Delete Search...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.09.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950917018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895091701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895091701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-17
- Monat1895-09
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Wim Ar. Königreich Lachsen. Die vorliegende Nummer enthält an anderer Stelle noch folgende unter diese Rubrik fallende Sonderartikel: Die deutsche Kunst im neuen Reichsgerichtsgebäude (ll.). — Das Eisenbahnunglück bei der Gebhardt'schen Fabrik. — Landwirthichastlicher Kreiöverein Leipzig (Ausschußsitzunq). — Leipziger Thierschutz - Verein. — Das Kunstgewerbe aus der Dauernden Gewerbe-Ausstellung (l.). — Leipziger Schützengesellschast. — Gerichtsverhandlungen (Königliche» Landgericht). Leipzig, 16. September. Heute, am ersten Tage, da im neuen Reichsgerichtsgebäude unser höchstes Tribunal seine dienstliche Tbätigkeit begonnen, dürsten auch die den Verhandlungen beiwohnenden Vertreter der Presse sich mit erhöhter Befriedigung der Erfüllung ihrer Berufspflichten widmen. Die ihnen im Reichsgericht stets gern gewährte Gastfreundschaft hat nämlich im neuen Gebäude durch die Ueberlassung eineSpraktisch und elegant ausgestatteten Arb e i ts- und Verkehrszimmers an die Presse seitens des Reichs gerichts-Präsidiums einen überaus liebenswürdigen Ausdruck gesunden, für den die Leipziger Presse — und nicht nur diese, da sich zu wichtigen Verhandlungen bekanntlich auch zahlreiche Vertreter auswärtiger großer Blätter einzusinden pflegen — dem Herrn Reichsgerichtspräsidenten v. Oehlschläger zu herz lichem Danke verpflichtet ist. Der Verein „Leipziger Presse" hatte s. Z. an das Präsidium die Bitte um Ge währung dieses Zimmers gerichtet; auch er darf im Interesse seiner Mitglieder und Berufsgenosscn mit dankbarer Be friedigung von der Erfüllung seines Wunsches Kenntniß nehmen. — Bei dieser Gelegenheit sei auch mitgetheilt, daß auf den Wunsch des Vereins „Leipziger Presse" die Leitung der im Jahre 1897 in Leipzig stattfindcnden Sächsisch- Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Aus stellung die Beschaffung geeigneter Arbeitsräume für die Presse innerhalb der Ausstellungsräume bereitwilligst zugesagt hat. — Ein weiteres Gesuch im Interesse der Berufsgenossen hat der Verein „Leipziger Presse" an das königliche Land gericht eingereicht: Er bittet in demselben um die Bestellung ständiger journalistischer Sachverständiger an den hiesigen Gerichten, in Rücksicht darauf, daß die Mitglieder des jetzt bestehenden literarischen Sachverständigen-Vereins zur Abgabe von Gutachten über journalistisch-technische Fragen kaum gewillt sein dürften. Die Entscheidung über dieses Gesuch steht noch aus. ^Leipzig, 16. September. Das entsetzliche Bahn Unglück im städtischen Weichbild bei Wiederitzsch läßt uns nunmehr auch an dieser Stelle nochmals aus die schon m verschiedenen „Eingesandts" behandelten Zustände am Uebergang der Eilenburger Eisenbahn und die äußere Zweinaun- dorfer Straße zurückkommen. Wenn sich nun einmal die Sperrung der Straße durch die Züge der Eilenburger Bahn nicht verhindern läßt, so möge hier daraus aufmerksam gemacht sein, daß cs nothwendig ist, daß während der Dunkelheit diese Sperrung durch eine deutlich sichtbare und nicht hinter Gebüsch versteckte Laterne kenntlich gemacht wird. Erst vor kurzer Zeit konnte bei dem Mangel eines größeren Lichtscheines nur durch die Geistesgegenwart des Kutschers verhindert werden. daß die Pferde eines Kremsers die Barriere durchbrachen. Die Beleuchtung des Ueber gangs ist daher nöthig, ebenso auch die Anbringung einiger Petroleumlaternen entlang deö Hanisch'schen Grund stückes. Die Straße gehört ganz zur Stadt, es stehen an ibrem Rande Bäume und sie selbst ist von zwei im Scmmer stinkenden Graben flankirt. In