lassen. Heute strebt jedes Culturvolk nach Erweiterung seiner poli tischen und wirthschaftlicken Machtbasis, als Garantie einer gesicherten Zukunftsentwickeluog. Crispi ist daher berechtigt, von dem politischen Verständlich der Wähler zu erwarten, daß sie ihm bei den Wahlen dasjenige Maß von Rückhalt zu Theil werden lassen, dessen er zur Fortsetzung seiner öffent lichen Action bedarf, und alle von jenseits der Alpen ein- .»ssmdm Si.»..i-°»b„i«,-. s° w°i. st. »ich. °°°»i,;?^7»°7»^ch d°h-'ä l»».i Vcremgenommenhelt dicUrt sind, gereichen dieser Annahme I erreichten. Auch der in den Zeitungen gemachte zur «lUtze. I Vergleich mit S. M. S. „Charlotte" ist nicht zutreffend, da Zwischen der südafrikanischen Republik und «rotz-! dieses Schiff niemals eine ernste Maschinenhavarie gehabt hat. brttannien hat sich, kaum daß die Swazilandfrage gelöst > — Neuerdings hatten sich wieder zahlreiche Unterofficiere ist, ein neuer ernster Streitfall ergeben. Die britische Re-« und Lazarethgehilfen zum Dienst in der ostafrikanifchen gierung hat beschlossen, die Gebiete zweier Suluhäuptlinge, I Schutz truppe gemeldet. Nach einer von der Colonial- Zambaan und Mbegisa, im Amatongalande mit der Kap-1 Abtheilung deS Auswärtigen Amtes ergangenen Mittheilung colonie zu vereinigen. DaS hat in Prätoria bitterböses Blut I sind aber gegenwärtig bei der Truppe alle Stellen besetzt, gemacht, denn seit 1887 besitzt Transvaal Rechte in diesen l Auch ist der Bedarf durch frühere Anmeldungen für längere Gegenden. Es wünschte stets die Zustimmung der britischen' Zeit reichlich gedeckt. eine durch den Guß derselben hervorgerufene Spannung zurück zuführen sind. Die Probefahrten nehmen ruhig ihren Fortgang noch am 7. Mai, an demselben Tage, an welchem die Mehrzah der Zeitungen die oben erwähnten Gerüchte brachte, wurde eine Fahrt zur Einübung des Maschinenpersonals vorgrnommen, bei welcher die Maschinen tadellos arbeiteten. Die an den fälschlicherweise behaupteten Zusammenbruch der Maschinen geknüpften Folgerungen über die Verwendung des Schiffs im Auslande, sowie über den Werth des Schiffs sind gegen standslos. Das Schiff hat bei den ersten Probefahrten die gestellten Bedingungen übertroffen. Die Leistungen der Maschinen werden voraussichtlich, nachdem jetzt die Cylinder ^-Zkk» Lerbastmrg der anß-LKchen AnarHiste« SrÄ« Mkd TobS erfahren wir Folgende»: Gegen Tob- erstattete eine Frauensperson, welche früher mit diesem zusammen «lebt hat, bei der Staatsanwaltschaft di« Anzeige, daß er im vorigen Jahre in Gemeinschaft mit Krebs em Attentat egen eme hochstehende Persönlichkeit geplant habe. Die Seiden hätten in Töb-' Wohnung einen Sprengstoff fabricirt, von welchem sie die zu dem Attentat bestimmte Quantität in zwei Flasche» im Fr»edrich»haia vergraben hätten. Eint rages hätten sie auch Versuche mit dem Sprengstoff im freien angestellt und ihr, der Denunciantin, bei ihrer Rück- ehr die mit Brandflecken versehenen Manchettea behufs Ver nichtung derselben übergeben. Da die Frauensperson bei ihrer wiederholten Vernehmung bei dieser Aussage verharrte, mußte die Verhaftung der Verdächtigen durch die Staats anwaltschaft verfügt werden. Beide stellen jede Schuld in lbrede und behaupten, daß die Denunciation ein Racheact er Frauensperson sei, mit welcher TöbS sich veruneinigt »abe. Eine Haussuchung in den Wohnungen der Verhafteten >at zu keinem Ergebniß geführt. — Dem BuudeSrathe liegt schon seit einiger Zeit eine Novelle zu dem Erwerbs- und WirtbschastSaenossen- chaftSgesetz vor. Es handelt sich dabei hauptsächlich um eine Aenderung deS Gesetzes dahin, daß im Interesse der Raiffeisen'schen Lassen eine Bestimmung getroffen wird, wonach der Gewinn der Genossenschaften auch zu einem unthrilbaren BereinSvermögeu angesammelt werden kann, welches dann zugleich die Bildung eine- besonderen Reserve- ondS unnöthig macht. Die Bundesregierungen sind um Prüfung dieser Ergänzung ersucht worden. — Für die Kennzeichnung deS Beschlüsse- der ReichStagS- mehrhrit über die Wahl des Abgeordneten vr. Böttcher fehlt der „Post", wie sie sagt, der parlamentarische Ausdruck. — Nach einer regierungsseitig vorgenommeuea Veran schlagung werden die sabrlichen Ausgaben, womit die ReichS- casie infolge deS Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwrn und Waisen der Personen de» Soldaten standes des ReichSheereS und der Marine vom Feldwebel abwärts im sogenannten BeharrungSzustande, belastet sein Würde, aus 360 448 sich belaufen. — Dem Abgeordnetenhaus ist heute die officielle Einladung zur Theilnahme an der Einweihung deS Nordostsee- kanals zugegangen. Es sind dem Hause im Ganzen 50 Karten zur Verfügung gestellt. Davon erhält der Vorstand für seine Mitglieder zunächst 13 Karten. Die übrigen 37 werden auf die Fraktionen nach dem Derhältniß ihrer Stärke vertheilt, wobei jedoch die Abgeordneten, die gleichzeitig Reichs tagsmitglieder sind, von der Mitgliederzahl der Fraktionen gestrichen werden, weil diese als Mitglieder des ReickstagS, der der Feier in corpore beiwohnt, schon eine Einladung erhalten. Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse erbalten die Frei conservativen 7, die Conservativen 14, die Nationalliberalen 8, daS Cenlrum 6 und die übrigen zusammen 2 Karten. Wie die „Post" hört, werden die Karten innerhalb der Frac- tionen auSgeloost werden. — Der Entwurf deS Jagdscheingesetzes ist heute im Abgeordnetenhause zur Vertheilung gelangt. — Der Reichskanzler a. D. Graf v. Caprivi gedenkt, wie der „V. Z." aus Krossen a. O. geschrieben wird, Mitte dieses Monats in Skyren (Kr. Krossen) einzutreffen, um für längere Zeit dort seinen Wohnsitz zu nehmen. — Fürst Günther zu Schwarzburg'-Rudolstadt, der gestern Abend in Berlin eingetrosfen »st, folgte heute einer Einladung der Majestäten zur Mittagstafel. — Von gut unterrichteter Seite erfährt die „Kreuz.-Ztg.", daß die Nachricht, General v. Rosenberg, Inspecteur der 2. Cavallerie- Inspektion, habe sein Abschiedsgesuch eingereicht, aus Unwahrheit beruht. — Die Besserung in dem Befinden des Directors der Colonial- Abtheilnug vr. Kayser ist so fortgeschritten, daß der Patient jetzt am Tage schon aus kurze Zeit das Bett verlassen kann. Auch ist das Augenleiden zurückgegangen. Der Kranke hat noch heftige Schmerzen. — Der von der Stadt Frankfurt a. O. präsentirte Oberbürger, meist» vr. Adolph ist als Mitglied des Herrenhauses auf Lebens- zeit Allerhöchst berufen worden. * Münster, 8. Mai. Die Generalversammlung des West fälischen Bauernvereins wählte den Freiherrn v.LandS- berg-Vehlen zum