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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-10
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930710022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893071002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893071002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-10
- Monat1893-07
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Mge W Lchmer ÄMt M AnjM K. Al!, MtN, 10. Mi M. <M«i>>ÄiiDl>e.> Die Lipper in Friedrichsrull. Ein Extrazug mit etwa 400 Bewohnern Lippe- Detmolds, die dem Fürsten Bismarck ihre Huldigung darbringen wollten, traf, wie scbo» kurz gemeldet, am Freitag Abend in Hamburg ein. Die Besucher übernachlelen meist in Hamburg und begaben sich am Sonnabend Mittag nach FriedrichSruh. Dort hielt Herr Gutsbesitzer Busse aus WiSlinghausen eine Ansprache, die mit einem Hoch aus den Fürsten schloß. Der Fürst, sichtlich ergriffen von der aus so Bieter Herzen ihm entgegenschlagenten treuen Liebe, machte einen frischen und munteren Eindruck, was mit Rücksicht auf seine letzte Unpäßlichkeit besonders erfreulich ist. Auch die Fürstin, die sich gleichfalls von ihrer Erkrankung ziemlich erholt zu haben schien, hatte sich an die Seite ihres Gemahls begeben. Minutenlang erschollen brausende Hochrufe; im Anschluß daran erklang i» mächtige» Tönen das Lied: »Deutschland, Deutschland über Alles." Als die letzten Töne verhallt waren, ergriff der Fürst das Wort zu folgender Antwort: »Meine Herren, ich danke Ihnen von Herzen für Ihre Begrüßung, die von Herzen kommt, und dafür, daß Sie den weiten staubigen und heißen Weg nicht gescheut haben, um mir Ihre Gefühle persönlich zum Ausdruck zu bringen, um so mehr, als Ihr Gruß von der Stelle kommt, welche die älteste Malstätte der deutschnationalen Entwickelung ist gegen über der Fremdherrschaft — der Fremdherrschast, ich möchte damit sagen nicht nur der äußeren Eroberung, sondern auch der Zerrüttung des inneren nationale» Lebens. Dieser ist damals ein fester Damm entgegengesetzt und daS Land bis an den Rbein gesäubert worden, nicht allein von den ausländischen Präfecten, sondern auch von den römischen Vureaukraten. Wer die damalige deutsche Geschichte studirt, der wird finden, wie gerade das Eindringen römischen Wesen« in daS Familienleben, das Eindringen römischen Rechts in private Verhältnisse unsere Vorfahren so erbittert halte, Laß sie einig wurden,wozu fkkon damals viel gehörte, und die römische Bureaukratie zum Lande hinauswarfen. Es ist mir eine be sondere Genugthuung, daß sie Sie von dort gekommen sind, wo dies geschah. Die Gelehrten streiten ja über den Platz, aber die Volksmeinung ist darüber einig, daß es der Teuto burger Wald war. Einer Ihrer Landsleute hat mir vor einigen Monaten einen recht schweren Boten von da her gesandt, einen Fels von der Grotenburg. Dementsprechend fasse ich Ihre Begrüßung aus als von der dortigen Malstalt des Teutoburger Waldes kommend, aus einem stets ungemischt gebliebenen Gebiete Deutschlands. Das Fürstenthum Lippe gehört ja ^u den kleinen Bundes staaten des Reiches, aber ich möchte Sie doch bitten, die Thal fache seiner Zugehörigkeit, seiner Stellung zum Reiche ebenso wenig zu unterschätzen, als ich die Stellung der Kleinstaaten und ihren Nutzen für den nationalen Gedanke» unterschätzt habe. Ich kann meinen Gedanken dahin auödrückcn, daß zwischen wenigen mittelgroßen Staaten schwerer als bei den 25 jetzt bestehenden, unter denen 17, 18 von der Größe sind, daß sie nur eine Stimme im Bundesrathe haben, Einigkeit zu erzielen und zu behaupten sein würde. Sie bilden gewisser maßen den Mörtel zwischen Len Quadern; hätten wir nur Staaten von der Größe wie Sachsen und Bayern, so würde die heutige Verfassung schwerer anzuwenden sein. Ich weiß nicht, ob Sic in Ihrem Lande sich die Privi legien, welche die Reichs-Verfassung gerade den kleineren Staaten verleiht, vergegenwärtigt haben; wenn nicht, so er warte ich eS von der Zukunft. Es wäre ein großes Privi legium, wenn Ihr Fürst einen Reichstagsabgeordneten zu entsenden hätte. Er hat aber, was als viel schwererwiegend zu veranschlagen ist, ein Mitglied zum Bundesrathe zu er nennen. Dies ist der 58ste Theil der Gesetzgebung, während die Ernennung eines ReichstagSabzeordneten nur den 397sten Antheil an der Gesetzgebung« Körperschaft bedeuten würde. Außerdem steht den BundeöratbSmitgliedern daS Recht zu, im Reichstage jederzeit in jeder Sache das Wort zu ergreifen, ohne daß der Reichstagspräsident eS hindern könnte, und selbst wenn daS BundeSrathömitglied für eine Sache spricht, die im Bundesralh in der Minorität geblieben ist. Dem Bundesrathe ist die Möglichkeit der Mitwirkung im nationalen Leben gegeben, und eS hat mir eine Ent täuschung bereitet, daß von diesem Rechte bisher nicht mehr Gebrauch gemacht worden ist. Wie die Verfassung in ihren Grundzugen angelegt wurde, hatte ich mir ge dacht, daß die Bundesbevvllmächtigten auch im Reichstage mehr sprechen würden und daß jeder Staat von den In telligenzen, die er zur Verfügung bat, abgesehen von den jenigen, welche in seinen ministeriellen Äemtern sind, auch im Reichstag Gebrauch machen würde. Ich dachte mir außer dem, daß die Landtage der einzelnen Staaten sich an der Reich-Politik lebhafter, als bisher Geschehen, betdeiligen würden, daß die Reichspolitik auch der Kritik der particularistischen Landtage unterzogen werden würde. Dafür weiß ich bisher kein Beispiel; nichtsdestoweniger bin ich mit dieser Meinung im verfassungsmäßigen Rechte. Ich batte mir bei der Aus stellung der Verfassung ein reicheres Orchester der Mitwirkung in den nationalen Dingen gedacht, als es sich bisher bethätigt hat, weil die Neigung zur Mitwirkung >n den einzelnen Staaten nicht in dem Maße, wie vorausgesetzt worden, vor handen war. Denken Sie, daß die nationalen Interessen nicht nur in unserem Bundesrathe und im Reichstage divcutirt, sondern auch in den einzelnen Landtagen vertreten und besprochen würden: würde die Theilnahme dafür nicht lebhafter werden? Ich fürchte, es zeigt nicht einen Forschritt, sondern eine Rück entwickelung. wenn die große Zahl der Landtage, die zur Mitarbeit berufen waren, von diesen ihren Mitteln keinen Ge brauch macht und sich keine Geltung verschafft; infolgedessen durchdringt das nationale Gesühl nicht alle Poren, alle Adern in dem Maße, wie ich gehofft hatte, und wie eS wünschenSwerth wäre und in Zukunst der Fall sein möge. DaS Blut conccntrirt fick jetzt in Kopf und Herz, in BundeSrath und ReirvStag. Wenn der BundeSratb öffentlich in seinen Sitzungen wäre, so würde er wirksamer sein. Wenn die Abgeordneten für den Bundesrath danach ausgesucht würden, daß man Gewißheit hätte darüber, daß sie auch im Reichstage sprechen würden, so wäre es besser. In der Zeit, wo die Verfassung entstand, pulsirte daS natio nale Leben so stark, daß Jeder, der auch nur einen Zipfel davon erfaßte, sich der Strömung hingab. Ick kann nicht sagen, daß die Hoffnung, dies würde andauern, sich bestätigt Kat. E« ist eine alte deutsche Neigung, zu warten, daß Andere das machen möchten, wobei man selbst Hand anlcgen sollte. Ich hoffe auf andereZeiten, wodasnationaleGesühl wieder stärker sein und man zum Nachdenken darüber kommen wird, welche Mittel wir haben, e- lebendig zu erhalten. Solche Mittel sind zunächst in der Institution der Landtage, dann in der des Bundesraths vorhanden. Der BundeSrath hat in seinen Beschlüssen eine amtliche Giltigkeit, aber in der öffentlichen Meinung hat er nicht die Bedeutung erreicht, wie ich es mir gedacht batte. E» kann ,hm auf die Weise ergeben, wie dem preußischen Hrrrenhause, welches auch aus Mangel an initiativer und bemerkbarer Tdätigkeit nicht die Autorität bat, die ein Ober bau- haben sollte. Und Gott möge verhüten, daß der obere Factor unserer Gesetzgebung, der BundeSrath, in der öffent lichen Meinung Deutschlands die Gleichberechtigung mit dem Reichstag verliere. Ich bin da, wie eS Einem natürlich ergehen wird, der zeitlebens Politik getrieben bat und der nichts zu thun bat, als über die Vergangenheit nachzubenken, in eine weitläustige Erörterung gekommen, von der ich hoffe, daß sie Ihnen nicht ohne Interesse war, und die dazu beitragen möge, daß. wenn Sie nach Hause kommen, Sie dafür wirken werden, daß die Betdeiliguug an der Reichspolitik auch in der Diaspora der Landtage lebhafter werde» wird. Es ist ein Irrlbum, wenn StaatsrechtSlehrer behaupten, die Landtage seien dazu nicht berechtigt; sie sind immer befugt, das Auftreten ihrer Minister in Bezria auf die Reicköpolitik vor ihr Forum zu zehen und ihre Wünsche den Ministern kund zu thun. Ich »alte eS für eine ungeschickte Tendenz, einen Mangel au Ver- tändniß des deutsch-nationalen Lebens, wenn viele unserer StaalSrechtSlehrci. — Theoretiker, keine Praktiker — cs für einen Gewinn erklären, wenn die Zahl der Kleinstaaten sich verringere, und ich bin bemüht, diesem zu widersprechen, wo ich kann. Gerade die Zahl der Stimmen ini Bundesrathe ollte nicht verringert werden. Würde sie daS, so kämen wir wieder in die Gefahr, welche ich von Anfang an zu bekämpfen gehabt habe, nämlich die. an Stelle des dentsch- nationalenReiches ein Großp reußen zu bekomm en. ES giebt Biele, die gern deutsche ReichSangebörige sein wollen, aber nicht Preußen, und ick babe immer gefürchtet, daß sich daS Reick »ach der grvßpreußiscken Seite bi» entwickeln würde. Die Bundesstaaten, die nur je eine Stimme im Bundes- ratbe führen, sind 17, und wen» ick die Hansestädte, die im Vergleich zu den anderen eigenartig sind, abziehc, so sind es 14. Und 14 Stimmen im Bundesrathe sind eine gewichtige Stimmenzahl, wenn sie sich zusammenhaltcn. 14 Stimmen su den preußischen geben Preußen immer die Majorität; die übrigen nach Abzug der preußischen betragen 24. Der Bundes rath ist also gewissermaßen in drei Kategorien getheilt, erstens in die kleine» Staaten niit je l Stimme. Preußen mit 17 Stimmen und die Mittelstaale» mit 2l Stimmen. Weiche- Gewicht liegt also in den kleinen Staaten, und ich wundere mich, daß sich in ihnen Allen kein Politiker fand, der sich dasselbe zu Nutzen gemacht Kälte. Alles, was ick Ihnen eben vortrage, ist, wenn Sie wollen, ein Klagelied darüber, daß der nationale Gedanke in den Landtagen und Einzel-Rcaierungen nickt derart gezündet hat, wie ich vor 20 oder 25 Jahren gehofft batte, und ich bin eider körperlich nickt mehr kräftig genug, um im Reichstage aufzutreten. Ich könnte dort wobl einmal eine Rede halte», aber die Gesammtheil der Leistlinge», die für mich mit einem Mandat verknüpft sein würde», bin ich nicht mehr im Stande, körperlich durchzu- lühren. Desdalb entschuldigen Sie mich, wenn ich bei diesem politischen Anlaß, der Ihre Begrüßung doch ist, diese meine Klagelieder Ihnen vortrage. (Lebhaftes Bravo.) Aber ich hoffe, es wird mit der Zeit anders werken, und cs werden die Bureankraten, welche Hermann im Teutoburger Walde erschlug, die „Procuratorcn", wie sie damals genannt wurden, nicht wieder die Alleinberrscher werden. Zur Zeit besteht noch die Gefahr, daß sie, in unblutiger aber erstickender Weise, die Herrschaft wieder über uns gewinnen werben und daß die Errungenschaften des Schwertes, ich will nicht sagen, durch die Feder der Diplomaten, aber dock durch Bureauwesen, Beamtenherrschaft und dasträgeZuschauen in Erwartung, daß Andere daS Nöthige schon thun werden, u Grunde geben. ,,T>e Negierung wird es schon machen!" Per ist denn »die Regierung"? Ja, wenn die Fürsten eS selbst besorgen könnten, sie find alle wohlwollende Herren, aber sie sind nothwendigcrweise angewiesen auf ihre Beamten, ihre Minister, Vortragenden und Gcbeimen Rälhe. Meine Befürchtung und Sorge für die Zukunft ist die, daß das nationale Bewußtsein erstickt wird in den Um schlingungen der Loa colwtriälor der Bureaukratie, die in den letzten Jahren reißende Fortschritte gemacht bat. Hier können nur BundeSrath und Reichstag helfen; auch Elfterer hat das Reckt, sich geltend zu machen. Wenn die staatS- männischc Einsicht der Bureaukratie nicht ausreicht, so ist gerade Len Bundcsrathsmitglicdern und dem Par lament Gelegenheit gegeben, ihr zu Hilfe zu kommen, so daß die Intelligenzen im Bundesralh und Reichs tag rusammenwirken. Ich wiederhole, daß ich nickt aus daS Reden im Bundesrathe selbst, sondern aus das Recht der Bundesrathsmirgliedcr, im Reichstage jederzeit das Wort zu erhalten, das Hauptgewicht lege. Ich meinerseits bin zu alt und zu matt, um ins Gefecht zu geben. Nehmen Sie aber an, daß das nicht der Fall wäre, daß ich als Bundes rathsgesandter eines der deutschen Fürsten, sei es des Ihrigen, in Berlin wäre und ich spräche meine Ueber- zeugung auch dann im BundeSrath und Neichstaze aus, wenn sie nicht im Einklänge mit der Majorität des Bundes- ratheö stände. Würde das nicht einen Eindruck machen, weil es von einer Persönlichkeit ausginge, die bekannt und deren Vorleben bekannt ist? Solche Persönlichkeiten sind aber doch nicht auSzestorben und es wäre auf diesem Wege auch für die Regierungen der kleineren Staaten die Möglichkeit ge geben, den grsvamiuiku8 öffentlichen Ausdruck zu geben, welche amtlich keine Berücksichtigung gefunden haben. Die Ergebnisse all' dieser Betrachtungen resumire ich dahin: Gott erhalte uns die ReickSversassung, wie sie besteht, und Gott erhalte uns die Zahl der Bundesregierungen, die de» BundeSrath bilden, damit dieser dem Reichstage als voll ständig ebenbürtiger und gleickbercchtigster Eocfsicient unserer Gesetzgebung stets zur Seite stebt. Dazu ist »othwendig, daß Gott auch das HanS Ihres Fürsten erhalte, und ich bitte Sie, mit mir dem Wunsche Ausdruck zu geben, daß er Seiner Durchlaucht dem Fürsten Woldemar ein langes und gesundes Leben verleihen möge. Seine Durchlaucht Fürst Woldemar lebe hoch!" In die Hochrufe stimmten Alle begeistert ein. Herr Heinrichs begab sich darauf auf den Balcon, um dem Fürste» einen großen Eichenkranz vom Teutoburger Walde mit einer seidenen Schleife in den lippischen Landesfarben zu über reichen. Nachdem Bismarck für die sinnige Gabe gedankt, kielt Herr v. Donop die Begrüßungsansprache a» die Fürstin Das als Geschenk überreichte Album ist ein stattliches Werk: »Das Hermanns-Denkmal und der Teutoburger Wald", An sichten nach der Natur ausgenommen von 8. Menke, mit einem sauber auSgesührten Titelblatt in Farbendruck von Professor Scheuren und poetischem Text von 8. Altenbernd, Felix Dahn, Ferdinand Freiligrath, Emanuel Geibel, Rudolf Gott schall. Ernst Meyer, Emil Rittershaus, Julius Rodenberg, Ernst Scherenberg und Julius Wolfs, herausgegeben von W. Klingenberg-Detmold. — Die Herren vom Comitö, außer dem auch Herr Heinrichs, der Spender des erwähnten Feld steins, wurden nach Beendigung der Huldigung ins Schloß gezogen und der Fürst und die Fürstin unterhielten sich mit ibnen in der srenndlichsten Weise, so daß sich bald ein munteres Gespräch entwickelte. Im Laufe der Unterbaltung sprach Herr Redakteur Quentin von dem innigen Wunsche der Lipper, den Fürsten in Detmold sehen zu dürfen. Der Fürst müsse doch unbedingt einmal daS Hermann-Denkmal besuchen welches Demjenigen gesetzt sei, der zum ersten Male Deutsch land vom fremden Joche befreit babe. — „Ich würde das sehr gern thun", antwortete der Fürst, „wenn eS mir Schweninger nur erlauben wollte; der leidet aber nich mehr, daß ich derartig eTourrn mache. So Werke ich wohl auch nicht nach Leipzig kommen." Die Lipper batten sich inzwischen wieder im Landhause versammelt Bald darauf führte sie daS Dampfroß davon, lheilS nach der Heiniath, theils zunächst nach Hamburg, von wo aus eine Fahrt nach Helgoland unternommen werden sollte. (Nach den Hambg. Nachr) Königreich Lachse». -g- Leipzig, 10. Juli. Anläßlich des GebiirtstageS keS Prinzen Johann Georg, Herzogs zu Sachsen. teS Ehes tes 8. Infanterieregiment» Nr. 107, findet heute Nachmittag ein Festmahl im Ofsicierscasino des genannten Regiments statt Die Pleißenburg war aus gleichem Anlaß mit Flaggen- lchmuck versehen worden. -r. Leipzig, 10. Juli. Daß nickt alle Beziehungen zu unserem westlichen Nachbar einen schroffen und feindseligen Ebarakter tragen, davon giebt folgendes Beispiel einen chlagenden Beweis. Unter den im Jahre 1870/71 in Leipzig internirren krirgSgesangrnen Franzosen befand sich ein au« Msricourt stammender Gefangener, der seinen unfrei willigen Aufenthalt in unserer' Stadt dazu benutzte, das Elavierstinimen zu erlernen. Er wurde hierbei mit der Familie eines hiesigen bedeutenden Pianofortefabrikaaten bekannt und befreundet. Zwei und zwanzig Jahre sind seit e>ner Rückkehr in sein Vaterland vergangen, und die Eiinnerung an seine Person war bei seinen Leipziger Bekannten schon stark verwischt. Da erscheint vor einigen Tagen in der Wohnung jenes Pianofortefabrikanten ein Herr niit einer Dame. Derselbe gab sich als jenen Kriezs- tksangenen zu erkcnucn und erklärte, daß nur die Sehn- ucht nach Leipzig und nach der ihm liebgcwordenen Familie ibn veranlaßt habe, die weite Reise mit seiner Frau zu unter- nebnieu. Wiederholt versicherte er dann, daß er bier trotz des Schmerzes über seinen unfreiwilligen Aufenthalt recht glückliche Stunde» verlebt habe. Dieser Ausdruck dauernder dankbarer Erinnerung verdient jedenfalls Anerkennung. * Leipzig, 10. Juli. Am heutigen Vormittage fand sei tens des Polizeiamtes die Prämiirung von Drosckkcn- geschirren statt, welche bei der in vergangener Woche ab- ;eballcnen Generalrcvision über die Droschken mit geraden Niiinmcin als in besonders vorzüglichem Stande befindlich auSgewäblt worden waren Eö erkiesten zugetbeilt die erste Prämie im Betrag von 40 die Troschkenbesitzer Oertcl (Nr. 182) und Dvkncl(Nr. 12), die zweite Prämie i»> Betrage von 30 ^ die Droschkenbcsiyer Rockclmann (Nr. 236) und Hentschel Mr 470), die dritte Prämie im Betrage von 20 .4 die Droschkenbesitzcr Wolf (Nr. 36), Kießling (Nr. 178), Lange (Nr. 206) und Pfützner (Nr. 400), sowie die vierte Prämie im Betrage von io die Droschkcnbesitzer Wittenbecker (Nr. 40), Erdmann (Nr. 132) und Strauß (Nr. 444). Wa ten Zustand der übrigen Geschirre anbelangt, so »lackten dieselben bei der General» evision mit Ausnahme nur weniger Wage», die zu Ausstellungen Anlaß gaben, einen zufrieden stellenden Eindruck. ** Leipzig, 10. Juli. Don drei Metallarbeiter- Versammlungen, die gestern in den »Drei Mobreu" iÄngcr), »Gambrinus" (Eonncwitz) und „BolkShallen" (Alt leipzig) stattfinten sollten, konnte nur die letztgenannte ab- gebalten werden, da zu den ersten beiden Versamlntungen fast gar keine Tkeilnehmer erschienen waren. In der »Volks hallen" Versammlung, die von etwa 70 Personen besucht war, siel der angekündigte Vortrag („DaS Handwerk in alter und in »euer Zeit") aus und man besprach hauptsächlich die Organisationsfrage. Hierbei wurde lebhaft bedauert, daß durch die Wahlbewegung die gewerkschaftliche Organi sation gänzlich in den Hintergrund getreten sei, so daß sich eine ganz entschiedene Aenderung hierin nötbig machen werde, wenn man die Arbeiter wieder für ihre Fachintcressen ge winnenwolle. Besonders der »Unabhängige" HerrWcisheit brachte diesen Standpiinct zur Geltung. Mit einer für die Monate Januar bis Mai gegebenen Abrechnung fand die Versammlung ihren Abschluß. ** Leipzig, 10. Juli Seitens der Drechsler war zum Sonnabend Abend eine Versamnilung nach dem „Universitats- keller" einberufen worden, um Herrn Mo Hs Gelegenheit zu geben, die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zurück- zuw eisen. Der Genannte bestritt entschieden, daß er, wie von ibnl in der letzten allgemeinen Hvlzarbeiterversammlung behauptet worden wäre, weniger Lohn zable, als die InnungS- meister. In zwei Fällen habe er allerdings einen Stunden- lodn von 20 bez. 25 gezahlt, aber an Personen, die vorher nicht im Drechslergewerbe ldätiz waren und eigentlich daS gezahlte Geld nicht einmal verdient hätten. Herr Meusel, der die Beschuldigungen zuerst (nach ihm gewordenen Millhei- lungen) vorgebrachl, erklärte zwar darauf, nichts zurück- zunehnien, da das Vorgebrachte von Herrn Moh« selbst zu gegeben wäre. Die Versamnilung nabni jedoch eine Reso lution an, in welcher ausgesprochen wurde, daß Herr Mchs nicht weniger an Lohn zakle, als die Innlingsmeister. — Die Ostgruppe des Evangelischen Arbeiter vereins, dessen Zahl stetig im Wachsen begriffen ist, ver anstaltet Dienstag, den 11. Juli ini »Römischen Hof", Mittel straßc I I einen VereinSabenv. Herr Lekrer LainpadiuS wird einen Vortrag über „Deutsches Städteleben im 15. Jahr hundert" halten. — DaS Universal-Briefmarkcn-Album von Baumbach LCo. hier ist auf der Züricher Briefmarken-Ausstellung mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden. H Heute gegen Mittag brach in dem Niederlagsraume deS Herrn Paul Hahne», ann gehörigen Kräutergewölbes, Tauchaer Straße 6, Feuer auS, daS schnell um sich griff und dem nur unter Schwierigkeiten «ntgegengearbcitet werden konnte. Erst der Feuerwehr, die auf den Ruf »Groß feuer" auSgerückt war, gelang eS daS Feuer zu löschen und jede Gefahr zu beseitigen. —* Wegen Betrugs wurde am gestrigen Tage ein 51 jähriger Agent aus Egeln zur Verantwortung gezogen. Derselbe hatte durch einen Zufall Kennlniß davon erhalte», daß ein in Goblis wobnhafter Fleischermeister in einer hiesigen Leben-Versicherungsgesellschaft sich versickert und in den nächsten Tagen an die fragliche VersicherungSgeseOschaft etwa 32 zu zahlen batte. Hieraus baute der Agent seinen Plan. Er ging in Abwesenheit deS Meisters in dessen Wohnung, stellte sich dort als Beauftragter der Gesellschaft vor und ließ sich die obengenannte Summe auszahlen, die er natürlich, da er keinen Auftrag batte, in seine Tasche fließen ließ. — Ei» 58 jähriger Maurer aus Krotoschiu wurde am gestrigen Tage infolge Requisition der königliche» Staatsanwaltschaft Breslau wegen falscher Anschuldigung verhaftet und an die verfolgende Behörde abgeliefert. —* Bezüglich des in unserer heutigen Morgenausgabe gemeldeten Unglückssalles, das Ueb erfahren einer neun zehnjährigen Arbeiterin aus Anger-Crottendorf aus der Eisenbahn bei Plagwitz betreffend, baden wir noch in Er fahrung gebracht, daß die Unglückliche vor ihrem Ableben angegeben hat, sie sei beim Uebergange über die Eisenbahn schienen gestolpert, zu Falle gekommen und von dem heran kommenden Eisenbahnzuge erfaßt und 50 Schritte weil fort geschleift worden, eine Angabe, mit der freilich die Tbatsache im Widerspruche steht, daß das Mädchen einen Zettel bei sich trug, auf dem sein voller Name und seine Wobnung ver zeichnet stand, offenbar um beim Aussindeu eine Recognition zu erleichtern. —* Gestern Abend fand in einem Productengeschäft in der Colonnadcnstraße ein unerhebliches Schaden feuer statt, da» von der Feuerwehr bald gelöscht wurde Verbrannt waren mehrere Regale und eine Quantität Waaren. — Ein Garbmenbranb wurde heute Morgen aus einer Wohnung in der Marienstraße gemeldet. Derselbe W irde von den Hausbewohnern gelöscht. -tz Ter gemeinnützige Verein „Vorwärts" zu Leipig- Gohl>7 hielt am 7 d. M seine übliche MonatSver- sammlung in der Oberjchenkc daselbst ab. Der Vor sitzende, Herr Lehrer E. R. Müller, gab zunächst verschiedene geschäftliche Mittbeilungen bekannt. Unter Ander»! wurde beschlossen, sich an der allgemeinen Sedanseier der Stadt, sowie a» der besonderen für den Stadttbeil Leipzig-Goklis-Eutritzsch in Aussicht genommenen Nationalstier zu betheiligen. An- Anlaß der Wahl seines Mitgliedes Prof. vr. Hasse zum Reichstagsabgeordncten beschloß die Versamnilung, an denselben ein Glückwunsch- ichreiben abzusenden. Den Hauplpuncl der Tagesordnung bildete ein Referat des Herrn Roggisch über die für Leipzig »ach den von Pros. Vr. Hasse entwickelten Vorschlägen anzu- lcgende Hoch-, refp. Stadtbahn. Ja der sich anschließenden Debatte erklärte man sich mit den Anschauungen einverstanden, glaubte aber in Folge der wirthschastlichen Lage die Stadt vor so gewaltigen Unternehmungen und Umwälzungen in der Gegenwart verschonen zu müssen. Vielfach wurde der Wunsch geäußert, daß die einzelnen Bahnhöfe zunächst durch eine elektrische Straßenbahn verbunden werden möchte». Hierauf referirte Herr ReichSgerichtSsecrelair Witt über den LcrbandStagdeS Vereins für Knaben- Handarbeit. Endlich wurde beschlossen, eine Petition an de» Rath der Stadl dabin adgehrn zu lassen, daß der elbe für Herstellung der Beleuchtung der von der Waldstraße Ilt-LeipzigS nach Gohlis fübrendcn Fahrstraße, sowie ür Errichtung einer Droschkenhaltestelle i» L.-Gohlis Sorge tragen zu wollen und eine Schutzvorrichtung längs der Pleiße in der Nähe der Sedanstraße zu Goblis anzndringen. 2. stirinima. 10. Juli. Ans der allen Besuchern der Um gegend von Grimma unter dem Namen „die Feueresse" wohlbekannten Höhe in der Näbe von Golzern gcrieth gestern der Waldbestand, wahrscheinlich durch unvorsichtiges und leichtsinniges Gebühren der Besucher, in Brand. Bei der jetzigen Trockenheit der Wälder war eS den auf der Höhe Weilenden, trotz aller Mühe, nicht möglich, daS Feuer zu unterdrücken, und dürste, da die Steilbeit und Höhe des Berge« die Hilfe bedeutend erschwerte, ein erheblicher Theil des prächtigen Nadel- und Laubwaldes der Vernichtung anheim gefallen sein. , b. Lcisnig, 0. Inli. Ein schwerer Unglückssall er eignete sich am Freitag Nachmittag. Die beiden Schulknaben Hessel und Naumann (lO und 12 Jahre alt) auS dem naben Orte Röda geriethen beim Baden in der Mulde in eine tiefe Stelle und mußten, da Hilfe nicht sofort zur Hand war, beide ertrinken. —e. Im Staatsforste bei WermSdorf sind gestern Nach mittag auf unerklärliche Weise 30 Acker50jährigerKi«fern- und Fichtcnbesta nd niedergebrannt. L. Trespen, 8. Juli. Tie Thäligkrit des Dresdner Gewcrbegcrichts war im Jahre 1892 eine höhere, als im vorauf gegangenen Jahre, trotzdem blieb dieselbe wesent lich hinter der Gesammtziffcr Leipzigs zurück. Anhängig waren ini Ganzen 1889 Klagen; zu ihrer Erledigung waren 208? Verbandlungsteriniiie nötbig. Von den lämmtliche» 1889 Klagen waren gerichtet: 1703 gegen Arbeitgeber, 132 gegen Arbeitnehmer, 13 von Arbeitern gegen Arbeiter, 31 von Lehrlingen gegen Lehrherren und 5 von Lehrherren gegen Lehrlinge. Nur 56 Klagen blieben unerledigt. Tie hohe Zahl derselben findet ihre Begründung darin, daß kurz vor Ende des Jahres 42 Klagen auf einnial angebracht wurden, welche in einem Verfahren verbunden waren. Von den Klage» selbst fanden ihre Erledigung 9 durch Zurückweisung wegen Unzuständigkeit, 128 durch Beilegung infolge Rühens des Verfahrens, 239 durch Zurücknahme der Klage, 1003 durch Vergleich, 162 durch iu Rechtskraft übergcgangene Versäum- nißnrtdeile und 292 durch Entscheidung nach vorgäugiger Verbandlting. Die bei den Klagen zumeist betheiligien Ge werbe waren: DecorationSmaler (»4/, Dreher (24), Fabrik arbeiter (35), Fuhrwerks- »nd Psrrdebahnbetienstele (l23), Handarbeiter (l85), Marktbrlfer, Hausdiener re. (59), Maurer (N2), Schank- und Speisewirthe und deren Bedienstete (192), Tischler (97) und Tapezierer (21). — Sachsens MilitairvereinSbund trat gestern Sonntag Vormittag II Uhr in den Sälen LeS MusenhauscS (früheres Hotel Braun) in Dresden zur 20. General versammlung zusammen. Sie erfuhr eine besondere Aus zeichnung durch die Anwesenheit des Prinzen Friedrich August, welcher i» Begleitung des Herrn HofmarschallS Freiherr» v. Reitzenstcin erschienen war. Dem Bunde wurde anläßlich seines 20>äbrigen Bestehens die hochehrcnvolle Auszeichnung durch den König zu Theil, daß der Bund sich fortan König lich Sächsischer Mililauvereinsbund und jeder dem Bunde angejchlossene Verein sich künftig Königlich Sächsischer Militair- bez. Kricgervereiii nennen darf. Das Frenkel-Jubiläum. Ter Jubilar vom 7. d., Justizrath Robert Wilhelm Frenkel, dessen Jmmatriculation als Rechtsanwalt in Leipzig vom Jahre 1843 datirt, ist au diesem seinem Ehrentage sehr ausgezeichnet worbeu. Das Ritterkreuz 1. Clasje vom K S. AldrechlSorde» lind das Ehrendoctordiplom der Jurlslensacuital Leipzig sind die äußere» Zeichen vollster Anerkennung und Würdigung der in einem so lange» Zeitraum forensischer Lhängkeit getreulich und un entwegt erworbenen Verdienste eines Sachwalters von Schrot und Korn. vr. zur. Frenkel ist der einzige Ueberlebende von den drei Leipziger Advocale», die vor 50 Jahre» i» die Praxis eingetreten waren und dis vor zwanzig Jahren bier walte». Ter er>te war 1>r. Earl Hermann Mayer, der am 3. März, der zweite Rodert Reichel, der am 30 Juni 1843 immalriculirl wurde Das Diplom rühmt den Jubilar ,,»b tnuin cke iuri» tutela et cke civibu» Imin» uiln» mvrii»" und zwar mit folgender ehrender Mvlivirung: ,,gui insyxui rvrum koreu-ium oojxmuviw et piueelara iurispi nckenlm orvarus per tot aunus gnnm in euuni» ornockl« tum io clieiitidiis cketöuckeuckis vorirmque priratis iu reku« L-lnuol- »trkiiickw eriwi» ticke, prodiUito, eircumspeeUvoe, »olvrtm ver säum ezt". De» Glückwünschen der Facultät schlosse» sich Kundgebungen derselben jympalblschen Art mit Recht von alle» Seiten an, wie hier mit unliebsamer Verspätung »achtiäglich erwähnt sein möge. vr. Karl W. Whistling. Kunst und Wissenschaft. 6. München, 9. Juli. In den Vorstand der PeusionS- anstatt deutscher Schriftsteller und Journalisten wurden gewählt: zu Vorstandsmitgliedern die Herren ReiSner, Prager, LaviiS, Schuh und Mahler; in den Aufsichlsrath Vr. Hirih, Petzet, Frick, Hosina»», L. Viereck, Maximilian Schmidt und vo» Schmädel, sännnllich in München, sowie die Herren v. Wilden- druch-Bertin, Russack-Verlin, Hildebrandt-Berlin, Wetzcl - Berlin, Singer-Hamburg, Vr. Sieinbach-Wien, Blerey-Treede», Aljred Elaa» Prag »nd Professor Rödlisberger-Bern. Als Verbandsorgan wurde die Halbmonatsschrift ,.LaS Recht der Feder" auSersehen. Briefkasten der Revaction. 4V. 8edu. und 11. Kr. in 2ch. Wir können zar Erfüllung Ihres Wunsches nur dadurch beitragen, daß wir Ihre Zuschrift ver- öffentlichen. Sie lautet: „Die iächsijcheStaatSdah» veranstaltet lunftigen Sonntag einen Extrazug in« Erzgebirge. Ter nützl uns aus dem Dope nichts; denn manjwill doch seinen Jungen miraehmeu und bei uns gehen die Ferien acht Tage später an, als iu Leipzig. Wollen Sie nicht im Tagcblaile minhcilen, ob nicht bald wieder ein solcher Exirazug geht und wann? Sie würde» viele» Vätern einen Gefallen thun." Lchlub -er Ledaclum elugrgauHe». * Kattawitz, 10. Juli. (Privattelegramm.) Die Zoll am ln jeder läge in der benachbarten russischen Grenzstation ist vollständig nirdergebrannt. * Londan, 10. Juli. 3000 Grubenarbeiter in Forest of Dean haben wegen 25procentigen Lohnabzugs die Arbeit niedergelegt. Die Bergarbeiter in den benachbarten Revieren und in der Grafschaft Buckingham drohen gleichzeitig in den AuSstand einzutrelen. Verantwortlicher Redacteue vr. Her«. Küchltng in Leipzig. Kür den musikalischen Theil Professor vr. T»rar Paul in Leipzig
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