der Finsterniß sind Unglücks fälle hier nicht ausgeschlossen, umsomehr, als schon oft Ge schirre und Radfahrer ohne Laterne bemerkt wurden. Aber nicht nur zur Vorbeugung von Unglücksfällcn, sondern auch aus Gründen der Sicherheit und der Sittlichkeit ist eine, wenn auch nur nothdürftige Beleuchtung dieser viclbegangenen Straße zu empfehlen. * Leipzig, 16. September. Von dem Urkunvcnbuche deS Königreichs Sachsen (Ooclex äip1omLticu8 Laxoniue liegiuv) ist in diesen Tagen wiederum ein Band erschienen das Urkundenbuch der Stadt Grimma und des Klosters Nimbschen, herausgegeben von Ludwig Schmidt. Wir behalten uns vor, auf diesen Band, der auch zur Ge schichte Leipzigs mancherlei Beiträge enthält, ausführlicher zurückzukommen. Als den zunächst zu erwartenden Band des Urkundenbuches kündigt übrigens die Verlagsbuchhandlung (Giesecke L Devrient) an: den ersten Band der Matrikel der Universität Leipzig, hcrausgegeben von Georg Erker — eine Nachricht, die gewiß von vielen Seiten mit großer Freude begrüßt werden wird. — DaS Begräbniß des verstorbenen Schriftstellers vr. Moritz Brasch findet heute Nachmittag 4 Uhr von der Leichenhalle des jüdischen Friedhofes auS statt. * Leipzig, 16. September. DemSchriftsetzerE. I. Schimpf und dem Hausmann I. G. Zeißig, welche beide über 30 Jahre lang in einer und derselben Arbeitsstelle thätia sind, wurden vom königl. Ministerium des Innern das Ehren zeichen für Treue in der Arbeit nebst WibmungS- urkunde verliehen. Der Rollkutscher F. W. Noack wurde durch eine von der königl. Kreishauptmannschaft ausgefertigte Belobigungsurkunde ausgezeichnet. Diese Ehrenzeichen sind den Betreffenden an Rathsstelle auSgehändigt worden. ** Leipzig, 16. September. In einer von 120 Personen besuchten Versammlung der streikenden Maler- und Lackirergehilfen,die gestern im „Pantheon" stattfand, wurde mitgetheilt, daß bis jetzt 55 Meister durch Unterschrift und 8 Meister durch mündliche Vereinbarung den neuen Tarif anerkannt haben. Nachdem wieder einige Gehilfen abgereist sind, befinden sich nur noch 60 im Ausstande. Im weiteren Verlaufe der Debatte wurde getadelt, daß Herr Maler-Meister R. Schulz, der den Tarif erst durch Unterschrift anerkannt habe, jetzt schon den selben wieder zu durchbrechen suche, indem er einen Theil seiner Gehilfen nicht tarifmäßig bezahle. Die Lohn- commission wurde beauftragt, hierin Wandel zu schaffen und überhaupt darauf zu achten, daß der Tarif streng beobachtet werde. Diejenigen Werkstätten, welche den Tarif nicht anerkannt haben, sollen „gesperrt" werden. Eine Liste derselben will man später veröffentlichen. * Leipzig, 16. September. Die Entlassung der Reserven steht bevor, und es bietet sich jetzt für den Arbeitsnachweis der hiesigen königlich sächsischen Militair- vereine, dessen Bureau sich bekanntlich im Burgkeller be findet, Gelegenheit, von Neuem seine segensreiche Wirksamkeit zu entfalten. Bereits haben sich Leute aller Branchen ge meldet, und die Commission richtet uunniehr die dringende Bitte an alle Arbeitgeber, ihr Aufträge und Mittbeilungen über Stellenvacanzen zugehen zu lassen. Hoffentlich wird dieser Bitte in recht reichem Maße entsprochen. — Für das Concert, welches der Hausväter verband im 3. Bezirk der St. Nicolaigemeinde zum Besten seiner Armenpflege am Donnerstag, den 3. Okto ber, in der Albertballe veranstaltet, haben nicht nur heimische Künstler ersten Ranges bestimmt ihre Mitwirkung zugesagt, sondern auch einige der gefeiertsten Künstler von auswärts werden im Interesse deS guten Zweckes Mitwirken. Es steht unseren Musikfreunden ein genußreicher Abend bevor. Die Preise der Plätze sind 3, 2^, 2, N/z, 1 und 50 so daß Jedermann Gelegenheit nehmen kann, sich diesen Kunst genuß zu verschaffen. In deu nächsten Tagen soll der Billet- verkaus beginnen; wir werden nicht verfehlen, die Verkaufs stellen bekannt zu geben. Leipzig, 16. September. Die Rückfahrkarten von Böhlen (Rötha) nach Leipzig haben Giltigkeit zur Fahrt nach Zwenkau, ferner haben die Rückfahrkarten Zwenkau—Leipzig die Eigenschaft zur Benutzung der Strecke Leipzig—Böhlen (Nötba) beigelegt erhalten. (L. Z.) bst Leipzig, 16. September. Den erbalteneu schweren Verletzungen erlegen ist im Krankenhaus St. Jacob der Arbeiter Hugo Weber, von welchem wir vergangene Woche meldeten, daß er am Neubau an der Gerberstraße und Blücherplatz Ecke vom Gerüst stürzte und einen Wirbel säulenbruck erlitten hatte. 