Präsidenten, bewilligte 25 000 für ein Schorlemer-Alft in Münster zu errichtendes Denkmal und faßte Resolutionen gegen die Staffeltarife und für die Grenz sperre gegen Holland. * Sorha, 8. Mai. Der Landtag beschloß, die Regierung um eine Vorlage zur Aufbesserung deS GehaltS der Volks- schullehrer zu ersuchen. * Weimar, 8. Mai. Ja Sachen deS angeblich gefähr deten Fortbestehens der Universität Jena nimmt jetzt endlich auch die „Weim. Z." das Wort, indem sie ausführt: „In den letzten Wochen tauchte in der Presse vereinzelt die Nachricht auf, daß das Fortbestehen der Universität Jena gefährdet sei. Dieser Meldung ist bisher von uns keine Beachtung geschenkt worden. Da sich jedoch das alarmirende Gerücht immer weiter verbreitet und sich daran eine üppige Mythenbildung über Verhandlungen mit den thüringischen Fürslenthümern und andere nicht durch besondere Gründe geleitet worden, vielmehr hatten die Umstände eS mit sich gebracht, daß er lieber in einem anderen Kreise verkehrte. Um so mehr durfte ihn aber dessen Kommen befremden, und er glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen, als der alte Diener ihm den Namen deS vor zwei Stunden angekommenen Herrn nannte. „Will Gullham? Du hast recht gehört, Bob?" „Ganz gewiß, Mylord." Harry Ruthbert begab sich unverzüglich in den Salon, Wo er in der That den ehemaligen Bekannten vorfand. Er begrüßte ihn zuvorkommend, bereits entschlossen, sich nicht idurch eine unangenehme Empfindung von seiner Pflicht, «inen Gast freundlich zu empfangen, abhalten zu lassen. Er machte m ersten Augenblick die Bemerkung, daß Will Gullham nicht gut aussähe, sich überhaupt nicht vortheilhaft verändert habe. „Mein Besuch setzt Sie in Erstaunen Ruthbert", sagte Gullham, ihm beide Hände entgegenstreckend. „Ich war allerdings nicht darauf vorbereitet", entaegnete der Angeredete ausweichend. „Im klebrigen ist eS sehr freund lich von Ihnen, daß Sie sich meiner erinnert haben." „ES ist nicht meine Absicht, Sie über die Gründe zu täuschen, die mich bewogen haben, Sie auf ein paar Tage durch meinen Besuch zu belästigen. Ich würde eS für ein Unrecht halten, mich unter falscher Flagge hier einzuschmuggeln. Ich bin einfach hier, veil ich für die uächstrn acht Tage kein Unterkommen habe." Harry Ruthbert warf einen raschen, verwunderten Blick auf seinen Besuch. „Wie soll ich da» verstehen, Gullham?" fragte er, jetzt auch seinerseits einen Ton anschlagead, mit dem sein Gast sich ihm genähert. „Sind Sie nicht Besitzer von Saunder» Hall geworden? Ich la» e» in den Zeitungen." Ein höhnische- Lächeln umspielte den Mund deS jungen Manne- und verunschönte ein wohlgebildeles, zu Zeiten, wenn Will Gullham heiter und angeregt war, ganz hübsches Gesicht. „DaS war eine arge Täuschung, ich bin ganz leer au»- gegangen. Edgar Saunder- hat Alle» geerbt." Indem er die Worte äußerte, hatte seine Stimme einen heiseren Klang, Wuth verzerrte vorübergehend sein Gesicht, aber «S gelang ihm mit äußerster Anstrengung, seine Fassung z» behaupten. Lord Ruthbert konnte sein Staunen nicht unterdrücken. „Wie ist «S möglich?" „Ja, wenn ich eS selber wüßte. Graf SaunderS hat ein zweites Testament gemacht, ich weiß eS genau, nack welchem er mich zum - Universalerben eingesetzt. Sie wissen doch, Ruthbert, wegen seiner Liebschaft mit der Giftmischerin, der " Lord Ruthbert'- Miene nahm plötzlich einen finsteren, beinahe drobenden Ausdruck an. „Sie sollten nicht in der Weise von einer Dame sprechen, die nur durch eine Verkettung höchst unglücklicher Umstände in den Verdacht gerathen sein kann, eine unheimliche That begangen »u haben", sagte er eisig kalt. Will Gullham warf einen raschen Blick auf ihn. „Kannten Sie Mary Courier persönlich?" „Nein", entgeanete Lord Ruthbert kurz. „Dann find Sie sehr schlecht unterrichtet. Wenn noch ein Zweifel darüber bestanden hätte, daß Miß Connor den Mord begangen, so würde derselbe im gegenwärtigen Augen blick als beseitigt angesehen werden müssen. DaS Ver schwinden des zweiten Testament- bestätigt im vollen Um fange, daß sie für Edgar SaunderS gewirkt hat." „Sie wollen auf eine Tode auch noch den Verdacht lenken, im Leben eine Unterschlagung begangen zu haben, Gullham? Ich würde das an Ihrer Stelle nicht thun. Lassen wir diese- unerquickliche Thema fallen, aber ich möchte Ihnen noch die Versicherung geben, daß, wäre Miß Mary Connor nicht durch ihren schnellen Tod allem Leid entrückt, so hätte ich mich versucht fühlen können, für eine zweifellos Unschuldige einzutreten. Die Untersuchung ist mit einer — um mich nur gelinde auszudrücken — staunenSwerthen Ober flächlichkeit geführt worden. Miß Connor ist eben ganz hilf- und schutzlos gewesen, sie hat Niemanden ge habt, der für sie eingetreten ist, der Verdacht hat sie so vollkommen überwältigt, daß sie sich in Alle- ergeben, und dadurch sich selbst vielleicht am meisten belastet hat. DaS ist meine Ansicht von der Sache. Sind Sie aber durch da- Verschwinden eine- Testa mente» benachtheiligt, dann würde e- sich für Sie ver lohnen, eine neue Untersuchung zu beantragen. Wer hat, außer Edgar SaunderS, Vortbeil auS dem Verschwinden eine« zweiten Testamente- gezogen?" „Außer Edgar — Niemand." „Edgar SaunderS ist ebenso wenig fähig, etwa- Gesetz widrige« rum thun, als Miß Connor eS war", sagte Lord Ruthbert sinnend. „WaS gedenken Sie zu thun?" fügte er gleich daraus hinzu, indem «r seine» Gast fragend ansah. Bei dieser Gelegenheit glaubte er zu bemerken, daß Will Gullham krankhaft bleich aussah, und sofort gewann da- Mitleid in ihm die Oberhand. Der arme Kerl! Er hatte immer zu kämpfen gehabt, und was das bedeutete, wußte Harry Ruthbert am besten. Will sah vielleich schon ein Besferwerden vor sich, man hatte ihn öffentlich als den Erben von SaundcrS-Hall genannt, und dann war die bittere Ent täuschung gefolgt. Er sagte ihm, daß er kein Unterkommen habe, und dies mußte wohl der Fall sein, weil er sonst un zweifelhaft nicht daran gedacht haben würde, seine Schritte hierher zu lenken. „Sie werden müde sein, Gullham", sagte er, da- Ge sprächsthema wechselnd. „Wir kommen später noch auf die Geschichte zurück. Ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu ver sichern, daß Sie sich nach Belieben hier einrichten können, ich bin auch sehr gern bereit, Ihre Angelegenheit von der juristischen Seite zu prüfen, wenn Ihnen daran liegen sollte." „Nein — nein", wehrte Will Gullham mit bemerkbarer Hast ab. „Ich habe keineswegs die Absicht, an der Sache zu rühren. Sie ist für mich endgiltig abgethan. Es ist in meiner Absicht, mich in Indien anweroen zu lassen und möchte nur mit Ihrer liebenswürdigen Erlaubniß eine Nachricht von bestimmendem Einfluß hier abwarten." „Noch eine Frage, Gullham, verzeihen Sie eine scheinbare Indiskretion. Ihre soeben ausgesprochene Absicht läßt mich vermuthen, daß Sie sich mit Edgar SaunderS überworfen haben. Weigert er sich etwa. Ihnen angesichts de- be gangenen Unrechte«, welche- der verstorbene Graf Saunder» verübt, eine SchadloShaltung zu Theil werden zu lassen?" „Darüber ist zwischen unS nicht verhandelt worden. Ich mag nicht Bettler spielen, wo ich Herr hätte sein müssen." Diese Worte mißfielen Harry Ruthbert nicht gerade. Gullham mußte sich entschieden geändert haben, man hatte ibm ehemals eine große Charakterlosigkeit zum Vorwurf ge wacht. Er war von diesem Augenblick entschlossen, seinem Gast zu helfen, so weit wie eS in seinen Kräften stand. Viertes Capitel. Will Gullham war vier Tage hindurch auf Ruthbert Hall gewesen und Lord Harry hatte inzwischen die Bemerkung gemacht, daß er einen anspruchsloseren Besuch bislang nicht beherbergt. Er wurde nicht im Mindesten durch ihn behindert, seiner täglichen Beschäftigung nachzugeheu. Man fand sich zur Essenszeit zusammen, machte ab und zu einen gemein samen Spaziergang durch den Park und verbrachte die Abendstunden in Erinnerungen an eine Jugendzeit, in welcher der Ernst deS Leben« noch nicht den Frohsinn und Ueber- muth gestört. Harry Ruthbert war in den wenigen Tagen zu der Ueber- zeugung gelangt, daß nur eia ihm sonst im Allgemeinen jernliegendeS Vorurtheil ihn ehemals gegen seinen Gast ein genommen. Er fand ihn jetzt weder anmaßend, herrisch noch launenhaft, Eigenschaften, die man ihm früher besonder- zum Vorwurf gemacht, sondern eher nachgiebig, zuvorkommend und milde in seinem Urtheil gegen Ändere. Da» am Tage seiner Ankunft angeregte Gespräch war nicht wieder aus genommen worden, und da Will Gullham Schweigen beob achtete, fand Harry Ruthbert keine Veranlassung, seinem Gast etwa» ihm Unangenehmes in das Gedächtniß zurück zurufen. Am fünften Tage waren zwei Briefe für Will Gullham gekommen und beim Mittagessen theilte er Lord Ruthbert mit, daß er dessen Gastfreundschaft nur noch bi» zu dem morgenden Tage in Anspruch zu nehmen gedenke, um un verzüglich seine Reise nach Indien anzutreten. Sein Schicksal sei jetzt entschieden. Vielleicht sei ihm eia bessere- LooS be stimmt, al» da» eines thatenlosen NichtSthuerS, ein LooS, da- ihn schwerlich beglückt haben würde. Lord Ruthbert war mehr als je erstaunt. Will Gullham gehörte entschieden zu denjenigen Menschen, über die er sich ,m Leben getäuscht. Wer, wie er, sich so leicht in etwa« Unvermeidliches fand, kaum eia Wort de- Berdruffe» für den Verlust eine» großen Vermögen- fand, gehörte nicht ru den Schmarotzern, als welchen Studiengenoffrn ihn ehemals bezeichnet. Harry Ruthbert hatte seinem Gast gegenüber ein Gefühl von Reue, da» wohl feinen Ursprung in dem Unbehagen fand, mit welchem er Will Gullham'- Ankunft zuerst begrüßt. Als wenn er noch gut machen wollte, so weit in seinen Kräften stand, faßte er den Entschluß, den Nachmittag seinem Besuch zu opfern, obwohl dringende Geschäfte ihn nach der nächsten Stadt riefen. (Fortsetzung folgt.)
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