Delete Search...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-08
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930708014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893070801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893070801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-08
- Monat1893-07
- Jahr1893
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
1. MM z. ÄWN ÄMitt M AMI A. M CmM, ?. Wi M. <MW-Atzck.s Reichstag. (Special.Bericht de» „Leipziger Tageblattes".) S. Sitzung vom 7. Juli, 1 Uhr. 6. H. Berlin, 7. Juli. Am Tisch de« Bundesraths: Ä«as Laprivi, v. Boetticher, Freiherr v. Marschall, v. Kaltenborn-stachau, Gras Hohen. «hal ». «. Han» und Tribünen sind gut besetzt. Zunächst werden einig« Anträge aus Einstellung von Strasversahren gegen die Adgg. Ilr. Müller-Sagan (sreis. V), Schmidt-Frantsurk, Sch ultze-Konigsberg, Buch und Metzger- Harnburg (Soc.) ohne Discussion angenommen. Sodann tritt das Hau» in die erste Lesung der Militair- Vorlage. Reichekanzler Graf Eapriai: Nachdem die Militairvorlage seit neun Monaien Gegenstand der Discussion gewesen, ist es nicht mlgiich, Neue» darüber zu sagen. Ich verzichte auch daraus, Alle in wiederholen, und beschränke mich aus dir Begründung der neuen Vortage. Daß die Regierungen sich aus diese beschrankten, dazu wurden sie vor Allem durch wirthichasltiche Rücksichten bestimmt. Er sind Abstriche gemacht worden sowohl an Mannschaften wie a» Geld. In beide» Beziehungen ist die Vortage um ein Sechstel reducirt. Um so wentger ist der Vorwurf begründet, die Regierungen hielten starr an ihrer Forderung fest. Wir glauben auch mit dieser redncirte» Forderung eS erreichen zu können, daß wir den Feind von unserem Areal fernhalten. Anders wäre es nicht möglich, die Stimme im europäischen Areopag ausrecht zu erhalten. Seit vorigem Muter hat sich unsere Lage zwar nicht politisch, aber militairisch zu unseren Ungunsten verändert. Frankreich hat sein neues LadreS- gesetz durchgebracht, in Rußland ist die Friedensprasenzstärke uin 90000 Mann erhöht worden. Dem gegenüber konnten wir nicht still stehen, oder wir wären in immer ungünstigere Position gekommen. Wir sind nicht so wett gegangen, die allgemeine Wehrpflicht durchzu sühren. Nach der vermehrten Recrutenaushedung werden wir noch 90 bi« 10V (XX) taugliche Leut» nicht einstellen. Der Einwand, daß wir die früheren Resolutionen des Reichstages nicht beachtet hätten, ist dem- nach nicht begründet. Auch der Einwand, wir hätten noch warten können, ist nicht begründet. Wir können nicht warten, bi» wir die Grenzen schützen müssen, sondern wir müssen daraus vorbereitet sein Daß wir die zweijährige Dienstzeit nicht in die Verfassung aus- nrhmen, dasür haben wir dir Gründe bereit» früher ausgesührt; «an hat sich jetzt auch aus die gesetzliche Festlegung al» Forderung beschränkt. Für 5 Jahre hat die Regierung da» von vornherein zRgestanden. Liese Bestimmung hat in der neuen Vorlage eine klare und präcise Fassung erhalten. Nun besteht der Wunich, die Dienstzeit aus über fünf Jahre hinaus sestzulegen. Da» ist ein» rein theoretische Frage. Hat da« Gesetz seine Wirkung, so kann dt« Regierung von der zweijährigen Dienstzeit zurück, bewährt sich letztere nicht, so kann keine Volksvertretung die gustiinmun zur Rückkehr zn der längeren Dienstzeit verweigern. Praktik ist sttr un» maßgebend, daß wir die nothwendige» Campen salionea sür di« zweijährige Dienstzeit gesichert haben müssen Ich wende mich nun zur Deckungssrag». Die früheren Steuer- Vorlagen sind nicht zur gründlichen Erörterung gekommen. E« bestaub ober gegen einzelne derselbe» eine gewichtig, Opposition Wir hoben deshalb die Entwürfe nicht wieder vorgelegt. Sie existier« nicht mehr, sondern gehtren der Vergangenheit an. Gemein schastltch mit der preußischen Finanzverwaltung haben wir einen Plan ausgestellt, um einmal die Böriensteuer anders und aus giebiger zu gestalten (Beifall rechts), ferner die Deckung so zu schasse«, daß die Stärkeren belastet, die Schwächeren geschont werden (Beifall), vor Allem wollen wir di« Londwirthschast nicht mit neuen Steuern belasten (Beifall rechts, Lachen links. Aus: N»türkichl bei den Socialdemokraten). Im Einzelnen kann ich mich