8 Aus dem Bureau des Stadttheaters. Im Neuen Theater geht am heutigen Dienstag „Madame Sans-Göne" in Scene. — Im Alten Theater werden die einactigen Opern „Bajtien und Bastienne" und „Im Brunnen", sowie das Schneider'sche Genrebild: „Kurmärker und Picarde" gegeben. — Morgen, Mittwoch, gelangt anläßlich des 25jährigen Todes tages der Prinzessin Amalie von Sachsen das vicractige Lustspiel der Dichterin: „Der Majoratserbe" zur Ausführung und zwar in neuer Einstudirung und folgender Besetzung der Hauptrollen: Graf von Lanerfeld: Herr Körner, Bertha, seine Tochter: Frau Franck, Therese von Minden: Frl. Mancke, Gras Paul von Scharfeneck: Herr von Lenor. Graf Leo von Scharfen- eck: Herr Hänseler, Bärmann, Kammerdiener: Herr Prost. — Die Regie führt Herr Oberregisseur Grünberger. — Es folgt das ebenfalls neueinstudirte einactige Lustspiel „Die Dienst boten" von Roderich Venedix. — Im Alten Theater wird am Mittwoch die Operette „Der arme Jonathan" wieder holt. — Dellinger's neue Operette „Die Chansonnette" wird am kominenden Sonnabend im Alten Theater hier zum ersten Male gegeben. Die Hauptrollen sind wie folgt besetzt: Marchese Bonelli: Herr Searle, Rodolpho. Lieutenant bei den Bersaglieri: Herr Bauberger, Antonio Mazzuchetti: Herr Franck, Teresina, seine Frau: Frl. Wildner, Thaddeo Vivanti, Herr Greiner, Ninetta, seine Tochter, Chansonnetteusäugecin: Frl. Wrada, Miß Box, Athletin: Frl. Buse. Die Regie führt Herr Regisseur Unger, die musikalische Direktion Herr Musikdirektor Meyer. 8 Kryst a ll-Palast. Die Direktion deS Krysiall-Palastes ist unablässig bemüht, durch Vorführung von für Leipzig gänzlich neuen Specialitäten das Interesse für den Besuch ihrer Vor- stellungen rege zu halten. Obwohl die gegenwärtige Saison erst vor drei Wochen begonnen hat, hat das Programm bereits einmal eine wesentliche Bereicherung erfahren und auch jetzt wieder wurde da- ohnedies zahlreiche Künstlerpersonal um zwei hervorragende Programm.Nummern erweitert. Diesmal ist es der gesangliche Theil, welcher besonders berücksichtigl.wurde und, w e wir glauben, mit äußerst günstigem Erfolge. Toni Tonchette, eine äußerst schneidige und dabei höchst decente Soubrette, welche im Winter- garten zu Berlin allgemeinen Beifall fand, sowie die vorzüglichen Gejangsduettcsten Thekla und Alexander Blanche, vom Ronacher-Theater in Wien, die mit Recht als zu den besten ihres Faches gezählt werden, sind dem Ensemble neu einverleibt morden und dürste sich somit der ohnedies günstige Besuch der Vorstellungen uoch wesentlich steigern. — Auch in den unteren Räumen des Krustall-Palastes hat durch das Neuengagement der aus 6 Damen und I Herrn bestehenden Original Sleyrischen Concert- und Jodler- Gesellschaft Joseph Schöpfer eine Programm-Aenderung statt gefunden. Die Vorstellungen in der Alberthalle beginne» präcise 8 Uhr, während die Concerte der Gesellschaft Schöpfer bereits um Vr8 Uhr ihren Ansang nehmen. 8 Im Etablissement Battenberg (kleiner Saal) finden die regelmäßig Dienstags stattfindenden Theaterabende ein überaus zahlreiches und dankbares Publicum. Heute kommt das Bolksstück „Almenrausch und Edelweiß" zur Ausführung. Tie Vorstellung be- ginnt 8'/, Uhr. 8 Etablissement SanSsouci. In dem eleganten, reich- decorirten Wintergarten-Saale des Etablissements Sanssouci, Elster- und Promenadenslraßen-Ecke, finden heute und morgen Abend 8 Uhr zwei humoristische Gesangs-Concerte, veranstaltet von dein Leipziger Quartett- und Concertjünger-Ensemble, unter Direktion des Herrn Bischoss statt. Das Programm der Gesellschaft ist ein sehr reichhaltiges und abwechselungsvolles, so daß der Besuch dieser Soireen Jedermann nur bestens empfohlen werden kann. Jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft ist in seine» Leistungen vorzüglich und geht dem Ensemble, welches hier überdies schon hinreichend be kannt ist, ein guter Ruf voraus. Außer Quartett- und Solo- Gesängen sowie nur neuen komischen Vorträgen bildet den Schluß des Programms ein humoristisches Gejainmtjpiel, in welchem sämmt- liche Mitglieder mittvirkeu. 8- „Probiren geht über StudirenI" — dies alte Sprichwort möchten wir allen Denen zurusen, die da vermeinen, Alles schon gesehen zu haben, was die Specialitätenbühuen Neues bringen. Man besuche nur eine der bis zum 25. d. Mts. währenden Vor stellungen in der Centralhalle und man wird erkennen, daß man doch noch nicht „Alles" sah. Die Darbietungen des Künstler- Personals erregen allabendlich nicht nur Staunen und Bewunderung, sondern rasch sind die Künstler auch erklärte Lieblinge des Publicums geworden. Der Reiz der Neuheit, der allen Leistungen anhaftet, erweist sich je länger je mehr als ein vorzügliches Zugmittel für Leu Besuch der Vorstellungen in der Central Halle. 8 Heute Abend giebt das Philharmonische Orchester unter Herrn Musikdirektor Linden's Leitung in den Drei Lilien ein großes Extra-Concert. Das Programm ist besonders vielseitig und gewählt, so daß der Besuch dieses Concertes sehr zu em pfehlen ist. Leipzig-Gohlis, 16. September. Der Hauschildvereiu zu Leipzig-Gohlis, einer der bestehenden acht Schrebcrvercine unserer Stadt, hielt gestern unter zahlreicher Betheiligung seiner Mitglieder auf seinem Vereinsplatze seine Gartenbau ausstellung ab. Dieselbe wurde eröffnet mit einem Zuge der Kinder von Schloß Drachcnfels aus nach dem Vereinsplatze, wo für diese nach einer kurzen Ansprache des Vorsitzenden der Spiclcommission von 3 Uhr ab die üblichen Spiele unter Leitung von Spielordnern und -Ordnerinncn stattfanden, während die anwesenden Mitglieder deS Vereins und die eingeladenen Gaste die in der Geräthehalle geschmackvoll aus gestellten Proben von Erzeugnissen der Vereinsgärten be sichtigten. Die Ausstellung machte einen sehr günstigen Ein druck. Mit der Ausstellung war eine Lotterie verbunden, durch deren Gewinne auch diesmal bei den Gewinnern viel Freude angerichtet wurde. Ein Lampionzug der Kinder durch die festlich geschmückten Gärten und eine humoristische An spräche an die Kleinen beschlossen die Feier, die man als durch aus gelungen bezeichnen darf. —X- Lcipztg-Lindenmi, 17. September. Der kirchliche Familienverband zu L.-Lindenau beschränkt sich in seinen Versammlungen nicht nur auf das Winterhalbjahr, sondern auch in den Tagen des Sommers ist es den Mitgliedern ein Bedürsniß, vvn Zeit zu Zeit zusammeuzukommen und sich zu vereinigen zu gemeinschaftlichen Spaziergängen. So hatte man im vorigen Monate einen Ausflug nach dem freund lich gelegenen Eythra unternommen und dort auch in dem schmucken kleinen Kirchlein, das durch die nahezu 200 Linde- nauer Gäste bis auf den letzten Platz gefüllt war, dem Nach Ferrrllstsir» Aus großer Zeit. ErinnerungSblättcr von Georg Bley steiner. (Nachdruck verboten.) 27. Nach den neuesten Ereignissen mußte die deutsche Heeres leitung darauf vorbereitet sein, daß die französische Haupt stadt, gestützt auf ihre reichen Hilfsquellen und ausgedehnten Befestigungen, sich bis aufs Aeußerste vertheidigen würde. Das nicht zu berechnende Verhalten einer leicht erregbaren Einwohnerschaft von fast zwei Millionen Seelen konnte die dortigen Verhältnisse so wesentlich beeinflussen, daß sich diese noch jeder Vorausbestimmung entzogen. Schon bei Ausbruch des Krieges mit Deutschland hatte es die französische Regierung für ratbsam gehalten, die Wälle und Festungswerke der Hauptstadt zur Vertheidigung auszu rüsten und durch neue Anlagen so viel als möglich zu ver stärken. Bereits im Juli batten die Militairbehörden die dringendsten Arbeiten in aller Stille zu erledigen gesucht, um jede Beunruhigung der Bevölkerung zu vermeiden. Nach den Niederlagen im Monat August trat jedoch angesichts der nun wachsenden Gefahr ein VertheidigungsauSsckuß zu sammen, der unter Vorsitz und Leitung des Generals Trochu die Sicherstellung der Hauptstadt mit allen Mitteln be schleunigte. Die umfangreichen Arbeiten hatten unter Mit wirkung aller dazu geeigneten Kräfte schon vor dem Er scheinen der Deutschen in der Nähe der Hauptstadt einen so günstigen Fortgang genommen, daß der Vertheidigungsaus- schuß zur Anlage immer neuer und stärkerer Befestigungen schreiten konnte. Vor der Nordfront wurden die Teiche und Bäche angestaut, die Gräben der Forts mit Wasser gefüllt. Schanzen wurden aufgeworfen, die Gehöfte befestigt, Schlösser und Mühlen durch Laufgräben mit einander verbunden, wo durch eine zusammenhängende vordere Vertheidigungslinie ge schaffen wurde. In dem von Natur und durch die vorhandenen Befestigungen sehr vertheidigungSfähigen östlichen Vorland be durfte eS nur der Herstellung einer gedeckten und mit Geschütz ständen versehenen Schutzwehr. Auf dem linken Seine-User wurde der Höbenzug durch Anlage mehrerer Erdwerke be festigt, eine Schanze errichtet und durch Anstauung der Bißvre vor ihrem Eintritt iu die Stadt das Thal derselben überschwemmt. In der Absicht des BertheidungsausschusseS lag es auch, die auf dem linken User der Bievre den Forts Montrouge, VanveS und Jssy gegenüberliegenden Höhen in den Vertyeidigungskreis hineinzuziehen. Der Bau mehrerer Schanzen und ein entsprechendes Abholzen der in ihrer Nähe befindlichen Waldungen wurde begonnen; die Arbeiten blieben ab,, dergrt im Rückstände, daß beim Erscheinen der Deutschen diese wichtigen Stellungen aufgegeben werden mußten. Die genannten Forts aber wurden durch Laufgräben mit einander verbunden, die sich bis an das linke Seine-Ufer fortsetzten und auch zu den Nächstliegenden, mit Vertheidigungseinrichtungen versehenen Oertlichkeiten führten. Auch in dem Raume zwischen den FortS Jssy und Sövres, sowie aus der Insel Billancourt befestigte man die Ortschaften. Der Plan, zwischen dem Mont-Valörien und den Befestigungen von St. Denis neue Werke auf der Halbinsel von GennevillierS anzulegen, mußte gleichfalls in Folge des schnellen Vorschreitens der Deutschen mitten in seiner Ausführung aufgegeben werden. Die Ber- theidigung beschränkte sich hier daher auf das rechte Seine- Ufer zwischen St. Cloud und St. Denis und auf die Befestigung der Dörfer Courbevoie, AsniöreS und Villeneuve la Garrene als Brückenköpfe. Bei letzterem Orte wurde in der Seine eine Verpfählung angebracht, während oberhalb der Stadt eiserne, schwerdelastete Pontons unter dem Schutze von Kanonenbooten den Strom absperrten. Vorkehrungen zu einer Beleuchtung des Vorlandes durch elektrisches Licht waren auf sämmtlichen Werken angebracht, letztere und alle militairisch wichtigen Gebäude in der Stadt durch ein sorg fältig angelegtes Telegraphennetz unter einander verbunden. Auf zwölf Puncten befanden sich besondere Beobachtungs posten und auf dem Glacis der einzelnen Werke waren an geeigneten Stellen Torpedos eingegraben. Bei Annäherung der Deutschen wurden die Seine- und Marne-Brücken in der Nähe der Stadt gesprengt. Sämmtliche außerhalb der Forts nach der Stadt führenden Wege wurden zerstört; Verhaue, spanische Reiter, WolfSzräben, Fußangeln, Drahtzäune und andere Hindernisse sollten das Vordringen der Deutschen nach Möglichkeit erschweren. Gleichzeitig war auch die artilleristische Ausrüstung der Werke von dem VertheidigungSauSschusse energisch be trieben worden. Mitte September verfügte man bereits über 2627 FestungS- und Belagerungsgeschütze, so daß in dieser Beziehung den weitgehendsten Anforderungen genügt war. Außerdem waren dem Commandanten zur Verstärkung be drohter Puncte noch mehrere Hundert schwere Geschütze überwiesen, zu deren Fortschaffung 460 Gespanne bereit standen. Zur Unterstützung der Festuogsartillerie diente eine neugebildete Fluß-Flottille von 5 schwimmenden Panzer batterien, 6 gedeckten Dampfschaluppen, einer Dacht und 9 Kanonenbooten, die zum Theil ursprünglich auf dem Rheine hatten in Thätigkeit treten sollen. Diese Flottille erhielt den Auftrag, Dämme, Schiffbrücken und diejenigen Stellen zu schützen, an denen die Seine die Stadt-Umwallung durch- schneivet: auch sollte sie die Truppenbewegungen nach Möglichkeit unterstützen. An Munition wurden 500 Schuß für jedes Geschütz der FortS und 200 für jedes der Um wallung gefordert; der Bedarf an Pulver betrug 3 Millionen Kilogramm. Unter Heranziehung großer Borräthe von außerhalb und Errichtung einer Pulverfabrik in Paris gelang eS, diesen Anforderungen rechtzeitig zu entsprechen. Mit ebenso rastloser Thätigkeit wurden auch die zu einer nachhaltigen Vertheidigung der Riesenfestung erforderlichen Streitkräfte herbeigeschafft. Von den nöthig erachteten 167 500 Mann sollten 80 000 für die Stadlbefestigunz, 40 000 für die Forts, 7500 für die Artillerie und 40 000 als Feldarmee verwendet werden. Zur Verfügung standen an Linientruppen das von Meziöres z nückberusinc 13. und das eben in der Hauptstadt geschaffene 14. Corps, jedes in der Stärke von etwa 25 000 Mann. Die Flüchtlinge und Versprengten der Armee von ChalvnS waren den Marsch-Regimentern zugetheilt, aus deu Ueberresten der von Sedan entkommenen drei Zuaven-Regimenter ein Marsch-Zuaven-Regiment gebildet worden. Einen ferneren Zuwachs an Linientruppen lieferte die Marine-Ver waltung durch Ueberweisung von etwa 14 000 Matrosen, Marine-Infanteristen und Kanoniken, die, zu einer Division unter dem Viceadmiral de la Rouciöre le Noury zusammengestellt, den tüchtigsten und zuverlässigsten Be- standtheil der Vertheidiger von Paris bildeten. Mit Hinzu rechnung der 3000 Mann starken Gendarmerie zn Fuß, der Garde von Paris, sowie von 5000 Zollwächtern, Förstern und Stadtsergeanten betrug der Bestand der Linientruppen etwa 80 000 Mann. Einen geringeren Werth als die ge nannten Truppen batten die vorhandenen 115 000 Mobil garden, die in Folge der kaiserlichen Verordnung vom 16. Juli unter Waffen getreten und seit dem 1. September aus allen LandeStheilcn nach Paris herangezogen worden waren. Die unzuverlässigsten darunter waren die 15 000 des Pariser Departements, die gegen Mitte August aus dem Lager von ChalonS wegen Mangels an Disciplin nach Paris zurückgeführt worden waren, aber hier schon am 12. Sep tember daH, Beziehen der Vorposten verweigerten, weil ihnen die überwiesene Stellung zu kgefährdet erschien. Außer den Mobilgarden waren 130 Bataillone Nationalgarden (Bürgerwehr) von je 1500 Mann gebildet worden, denen eS aber weitaus zum größten Theile vollständig an Disciplin und militairischer Ausbildung gebrach. Der in der Be völkerung von Paris sehr verbreitete Wunsch, an der Ver theibigung der Hauptstadt theilzunehmen, ohne sich einer strengeren Disciplin unterwerfen zu müssen, führte außerdem noch zur Bildung von Freicorps, deren Stärke bald derart zunahm, daß sich die Regierung genöthigt sab. ferneren Neu bildungen Einhalt zu thun. Diese CorpS rüsteten sich selbst nach eigenem Geschmack auS und suchten ganz nach Belieben eine militairische Thätigkeit. Unter den 300 000 Mann, die somit im Monat Sep tember zur Vertheidigung von Paris zusammengebracht waren, befanden sich nur wenige Cavallerie-Regimenter. Von denen des 13. und des 14. CorpS waren einige unter dem General Reyau nach der Loire abgerückt, die übrigen 8 unter dem General Cbampsron zu einer Division vereinigt worden. Hierzu kam noch die Cavalleriebrigade BerniS. Einen weitern Zuwachs erhielt diese Waffe noch durch die Gendarmerie zu mittagSgotteSdienste beigewohnt. — Am vorigen Sonntag nun hielt der Verband im alten Gasthose zu Schönau ein Ki nke r - fest ab. Nachmittags nach 2 Uhr wanderte man gruppen weise dem Bestimmungsorte zu; dort angckommen. wurden die Kinder — 192 an der Zahl — mit Kaffee und Kuchen bcwirthet, worauf in dem anstoßenden Garten sich die Kleinen an heiteren Spielen ergötzten. Als es zu dämmern begann, erhielt jedes Kind eine bunte Laterne, dann hielt der Vor sitzende des Vereins, Herr Sachße, eine kurze Ansprache an die Kinder, in welcher er denselben nahelegie, sich dankbar den Erwachsenen zu zeigen, welche sich ihnen beim Spiele so hingebend gewidmet und strahlenden Auges und beglückten Herzens schickte man sich zur Heimkehr an. Grimma, 14. September. Am Ende dieses Monats wirc wiederum ein treuverdienter Lehrer, der länger als drei Jahrzehnte in unserer Stadt seines Amtes gewaltet, in den Ruhestand treten. Es ist dies Herr Musikdirektor und Seminaroberlehrer Rudolf Samuel Böhringer Im Jahre 1861 kam Böhringer nach Grimma als Cantor der Königlichen Landesschule und zugleich Musiklehrer dc^ hiesigen Königlichen Seminars und war sodann, unter spätere. Aufgabe seiner amtlichen Stellung an der Fürstenschule, seit 1881 Musikdirektor von Seminar I. Böhringer hat dem nach 31 Jahre lang in Grimma und 43 Jahre als Lehrer überhaupt gewirkt. Seine langjährige treue Thätigkeit is: von dem Könige zu Ostern dieses Jahres durch Verleihung der Ritterkreuzes II. Cl. vom Albrcchtsorden anerkannt worden. — Zur Zeit werden im Glasten er Walde Bohrungen nach Wasser veranstaltet, da diese Gegend trotz der 10 km in der Luftlinie betragenden Entfernung immerhin noch als die nächste angesehen werden muß, die Grimma mit Wasser unter natürlichem Truck versehen kann. Das Glastener Revier liegt durchschnittlich 200 m hoch, und da der Marktplatz zu Grimma ungefähr 128, die Gattersburg 146, der Bahnhof 158 und das Hospitalgut 174 m hoch liegt, so würde cs dcmnaci keinen bewohnten Punct unseres Stadtgebiets geben, der nicht mit Wasser versorgt werden könnte. Gestern wurden di Bohrarbeiten durch Herrn Ingenieur Menzner in Begleitung des Herrn Sladtbauinspectors Sinz besichtigt. Doch kann, ehe die Arbeiten abgeschlossen sind, etwas Feststehendes über den Erfolg noch nicht gesagt werden. Borna bezieht sein Wasser aus der Gegend von Ebersbach und mußte eine 15 km lange Leitung Herstellen. Die Leipziger Wasserleitung hat 18 km Entfernung zu überwinden. ät. Markranstädt, 14. September. Nach unserer Lokal schulordnung müssen diejenigen Schulkinder, deren Eltern hier nicht ortsangehörig und untcrstützungsberechtigl sind, sondern sich nur in Pflege befinden, bis zu 21 jährlich Schulgeld entrichten, fosern die Pflege nicht unentgeltlich geschieht und damit ein Act der Barmherzigkeit verbunden ist. Nun ist auf Veranlassung einer gewiß edeldciikenden Person eine Waisen colo nie von Leipzig hierher verleg: worden, so das; bis jetzt schon 17 Anmeldungen schul pflichtiger Waisen von ihren Pflegeeltern in unserer Schule erfolgt sind, deren Zahl sich, wie verlautet, noch auf 40—50 steigern kann, für welche bei hiesiger Be Hörde um unentgeltliche Beschaffung der Schulbücher und sonstiger Utensilien und ermäßigtes Schulgeld gebeten worden ist. In Anbetracht der Sacklage, daß durch die große Zahl der Bedürftigen Markranstädt, das selbst genug Unter stützungsbedürflige zu versorgen hat, große Kosten erwüchsen, die vermieden werten tonnen, und im Hinblick auf die Thal sache, daß die Pfleger vom Waisenhaufe zu Leipzig jährlich 120 ErziehungsgelL erhalten, ist man gespannt, wie die hiesige Behörde dem gegenüber sich verhalten wird. * Zwickau, 16. September. Der herzoglich Sächsische Kammersänger Benno Köpke, welcher vertragsmäßig das hiesige Stadttheater übernommen hat, eröffnet am 29. d. Ni. die Saison. Er beabsichtigt Drama, Lustspiel, Volksstücke, Posse, Operette, Oper aufzusühreu. Das darstellende Personal umfaßt 21 Damen, 21 Herren, sowie 20 Personen im Cber und Ui im Hilfschor. Das Stadtmusicorps besetzt das Orchester. — Der hiesige Musikverein, dessen Vorsteheramt Gymnasial- oberlehrer Or. Bock übernommen hat, veranstaltet auch in dieser Saison 4 Concerte und 2 Kammermusikabende. Als Solisten sind bis jetzt gewonnen: Fräulein Charlotte Huhn- Dresden, Pianist de Greif-Brüssel, Cellist Wille-Leipzig. — Das am 1. d. M. zum Besten deS Fonds für ein hier zu errichtendes Bismarck-Denkmal veranstaltete Concert der hiesigen Gesangvereine brachte 187 Einnahme. Nach Abzug der Kosten verbleiben 201,75 .L für den Denkmalfcnds. — Scknhmachcr- obermeister Schumann aus Berlin hielt am 13. d. M. in einer Handwerkerversammlung hier einen Vortrag über: „Die jüngsten Maßnahmen der Regierung zur Rettung des Hand- Pferde, einige Abtheilungen Spahis und die republikanische Garde. Auch ein Theil der Nationalgarde und der Freicorps machte sich beritten. Unter den berittenen Freicorps machte sich bald die Escadron Franchetti bemerklich. Im Ganzen wurde die Cavallerie im Laufe der Belagerung auf etwa 5000 Pferde gebracht. Die Franctireurö (freiwillige Schützen) stellten ein Kampfmittel dar, dessen wesentlichster Bestandtheil nur in kleinen Trupps und Banden sich zeigte; stellenweise erschienen sie jedoch auch in größerer Anzahl von Hunderten bis zu Tausenden. Ihre Zahl entzog sich jeder Berechnung. Zu ihnen sollte den Anforderungen der Presse nach Jedermann gehören, dem sich eine Gelegenheit bot, einen Deutschen zu tödten. Damit war der Einbildungskraft der Neichen, wie dem Haste des ganzen Volkes ein weites Feld der Tbätig keit eröffnet, und viele Gesellschaften in den wunderlichsten Trachten und mit empörenden Satzungen schlossen sich den großen Massen der in einfacherer Weise auf Tödtung aus gehenden ärmeren Elasten an. Gewiß ist, daß alles besitz lose Gesindel, das Proletariat des stachen Landes und der Städte, den Kern der FranctireurSbanden bildete, daß aber auch mancher thörichte, betrogene oder cingeschüchterte Bauer, mancher in seiner Vaterlandsliebe irregeleitete Jüngling gleichfalls zu diesen regellosen, raubenden und mordenden Horden sich gesellte, die schließlich der besitzenden Elaste Frankreichs gefährlicher werden sollten, als die deutschen Truppen. Im Innern von Paris wurde das VerthcidignngSheer in folgender Weise gegliedert: Die Nationalgarde bildete die 1. Armee unter General Tamissier: ihr wurde die Vcr- tbeidigung der inneren Befestigungen und die Sicherung der öffentlichen Ruhe übergeben. Eine 2 Armee, deren Ober befehl dem wortbrüchigen General Ducrot übertragen wurde, bestand aus den Linientrnppen und den Mobilgarden, sie war hauptsächlich für Ausfälle bestimmt. Eine 3. Armee bildete der Rest der Linientruppen und der Matrosen zur Ver theidigung der FortS; diese stand unter dem eigne» Befehle des Generals Trochu, der seinerseits im weitern den Ober befehl über sämmtliche Armeen führte. Für die Unterbringung und Verpflegung der Truppen sorgte der VertheidigungSausschuß in eingehender Weise; er wurde hierbei von der Bevölkerung, innerhalb deren sich eine Menge von Hilfsvereinen verschiedener Art bildete, thatkräftig unterstützt. Auf den äußern Ringstraßen von Paris, auf der Hochfläche von Romainvillc und im Lager von St. Maur entstanden zahlreiche Baracken; zur Aufnahme von Kranken und Verwundeten wurden die nöthigen Lazarethe errichtet. Die Verpflegung der Truppen war bald für längere Zeit sicher gestellt und durch Herbeischasfung eines 45 tägigen Mundvorraths für die Einwohnerschaft glaubte man den äußersten Anforderungen genügt zu haben. (An Schlachtvieh batte man bis zum 19. September 30 000 Ochsen, 6000 Schweine und 180000 Hammel zusammengebracht.) Durch
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview