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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930920024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-20
- Monat1893-09
- Jahr1893
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--S- Kopenhagen entschieden abgelehnt wurde. Seitdem aeht die Agitation fort, und die i»i August d. I. gefaßten Bescklüsse des AlthingS sind die Folge derselben. Ob der König die Verfassungsänderung genehmigt, ist allerdings die Frage. Deutsches Reich. L Verlin, tS. September. Zum Zwecke der Berathuug Beschlußfassung über einen Ausruf zu den preußischen Landtag-Wahlen und zur Besprechung der Wahlen findet am Sonntag, den 24. September, Vormittags ll Ubr in Berlin im Abgeordnetenhaus« eine Delegirten-Ver- sammlung der nationalliberalen Partei statt. — In der freisinnigen Presse wird jetzt, bei dem Suchen nach einer Stütze der Partei in ihrer Vereinsamung und ihren schlechten Wahlaussichten, mit großem Eifer die Parole auS- gegeben, daS Wichtigste sei der Kamps gegen die Uebergriffe der Reaktion, namentlich der ultramontanen, aus dem kirchlichen und Schulgebiet, und in diesem Kamps müßten alle Liberalen fest zusammenstehcn. TaS sollte aller dings der Fall sein und wäre es auch, wenn wirklich alle liberalen Richtungen ihrer hohen Pflichten und natürlichen Ausgaben aus diesem Gebiet eingedenk wären. Die frei sinnige Partei, insbesondere die Gruppe Richter, denkt aber nur in der Wablnoth an diese Pflicht des gesummten Libera lismus. Was bietet uns denn diese Partei, auch wenn sic stärker wäre als sie gegenwärtig ist unv in Zukunft sein wird, für Bürgschaften gegen die Uebergriffe des Ultra- montaniSmuS? Die Hälfte ihrer Mitglieder sink aus ultramon tanen Krücken in die gesetzgebenden Körperschaften geschlichen und darum zu Frokndiensten verpflichtet Für Baken, wo dieselben Principienkämpse auSzufechtcn sind, ist noch soeben von einem leitenden freisinnigen Organ die Parole auS- gegeben worden, die Ultramontanen gegen die National- liberalen zu unterstützen und kaS rolhschwarze Bündniß steht dort seit langer Zeit in einer den Nationalliberalcn sehr empfindlichen Wirksamkeit: kein Wort der Verwahrung hier gegen haben wir in freisinnigen Blättern gelesen, die sich >eyl über die Pflichten des GesamnitliberaliSmuö ereifern. Herr Richter, der seine kläglichen Niederlagen durch Red seligkeit zu übertönen sucht, zieht im Lande herum, er spricht von alle». Möglichen, nur über die Abwehr ultramontaner Uebergriffe bat er noch nie ein Wort verloren. Bei kein Antrag auf Abschaffung deS IesuitengesepeS werken wir auch Etwas erleben. TaS sind keine brauchbaren Hilsstruppcn im Kamps gegen die allerdings große Gefahr, die uns vom Ultramentauie-iuuS droht. In diesem Kampfe sind uns doch die Freiconservativen lieber, die darum auch die Ebre ge nießen, gleich den Nationalliberalen aus allen ultramonlancn Acchtungslisten z» stehen. * Berlin, l!>. Sepieniber. Die Verwaltungsbehörden sind bekanntlich auszefordcrt worden, sich über die vom Handels- ,uiuisi>.r verösfe,illichten Vorschläge für die Organisation des Handwerks und für die Regelung desLehrlingowcsenS im Handwerk zu äußern. Es ist den Behörden hierbei empfohlen worden, vor Erstattung des Berichts geeignete Vertreter der Interessen des Handwerks — Innungen, Innungsausschüsse, Handwerkervereine, Fachvercine und Einzelpersonen» denen die Abgabe eines sachverständigen Unheils zugclraut wird — zu hören und Acnßeruilgeii, die besondere Beachtung verdienen, mit vorzulcgcn. Tie Vorschläge deS Ministers sollen im Wesentlichen nur die Grundlage für weitere Erörterungen abgcbcn, bei denen die Auslassungen der Behörden und die von der Oessentlichkeit zu erwartende Kritik gewürdigt und berücksichtigt werden. Insbesondere sollen, wie die „Schles. Ztg." erfährt, folgende Einzelsrazen ausdrücklich beantwortet werden: l) (rrichcint dir zur Abgrenzung der Kleinbetriebe gegenüber Len Großbetrieben angenomniene Arbeiterzahl (20) »ulrcssend? 2> In welcher Weise sollen die Beiträge für die Fachgenoss-n'. isten bemessen nud verlbeiii werden'? Kann hierbei die Höhe der 0>e- wcrbesleuer, die Iaht der Arbeiter oder der d lsang der maschinellen Hilsekras.e einen Maßslab abgeben'? 3) In welchem Berdältniß soll die Zahl der Mitglieder des Gehilsen-AusschusseS zu der Zahl der Mitglieder deS Vorstandes der Fachgenossenschaft stehen'? 4) Wer soll die itosken des Gehilseii-Au-schlisseS tragen'? Ist cs unbcdenk- lich, bei der Geringsügigkeii der Beiträge »nd der Schwierigkeit der truiziehung diese als Kosten der Fachgenvssenichast zu bezeichnen? Eoenluell, erscheint cs angängig, den Arbeitgebern eine Vorschuß- Verbindlichkeit auiznerlegeii und ein Abzugsrecht am Lohne einz»- r,i»,»en? In welchem Verhältnis, soll die Zahl der Vertreter der Gchilsen-Aiioschiisse zu der Zahl der Mitglieder der Handwlcker- kaniiiiern stehen und wie soll Ihre Zahl aus die Gehilfe,l-Ausschnsse vertheitt werden? t>) Nach welchem Maßstabe sollen die Kosten der Handwerkerkammern aus die einzelne» Fachgenvssenfchasten vertheitt werden? -- — Sicherem Vernehmen der „Kiel. Ztg." nach wird der Kaiser am 23. d.M. in Kiel eintreffen, um vor der Auflösung dcS HerbstübungSgeschwaderS nock eine Revue abzuhalten. — Nach der „Kreuß-Ztg." ist in der gestrigen Sitzung deS StaatSuiinisteriumS endgiltig über den Termin der Wahlen zum Abgeordnetenhause Beschluß gefaßt. Die Wahlen werden darnach in der letzten Woche dcS Oktobers stattfinden. — Deutschland wird zur Zeit der Anwesenheit eines englischen Geschwaders nn Mittelmeer keine anderen Schiffe dort habe», al» die, welche ohnehin eine» Cur« haken, der sie dorthin führt. — In der heutigen Sitzung der Tabaksteuer-Eon- ferenz im RrichSschatzamt haben Vernehmungen von mehreren Sachverständigen statlgesuntea. — Am Mittwoch, den 20. d. M., beginnen im Reichstage die Verhandlungen über die Sonntagsruhe bei der Gruppe tll der Gewerbestatistik (Bergbau, Hütten- und Salioenwese») mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeiter. Zur Vertretung der Arbeitgeber sind die größeren wirth- schastlichrn Vereinigungen der Montanindustrie aufgcsortert, auch einzelne hervorragendere Industrielle direct eingeladen worden. Vertreter der Arbeiter sind von den Gewerbe- Aussicht«- und Bergrevier-Bcamlen über die Einzelheiten der schon seit einigen Monaten bekannt gewordenen Vorlage, be treffend die SonntagSrubc in der Grupp« Hl, insormirt und, der „Post" zufolge, zur Theilnahme an den Conferenzen a»s- gefordert worden. Ten Vorsitz wird der UnterstaalSjecrctair im Reichsamt de- Innern, Vr. von Rottenburg, sühren. Bon den Bundesstaaten werden zum Thcil Vertreter erwartet. Die Verhandlungen werden die Dauer von 2—3 Tagen in Anspruch nehmen. — Wie die „kkreuzztg." erfährt, ist Oberst Freih. v. Scheele definitiv zum Gouverneur von Lst-Asrika ernannt. Major Wrochem dürste bald zu dessen Stellvertreter ernannt werben. — Der Wahlverein der liberalen Bereinigung, welcher am Montag unter Vorsitz deS vr. Barth tagte, be schloß, dem „A. T." zufolge, einstimmig, mit größter Ent schiedenheit bei den Landtag-Wahlen in Berlin selbst ständig vorzugehen und eigene Eandidaten, sowohl bei den Wahlmänner- wie bei den Abgeorbnetenwahlen, aufzustellen. — Die „Nordd. Allgemeine Zcitg." widmet dem Nord deutschen Antisemitentag an leitender Stelle eine längere Betrachtung, in welcher sic die Erklärung der anti semitischen Führer, daß das Tafclluch zwischen den Anti semiten und den Eonscrvativen nunmehr entzwei geschnitten sei, mit Genugthuung begrüßt. Wenn man auch anfangs noch — sagt daS Blatt — während der Entwickclungsperiode der antisemitischen Bewegung glauben konnte, in ihr sei ein den conservativen Bestrebungen identisches Element vorhanden, so mußte man bald erkennen, daß die Leiter der Agitation genau nach der Art der socialdemokratischen Pro paganda arbeiteten. Deshalb müsse der ConservatiSmus um so mebr sich seiner historischen Stellung zu Staat und Gesellschaft erinnern. — Im „Vorwärts" wird der diesjährige socialdcmokratische Parteitag vom Parteivorstand aus Sonntag, den 22. Lctober, uud die folgenden Tage nach Köln einberufen. Als provisorische Tagesordnung ist festgesetzt: 1) Geschäslsbrricht de- Partei- Vorstandes (Berichterstatter I. Auer); 2) Bericht der Controleure (Berichterstatter H. Meister): 3) Parteipresse und Agitation mit besonderer Berücksichtigung der Landagitation; 4) Bericht über die parlamentarische Thätigkeit (Berichterstatter Paul Singer): 5) Mai- seier 1894 (Berichterstatter W. Liebknecht); 6) Antisemitismus und Socialdemvkratie (Berichterstatter A. Bebel); 7) Anträge zu Pro- gramm und Organisation; 8) Wahl der Parteileitung und Bestim mung deS OrteS, wo sie ihren Sitz zu nehmen hat. — Im zweiten Berliner Landtagswahlkreise will die frei sinnige Volk-partei das bisher von I)r. Alexander Meyer innegehabte Mandat anderweitig vergeben. Wie nach dem „B. T." verlautet, hat man hierbei an den Rector Patzke und an vr. Max Hirsch gedacht. — Der „Vorwärts" berichtet, daß die Beziehungen l seines Localredocteurs Cronheim zu dem Blatt und seiner Unterhaltung», beiiage „Neue Welt" wegen fortgesetzten BertrauenSbruchs des genannten Herrn gelöst worden seien. — Wie der „N.-Ztg." Herr Cronheim mittheilt, bestand der „fortgesetzte Bertrauen-bruch", wegen dessen er aus der Redaction des genannten Blattes entlassen wurde, „in einem allerdings vertragswidrigen Mitarbeiten für bürgerliche Blätter". * Thor», 18. September. Vom 13. September ab darf von Preußen nach Rußland von Personen, welche die Grenze über schrei n, kein deutsches Silber-, Nickel- und Kupfergeld, sondern nur no!' k'UtscheS Papiergeld und Gold eingeführt werden. Im ersten Ilc:-r'.etungssalle ist eine kleine Geldstrafe und tm zweiten eine grötzere z» entrichten. Vom dritten Male ob tritt Gesängnißslrafe ein. Diese Maßregel ist eine große Erschwerung im Grcnz- verkehr. Bisher durste noch für etwa zehn Mark deutsche Scheide- münze von jeder Person nach Rußland emgesührt werden. * ktel, 18. September. Die wegen Verdachts der Spionage bier kürzlich verhafteten beiden Franzosen Daguet und DuboiS sind gegenwärtig noch im hiesigen Land- gerichtSgeiängniß intcrnirt, wo sie ihre Verpflegung aus eigene Koste» erhalten. Die Untersuchung des Falles wird nach der „N. Pr. Ztg." zunächst in Berlin weitergeführt, während, wenn Anklage erhoben wird, die Verhandlung selbst vor dem Reichsgericht zu Leipzig stattsindet. * Karlsruhe, 18. September. Es bestätigt sich, daß Prinz Max, der Sohn vom Prinzen Wilhelm, unter Beförderung einen längeren Urlaub angetreten hat. Prinz Wilhelm ist sußleidend, woraus sich sein Nichterscheinen beim Kaisermanöver erklärt. Weniger erklärlich erscheint der „F. Z.", daß Prinz Max während der Kaiser manöver in Civil hier anwesend war und der Hoslasel sernblieb, der seine Mutter anwohate. Man spricht von Differenzen mit seinem Regimentscommaadeur. * ktzreitzur« i. B, 18. September. Der hiesige Theologie- Professor vr. Hardy, ein streitbarer CeotrumSpolisiker, hat plötzlich seine Professur aufgegeben und ist in da-Bruedic- tinerkloster Beuron (bei Sigmaringen) ringetrrten. Die „Kr.-Ztg." bringt diesen Schritt in Zusammenhang mit einer Rede, die vr. Hardy während der letzten ReichStagSwahl- agitation in einer hiesigen öffentlichen CeatrumSversammluag gehalten und in der er sich in sehr ausfallender Weise über den Großherzog ausgesprochen hat. * Stuttgart, l8. September. Von hier wird dem „Hamb. Corr." geschrieben: ,,E« wird von competenlester Seite ver sichert, daß der Reichskanzler Graf Caprivi, der während der hiesigen Kaisertage nicht bloS von der Bevölkerung (?), sondern auch von den Majestäten regelmäßig überaus geehrt wurde, von König Wilhelm in zwei längeren Audienzen empfangen wurde und mit dem diesseitigen Ministerpräsidenten Freiberrn von Mitlnacht zwei ausgedehnte Beratbungen pflog. Damit zerstreuen sich wohl am besten alle die tbörichtcn Ge rüchte, die in der vielerörterten BiSmarck-Mittnacht- Affaire von voriger Woche eine Intervention der württem- bergischen Regierung zu Gunsten LeS ehemaligen Reichs kanzlers erblickten." Oesterreich-Ungar«. * 6tüns, 19. September. Nach dem gestrigen Hofmahl erledigte Kaiser Wilhelm noch RegierungSgeschaste bis gegen 12 Uhr. Nach Schluß dcS heutigen Manövers fuhr Se. Majestät nach Horpatc», dem Gute des früheren österreichisch-ungarischen Botschafter- Grafen Szechenyi, und nahm bei Gras und Gräfin Szechenyi daS Frühstück ein. — Heute Nachmittag fand nach Beendigung der Manöver ein Hosmahl statt, zu welchem die gleichen Einladungen wie gestern ergangen waren. Auch der ungarische LandeSvertheidizungS-Minister Baron Fejervary war mit einer Einladung beehrt worden. — Die deutschen Generale und Officiere deS Gefolges deS Kaisers Wilhelm sollen ihrer rückbaltSloscn Bewunderung über die Haltung der Truppen in den Manövern, insbesondere aber über die Marschleistungen derselben Ausdruck gegeben haben. Ebenso sollen der Kaiser und der deutsche Bot- schaster dem Ministerpräsidenten Wekerle versichert haben, daß sie außerordentlich angenehm von dem Empfange in GünS berührt worden seien. * Grostwardetn, 19. September. Eine hier abgeballeoe Conserc»z der liberalen Partei dcS Biha rer Co mi- tat S nahm eine morgen in der Generalversammlung der Partei einzubringciide Resolution an, in welcher die General versammlung ihr Bedauern und ihre Mißbilligung ausspricht über den Versuch, die bisher zwischen den Ungarn und den Rumänen deS ComilatS bestandene brüderliche Eintracht zu stören. * Wte», 19. September. Der mährische Statthalter Löbl verbleibt auf Taaffe'S Wunsch auf seinem Posten. — Ebenhoch, der Führer der Klerikalen, billigte in der Alten berger Versammlung die Auönahmcversügungen für Böhmen. * Teschen, 19. September. Der dortige Gemeinde-Aus schuß hat dem Gutachten der RechtScommission gemäß be schlossen, neben den deutschen keine polnischenStraßen- tafeln anzubringen. Die polnischen Einwohner werden deshalb die Regierung um ihre Intervention in dieser Au- gelegeuheit angehen. * Prag. 20. September. (Telegramm.) DaS Fach organ der Bergarbeiter meldet, daß im Falkenauer Revier ein allgemeiner AuSstand der Bergarbeiter bevorstehe. — In Prag entdeckte die Polizei eine geheime Druckerei, in der aufreizende Pamphlete hergestellt wurden, und beschlagnahmte in der Wohnung eine- jungen Mannes herabgerissene kaiserlicke Adler. ES ver sautet, in dem czrchi scheu Theilc Böhmen- sollen poli» tische Volksversammlungen überhaupt untersagt werden. Frankreich. * Pari», 19. September. Der russische Botschafter Baron von Mohrenheim übergab der Regierung nunmehr da« amtliche Programm für den Aufenthalt der russischen Flotte in den französischen Gewässern. Die Flotte wird vom 15. bis 27. October in Toulon ankern; die Marine- ofsiciere werden ohne Aufenthalt auf drei Zwischenstationen am 17. October nach Paris abreisen und daselbst 8 Tage verweilen, die Matrosen dagegen werden Toulon nicht ver lassen. — Eine angeblich ossiciöse Zuschrift, welcher der „Polit. Correspvnd." von hier zugeht, behauptet, daß in hiesigen RegierungSkreizen der Besuch de« englischen Geschwaders in Italien unbedingt als eine Demonstration gegen Frankreich aufgefaßt wird (?). — Der socialistische Abgeordnete GueSde erklärte in seiner Rede, welche er bei dem Fest, das die Pariser Arbeiterpartei ihm gab, gehalten bat, daß die Partei zu Wahlzwecken auch das auS Deutschland gesandte Geld dankend an genommen habe, denn bald werde die ganz« Welt den Socialisten gehören. (?!) In Lievin demonstrirtea Ausständig« vor «in«» WirthShause, wrlcheS von b«lgischraLrbrit«r» besucht wird; r« wurden Ruf«: .Nieder mit de» Belgiern!" laut. Die Ausständigen schlugen alsdann die Fensterscheiben de« WirthShause« ein. — In Graissesac (Departement Herault) ist rin Kvhlenstreik auSgebrochen. * Part-, 20. September. (Telegramm.) Als Nach folger de« verstorbenen General« Miribel wird jetzt dem Hirsch'schen Bureau General Ferro» (?), welcher Boulangcr im KriegSmiaisterium folgte, bezeichnet. — Gestern entstand in Anuecy zwischen Franzose» und Italiener» ein Wortwechsel» der damit endete, daß ein Franzose von einem italienischen Arbeiter gctödtct Kurde. Italien. * Rom, 19. September. Die .Agenzia Stefan!" erklärt die Blättermeldung, Laß der Iustizminister Santa Maria seine Entlassung eiogereicht habe, für vollständig un begründet. ?. 6. Infolge einer eingeleitetea Untersuchung ist fest gestellt worden, daß im Zolldepartement grobe Miß bräuche, betreffend die Gewährung von ungerechtfertigten Zollrestitutionen auf Reis, vorzekommeu sind. Durch den Bericht der UntersuchungS-Commission erscheinen der Generaldirector des Zollwesens, Castorina»und der General- Inspector diese- Departement-, Gallina, schwer compro- milirt. In Folge dessen wurden die Genannten sofort ihrer Aemter enthoben und der Ministerrath wird sich demnächst mit den weiteren, in dieser Angelegenheit zu treffenden Maß regeln beschäftigen. In der Oessentlichkeit hat dieser Vorfall die größte Aufmerksamkeit erregt und man sieht der Ver öffentlichung deS Berichts der UntersuchungS-Commission allenthalben mit dem lebhaftesten Interesse entgegen. Großbritannien. * London, 19. September. Unterhaus. Der Parlament-« secretair des Colonialaintcs, Buxton, gab die Erklärung ab, daß di« Regierung keine Bestätigung der Nachricht erhalten habe, daß Lobengula's Streilkräste gegen da- Maschoaalaud vor rückten. * London, 20.September. (Telegramm.) Die.Times" theilcn einen Plan des Sir Georg c Elliot mit, wonach die Ausbeutung aller Steinkohlengruben England- unter der Verwaltung de- Staate« stattzufinden habe, und zwar unter der Administration eines CeutralratheS. Die Lohnfrage würde von DistriclSräthen geordnet werden, in denen die Arbeiter vertreten sind. In gleicher Weise werden die Preise regulirt werven.— Die Nagelschmiede in Worcester shire und Stafsordshire beschlossen, «inen Monat zu feiern, um die Preise wieder auf eme gewiss« Höhe zu bringen. Dänemark. * Kopenhagen, 20. September. (Telegramm.) DaS Unwohlsein des Zaren ist ganz belanglos gewesen und bereits behoben. Schweden und Norwegen. * Stockholm, 19. September. DaS Königspaar bezieht sich am 10. October zu einmonatigem Aufentbalte nach Christ iania. Im dortigen Residenzschlossc soll alsdann eine Reihe von Festlichkeiten, darunter Festessen für hervor ragende norwegische Personen veraostaltrt werde». Orient. * Bukarest, 13. September. Der für die Rumänen ruhm reiche Tag voll Grivitza, wobei sie den Russen auS der Klemme halse», wurde gestern in Sinai« durch einen feierlichen Gottesdienst begangen, dem der König mit großem Gefolgt beiwohnte. Nachher führte der Kronprinz yaS 1. Jäger-Bataillon dem König vor. k. 6. Bukarest, 19. September. Für die Dauer der Ab wesenbeit deS Ministerpräsidenten LaScar Cat arg in im AuSlande, die auf ungefähr drei Wochen berechnet ist, ist der Domainenminister Carp mit der Stellvertretung im Vorsitze des MinistcrratheS und der Minister de- Aeugeren, Laho- vary, mit der einstweiligen Leitung deS Ministerium- de« Innern betraut worden. * ilonstanttnopel, 16. September. .Weshalb haben wir nicht in Konstantinopel einen russischen Hafen cap itaiu?" Unter diesem Titel bringt die „Now. Wremja" von hier eine Correspondenz, welche nachzuweisen sucht, daß alle jene Schwierigkeiten, mit denen die russischen Seeleute in Konstantinopel beständig zu kämpfen hätten, nur daran- erwüchsen, daß Rußland in einem so wichtigen Hafen wie Konstantinopel keinen Hafcncapitain besitze. Wegen jeder Bagatelle müssen die russischen Seeleute beim Consul Recht und Unterstützung suchen. Die Formalitäten und die Corre spondenz mit den türkischen Behörden dauern immer sehr tanze und endigen gewöhnlich damit, daß der russische Dampfer noch vor der Entscheidung seiner Angelegenheit durch da- Consulat sich mit seinem Partner einigt, wobei natürlich der allmächtige Backschisch in sein volle« Recht armen LchnSvettern der Grafen Föhl als beinahe einziges Eigentbiim gehörte. Die breite Einfahrt, vor welcher eben Hildegard'S Reisc- wagen stand und Marie mit einem Diener beschäftigt war, das zahlreiche Gepäck herabzunchmen, war gepflastert und weiß getüncht. Von ihrer im Kreuzbogcn gewölbten Decke ding eine große, achteckige Laterne herab, die bei dem unauf- börlichen Zugwind, der sich in der breiten Halle verfing, niemals aus ihrer schwankenden Bewegung beranskam. Da nach dem Park sührende Thor im Hintergrund war qesckloffcn, und eine kleine in dasselbe geschnittene Pjortc vermittelte den spärlichen Verkebr nach dieser Richtung. Bon den zwei an den Langsciten sich gegenüberliegenden Tbüren öffnete sich die eine nach de» WirtbschaftSräumen, die andere nack der Biblio thek. Eine aus rothen Ziegelsteinen zusammengesügte, aus getretene Treppe sührte nach oben. In dem mindestens drei Jahrhunderte alten, von einem breiten Mantel überdachten Kamin der Bücherei loderte ein belleS Feuer und warf seine» Widerschein auf die ihm zunächst- liegende braune Täfelung de- Fußboden«. Durch die drei mit ihren starken Eiscngittern eine Abwehr nach außen bildenden Fenster schickte der scheidende Tag noch einen fable» Streife» LichlS herein, der sich allmälig in graue Dämmerung verlor. In der Näde deS mittelsten Fenster« saß vor seinem umfang reichen Schreibtisch, den Kopf in die Hand gestützt, der Schloß- l,err. Seine Grübeleien barmonirtcn innig mit der Trost losigkeit des grauen Herbsthinimel«. — Ein sehr bejahrter Tiriier, abgesehen vom Kutscher Lorenz der einzig« deS Schlosse-, öffnete behutsam die Thüre und trug eine Lampe herein, die er vor seinem Gebieter niederstellle. Ta» bescheidene Licht erhellte nur einen beschränkten Tbeil de- weiten RaunieS. Tie hohen, braungebeizten Schränke läng- der Wände gleich wie die kunstvoll gerippte, scdöagcwölbte Decke blieben im Dunkeln. In der Mitte de- Saale« stand «in schwerfälliger Tisch auf gedrehten, durch Querleisten verbundenen Beinen. Aus seiner schweren Platte lagen Pergamentrollen, überein- aadcrgeworsene Bücher um einen Globus ausgebäust, wie der Zufall sie dahin gebracht. WaS sich in diesem wirren Durch einander von nietaUenrn Zierathen und Goltbuchstaben vorsand, gerietd nunmehr in ein bescheidenes Schimmern. Ein Gleiches versuchte auch der abgenutzte Lederbezua der stets ausgereihte» Stühle mit seinen einst goldgepreßten Arabesken. Da» belle Licht der Lampe siel auf den mit Acten und NechniingSbüchern bedeckten Schreibtisch sowie ans da» Antlitz und die Gestalt des Grasen Er hatte beim Eintritt de- Dieuers seine Stellung nicht verändert, und Jener verbarrte «ine Weile an seiner Seile, al» erwarte er einen Befehl od«r eine Frage. Da Beides nicht erfolgte, schritt er zum Kamin und warf einige Scheite Holz in dessen breiten Rachen. Die wohlthätige Wärme, welche den Flammen entströmte, war diesem alle Zeit kühlen Raume trotz der noch nicht sehr vor geschrittenen Herbstzeit seit Wochen schon Nothwcndigkeit. Der Graf hatte sich aufgerichtet und schien die Anwesen heit de» Diener« erst jetzt zu gewahren. Er war ein Mann von vicrunddrcißig Jahren, doch erschien er jünger. Seine Gestalt war hoch uud feingliedcrig gebaut, sein Antlitz schmal und wenig gefärbt. Auf den feinen Lippen lag ein Zug von Verdüsterung; Augen, Bart und Haare waren dunkel, diese kurz geschnitten und nach aufwärts gekämmt. Vielleicht lag eS in dem wahrhaft klassische» Schnitt der Nase und der Stirn, daß die GcsichtSzügc streng und unnahbar erschienen; zuweilen aber nahmen dieselben einen hilflos naiven Ausdruck an und verjüngten ihren Besitzer wunderbar. „Die Eomtesse ist angekvmmen", meldete der Diener, als er sah, baß die Augen seines Herrn ihm zugewendct waren. Der Graf schien wie auS einem Traum emporzusahren. „ES ist gut. — Führen Sie meine Stiefschwester hierher, Anselm, wenn sie mich zu sprechen wünscht." Anselm verneigte sich und zog sich gegen die Thür zurück, aber ein Zuruf vr« Grafen hieß ihn noch verweilen. Dieser strich soeben mit der Hand über die weiße Stirn. Der ihm anhaftende vergrämte Ausdruck war schärfer bervorgetreten. „Ick rufe Ihnen noch einmal in« Gcdächtniß, Anselm, daß durch die Anwesenheit der Eomtesse eine Aenverung in meiner TageSeintbeilung nicht eintritt. Erinnern Sie auch die übrige Dienerschaft daran. Unser HauSbalt ist ein getrennter, jede« sveist für sick. Im Uebrigen sind alle Befehle der jungen Dame zu respectiren wie die meinigen." Anselm verbeugte sich und verließ da» Gemach; Clemen« aber stützte auf» Neue den Kopf in die Hand und versank in düstere Gedanken. Schwer fiel die Ankunft Hildegard'» ihm auf die Seele. Die Bürde, di« ihm mit der Sorge für die Stiefschwester auferlegt war. bäuchte ihm unerträglich. Niemals batte dir- Kiud seinem Herzen naht gestanden. Die zweite Heirath seine« Vaters hatte ihn empört. Sic verletzte seine zartesten Gefühle. Er hatte seine verstorbene Mutter mit ver ,bm eigenen schwärmerischen Hingabe geliebt, und niemals verzieh er eS dem Vater, daß er eine Ändere an ihre Stelle treten ließ. Daß diese Andere eine Bürgerliche, ja die Tochter von de« Vater» Förster war. verdoppelte ihre Schuld in seinen Augen, denn er war in allen Vorurtbeilcn seine« Stanke« berangereift. Ja seiner Strenge aber gegen sick selbst! machte er e« sich damals zum herben Vorwurf, daß er sr»ne Zuneigung zu deyr alternden Vater rrkalttn fühlte; dabei ward da« Zu sammenleben mit der Stiefmutter ihm so unerträglich, daß er den Vater täglich mit Bitten anging, ihn einer Erziehungs anstalt zu übergeben. In seiner Rathlosigkeit wandte sich der General, da Clemens keine Neigung für den Soldatenstand zeigte, an dessen ehemaligen Erzieher, Pater Franz, und dieser schlug daS Kloster, in welche« er sich selbst zurückgezogen hatte, als passenden Aufenthaltsort für den jungen Grafen vor. Mit Freuden erklärte dieser sich einverstanden. Die in wunder voller Gegend gelegene Benedictincrabtei ward ihm bald zur zweiten Heimath. Auch als seine sorgfältig geleiteten Studien beendet waren, verblieb er dort. In ihm keimte schon längst der Wunsch, sich ganz dem Dienste der Kirche zu widmen. Eine Andeutung hierüber gegen den Vater aber ries bei dem selben einen so heftigen ZornauSbruch hervor, daß Clemens seine Pläne hinfort in sich verbarg. Die Stiefmutter war ihm bald kein Hinderniß mebr, seine Ferien bei dem Vater auf dem Bärcustein zuzubringen. Die wahrhaft liebenswürdige, sanfte und bescheidene Frau starb, als ihr Töchterchen Hilde gard vier Jahre alt war, jedoch die zwischen Vater und Sohn eingetrerene Entfremdung ward mit dem Schwinden der Urheberin derselben nicht verwischt. Mit Erbitterung ge wahrte Clemens die grenzenlose Schwäche seine- Vater- gegen da» kleine Märcken, dessen Muthwille und lebhaftes Temperament nach seiner Uebcrzeugung die unnachsichtlickste Strenge herauS- forderten. In seinem Eifer und seiner Unduldsamkeit ver suchte er zuweilen erziehlich auf sie einzuwir kcns, und sie vergaß eS ihm niemals, daß er sie wiederholt und hart gezüchtigt hatte. Ein leise« Klopfen schreckte Clemens aus auS seinem Brüten. Er ahnte, daß dasselbe ihm Hildegard'« Eintritt ankündigte. Ein fröstelndes Bangen überschlich ihn. E« ging sofort in Staunen und Verwirrung über, als seine Schwester ihm gegenllberstand. „Sie ist reizend, bei Gott, rin allerliebste« Wesen", die« war der erste Gedanke, der sich ihm bei ihrem Anblick aufdrängte und seine Verwirrung noch vermehrte. Der Umgang mit Frauen war ihm fremd Die einzige Frau, die er im Leben gekannt und geliebt hatte, war seine Mutter, und daß ihr keine andere an Adel der Gesinnung und de« Herzen» glich, stand in ihm fest. Seit sein Vater in die Netze einer „Kokette" gefallen war — so betrachtete er den zweiten Ebebunb desselben —, hatte sich in ihm ein Weiberhab herauSgebilbet. Im Kloster bei den frommen Vätern war selbst verständlich nickt« geschehen, ihn von dieser BoreiiAenommenheit zu heilen.... Er erröthrte und trat dem junge» Mädchen einen Schritt naher, al« Hildegard aber Miene machte, sich an seine Brust zu werfen, streckte er ibr abwehrend beide Arme entgegen. Sie trat zurück. Ein schmerzlicher Zug verdüsterte ihr erbleichen de« Antlitz. Ihre Augen suchten beängstigt Leu Boden. „Willkommen, Hildegard", begann er, sich zu einem Lächeln zwingend. „Ich hoffe, Du hast Deine Gemächer wohlvorbe reitet gesunden?" „Was Dienstboten für mich thuu konnten, ist geschehen", /ntgegnete sie ein wenig schnippisch. Dann setzte sie mit ge preßter Stimme hinzu: „WaS ich vermisse, kann Niemand mir zurückgeben." „Du meinst Papa", sprach er mit Weichheit. „Dein Name War sein letztes Wort." Sie war einige Zeit außer Stande, zu sprechen. Da« Zittern ihrer Lippen verrietb ihre innere Bewegung. Aber sie kämpfte ihren Schmerz bald nieder. „Anselm sagte mir, daß wir nicht gemeinsam speisen werden. Ist dies wahr, Clemens?" Er neigte bestätigend den Kopf. „Ich bin in klösterlichen Gewohnheiten ausgewachsen und liebe die Einsamkeit. Meine Anwesenheit würde Dir wenig Unterhaltung bieten. Ich glaube vielmehr, Du geirinnst durch die gänzliche Unabhängigkeit, die ich Dir und mir wahre. Du bast doch ein Kammermädchen rngagirt und mitgebracht?" Sie warf trotzig di« Oberlippe aus. Ihre starken, kräftig hervortretenden Brauen zoaeu sich zusammen. „Die Thatsachr, daß Du mir erlaubtest, «ine Zofe für meinen spec-ellen Dienst anzunebmen, kann mich doch nicht über de» Mangel einer ebenbürtigen Gesellschaft hinweg- täuschen. Warum hast Du mich nicht im Pensionat gelassen, wo mau mich liebte, wenn meine Anwesenheit hier Dir eine Last ist?" Sie standen sich gegenüber. Er, hoch und schlank, den feinen Kopf etwa« vornübergebeugt — Hildegard zart und kooSpeuhaft, mit vor Erregung bevendeu Gliedern. „Warum ick Dich hierher berief? — Weil Papa e« in seinem letzten Willen so angeordnet hat — uud — ich hätte auch da« hohe Kostgeld iu dem theure» Pensionat sür Dich ferner nicht erlegen können." Er halte die letzte» Worte mit rücksichtsloser Erbitterung gesprochen. Hildegard stieß einen Ruf ungläubiger Ueber- rasckuna au«. Sie hatte gern an einen Scherz geglaubt, wäre Clemens de« Scherze« nur fähig gewesen. Allein die« war niemals seine Sache. Angstvoll, zweifelnd suchte sie seine Augen. Er war unfähig, ihrem Blick zu begegnen, uud wendete sich ab. „Wir sind sehr arm. Eine Kammerjungfer ist der einzige Loxu», den ich Dir gestatten kann." (Fortsetzung folgt.)
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