über di« Deckungssrag« nicht äußern, ich muß hier an Ihr Ver. traue» »nd Ihren Glauben an «n» »ppelliren. Militairisch» Gründe ntzthigten un-, einstweilen auch ohne dir Deckung vorzugehen. Wir würden sonst militairisch erheblich geschwächt dastehen, sobald das Septennat abliuft. Wir wollen durch die Vorlage aber nicht nur Da» erreichen, sondern auch die Kriegsbereitschaft durch die Aus stellung der neuen vierten Bataillone erhöhe». Wir müssen serner di« Unruhe im Lande beseitigen. Handel »nd Wandel, da» ganze Erwerbsleben leidet unter der waltenden Unsicherheit. Diese dürsten un» schon ungefähr so viel Millionen gekostet haben, wie die Milt- tatrvorlage erfordert. (Widerspruch links.) Weiter bestimmt un- die Rücksicht auf da» Ausland, die Vorlage Ihnen zur beschleunigten Annahme zu empfehlen. Unser Ansehen hat sich im Auslände sicher durch die Ablehnung der Vorlage nicht oerb.ssert. Deshalb bitte ich Sie, vesetliige» Sie sich mit den verbündeten Regierungen, machen Si« d«m jetzigen Zustande ein End« und geben St« Deutschland da-, war e» braucht, um sich seiner Sicherheit zu erfreue» und mit Ruhe in die Zukunft blicken zu können. (Beifall rechts.) Abg. Patzer (südd. Volksp.): Mir einigem Geschick hätte man bie Vorlage auch im vorigen Reichstag« durchdringen können. Aber man woule die Auslösung, den» man hoffte aus eine größere Mehr- het». Darin hat man sich getäuscht. Die Mehrzahl der Wähler hat uch grgen dt« Vorlage ausgesprochen, die Mehrzahl der Gewählten sind »t« Gegner derselben gewählt. Politisch hat also die Regierung das Spiel verloren. Da» zeigt sich vor Allem in der Erbitterung gegen den neuen Cur- und in der Stärkung de» PariiculariSmu» Vsrcheil au» dem Wahlkamps haben nur die Vertreter der Standes- Politik, der Sociaipolitik und die Vertreter der Jntrrrssenwirthschaft auf der rechten Seite Vor dieser hat ja der Reichskanzler heute schon ein« Verbeugung gemacht. Sie werden der Gesetzgebung der nächsten 5 Jahre den Stempel aufdrücken. Was ihnen der gegenwärtige Reichskanzler nicht gewähren will, da« werden sie von seinem Nachfolger verlangen. Für Unterstützung der Regierung haben sie doch die neue wirtdschastliche Vereinigung nicht gebildet. Dir Nationalliberalen haben ihnen dazu geholfen. Sie haben et gethan unter Preisgebung ihrer liberalen Grundsätze. Damit haben auch sie einen steil in ihre eigene Froction getrieben und sich den Agrariern mit Leib and Seele verschrieben. Die ver bündeten Regierunge» werden für ihre wirlhschastliche Politik darum nicht mehr di« nothwendige Unterstützung finden. Selbst die Militair- Vorlage ist noch nicht gesichert. Bei manche», di« für sie stimmen wollen, sind noch gewichtige Bedeuten zu beseitigen. Auch die Er klärungen de» Reichskanzlers werden daran nichts geändert haben. Die Forderung der gesetzlichen Festlegung der zweijährigen Dienst zeit wird erhoben werde». Persönliche Zusicherungen sür die Zukunst können nicht beruhigen, denn auch der Reichskanzler ist sterblich und sein Nachfolger an sein, Erklärungen nicht ge- Kunden. Auch über die Zahl der Brauchbaren können wir nicht beruhigt sein. Man braucht nur die Bauern draußen zu fragen, um zu höre», was alles sür brauchbar erklärt morden ist. Schwerer ind noch die Bedeuten bezüglich der Deckuugssrage. Eine Anzahl unserer College» bade» ihren Wählern gelvbi, ohne die Lösung der DecknngSsrage di« Vorlage nicht zu bewilligen. Biel« haben sich bann gebunden, daß der kleine Mann nicht belastet werden bars. Sie können durch Erklärungen der Regierung nicht beruhlgl werden. Zunächst geschieht ja die Deckung durch Matrikularumlagru. Di» Einzelslaaien werden da gewiß ohne Belastung des kleinen Mannes den aus sie entfallenden Betrag ausbringe» können. Im Reichs- Schatzamt scheint man keine neuen Steuern ausfindig gemacht zu haben, und man soll sich ja bereits »ach einem andere, Mann Um sehen, nach dem preußiichen Finanzminister, den, Liebling der Agrarier, der wird schon Helsen, der wird Steuerquellsn erschließen, io ein kleines Monopol oder was weiß ich, und schließlich geht- dem Reiche wie der armen Stadt Schneibemühl. Man wird den artesischen Brunnen nicht wieder stopfen können. (Heiterkeit.) Auch von der Regelung des Mililairslrasversahreus machen Gruppen von Mitgliedern des Hauses ihre Zustimmung abhängig. Unsere Partei steht noch aus ihrem alten Staudpunct, sic ist gegen die Vorlage. Wir waren einmüthig gegen die Vorlage und werden ihr jetzt erst recht ein Nein entgegeustelle». Darin wird uns auch das nicht beirren, daß der -Reichskanzler unS nicht zu den staalserhallenden Elementen zählt. Wir glauben auch im Gegensatz zum Reichs kanzler, daß Deutschland durch die Ablehnung der Vorlage nur gewinnen wird im Areopag der europäischen Staaten. Wir sehe» deshalb der neuen Auslösung mit Ruhe entgegen. Eine Commission-, berathung kalten wir nicht sür nötbig. (Beifall links.) Abg. Frhr. v. Munieuffrl (cvns ): Daß Deutschland nach außen hi» durch die erneute Ablehnung nur gewinne» könnt«, bat der Vor redner gänzlich unbegründet gelassen, weil eS eben nicht zu begründen ist. (Beifall rechts.) Wenn er in der Stärkung des agrarischen Elements eine Gefahr sür den Staat sieht, jo zeigt das nur, wie besorgt ihn schon die Leistungen des Bundes der Landwirlhe gemacht haben, ihn und die Herren von brr freisinnigen Volksvartei. Wie meine Partei zu der Militonvorlage steht, ist im Früdsahr ein- gehend begründet worden. Es hat sich darin nichts geändert. Wir hätten es lieber gesehen, wenn die Regierung an der Vorlage selbst sestgehalte» hätte, nachdem sie aber auf den Antrag Huene zurück- gegangen ist. werden wir ihr folgen. Wie groß die Gefahr sür un« ist, »eigen wieder die letzten Unruhen in Paris, die so schncll die französische Regierung erschüttern konnten. Deshalb haben wir unsere schwerwiegenden Bedenken gegen die zweijährige Dienstzeit und gegen bie Reducirung der Vorlage. UnS steht aber die Sicherheit des Vaterlandes höher als unsere eigenen Wünsche. Bezüglich der Deckungssrage halte ich eS sür bedauerlich, daß sie vorläufig durch Matrieularumlagrn gelöst werden soll. Ich hätte die Ausnahme einer Anleihe lieber gesehen (Hörtl hört! links.) Berubigend ist eS aber für uns, daß die Landwirtbschaft die Kosten nicht wird tragen müssen. Daß so zahlreiche Anhänger des Bundes der Landwirrh, gewählt worden sind, liegt vor Allem daran, daß man da» Gegenthril befürchtete. Auch daS Eintreten sür da» Kleingewerbe und den Handwerkerstand hat der conservativen Partei viele Anhänger erworben. Hier bat sich gezeigt, daß sie eine selbst ständige, unabhängige Partei ist. Besonders erfreulich ist es sür uns, daß die Börse höher herangezogen werden soll und Laß die Deckung den stärkeren Schulder» auserlegt werden soll. Meine Lieblings« sleuer wäre hier eine Jnseratensteuer und andere Luxussteuern. Der Reichskanzler wird hoffentlich auch etwaigen abweichenden B«> schlössen des Reichstages gegenüber aus seinem heutigen Standpunkt bleiben. Damit allein wird er Zufriedenheit schaffen können. (Beo sall recht«.) Abg. Liebknecht (Soc.): Der Hinweis auf die Pariser strawalle ist doch das Verfehlteste, was zur Unterstützung der Vorlage vor< gebracht werden kann. Die diese Krawalle bervorgerufen, waren doch nur unreife Burschen der Bourgeoisie. Daß der Reichskanzler mit den Agrariern liebäugelt, bars nach dem Ausfall der Wahle« nicht Wunder nehmen. Ich möchte aber aus eine» Alderspruch zwischen der Thronrede und den heutigen Erklärungen de» Reich», kanzlers aufmerksam machen. In der Tdronrede heißt e», die Regie rungen seien nach wie vor überzeugt, daß die früheren Vorlagen eine gute Grundlage seien. Heute sagte der Reichskanzler, sie seien beseitigt. Aber nicht allein agrarische Interessen bedingen die Zustimmung der Rechten zu der Borlage, auch nicht die Besorgniß vor dem Ausland«; sie will da» Militair nicht zum Schutze nach außen sondern zum Schutze gegen da« Volk, wenn e» sich eines Tages gegen die gesteigerte Steuerlast empören sollte. (Beisall bei den Socialdemokratru. Ruse: Pfuil pfui l recht-.) Dazu muß eS aber schließlich kommen. Wir haben eben ln den MIlitairlasten eine Schraube ohne Ende. Aas unser« Militairvorlage folgt eine fron zösische, dann wieder eine deutsch«. DaS Machtverhältinß bleibt dabei immer da« gleiche. Richtiger wäre e«, unsere finanziell» Kraft nicht zu schwächen. Im Falle eines Krieges nach zwei Fronten sieben wir nicht allein, sondern haben unsere Bundesgenossen Rußland wird übrigens schwerlich aus Liebe zu Frankreich einen Krieg gegen uns anfangen. Von dem Dreibund Hai aber der Kanzler gar nicht gesprochen, er ist in der Versenkung verschwunden. Segen Rußland haben wir aber eoeniuell noch andere Bundesgenossen als Oesterreich und Italien. Wir haben di« Türkei, die schon im letzten Kriege Rußland militairisch gewachsen gewesen ist. Wir haben seruer dir Polen zu Bundesgeiwsten. Wir haben serner England, daS sich jedem Vordringen Rußlands im eigenen Interesse widersetzen muß, will eS nicht aus der Rolle einer Weltmacht verdrängt werLeu. Haben wir aber die englisch« Flotte aus unserer Seite, dann sind Frankreich und Ausland leicht zu isoliren. Beiden kann die Zufuhr ahgeschnitten werden und die Ernährungsfrage spielt doch t« jedem Kriege eine hervor, ragende Rolle. Frankreich würde einfach ausgehungert werden Deshalb haben ivir de» Krieg nach z> fürchten, zumal die russische Armee aus vem Papier immer groß gewesen ist, daß aber die Zustände in ihr im Feldzuge geradezu lammerlich waren. Darin hat sich auch seit dem letzten Kriege sicher nicht« geändert, wenigstens kann man das aus der miserablen Lage tuauchcr Lhetle des russischen Reiche« schließen. Man sagt »u», die Vorlage solle nur den Frieden sichern. Diesen Zweck wird sie nicht erreichen. So lange es eine capitallstische Wirlhschask giebt, wird es auch nicht gelingen, den Krieg aus der Wett zu ichaffe». Zur Ausbildung der vollen Wehrkraft unter heutiger Wirthschasisvrdnung kann inan nur kommen, wenn man zum Boikrheer übergeht. Deutschland würde dann mindesten» 8'/, Millionen Soldaten Hab,» Doch ich will nicht von Neuem näber aus Las Miitzipstem cingchen. Das deutsche Bürgerlhum hat sich ja bereits 1848 sür dasselbe ausgesprochen. Die Agrarier wollen es nur nicht, weil es dann ein Ende hätte, mit ihren Classeninleressen. Der Miliz, soldat würbe sich nicht gegen das Volk verwenden lassen, das >a, wie er, mit gleichen Waffen ausgerüstet wäre. Die Agrarier stellen auch heute die Lfficiere, sie wehren sich aber gegen die Steuern. Sie sollten beweisen, Laß sie Patrioten sind und tue Liebesgabe her- geben. (Zustimmung links, Unruhe rechts) Mit der Börsensteuer lind Sic einverstanden. Gut, aber dann schaffen Sie jede Art von Ausbeutung ab. Auch Sie baden Ausbeulung, habe» Kornwucher getrieben. (Unruhe rechts.) Präsident v. Levkyow: Ich kann nicht dulden, daß Sie Mit glieder des Hause- vorwersen, sie hatten Wucher getrieben. Ich rufe Sie deshalb zur Ordnung. Abg. Liebknecht (sortsahrend): Ihren diesmaligen Sieg ver danken Sie nicht der Vorliebe sür den Militarismus, sondern der Wahlmache, dir diesmal in viel unerbürlerer Weise betrieben worden ist als semalS von der Regierung. (Präsident v. Levetzow ersuch» Len Redner, bei der Sache zu bleiben.) Die Mehrheit des Volles hat sich bei den Wahle» gegen die Vorlage ausgesprochen. (Wider- spruch rechts.) Und das, trotzdem man die Wähler mit Drohungen einzuschüchtern suchte. Man hat von der Aushebung de« allgemeinen Wahlrechts gesprochen, das doch da« Grundrecht aller Volksrechte ist. Dieses Recht breche» heißt die Verfassung brechen, bedeutet die Revolution von oben. (Zustimmung links.) Man hat den Gegnern der Vorlage den Patriotismus abgesprochen. Wir sind uns aber bewußt, dem Vaterland» besser zu dienen als Sie, obwohl es uns noch keine Liebesgaben gewährt hat. iHeiterkeit links.) Wir wollen es. davor bewahren, daß wir immer tiefer in den Sumpf des Militarismus geralhe», der uns dem Bankerott entgegensührt. Er soll, wie mau jagt, den Frieden sichern, in Wahrheit bereitet er nur den Krieg vor. Den Frieden zu sicher», giebt es nur einen Weg, das ist die Abrüstung; dazu ist es jetzt Zeit. (Lachen rechts.) Wir werden gegen die Vorlage stimmen, die nur zur Besörde rung des Mass.ninenschenmordes beitrage» würde. Sie sagen immer, man soll die Stimmen wäge», nicht zählen. Nun, zählen wir sie, so Huben wir schon einige Hunderttausend inehr, wägen wir sie aber, dann sieht eine Mehrheit von Millionen hinter unS. (Lachen rechts). Ich habe Ihnen (rechts) früher schon gesagt: Sie haben den AHIwardt im Pelz, Len werde» Sie nicht wieder loS Ihren Wählern werden die Augen ausgehen, sie werde» sehen, wie es mit Ihren Versprechungen steht, sie werden ebenfalls dem Antisemitismus verfallen, dem SocialismuS der Dummen wird der Sonalismus der Bewußten folgen. So arbeiten Sie nur uns in die Hand. Die alten Götter werden fallen, dem neuen Gott des SocialiSmus gehört di« Welt. (Große Unruh« rechts, Beifall bei den Sociaideuiokrateo.) Abg. Frhr. v. Etiimu» (Reichsp.): Wenn Herr Liebknecht seiner Zeit die Zurückgabe Elsaß-Lothriugens befürwortet bat, wenn Herr Bebel sogar in Straßdurg von elsässischen Protestlern gewählt worden ist, dann können Sie nicht verlangen, daß wir mit Ihnen über DaS sprechen, was dem Batrriaud« frommt. Herr Liebknecht spricht von der sich steigernden Steuerlast: aber er erwähn» nicht die Erleiibterungen sür die unteren Llassen bei der Einkommensteuer Herr Liebknecht kennt nur zwei Elasten, Ausbeuter und Ausgebeutete, er kennt aber nicht die Elaste Derjenigen, die ausgebeutrt werden durch Hetzereien. (Große Heiterkeit links, lauter Beisall und Hände, klatschen rechls.) Wir stehen, wenn ich mich nun zu der Vorlage wende, auch jetzt voll und ganz aus ihrem Boden. Aus inilikairischen, politischen und wirthschastlichcn Gründen müssen wir sie für eine Nvlhwendigkeit halten. Dir bereits srüber betonten mililairischen Gründe baden sich verschärft durch die Aanahmc des französischen Ladresgesetzes. In politischer Beziehung hat sich an unserer Stellung nichts geändert. Frankreich wartet auch nach dem Panama skaudal nur darauf, um an uns Revanche zu üben. Nachdem Redner möglichst schleunige Erledigung der Vorlage empfohlen, wird die Fort>etzung der Bcrathuug auf Sonnabend 11 Uhr vertagt. * Die Wahl de» Borstande» der deutsch-conservativen Froction hat bisher, wie die „N. Pr. Ztg." richtig stellt, nicht siattqesunden, nur Frhr. von Manleufsel ist gebeten worden, den sitz Vorsitz weiter zu führen. * DaS Centrum hat folgenden Antrag gestellt: 1) Die ver- kündeten Regierungen zu ersuchen, mit Rücksicht auf die allenthalben in den bethriliglen Kreisen bestehenden schweren Klagen über das Gesetz, betreffend die InvaliditätS- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889, Erhebungen zu veranstalten, inwieweit eine Abänderung dieses Gesetzes insbesondere in Bezug aus Aus dehnung und Organisation der Versicherung erforderlich er scheint, und auf Grund dieser Erhebungen Ihunlichst bald, wenn irgend möglich, noch im Laufe der nächsten Session, dem Reichstage einen bezüglichen Gesetzentwurf vorzulcgen; 2) der Erwartung Aus druck zu geben, daß di« seitens der verbündete» Regierungen in Aussicht gestellte Novelle zu den Unsalloersicherungs- ge setzen ebenfalls imLaufe der nächsten Session dem Reichstag« zugehe. Königreich Lachsen. * Ltiz»»i«, 8. Juli. Aus Stadtverorduetrnkreisea wird un» geschrieben: Die Anstellung von zwei neue» Stadträthen war einer der HauplberathungSgegenstäade' der Stadtverordnetensitzung vom 5. Juli. Durch dir Auf nahme der Bororte ist selbstverständlich die städtische Ver- wallung genöthigt gewesen, eine große Anzahl neuer Arbeitskräfte einzustellen; diese Einstellung ist bisher nur bei den Sudalterndeamtrn erfolgt, obgleich sie auch ür die leitenden Stellen, die Sladträthe, unbedingt er» forderlich ist, da alle Decernate geradezu überlastet sind. Die am 5. c. im Stadtverordneten»Collegium zur Berathung tehende Ratdsvorlaae verlangte die Gründung zweier neuen Sladtrathsslellen, doch glaubten die betreffenden Ausschüsse diese Borlage nicht empfehlen zu können, sondern beantragten deren Ablehnung und empfahlen die Anstelluna weirr Stadtbauräthe. Der Referent, Herr Justizrath s)r.Schill, begründete das Botum der Ausschüsse in längerem Bortragt, und nachdem vom Ratbe die Erklärung abgegeben worden war, daß er bei der Wichtigkeit der Frage nicht sofort zu den Anträgen der Ausschüsse Stellung nehmen könne, wurde die RatbSvorlagc ohne alle und i«de Debatte vom Collegium abgelebnt und die Ausschußanträge einstimmig an genommen. Dieses Resultat könnte leicht den Anschein erwecken, als sei daS Collegium einstimmig sür die Anstellung von Stadtbauräiben, allein, wie au- Stadtverordnetenkreisen verlautet, würde eine solche Auffassung eine irrige sein. Man könnte die Frage aufwerfen, ob eS taktisch richtiger war. daß der Rath nicht den geringsten Versuch machte, eine Vorlage zu vertheidigcn, denn dadurch würden siele Mitglieder des Collegiums, welche den beiden AuS- chüsscn, die die Vorlage derathen haben, nicht aagehören, denen also die ganze Angelegenbeit etwa- völlig Neues war, zu der Ansicht verleitet, der Rath könne den Vorschlägen der Ausschüsse irgend welche sachlichen Gründe gar nicht ent- gegenstellen; andere Mitglieder de- Collegiums haben viel eicht den eigenthümlichen Verlauf der Angelegenheit so auf- gesaßt, als verzichte der Rath nur augenblicklich auf seine Vorlage und werde dieselbe in nächster Zeit nochmals, gleichviel ob in derselben oder in anderer Form, wieder einbringen; es lag somit auch sür die letzlHekacklen Mitglieder ein Grund nicht vor, gegen die Ausschußanträge zu summen, denn die Sache ist noch nicht spruchreif, obgleich die Verhand lungen darüber zwischen den Ausschüssen und dem Rathe länger als ein Jahr gedauert haben. Es dränsit sich hierbei unwillkürlich die Frage auf, ob es nicht im Interesse einer prompteren Erledigung derartiger principieller orga nischer Veränderungen wUnsch-nSwerth sei, daß den Mit gliedern dcS Collegiums das Gutachten der Aus schüsse über solche Verathungsgcgenstände schriftlich und rechtzeitig vor der Sitzung zugestellt werde. Eine Erörterung der Angelegenheit selbst, d. h. über die Zweck mäßigkeit der Anstellung von Stadtbaurälhen soll jetzt keines wegs stattsindcn, allein eS möge schon heule darauf hin» gewiesen werten, daß sich gegen die Errichtung einer neuen, höheren Beamtenclasse erhebliche Bedenken Vorbringen lassen. * Leipzig, 8. Juli. Der König hat genehmigt, daß der Musikalienhändler Oberdörsfer in Leipzig den von dem Fürsten von Schwarzburg-SonderShausen ihm verliehenen Titel Hosmusikalienbäntlcr annehine und führe. 8 Vogel-Ausstellung. Eine von den Züchtern und Händlern des In- und Auslandes beschickte Ausstellung von Zier- und Singvögeln veranstaltet der Verein „OrniS" in den Tagen vom 2l. bis 27. September d. I. Mit derselben ist eine Berloosung sprechender Papageien, sowie ausländischer Ziervögel verbunden und wird mit dem Vertrieb der Loose bereits in Len nächsten Tagen begonnen werden. H Leipzig, 8. Juli. Eine große Sorge erwuchs vielen Familien dadurch, daß mit dem am l. Juli erfolgten Auf- Hören der seither aus der Querstraße etablirt gewesenen Milchverwerlbungsgesellschaft die Herstellung und der Vertrieb derSiebold'schen keimfreien SauglingSmilch und Voll milch gerade jetzt in gefährlichster Zeit unterbrochen werden mußte. ES ist aber Herrn Siebold gelungen, in Verbindung mit der Firma R. H. Paulcke, Tusourstraße 16, an der Spießbrücke, schon für nächste Woche die keimfreie Milch wiederum in Verkehr zu bringen. ES ist zu wünschen, daß daS gemeinnützige Unternehmen weitgehende Unterstützung findet. ) Leipzig, 8. Juli. Gestern Nachmittag ist in der Pleiße nahe der hoben Brücke bei Connewitz ein männ licher Leichnam angeschwommen und polizeilich ausgehoben Worten. Ter Tobte, besten Persönlichkeit noch nicht mit Gewißbeit bat ermittelt werden können, ist 40—45 Jahre alt, trägt schwarze Kleidung, hat blonde Haare und eben solchen Bart und eine große Glatze. In seinem Hute befindet sich der Stempel einer Reudnitzer Firma. —* Die im gestrige» Morgenblatte als vermißt bezeichnete lbjäbrige Arbeiterin Höse ans Kleinzschocher ist gestern Nachmittag im Canal in der Nabe der Noniieusiraße in Plagwitz todt aufgesunden loorde». Tie Motive des Selbstmorde- sind unbekannt. Fauilleton. Leuchtpsiaiizen. Von Robert Habs-Randan. staSdruS verboten. Die Kcnntniß von den LichtauSströmungen gewisser Thierc und Pflanzen im Lebm oder nach dem Absterben ist ebenso alt wie allgemein. Schon Aristoteles gedenkt des Leuchten- der Johanniswürmchen, PliniuS erzählt vom Flimmern faulender Baumstämme und ApolejuS beobachtete den Lichtschein des Olivenschwamm». Eonrad Geßnrr, der Vater der deutschen Naturbeschreibung. konnte daher bereits um 1550 eine ziemlich ausführliche Schilderung de« ganzen Phänomen« liefern, und nachdem der Hamburger Alchemist Brandt l669 den Phosphor eutdeckt batte, bot auch dir Erklärung keine Schwierigkeiten mehr: man schob da» Leuchten auf den Phosphor oder eine Lß mit dem seither In der Tbat läßt Lichtschein der im verwesenden Holze wuchernden Rbizomorpben mit nicht» bester vergleichen al« mit dem weißen und gleichmäßigen Schimmer in Del gelösten Phosphor», und diesem Umstande dürfte eS vornehmlich zuzuschreibrn sein, daß die angegebene Erklärung sich hundrrtundfünszig Jahre bei gutem Ansehen erhielt, bi« endlich Liebia 18ZS ihre Unhaltbarkrit dartbal und Johann Florian Heller 1853 deu Beweis erbrachte, daß die oft beob achtete LichtauSströmung faulender Stoffe keineswegs vom chemischen Processe der Verwesung abhängig ist, sondern einzig und allein auf der Entwickelung lebender Pilze beruht, die in einem gewissen Stadium ihre- WachS- thum» zu leuchten beginnen. Damit war der Anstoß zu weiterer Untersuchung de« Gegenstände» gegeben, und die Entdeckungen auf diesem Gebiete haben sich seitdem so beträchtlich vermehrt, daß wir beute mit demselben Rechte, mit dem wir seit Darwin eine besondere Gruppe der Insektenfresser in der Pflanzenwelt unterscheiden, auch eine eigene Gnq>pe der Leucktpsianzen auSsonderu dürfen, deren Eigenthümlichkeit eben darin besteht, baß sie bei lebendigem sselbe u«d guter Gesundheit im Ganzen oder an einzelnen Theilen einen mehr oder weniger starken Lichtschein auSströmen. Die Hauptvcrtreler dieser merkwürdigen Gruppe gehören, wie schon Heller hervorhob, der Elaste der Kryptogamen an, und mit diesen sei daher auch in nachstehender Beschreibung der Anfang gemacht. Die meistgenannte, in Deutschland indessen nicht unzutref fende Leuchtpflanze ist der schon erwähnte Oliven schwamm (^garieus »learius), ein Kind der sonnigen Provence, wo er sich im Oktober und November an abgestorbenen Oelbäumen, Weißbuchen oder Wintereichen entwickelt und bei Tage durch seine schöne, goldgelbe Farbe, Nacht« aber durch sein weiße«, ruhige«, ziemlich lebhaftes Lickt sofort ins Auge fällt. Eine annähernde Vorstellung vrn diesem «igentbümlichen Lichte giebt der stetige Schimmer, der sich im Dunkeln durch kräftige« An einanderreiben zweier Stücken Zucker erzeugen läßt und immer hin stark genug ist, um da« Ablesen der Stunde von der Taschen uhr zu gestatten. Ungleich stärker, und zwar ebenfalls mit weißem Lichte, leuchtet als nächster Verwandter de» Prorentzalen der australische Lampenschwamm (Xgavicus lampas). den Jame« Drummond 1840 aus verdorrten Banksiastämmen entdeckte. Zur Nacht auf ein Zeitungsblatt gelegt, ermöglichte diese vegetabilische Lampe dem Reisenden die Lectüre der ziemlich kleinen englischen Druckzeilen ring- uni sie her. Noch um einige Grade lebhafter ist der Cckein der Nach Neuchle »octilucens) auf Borneo und de« Glühschwamm» (^z. ignis) aus Amboina, alle aber überstrahlt der nach seinem Entdecker be nannte Gardner-Schwamm (A^. Oaränori) in Brasilien. der eine ziemlich weite Umgebung mit grün- lickem Lichte erhellt und daher Nackt» schon au» bedeutender Entfernung wabrgenommen wird. Die Eingeborenen dciiliyen den Gardner-Schwamm vielfach als Lampion und nennen ihn, weil er zumeist auf den dürren Blättern einer Zwerg palme vorkommt, tior ckv cooo, d. h. Palmenblüihe. Alle diese Leuchtschwämmr kommen darin überein, oaß sie ohne Ausnahme nur auf lodtem Holze wacksen, daß sie nur so lange leuchten, al« sie jung oder, wenn abgebrochen, frisch sind, und daß ihr Licht ,n auffälliger Uebereinstimmung mit dem PhoSpborscheine in reinem Sauerstoffgase allmälig ab nimmt unv schließlich völlig erlischt. , Ganz ähnlich verhalten sich auch die deutschen Leucht- I pflanzen dieser Elaste, dir sogenannten Rhizomorphrn, dir da« Wurzel- und Blattwerk unserer Hutpilze auSmachen, während die Pilze selber die fruchtbringende Blüthe var- stellen. Die Rdizomorphen erscheinen als äußerst seine, lange, biegsame Fäden mit anfangs Heller oder bräun licher. spater schwarzer Rinde, die sich spinnwebenähnlich in tausendfacher Verästelung unter dem Boden ksinziehcn, mit ganz besonderer Ueppigkeit aber im modernden Holze wuchern. daS sie nach allen Richtungen hin durchbrechen und wie mit einem engmaschigen Geflecht umstricken und durch ziehen. All' diese tausend Faden und Fätcken aber leuchten im jugendlicken Zustande, d. h. bevor ihre Rinde sick schwärzt, mit einem ziemlich intensiven, weißen und stetigen Lickte, das durchseine Rübe undGleickmäßigkcit einen cigenthümlickbefrem denden Eindruck aus den Beschauer macht und gerade dadurck zur Quelle zahlloser Gespenstergeschickten und nainentlick der Sagen von den Feuerinännern geworden ist, die ebne Kops über Feld lausen, und von denen fast jedes Dorf wenigsten« einen, wenn nicht mehrere aufzuweisen bat. Für die wahre Culturgeschichte, die sich nickt damit begnügt, die Einfalt unserer Altvordern einfach sestzunageln und zu belächeln, sonder» die den Gründen ihres Glauben- nachspllrt, ist diese Tbatsache von nicht geringem Belang, da sie beweist, daß auch da» aller Orten wicderkekrende Märchen von den feurigen Männern in Feld und Wald keineswegs ein reine« Product der Phan tasie war, sondern vielmebr aus der Beobachtung einer Natur erscheinung bervorging, die nur deshalb heut zu Tage seltener geworden ist, weil wir den Bäumen an unseren Rainen und Wegen nickt mehr die Zeit zum Vermodern gönnen. AuS diesem Grunde dürften auch nur wenige Zeitgenossen Bart an Bart mit einem .feurigen Mann" zusanimengelrofsen sein, und da ich zu diesen wenigen Sonntagskindern gehöre, so will ich daS Abenteuer hier zum Besten geben. Einige Weit schweifigkeit möge man mir dabei zu Gute halten, weil ich zugleich im psychologischen Interesse zeigen möchte, wie sogar eine gegen den Gefpensterglavben gestählte Vernunft unte> dem Eindrücke de- Unerwarteten und Unerklärlichen auf Augenblicke wankend werden kann. Im August 1875 ging ich Nachmittag- von meinem Dorfe nach Magdeburg und benutzte dabei einen sebr wenig be gangenen Fußsteig, der aus einem damals noch mit Kopf weiden besetzten Eiddamm zwischen dem Flusse und einer Reihe sumpfiger Tümpel hmläust. Etwa auf der Hälfte dieses WegeS traf ich auf eine Gruppe von Fischern, die eben einen jugendlichen Selbstmörder gelandet und am Tamme niedrrgclegt halte». Nack kurzem Gespräche »ul de» Leuten ging ich weiter — dock nickt ohne im Boi überschreiten dem Tobten mit dem Spazierstocke emen leichten Schlag über den Rücken versetzt zu habe» nebst beigcfügter Sentenz: „Du Bursche hättest auch Gekcheidteret thun können" Gegen 11 Ubr Abend« verließ ich Magdeburg wieder. E« mochte daher 20 — 30 Minuten nach Mitternacht sei», als ich mich auf dem Rückwege der Stelle naberie, an welcher der Tobte gelegen batte, ftch dackie aber weder a» Viesen, nock achtete ick sonderlich ans de» weblbekuunten Weg, bis mir plötzlich einige 90 Sckritte vor mir (ich habe die Ent fernung am »äcksten Tage turck Adschrcile» scstgestcUt) «in großes, weiße« Etwa« ins Auge fiel, daS regungslos am Rande dcS Weges mein Näherkommen abzuwarten schien. Im selben Augenblick: war ick auch schon durchaus mechanisch sieben ge blieben und sträubte sick mein Haar — wer in augenscheinlicher LebenSqcsabr gewesen ist oder einen Andern darin gesebe» bat, wird das Gesübl kennen — so gewaltig, daß ich unwillkürlich mit der Hand nach der Mütze fuhr, um mich von deren Vor handensein auf den, Kopfe zu überzeugen. Gleichzeitig blitzte aber auch die Vorstellung in mir aus: „Der Tobte ist durch Deinen Elockscklag beleidigt worden und will jetzt Recken- kchaft von Dir fordern." Das dauerte allerdings nur einen Moment, aber ick bekenne offen: wären nickt die Tümpel aus der einen und die Elbe aus der anderen Seite gewesen, ick würde nieinen Mannesstolz unterzeknöpst und bie un- heiniliwe Stelle in weitem Bogen umgangen haben. Da eS aber schlechterdings keinen anderen Weg gab, so pruste ich zunächst die Haltbarkeit meines Stocke-, nahm für alle Fälle daS Taschenmesser in die Linke und rückte dann nicht gerade sehr getrost, aber zum Aeußersten entschlossen aus das Gespenst lc«, daS mir still und starr wie eine von innen erleuchtete Marmorsäule entgegengrinste. °)m Stillen rechnete ick darauf, da« Unding würde bei meinem Näberkomnien zurückweicken oder ganz und gar verschwinden, statt besten aber fab ich eS mit jedem Schritte strablenver und bestimmter aus dem Dunkel bervortreten, und nach zwei Minuten befand ick mich Auge in Auge — mit einem abgestorbenen Weibenstamni, der sichtlich erst ani selben Tage (vielleicht durch dir erwähnten Fischer) de« größten Theil» seiner nsstgen Bork«
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview