01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970216017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897021601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897021601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-16
- Monat1897-02
- Jahr1897
-
-
-
1188
-
1189
-
1190
-
1191
-
1192
-
1193
-
1194
-
1195
-
1196
-
1197
-
1198
-
1199
-
1200
-
1201
-
1202
-
1203
-
1204
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
BezugS.PrelS Al der Haupt expeditlon oder den im Gtadt- beztrk »ud den Vororten errichtet«, Lns- aaoestelirn ob geholt: vierteljährlich ^l<LO, »ei zweimaliger täglicher Zustellung in» aul^lS^L ^ ' ' Moraen-Ausaabe. Hau» ^ll LchL Durch di» Post bezogen für Deutschland und Leslerreich: viertrstädrlich >l 6.—. Dirrcte täglich» Kreuzbandiendung in» Ausland: monatlich 7.L0. Die Morgen-Au-gabe erscheint um '/,? Uhr. di« Abend-Ausgabe Wochentag« um k Uhr. Ledartion und Erpe-itioa: Johanne«,aff« S. Di»Expedition ist Wochentag« ununterbrochen grdfinel von früh 8 bis Abend« 7 Uhr. ' Filialen: Dtts Slemtn'S Tortim. (Alfred Hahn), Unwersitätsstraße 3 (Pautinum), LoniS Lüsche. Aatharineostr. 14, Part, und Lönigsplatz 7^ MMer und Tagtblall Anzeiger. Ämlsölatt -es Königlichen Land- ««- Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes «n- Valizei-Ämtes -er Stadt Lerpzrg- Anzeigen Pret- die 6 gespaltene Prtitjkile A- Pkq. Steclam»» unter dem KedactionSftrich (4aa- spalten) vor den Farnilimnachrichlm (6 gespalten) 40-^. Größer« Schriften laut uns«« Prei«. ver^jchniß. Tabellarischer und Aisfernsatz nach höherem Tarif. Eptra-Bcilagr« (gesalzt), ,ur mit dm Morgen-Ausgabe, ohne Postbesorderuug ./t 60—, mit Posibeförderung 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abeud-Auögabe: Bormittag« 10 Uhr. M»rg»u-Au«gabr: Nachmittags 4Uhr. Bei de» Filiale« und Aonahmeftelle« je »ine halbe Stunde früher. Anreige« sind stets an die Expedition zu richte«. Druck und Verlag von L. Polz ta Leipzig. ^ 84. Dienstag den 16. Februar 1897 S1. Jahrgang. Eine Kraftquelle für die sächsische Landwirlhschaft. 0. Es ist mit Sicherheit anzunchmen, daß auch in Deutsch land in den nächsten Jahren um die großen politischen Forderungen der Landwirlhschaft heißere Kämpfe entbrennen werden, als cS jemals bei uns der Fall gewesen ist. Schon jetzt bereiten sich mehrere Parteien auf diese Auseinandersetzung vor. Tie ReichStagswahlen des nächsten Jahres werden wahrscheinlich die Entscheidung darüber bringen, mit welcher Entschiedenheit auf längere Zeit hinaus die Neichspoliiik den „agrarischen Eurs" balren wird. Die deutsche Lanvwirlh- schafr befindet sich in schwieriger Lage. Eine Thorheil würde es sein, dieses zu bestreiten. Nicht hierüber gehen die Meinungen auseinander, sondern es ward und wird namentlich darüber gestritten, welche Ursachen die gegen wärtigen Schwierigkeiten veranlaßteu und welche Wege zu einer Besserung gewählt werben müssen. Ueber diesen Punct herrscht allerdings ein sehr erheblicher Zwiespalt. Tie Einen ballen es belannllich nur mit der Politik rer „großen Mittel". Eie wollen eine Umgestaltung der Handelsverträge zu Gunsten der Landwirlhschaft, möglichst hohe Kornzölle, Wollzoll, Erschwerungen der Vieheinfuvr und vereinzelt auch noch die Durchsetzung des „Anlrages Kanitz". Andere, nicht minder eifrige Freunde der Landwirthschaft haben gegen diese Maßregeln Bedenken. Sie glauben, daß einzelne der selben nutzlos und andere äußerst gefährlich für vaS Ganze unserer Volkswirihschaft sind. Sie befürworten die Politik der „kleinen Mittel". Diese Politik bat auch in Sachse» in den letzten Jahren erheblichen Anhang gewonnen. Namentlich ist von hoch- angesehenen sächsischen landwirthschastlichen Autoritäten — so von dem Geschäftsführer des sächsischen LanbcöculturrathS Oekouomierath l-r. von Langsdorfs, ebenso vom Ritter gutsbesitzer G. An vrä auf BraunStorf und dem kürzlich ver lier denen, um die voglläntische Landwirlhschaft verdienten Rittergutsbesitzer Seiler — nicht nur eine bessere Bcwirlh- schaftung, sondern auch eine größere Würdigung des land- wirthscbafllichen Bersicherungs- und besonders auch des Ge- nossenschaslSweseus dringend empfohlen. TaS landwirthiwasrlicbe Genossenschaftswesen bat sich bei uns nicht so schnell entwickelt, als es bei der geistigen Regsamkeit der sächsischen Landwirtbe erwarte» werben konnte; ja, es ist mit ihm zeitweilig nicht vorwärts, sondern stark rückwärts gegangen. Erst in jüngster Zeit trat eine Umkehr ein, die für die Zukunft das Beste ver- Ipricht. Nach dem sicher zutreffenden Unheil des Oekonomie- ralbs Or. von Langsdorfs blieb die Entwickelung der lanb- wirtbschasllichen Genossenschaften in Sachsen deshalb hinter der anderer Länder zurück, weil die Berwirtlichung deS auch bei uns längst lebendigen Gedankens der Selbsthilfe nicht in der richtigen Weise io Angriff genommen wurde. Wenn früher >n Sachsen Sämereien, Dünge- und Futtermittel gemeinschaftlich bezogen wurden, so geschah das fast allgemein durch die landwirthschastlichen Bereine. Diese sind jedoch oazu auS zwei Gründen nicht geeignet. Einmal ihrer kleiuen örtlichen Ausdehnung wegen und zweuenS, weil sie keine Personen- rechte besitzen. Infolge deS letzten Umstandes bildete sied die Regel aus, daß die Vermittelung des gemeinschaftlichen Warenbezuges ein einzelnes Mitglied übernimmt, welche- damit nicht nur die Mühe, sondern auch die Verantwortung zu tragen hat. Oekonomicrath I)r. v. Langsdorfs weist daraus bin, daß ungünstige Erfahrungen die Geneigtheit zn einer ierneren Vermittelung mindern und recht häufig dahin führen, ,lch eines dem Verein augehörigen Händler« zu bedienen. E« liegt auf der Hand, daß diese Umstände nicht geeignet find, den gemeinsamen Bezug für die Landwirthschaft zu jener vvrtheilhasten Entwickelung zu bringen, deren er fähig ist. Die landwirthschastlichen Genossenschaften konnten auch des halb in Sachsen keinen rechten Aufschwung nehmen, weil von den bestehenden meistens verschiedenartige Zwecke verfolgt wurden. Verschiedenartige Geschäfte stellen durchaus ver schiedenartige Anforderungen. Diesen kann oft nicht Grniige geleistet werden. Namentlich hat die Vereinigung von ge meinschaftlichem Waarenbezua und Ereditgewäbrung in Sachsen zu Schwierigkeiten geführt. Manche landwirthschaft» liche Consumvereine batten früher bei uns am Schlüsse des Jahres mehr Außenstände, als die Summe betrug, für welche sie Waaren bezogen hatten. Die Außerachtlassung des Systems der Baarzahlung beeinflußte die Thätigkeit dieser Vereine außerordentlich ungünstig. Auch die geringe Beachtung des Grundsatzes kleiner DereinSbezirke ist in Sachsen der Entwickelung des land- wirtbschaftlicben Genossenschaftswesens hinderlich gewesen. Das Hinaustreten über einen genau bekannten, beschränkten Kreis führte namentlich bei den Vorschußvereinen zu krank hafter Gewinnsucht und Speculattonssttchk, deren Folgen zahl reiche Zusammenbrüche und empfindliche Verluste waren. Dl-,- !,«»!«- -°ch °>ch. "'^'Einen"e?heblich-n Aufschwung hat d-r Gedanke genösse^ qcnomnttm "Di!s, V^emigung'^nnt m 'der That ein-K^ft- auelle für die sächsische Landwirt!) chaft zu werden. Ber -aer Sand umfaßte ' im 2abre seiner Gründung, O G-no s n- seilten die fick im Geschäftsjahre !89o/96 aus bv vermev'l batten ' Nach den uns freundlichst gemachten ^'"beUungen gehörte dem Verbände am Schluffe des letzten Geschäfts jahres an: Die vorstehenden Zahlen, mit früheren Daten verglichen, beweisen, daß in den letzter» Jahren der Gedanke genossen schaftlicher Selbsthilfe auch in der sächsischen Landwirthschaft erheblich an Kraft gewonnen bat. ES ist dieses namentlich der riibrigen Tbätigkeit de« genannten Verbandes zu danken, dessen Wirken auch von der sächsischen Staatsregierung ge würdigt und anerkannt wird. Sie hat daber bekanntlich dem Ver bände zur Förderung des landwirthschastlichen Genossenschafts wesen- eine Million Mark als gering verzinsliches Dar lehen bewilligt. Diese Summe soll gut angewendet werden. Man will sie als BetriebScapital der Geldausgleichstelle des Verbandes heranzieben, zugleich aber auch mit ihr den Bau von genossenschaftlichen Lagerhäusern, Molkereien und ähnlichen Unternehmungen durch dir Ge währung niedrig verzinslicher Darlehen fördern. Man wird sich erinnern, daß auch Regierung und LandeScultur- ralh im vorigen Jahre den Bau derartiger Lagerhäuser und den genossenschaftlichen Getreideverkauf lebhaft befürworteten. Der sächsische LandeSculturrath hat damals einige seiner Mit glieder veranlaßt, derartige Einrichtungen in anderen deutschen Bundesstaaten zu ftudiren, und die Negierung hat die er forderlichen Mittel zu den Studienreisen bewilligt. Di« Sach verständigen faßten ihre Erfahrungen dahin zusammen, daß durch die befriedigenden Erfolge der seit mehreren Jahren bestehenden Unternehmungen die Zweckmäßigkeit der An wendung deS GenoffenschaflsprincipS nicht nur auf den <Ke- trrideverkauf, sondern auch auf den Betrieb der Müllerei und der Bäckerei bewiesen sei. Der „Verband landwirthschaftlicher Genossenschaften im Königreiche Sachsen" bat die Absicht, seine Wirksamkeit später auch nach dieser Richtung auSzudebnrn. Zunächst will man jedoch die Erfahrungen abwarten, welche Mt» glicttr- zahl Waareit- d»iug <!asien- Act«» Paikra ^ Gewinn oder — Verlust Bcr- «LltUNAS- kosten Relcrv«" sond- und Beirut»«- rUckiag« GrjchLst»- Gulhaden d«r Gcoosien Gesammir« eizcne« Bermögin 33 TarlebnS- und Sparcassenvereine ISIS ./L 16027V ^4 S57S478 904 768 901017 -j- 4 374 — 623 6 799 4443 30867 35311 9 Spor-, Credit- und Consum-Vcreine. 696 4S2102 4 162 628 708 SS4 687 339 -h-21 429 — 213 17 606 66107 89 790 I5S897 3 Consum-Bereine . 99 68 SOI 290 OSV 18 631 17 724 4- 907 1614 1241 4 811 S5S3 9 Molkereien . . . S36 — 1 436 748 492496 495 868 4- 1 ->66 — 4 928 31409 16 341 144 019 160361 Zusammen SSSO 690 880 9 467 961 L124 461 l 2 101 939 >28 277 - 6765 67 330 88134 268 988 357123 Mil orin gcno0euiwui"'wr» ... gemacht werden, wo man kürzlich bekanntlich in der Lausitz die erste derartige Genossenschaft in da- Leben gerufen hat. Die Bewilligung der Million »nd die damit außer ordentlich geförderte Thätigkeit deS Verbandes haben zur Folge gehabt, daß auch in den letzten Monaten verschiedene neue lanvivirthschafkliche Genossenschaften gleicht begründet werden konnten, die in der vorstehenden Tabelle nicht auf- geführl sind. Ebenso traten verschiedene „wilde" Geiiosseii- s basten dem Verbände bei, um die Vortbeile desselben zu ge nießen. ES bestehen nämlich in Sachsen noch manche, be sonder- in lankwirthschafttichen Kreisen ihre Unterstützung findende Genossenschaften, welche nicht eingetragen sind. Durch den Anschluß an den Verband bekommen diese Vereinigungen einen festeren Zusammenhalt und vor Allem auch eine ge regelte kaufmännisede Geschäftsführung und damit eine größere Sicherheit vor Verlusten. Wenn die Förderung de« landwirtbschaftlichen Genossen schaftswesen« in Sachsen so fortschreitet wie in der letzten Zeit, so wird man den Verband mit gutem Recht al« „eine Kraftquelle für die sächsische Landwirthschaft" bezeichnen können. Deutsches Reich. 6). 0. Berlin, IS. Februar. Am ly. d. MtS. wird der Deutsche B imet allrsten-Bund seine diesjährige General versammlung in Berlin abhaltcn, die nach der Ankündigung mit einem Spectalelstück für die Getreuen verbunden werden soll. In der Einladung wird nämlich versichert, daß die Versammlung „mit Rücksicht auf die Entwickelung der Ver bältnisse in Amerika von hervorragender Bedeutung sein werde". Die bedeulungsvolle Versammlung soll auch durch die Anwesenheit „biinclallistischer Führer deS Auslandes" verschönt werden. Es könnte unter solchen Umständen nicht überraschen, wenn bei dieser Gelegenheit auch der neueste amerikanische Reiseapostel des BimetalliSmuS, Senator Wol- cott ein Debüt in Deutschland machte. Auf das Ausland vor'Allem und fast ausschließlich setzen eben gegenwärtig die Führer der deutschen Bimetallistei, noch ihre Hoffnung. E« tritt dieö in überaus bezeichnender Weise zu Tage in einer vertraulichen Ansprache, welche der Nummer des „Deutschen Bimetallist" vom l. ds. Mts. beigelegt ist. Der erste Theil dieser Ansprache lautet: Vertraulich Wie aus der beifolgenden Nummer ersichtlich st, erhebt sich ei» neuer Kainpf gegen die Goldwährung auch in Deutschland, aber vornehmlich durch die französische Diploinatie. Bei dein acliven und passiven Widerstände der deutschen Presse ist es daher uothwendig, durch ein Blatt, wie das unsere, in den weitesten Kreisen Ausklürung zu schassen. Eine Aufklärung über diesen absonderlichen Hinweis aus die Hilfe der französischen Diplomatie bringt ein Artikel deS Blattes, der triumpbirend die seitdem durch die That- sacken auf das Gründlichste widerlegte Nachricht bespricht, daß das Project des Finauzministers Witte, in Rußland die Goldwährung einzusühren, infolge der von der französischen Regierung gemachten Vorstellungen aufgegebcn sei. DaS ist also die Aclion der französischen Diplomatie, auf welche man noch vor zwei Wochen im deutschen Bimetalliften Bunde sein Vertrauen setzte. Allerdings stimmen alle Nach richten darin überein, daß der bimetallistisck gesinnte Herr Msline in der Tbal dem russischen Finanzminister von der Einführung der Goldwährung abgerathen bat — aber erfolglos. Durch die Verordnung über die Ausprägung von goldenen Imperials und Halbimpcrials mit der Bezeichnung 15 resp. 7l,-> Rubel sind trotzdem von Herrn Witte die längst geplanten Maßregeln getroffen worden. Rußland hat eben auch in diesem Falle, wie bisher noch immer, trotz aller wortreichen Freundschaft mit Frankreich unbedingt und folge richtig sein eigenes Interesse zu Rathe gezogen. Welch' er bauliches Schauspiel aber bieten die Leiter des deutschen Bimeiallistenbunves, die Herren v. Kardorff, Graf Mirbach, vr. Arendt rc., die den Versuch der französischen Diplomatie, dem russisch-französischen Bündniß auch aufwähruugspolitischem Gebiet Erfolg zu verschaffen, bis zum Letzten mit ihren Segenswünschen begleiten! * Berlin, 15. Februar. In der ..ököln. Z." lesen wir: „Während der Kaiscrmanöver im Jahre 1893 wurde der damalige Hanplmann im 3l. Feldartillerie-Regiment Konrad Luthmer, ein zu den besten Hoffnungen berechtigter Officier, durch einen Kanonenschuß so unglücklich verwundet, daß er sein Augenlicht einbüßte. Der Reserveofficier, der als Zug führer das Cominando zn dem verhängnißvollen Schufst gab, wurde vom Kriegsgericht wegen Körperverletzung durch um vorsichtige Behandlung der Waffe zu zwei Monaten Festung« Haft verurtheilt; in der Begründung de- UrtbrilS wurde als strafmildernder Umstand hervorgehoben, daß Lulbmer durch seine Unvorsichtigkeit einen Tbeil der Schuld trage. Luthmer hat nun eine Schrift veröffentlicht (Die Geschichte meiner Erblindung, zu haben bei I. Hörning m Heidelberg, in der er die Verhandlungen vor dem Kriegsgerichte, der ihn der Unvorsichtigkeit berichtigende Begründung des UrthrilS und daS Verhalten des Angeklagten und Mehrerer anderer Militairs vor und nach dem Unfall« eiuer Kritik unterwirft. Es würde zu viel Raum in Anspruch nehmen, dem Laien den tbatsächlichen Inhalt der Schrift, die ohne Eingehen in viele Einzelheiten unverständlich bleibt, mitzutdeilen; wer besonderes fachmännisches, menschliche- oder politisches Interesse bat, wird sich die Broschüre um so eher anschaffen, als de, eiwaige Reinertrag für blinde Zöglinge aller Confessionen der Blindenanstalt Jllzach bei Mülhausen im Elsaß beslimirn Feuilleton. Die Seekuh und die Llappmührobbe. Nachdruck »erboten. Dieser Tage las ich im .Leipziger Tageblatts, im Schau fenster der Pelzwaarenbandlung von Paul Körner im Brühl sei eine auSzestopste Seekuh oder Klappmützrobde auSgrstelli. Das ist nun freilich nickt richtig. Thatsächlich sind die Seekuh nnd die Klappmützrobde himmelweit ver schiedene Geschöpfe, die nur da- Gemeinsame haben, daß sie Säugethiere sind und wesentlich das Wasser bewohnen. Im Nebrigcn verhält sich die Seekub zur Robbe, richtiger zum Seebund, wie der Elepbaot zum Löwen. Es sind merkwürdige Tbrere, die Seekühe und die Klapp- niützrobben, und eS lobnt wobl einmal eiu Weilchen bei ibnen Halt zu machen und um so mehr, als die liebens würdige Leserin und der wohlgeneigte Leser wenigsten« über die Seekub sich nur schwer werden unterrichten können. Sie ist namlick ein ausgerottete«, au« der Lebewelt der Gegen wart verschwundene« Tbier, VaS die Anwartschaft, in volkS- ibümlicken Naturgeschichten beachtet zn werden, damit riu- gebüßt hat. DaS Schicksal der An-roltnng hat die. ausschließ lich die Bcbringsinsel bewoimende Steller'sche Seekuh oder da» Borkrnthier llUiytlna Stellen) innerhalb einer sehr kurzen Spanne Zeit erreicht. Im Jahre 1741 am 19. November (allen Stils) wurde. so weit wir wissen, dieses wunderlich« Geschöpf zuerst von europäischen Augen gesehen, und 1779 oder spätesten« 1780 ist da« letzte Exemplar erschlagen worden. Aller ding« wollen ein paar russische Seeleute noch 1854 eine einzelne Seekub gesehen haben, aber die Mittheilunaen, die Nvrdeaskjöld girbt und die er für wahr zu hatten scheint, bieten doch zu wenig Positive«, al« daß man »ach meiner Meinung viel Gewicht auf sie legen dürfte. Und wenn auch! soviel steht gleichwohl fest, daß »in gewaltige« Tbier, da« bi« 10 m lang und bi« 4000 leg schwer wurde und da« sich bei Tausenren iusam««nssnv. innerhalb 30 Haben, bis auf ein oder daS andere Exemplar, daS sich nicht mehr fortzupflanzen in der Lage war, vertilgt wurde. Die Seekuh gehört zu jener kleinen, aber merkwürdigen Ordnung von da« Wasser bewohnenden Säugethiere», denen man den Namen der Sirenen ober Meerjunfern gegeben bat, und zu der unter den lebenden Wesen nur noch der Dugong und ein paar nahe mit einander verwandte Arten de« Manatr geboren. Man vereinigte wohl diese Thiere in den einschlagenden Werken, mit Waltbieren, mit denen sie aber gar nichts gemein haben, als ein paar durch ähnliche Anpassung an eine ähnliche Lebensweise er worbene Eigenschaften. Beide Thierordnungen haben einen in waagerechter Richtung verbreiterten, abgeflachten Schwanz, der bei der Seekub halbmondförmig au-geschnilten war, außerordentlich kleine Obröffnungen und blo« vordere, zu kurzen Ruderflossea umgestattele Gliedmaßen, während die dinieren fast völlig verkümmert und nur als rudimentäre B.'ckenknöchelchen in derMuSkelmaffe übrig geblieben sind. Aber bei den Sirenen liegen die Nasenlöcher vorn an der Schnauze, die Thiere besitzen Borstenhaare auf der Oberlippe, ,dre Zitzen liegen, wie bei dem Elepbante», vorn an ver Brust, und sie leben ausschließlich von Pflanz-nkost. Die Wale baden bingcgen die vereinigten Nasenlöcher hoch nach oben auf die Stirn gerückt, kein Borstenhaar auf der Oberlippe, ihre Zitzen liegen sehr weit, weiter al- bei irgend welchen anderen Säuge- tbieren nach hinten, und sie leben ausschließlich von thirrlschrr Nahrung. Steller war der einzige Naturforscher, der die Seekuh lebend gesehen hat, und wir verdanken die Kenntniß ibrer Lebensweise ibm ganz und die ihrer äußeren Beschaffenheit fast allein. Sie batte eine schwarzdraune Färbung, bisweilen mit weißen Flecken uod Streifen, di« aber vielleicht von Hautkrankheiten hergerührt haben. Die Haut war sehr dick, mit gewissermaßen zu einer zweiten Oberbaut weichsrlzopf- artig verklebten und von Ungeziefer wimmelnden Haaren. Ueber den Körper verliefen eine Anzahl von Ouerfaltea. Die Flossen halten keine Nägel, aber auch keine äußerlich wahrnehmbaren Finger, waren aber mit kurzen Borsten dicht besitzt. Zähne seblten den Thiere», statt deren hatten sie im Ober- und im Unterkiefer je eine hornige Kauplatt«. Dft »orn zwischen »en Hl^sin gelegenen Evirr wann sehr milchreich. Die Nippcnknocken waren massivhart und schwer wie Elfenbein. Die Seekühe waren, ihrem Gewichte und ihrer Größe entsprechend, sehr gefräßig und fraßen den an den Küsten massenhaft wachsenden Tanz. Sie waren durchaus barmlo», gesellig und zeigten große Anhäng lichkeit aneinander. Wa« ihre Aufenthaltsorte angebt, so wissen wir mit Sicherheit nur, daß sie au der Behringsinsel vorkamen. Ob sie an der Küste von Kamtschatka vorhanden waren, erscheint zweifel haft, obwohl nicht unmöglich, da die dort wohnenden Russen einen eigenen, sehr bezeichnenden Namen — Kapustnik, Kraut- »resser — für sie hatten. Nächst Steller baben sich um die Naturgeschichte der merkwürdigen Thiere B ae r, Brandt, Middeudorff und später auch Nor-enskjöld sehr verdient gemacht. DaS Fleisch der Seekühe war, da sie Meere-säugethiere waren, die sich ausnahmslos und allein von pflanzlicher und nicht wie Seehunde, Robben und Wale von thierischer Kost ernährten, weit woblschineckender, als daS dieser Thiere, nnd ohne den widerlichen, thranigen Beigeschmack. Steller vergleicht daS Fleisch und die Milch mit denen des Rind- Viehs, nennt sie aber bester. Er und seine Gefährten, die zusammen an der BebringSinscl Schiffbruch gelitten batten, tagten die Tbiere im Anfänge ihres unfreiwilligea Anfeitt- hatte« nicht, weil ihnen die dazu nölhigen und passenden Ge- rathe fehlten. Als sie aber alle anderen genießbaren Thiere tbcilS erlegt, »Heils vertrieben hatten, machte die Notb auch sie erfinderisch: sie verfertigten sich au« einem starken Eisrnhaken e'"« «°rabl Bork,»thiere. die sie wahrend der Fluth an das Land zogen, wozu für jedes einzelne Stück 40 Mann nöthig waren. Während der Ebbe 2°'p" ^f dem Trocknen und konnten mit Muße -erwirkt werden. Nordenfkjöld ist der Meinung, daß diese ersten hier überwiulerudeu Sckiff- brüchigen den Seekühen nur wenig Schaden gelhan habe» DaS erste dieser Thiere wurde nämlich vva ihnen »ft sich. Wochen vor ihrer Abreise getöd-et. also zu e " r Zeft Hd» «!- »-> d-->. iS-» -i°-> R°,d,chq,. Mannschaft nur auf d„ Jagd ging, so wen ,a n.a H"^*-alte« wesen durchaus norvwendig war da ste ^ lons, mäßig so kurze Zeit wurde aber durch einige wenige See kühe reichlich gedeckt. Die kolossalen Verfolgungen der wehr losen, wohlschmeckenden großen Tbiere fallen erst in eine etwas spätere Zeit. Middendorfs ist gleichwohl der An sicht, daß Steller in letzter Linie die Ausrottung der Borkenthiere doch veranlaßt oder wenigstens star! mitverschuldrt habe, denn zufolge seiner so günstig lautenden Nachrichten, fingen die nach den damals noch sö gut wie uubetannteii nordwestlichen amerikanischen Jnsein und Küsten fahrenden russischen Schiffe an, auf der Hi: und Herreise sich hier mit dem skorbutwiderigen Fleische k Seekühe zu versorgen. So beißt es in einem kleinen a::: Schiffstagebüchern zusammengestellten Schriftcken: ,.E , russisches Fangfabrzeug unter Sludenzow landete 17^> an der BebringSiusel, um dort Seekühe zu tödten, wie e- alle Fahrzeuge zu thun pflegen." Schon 17L > hatte ein russischer Bergmann Peter Takowlew. der die BehringSinsel auf Kupfer hin untersuchen sollte, dkl der Behörde von Kamtschatka eine Bittschrift eingereicht des Inhalt-, die Jagd auf Seekühe möge doch gesetzlich geregel: werden, nm der völligen Ausrottung vorzubeugen. Dieser Bittgesuch, daS dem Einlieferer wahrhaftig alle Ehre macht, besonders wenn man die Zeit von vor 140 Jahren berück sichligt, wurde natürlich ack aots gelegt, wie da- seiten« Alle» besser wissender Bureaukraten und bornirler Grüne-Tisch Lichter mit vielen vernünftigen Gesuchen noch heutigen Tages und nickt blo« in Rußland geschieht. Al« Nordenfkjöld auf der BehringSinsel war, ließ er soviel Knochenreste der Seekub wie nur möglich sammeln rmd füllt» 21 große Fässer und Kisten damit. Es befanden sick m dieser Sammlung 3 ganz« Schädel. Knochen der Fing.» und de« Schwanzendes vermochte er nickt zu erlangen und er vrrmuthet, daß sie knorpelig gewesen und dadurch der Per oicdtung anheimgefaüen wären. Auch Rippe» waren seiten, aber au« einem anderen Grunde: die Eingeborenen hatten sie nämlich zu Kufen für ibre Schlitten verwendet und sie bei ihrer gleichmäßigen Festigkeit al« ein sehr geeignetes Material für ihre Blldschnitzereien befunden. Di« Haut der Thier« pflegte man früher in zwei Lagen zu spalten um B«Iberen, Fahrzeug« »»u 20 Fuß Läage und 7»/, Fuß Vrsite »ar«u« z» «ach«,, w»z» H4»t« §«MßI tz«MO,
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode