01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970209013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897020901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897020901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-09
- Monat1897-02
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C -O. vom 25-Januar 18S7 aus der Liste der Panzerschiffe gestrichen wurden, sind auS der deutschen Panzcrflotte sünsScluffe auSgeschieken, die lange Zeit hindurch den Kern unserer Schlachtflotte bildeten. „König Wilhelm", 1869 in England erbaut, nahm bereits an dem deutsch-französischen Kriege 1870/71 Tdeil; es gehörte zu jenem Geschwader, dem die Ausgabe gestellt war, die deutschen Norbseebäfen zu schützen, und zur Zeit dient es noch kein Prinzen Heinrich als Flaggschiff der II. Division des ersten Geschwaders. Die übrigen vier Panzerschiffe sind bald nach Beendigung deS Krieges erbaut, „K.>iscr" und „Deutschland" 1874 in England, „Preußen" unv „Friedrich der Große" 1874 bezw. 1873 als erste Panzerschiffe aus deulichen Werften. Alle fünf Schiffe blicken auf eine creiguißvolle Vergangenheit zurück und ihre Geschichte ist »och keineswegs abgeschlossen, denn die beiden Schiffe HI. Elasse werben vor der Hand noch als Hafenschiffe dienen, während die drei in den lctzle» Tagen ausgeschiedenen Panzer II. Classe als Kreuzer I. Elasse für unsere der Ergänzung so dringend bedürftige Krcuzer- floite einen werlbvollen Zuwachs rarstellen. Das Ausscheiden dieser fünf Schiffe aus der Panzerflotte läßt das Bestreben der Manneverwalluiig nach Verjüngung des Flotteiiinalerials deutlich erkennen. Und dies Bestreben ist vollkommen berechtigt, denn zweifellos ist es richtiger, das jenige Material, welches sich in einer modernen Seeschlacht nicht alS vollwerthig und gefechtskräflig erweisen würde, aus- zuscheiden, als lediglich dahin zu streben, die Zahl der ver fügbaren Schiffe ohne Rücksicht auf ihr Leistungsvermögen zu vermehren. Muß sich Deutschland in der Zahl seiner Panzerschiffe einen durch mannigfache Umstände bedingten Zwang auferlegen, so muß es doppelt darnach streben, daß von dieser kleinen Zahl auch jedes einzelne Schiff als voll- werlbig gelte» kann, Die deutsche Panzerflotte besteht zur Zeit aus l8 Schiffen, 5 I. Classe unv 5 III. Eiasse, zusammen 10 Hochseeschlacht- schiffen (Panzerschiffe II. Classe sind nicht mehr vorhanden). Die 8 Panzerschiffe IV. Classe bilden zusammen mit 13 Panzer- tanoncnboolen die Küsteuvertheidiguiigsflolke. Diese 18 Schiffe sind durchweg neues, modernes Maierial. Nur 4 derselben stammen aus den Jahren 1877—1880 und nur 3 aus den Jahren 1881—1890; ll dagegen sind erst in diesem Jahr zehnt, 189l —1897, cnlstanden. Somit ist in dieser Panzer- flotte kein einzigesTchiffvorhanden,kaS älter als 20Jahre wäre. Von len Panzerschiffen I. Classe ist „Kaiser Frie drich III." daS jüngste Schiff; eS lief erst im vorigen Jahre vom Stapel und ist zur Zeit noch im Bau begriffen. Tie übrigen vier Schiffe, die sog. Brandenburg Classe: „Kur fürst Friedrich Wilhelm", „Brandenburg", Weißen - burg" und „Wörth", sind in den Jahren 1891/92 erbaut, also durchaus modern. Zu den Panzerschiffen III. Classe gehören zunächst die vier Schiffe der Sachsen - Classe: „Baden", „Bayern", „Sachsen" und „Württemberg", 1877—1880 erbaut. Zwei dieser Schiffe befinden fick zur Zeit in einem umfassen den Umbau, die übrigen beiden sollen nach Fertigstellung der ersteren in gleicherWeise umgebaut werden. Die Modernisirung erstreckt sich auf die Maschinen- und die Kesselanlagen, sowie die Artillerie- und die Torpevoarmirung, so daß diese vier eine Gefechtseinheit bildenden Schiffe »och für lange Jahre als modern und leistungssähig angesehen werden dürfen. Das füiifle der Schiffe dieser Claffe, „Oldenburg" ist aus mancherlei Gründen bisher wenig zur Verwendung gekommen; dennoch wird es in, Falle einer Nothwenvigkeit die Schiffe der Sachsen-Classe wirksam unterstützen können. Von Panzerschiffen IV. Claffe besitzt unsere Marine 8: „Siegfried",„Beowulf", „Frilhjof", „Hildebraud", „Heimdall", „Hagen",„Odin" und „Aegir". Sie sind in erster Linie zum Schutz der Endpunkte des Kaiser-Wilhelm- Canalö unv der Mündungen der deutschen Flüsse bestimmt und genügen allen Ansprüchen der Neuzeit, da sie in den Jahren 1889—1895 entstanden sind. Einheitlich im Typ, sind die zuletzt gebauten Schiffe mit mancherlei Neuerungen aus- gestatlel, die sich zum Theil aus den Erfahrungen mit den ersten Schiffen ergeben haben, zum Theil auch auf die Fort schritte der Technik zurückzuführen sind. Die Verjüngung der Panzerflotte ist nunmehr durch- gesührt. Nachdem die älteren Schiffe ausgeschieoen sind, ent sprechen die vorhandenen in Bezug auf Geschwindigkeit, Armirung und Panzerschutz allen Anforderungen der Neuzeit und die Eriatzbame» für die gestrichenen werden in das z. Zt. verfügbare Material eingefügt werden können, ohne dag ein sonderlicher Unterschied zwischen alt unv neu, der die Einheitlichkeit der Leistungen beeinträchtigen würde, störend oder auch merklich hervortrctcn dürfte. Deutsches Reich. ick. Leipzig, 8. Februar. Die von oen Herren Gasch und Genossen betriebene Opposition im Buchdrucker verbände bat in einer gestern in Berlin abgehallenen großen Buchdruckeiversammluiig eine vollständige Nieder lage erlitten. Mit erdrückender Mehrbeil gelangte eine Resolution zur Annahme, in welcher die Opposition zum letzten Male aufgefordert wurde, ihr Treiben eiuzustelleri, andernfalls der Ausschluß aus der Organisation zu er folge» habe. Der Gauvorstaud wurde beauftragt, diesem Beschlüsse entsprechend zu verfahren. * Leipzig, 8. Februar. Man schreibt uns: „Die in Erfurt erscheinende, von Herrn Pastor Kötzschke-Sangerbausen und Herrn Or. P. Scheven-Eisenach herausgegebene national sociale „VolkSzeituna" bringt ohne Gegenbeme>kung ein Ge dicht deS Herrn F. A. Feddersen, Verfassers „christlich-socialer Dichtungen", in welchem sich folgende Strophe befindet: „Wir sind rin ehrliches Geschlecht Und kämpfen um ein ehrlich Recht. Wir stehen draußen vor dem Saal, Dari» der Reichihum sitzt beim Mahl Und lachend aus unS niederichaut, Die diesen Saal ihm ausgebaut. Den unsere Kraft gefügt allein Wir wollen in den Saal hinein! Wir wollen Anthei! an dem Gut, Dafür wir opfern Fleisch und Blut. Wir sind ein ehrliches Geschlecht Und fordern unser ehrlich Recht, Und läßt man uns nicht willig ein, Dnnn mag zerbersten Stein um Stein!" Dieser Umstand in Verbindung mit anderen Vorkomm nissen veranlaßt uns, die wir zur Erledigung von VereinS- augelegenheilen heute hier in Berlin versammelt sind, zu folgender Erklärung: Die Unterzeichneten Mitglieder des Vorstandes des Vereins Deutscher Papierfabrikanten geben ibrem tiefen Bedauern Ausdruck, daß das Vorgehen der- jenigenPastoren und Professoren, welche ohne Maß undZiel und dock ohne Kenntniß des praktischen Lebens es für ihre Pflicht halten, für den nach ihrer Meinung unterdrückten Srand der Arbeiter einzutrcten, thatsäcblich auf nichts Anderes binausläust, als unter der Firma „Cbristlich- social" oder „National-social" socialdemokratischen Be strebungen, durch welche Arbeitnehmer nnd Arbeitgeber verhetzt und unzufrieden gemacht werden, die Wege zu ebnen. Wenn wir uns dagegen erbeben, so geschieht eS, weil wir mit unseren Arbeitern auch ferner in Frieden leben und nicht so verbittert werden wollen, daß unsere Bemühungen, berechtigten Anforderungen gerecht zu werden, erschwert, ja unmöglich gemacht werden. Albert Niethammer-Kriebstein i/Sa., Richard Zanders-Berg. Gladbach, Eugen Holtzmann- Breitenhof i/Sa. und Weisenbachfabrik i/B., A. W oge-Alfeld a/d. Leine, H. Gro tjan - München, Gustav -Arndt- Chemnitzer Actien Papierfabrik, M. Bebr eud - Varzin, G. Rostosky-Nieder- schlema i/Sa., Richard Brückn er-Calbe a d. Saale. Berlin, am 2. Februar 1897." ^ Berlin, 8. Februar. Im Herrenbause hat nun Graf v. Fraukenberg den Antrag eingebracht, die Staatsregierung zu crsncheu, im Bundesratb für den von den Agrariern innerhalb und außerhalb des Centrums dem Bunvesrath zur Annahme zugedachrenM argarinegesetzentwurfzu stimmen. Unter den Unterschriften befindet sich auch der Name des Fürsten von Bismarck, welcher schriftlich dem Bureau deS Herrenhauses hat mittheilen lassen, daß er den Antrag unter stützt. Dem Antrag ist eine Begründung beigesügt, welche in einer Beziehung außerordentlich bemerkenswerth ist. Tie Antragsteller im Neichstag haben die Auffassung zu vec breiten gesucht, ihr neuer Entwurf bekunde ein Entgegen kommen im Vergleich zu demjenigen, der im verflossenen Frübsommer wegen seiner Uebertreibungen vom BundeSrath abgelednt worden ist. Die Begründung deS Herrenhaus antrages sagt zutreffend, daß der abgewiescne Gesetzenlwurf unverändert wiedergekehrt ist mit dem Färbeverbot und der Forderung getrennter Verkaufsräume. Alle Gründe, welche der BundeSrath zur Ablehnung des Entwurfs damals veranlaßte, bestehen auch heute noch; neue Gründe, dieses Volum umzustoßen, sind nicht binzugekommen. Daher wird die Slaatsregierung nicht in der Lage sein, ihre Auffassung zu ändern. * Berlin, 8. Februar. Der offene Briefwechsel zwischen freisinniger Vereinigung und freisinniger Volks- Partei, der nachgerade langweilig geworden war, hat nun mehr ein Ende gefunden durch einen letzten Schreibebrief des Herrn Eugen Richter, der die Ernennung von vier Vcr trauensmännern aus den Reihen des geschäflssührenden Aus schusses der Bolksparlei zur Führung von „Ausgleichs Verhandlungen" meldet, zugleich aber den Herren Rickert und Genossen kundthut, daß er die von ihnen gewünschte Aufstellung abstracter und genereller Normalivbestimmungen für diese Vertrauensmänner für Mumpitz hält. Die von beiden Seiten ernannten Vertrauensmänner mögen also sehen, wie sie obne generelle Instructionen mit einander „fertig" werden. Dieser letzte Schreibebrief lautet: Berlin, den 6. Februar 1897. An den gefchästssührenden Ausschuß des Wadlvereins der Liberalen (freisinnige Bereinigung), zu Händen des Herrn Reichs- tagsabgeordnelcn Rickert. Sehr geehrte Herren! Ais Vertrauensmänner im Sinne Ihres Schreibens vom 5. Februar bezeichnen wir die vier Ihnen bekannten Mitglieder unseres geschäftsführenden Ausschusses. Nach unserer Ueber- sicht der Verhältnisse sind in etwa 96 bis 97 Procent der deutschen Wahlkreise schon zur Zeit alle Voraussetzungen vorhanden sür ein geschlossenes Zusammengehen aller entschieden Liberalen. Es fallen darunter auch etwa fünf ostelbische Provinzen, in welchen die Bekämpfung der Agrarier im Vordergründe steht. An den wenigen außerdem in Betracht kommenden Wahlkreisen find entweder die Verhältnisse noch nicht aufgeklärt, oder es bestehen Gegensätze. Die möglichste Ausgleichung der letzteren läßt sich unseres Erachtens bei der Verschiedenheit der in Betrachi kommenden Verhältnisse nur individuell erzielen. Dagegen würde nach Ansicht unseres geschäftsführenden Ausschusses die in Ihrem Schreiben vom 5. d. M. angeregte Aufstellung ab- srracter und genereller Norniativbestimmungcn, wie sich dies schon bei der Erörterung der Frage des Fractionsbefitzstandes gezeigt hat, nicht zum Ziele sichren, sondern die Gegensätze in den berrefsenden, aus die Wahrung ihrer Selbstständigkeit bedachten Wählerschaften nur verschärfen. Hochachtungsvoll Eugen Richter. Wie zu erwarten war, hat der Parteitag der frei- Feuilleton. Masken und Maskenfeste. Eine Earnevalsstudi» von Franz G. Lange. Nachdruck »»boten. Seltsam find die Wandlungen und Wanderungen der menschlichen Feste und Vergnügungen! Die Maske, für uns beut bas Symbol der harmlosesten und ausgelassensten Fröhlichkeit, bedeutet von Haufe aus, ebenso wie die Larve, den Geist eines Verstorbenen, und ihre Geschichte führt unS bis tief in daS Kindbeilsleben der Völker zurück. Tie Maske ist die Fortsetzung und Vervollkommnung der Gesichtsfratze, die die Kinder ja stets mit Vorliebe anwenden und die von zahlreichen Naturvölkern, z. B. den Bewohner» von Otabeiti, bei vielen Gelegenheiten in den groteskesten Formen gebraucht wird. Bei manchen Stämmen findet fick vor der Erfindung der Maske eine wunderliche Zwischenstufe: der Sckädel selbst wird durch künstliche Eingriffe an einzelnen Stellen maskenäbnlich verunstaltet. Doch ist schließlich wohl überall die Maske zur Herr schaft gelangt; wir finden sie fast bei allen Völkern der Erde und in den mannigfachsten und überraschendsten Formen. Jede- ethnographische Museum bewahrt Exemplare der be sonders in Melanesien unv Westasrika gebräuchlichen Helm masken auf, die den ganzen Kopf bedecken. Viele Völker gebrauchen phantastische Masken bei ihren KriegSlänzen. Die Japaner haben Masken von einer derben, aber überaus charakteristischen und zwingenden Komik, die sie z. B. an ihrem Neujahr-feste brauchen. Die brasilianischen Juris legen bei gewissen Festen monströse weiße MaSken an, die, aus Meblkörben gefertigt, mit einem Stücke tuckähnlichen BaumbasteS bezogen sind und Rachen und Zähne von mächtigen Dimensionen zeigen. TbiermaSken finden wir vielfach; bei den Juris z B. die MaSke eines Tapir», bei den Manban einen Büffrlkopf. Bei den Haidah beobachtete man Masken von kolossaler Größe, mit Schnurrbärten von SeekundSbaaren besetzt und mit mechanischen Vorrichtungen zum Verdrehen der Augen, Bewegen deS Mundes u. s. w versehen. Diese allgemeine Verbreitung der MaSke hat Adolf Bustian geistreich erklärt, indem er auf ihre doppelte Be deutung hinwies. Sie dient einerseits als Schutzmittel gegen den bösen Blick, gegen Behexung u. s. w„ andererseils aber zur Abschreckung feindlicher Geister, also gewissermaßen als Aiigriffswaffr. Beide Eigenschaften zeigen sich vereint in der aus der griechischen Sage bekannten GorgonenmaSke, die ihren Träger gegen zauberische Einflüsse schirm» und zugleich Den, der sie ausieht, versteinert. Es werden daber auch, z. B. von den Aleuien, den Tobten auf ihren dunkeln Weg Masken mitgegeben, damit sie durch etwa begegnende Dämonen nicht erschreckt würden, oder auch gegen Geister, die auf ihre Seele lauer», geschützt seien. 2m Sinn» der Abschreckung aber verwenden sie die Irokesen zur Fortscheuchunz des Scelen- gespenstes selbst, d. h. des Geistes des Verstorbenen, der ja nach einer sehr weit verbreiteten Auffassung der Naturvölker noch Macht hat, Gutes oder Böses zu thun. Wir werden daher in den vermummten Gestalten, die bei Frühlings-, Ernte-, Bitl- und Dankfesten austcelen und tanzen, ursprünglich die unseligen Geister zu erkennen haben, die auf diese Weise ver scheucht werden sollen. Bei den Dionysien zogen in Athen vermummte, mit Tbierfellen bebangene, fratzenhaft verlarvte Gestalten mit, die die schadenfrohen und mulhwilligen Saiyre unv Pane darstelllen, deren Macht Dionysos brach. In Rom sind die Maskentänze bezeichnender Weise überhaupt zur Sühnung der Pest eingefübrt worden; und wenn im 14. Jahrhundert in München die Schäffler und Metzger ibre berühmten Maskenlustbarkeiten begründeten, um das Volk vom Anblicke der Schrecken des Schwarzen Todes abzu ziehen, — sollte da nickt eine inslinctioe Regung uralten Volksglaubens anzunebmen sein, so wie ja die Mandan im Falle einer Hungersnoik Maskenfeste austellen? Da aber an die bösen Geister, wenn sie durch geeignete Ceremonien um ihre Macht betrogen waren, sich von je der Spott des Volkes geheftet bat, so wurden die MaSkenfigure» gar bald die Träger der ausgelassensten Lustigkeit. Was bei den Griechen noch im Rabmen der Maßhaltigkeit blieb, artete bei den derber veranlagten Römern sehr bald aus. Bei Festen, wie den Hilarien, war die ganze Stadt in tumultuarischer Bewegung; die sonst so würdigen Ouiriten waren maSkirt, Alles war erlaubt, selbst das höchste Amt den Pfeilen des MulbwillenS und Spotte« preis gegeben. Am NcujabrStage verkleidete man sich in Frauen gewänder, beschmierte sich daS Gesicht mit Hefe und legte die Häute von Hirschen, Bären, Löwen oder Kälbern an. In steigendem Maße nahmen bei diesen Lustbarkeiten die Frivoli täten und Unzüchtigkeiten zu, nnd als das Cbriftenthum zur Macht kam, eiferten seine Priester aufs Leidenschaftlichste gegen die heidnischen Mästereien. Diese Gegnerschaft gegen die Herrschaft nnd die Freiheit der MaSke ist seither nie ver stummt. Die Quäker und die Mennoniten verwerfen noch beute grundsätzlich jede Maskenlustbarkeit. Im Mittelalter kämpfen fast ununterbrochen obrigkeitliche Verbote mit der undezwinglichen Lust deS Volkes zu MaSkenfestrn. So finden wir in AugSburg und in Frankfurt am Main schon im 14. Jahrhundert Maskenverbote. Im Herzogthum Württem berg wurde untersagt, „daß Niemand zu einiger Zeit deS JahreS mit verdecktem Angesicht oder in Butzenkleidern geben soll, bei Strafe deS Tburmes oder NarrenbäusleinS". In Leipzig wollte man 1608 daS „Munnnenlaufen" verbieten und „hat man wider die Verbrecher stark zu inquiriren an- gefangen, aber bald darauf, als eS an vornehmer Leute Kinder kommen, den Ernst fahren lassen und also den Hasen am Kopf nicht streifen wollen". Das Verlangen deS Volke-, sich in Mummenschanz und MaSkerei gelegentlich zügellos auSzutobeo, war durch solche Maßregeln keineswegs zu bändigen. DaS bunte Leben des Mittelalter» ist undenkbar obne solche Maskenfeste, die, auf die Mysterien- und Fastnachtsbühne verpflanzt, die Grund lagen LeS nationalen Drama» wurden. Seltsame MaSken- processionen wurden gefeiert und erhielten sich theilweise bis in die neueste Zeit. Bei dem „Großen Tanz" in Marseille wurden alle Pferde, Esel, Maulesel, Ochsen und Kühe der Stadt mit feierlicher Pracht in der Stadt herumgeführt, wäbrend die den Zug begleitenden Bürger in lächerlichen Verlarvungen Hand in Hand durch alle Gassen der Stadt tanzten. In Perpignan mischten sich in bizarrer Weise Büßende, die sich auf allerhand Art geißeln ließen, unter die Masken. Ungleich maßvoller war daS angeblich 1349 ein« geführte Sckönbartlaufen in Nürnberg, daS HanS Sachs einer eigenen Beschreibung gewürdigt hat. Neben den Tänzen und Lustbarkeiten diese« Festes waren es besonders die Ver höhnungen mißliebiger Personen und Bräuche, die eö inter essant machten. 1523 machte z. B. eine Maske Aufsehen, die ganz in Ablaßbriefen versteckt war. Den Todesstoß gab dieser Feier die Verböbnung des fanatischen Predigers Osiander, der als feister Pfaffe in der Hölle mit einem Bretspiel statt eines Buches in der Hand dargestellt war. Mit dem Beginne der neueren Zeit tritt in die Geschichte der Maskenfeste insofern ein bedeutsamer neuer Zug, als die Kunst an ihnen erhöhten Antbeil nimmt. Diese Mnstlcrischen Maskenfeste haben in dem Italien der Renaissance ihren Ur sprung, wo Meister wie Leonardo da Vinci und Bruneleschv die Feste ihrer Fürsten leiteten, und Aufzüge, Allegorien Triumphe u. s. w. von unerhörter Pracht veranstaltet wurden. Nicht Alles war dabei geschmackvoll. Gesucht war z. B. der Einfall, daß aus riesigen Thierfiguren ganze Sckaaren von Masken hervorströmten, wa» 16l7 der Herzog vom Württem berg bei einem Turniere nachahmte, bei dem aus vier un geheuren, fratzenhaften, sich von selbst fortbewegeuden Köpfen nach und nach 20 groteske MaSken auS dem Munde hervor- svrangen. Im Allgemeinen aber veredelte die Kunst die Maskenfeste, und Italien ist seither daS klassische Land der Masken geblieben, die zur CarnevalSzeit hier das ganze Leben fast völlig beherrschen. Der wildeste Carneval war der von Livorno, der munterste der von Venedig, wo auf dem Markusplatze das heiterste Treiben sich entfaltete, der großartigste der von Rom, den Goethe durch seine klassische Schilderung verewigt hat, der beweglichste der von Neapel, wo besonder« eine wahre Leidenschaft für große MaSkenzüge herrschte. So veranstaltete hier 1778 der König einen imposanten Maskenzug, an dem er sich selbst betbcitigte. Di« Reise deS Sultans nach Mekka wurde dargestellt und an die 200 000 Menschen füllten die Toledostraße, für deren Harmlosigkeit es charakteristisch ist, daß 4 Gardisten genügten, um die größten Volkshaufen zu zertbeilen. WaS aber die Maskenfeste an historischer Treue und künst lerischer Schönheit gewannen, daS verloren sie an naiver Fröhlichkeit. In Deutschland erhielt nur noch der Carneval der rheinischen und süddeutschen Städte di« gute alte Tradition ausgelassenen Mummenschanzes. In Pari« ver fügte die Regierung um dir Mitte de« 18. Jahrhunderts strenge Beschränkungen der Maskensreihrit; die Folge war ein Maskenstrcik; die Polizei ließ zwar zum Ersatz einige Tausend Menschen unentgeltlich in Masken stecken, aber die rechte Fröhlichkeit kam nicht wieder. So erstarben allmählich die jauchzend-lustigen Mästereien des Volkes. Aber an den Höfen waren jetzt die feierlich - zierlichen bistorisch und ethnographisch treuen Maskenfeste an der Tagesordnung. Tie übercivilisirte Hofgesellschaft gefiel sich in sentimentalen Schäfer-MaSkeraden, die Watteau's anmutbige Kunst verherrlicht hat. Sehr ü In moäe waren die „Wirtbschaften". In Dresden wurde am 9. Februar 1728 zu Ehren deS Besuches Friedrich Wilhelm'» I. und seines Sohnes, des Kronprinzen, eine Bauernwirthschafk abgehalten. Der König Friedrich August selbst stellte den Wirth vor, die Wirtbin die Fürstin von Teschen Der Riesensaal des Schlosses war in das Wirthshaus „Zum weißen Adler" verwandelt. Dem preußischen Soldatenkönig muß die Sache recht sonderbar vorgekommeu sein, obwohl er sie von seinem Vater her kannte, der am 7. Januar 1690 in der „Wirthschaft zu Köln an der Spree" den „Sckeerenschleifer" aufführen ließ, zu dem Herr v. Besscr sehr schwülstige Verse gemacht halte. In den steifen Zuschnitt dieser Hofmaskeraden brachte Peter der Große einen Zn sarmatischer Rohheit. Im Jahre 1715 verheiratbete er sei» . ! 84 jährigen Hofnarren Sotof mit einer 34 jährigen Witt: und verherrlichte dies schöne Fest durch 100 Masken, d 100 verschiedene asiatische Völkerschaften verstellte». Z i Hochzeitsbiltern wählte er vier Stotterer, zu Läufern ga: . dicke und, podagristische Personen, zu Marschälleu steinal: Männer, die nicht stehen noch gehen konnten. 172t ver sammelte er sogar 1000 Masken, unter denen er selbst, seiner Vergangenheit eingedenk, als holländischer Bootsmann und Schiffstambour austrat. So hatten sich denn die Masteraden von Volksfesten all mählich zu höfischen Veranstaltungen entwickelt. In den Residenzen pflegten während des CarnevalS die Fürsten de, Bevölkerung ein oder einige Male MaSkenredouten zu geben Dabei ging es ja äußerlich recht bunt und bewegt zu. Aus der Berliner Redoute vom 7. Februar 1788 z. B. waren 2000 Masken anwesend und sic machten sich des Königs Gastfreundschaft recht auSgiebig zu Nutze, indem sie auf seine Kosten 1800 Äulterbrode, 300 Ochsenzugen, 200 Kalbs- und Wildbraten, 200 Torten, 200 Baumkuchen, 6 Scheffel Bonbons. 6 Scheffel gebrannte Mandeln und Maccaronen, 100 Hasen. 300 Flaschen Champagner und einen Centner Chocolade ver zehrten. Aber was baden derartige Veranstaltungen noch mil dem schönen alten Geiste der Maskenfeste gemein! Die Bc deutung der MaSke ist ja im Grunde noch beut, wie in den Urzeiten der Völker, daß sie böse Geister verscheuchen soll — di« bösen Geister der Alltäglichkeit und Griesgrämigteit. Dcch dazu gehön Freiheit, Laune und «in bewußtes, frohstnnigeS, lachende» Sicherheben Uber daS graue WerkeltagStalein im Sinne de- Goethe'schen Worte»: „Es bleibt doch endlich nach wie vor, Mit ihren hunderttausend Possen, Dt« Welt »in «tnj'ger großer Lhor."
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