01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970306016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897030601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897030601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-06
- Monat1897-03
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Reklamen unter demVtedakttoa-ftrich (4g»> jpalten) üO^j, vor den Familirnnachrichtr« (ü gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. ladellarischrr und Ziffernsatz nach höherem Tarif. 1-rtra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen>Ausgabe, ohne Poslbeförderung 60 -, mit Postbeförderung 70.—. ^nnahmeschluß fir IUyeizen: Abend-Au-gabe: Vormittag» 10 Uhr. Marge n-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »ine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. SI. Jahrgang. Die -Flottenvermehrung. NaLdruck verboten. V Soeben beginnt die Beratbung des Marineetats in der Kommission deS Reichstage», und kurze Zeit daraus werden die entscheidenden Abstimmungen über die Vermehrung oder vielmehr über die Erhaltung unserer Flotte im Reichs tage stattfinden müssen, da ja die Marineforderunaen einen Thril de« Etats bilden, der bis zum l. April festgestellt sein muß. So ist also die Entscheidung über diese seit Monaten die Gemüther in immer höherem Maße bewegende Frage in kurzer Frist zu erwarten. Wie wird diese Entscheidung ausfallend Als der Etat zur ersten Lesung gelangte, bildeten die Forderungen für die Marine einen wesentlichen Gegenstand der Debatte. Damals klangen die Erklärungen der FractionSredner wenig tröstlich für den Staalssecretair der Marine. Selbst Fractwnen, die bisher Marineforderunaen freundlich gegenüber standen, ver- hehlten ihre Bedenken über das Anwachsen des MariueetatS nicht; und diejenige Fraktion, die durch das Gewicht ihrer Stimmenzahl wesentlich zu der Entscheidung beizutragen pflegt, erklärte sich in so scharfen Ausdrücken gegen die Forderungen, wie sie bei einer sachlichen Berathnng auch für den Gegner keineswegs nölhig gewesen wären. Seitdem hat sich das Bild geändert. Auf der einen Seite hat der Kaiser mit der ihm eigenen Energie eingegriffen und sich in einer so entschiedenen und gleichzeitig überzeugenden Weise für die Nolhwendigkeit deS Ausbaues unserer Marine erklärt, daß sowohl die sachliche Bedeutung seiner Aus führungen, wie natürlich auch das Gewicht der persönlichen Stellung dieses Bcrtbeidigers der Marinesorderungen ihren Einfluß auf gewisse Parteien nicht verfehlten. Andererseits haben die Wirren im Orient gezeigt, daß recht geringfügige Ursachen in dem alten Welterwinkel genügen, um alle Machte auszuregen und Verwickelungen ver complicirtesten Art Herbei zufuhren, die, wenn sie auch den Weltfrieden nicht ernstlich gefährden, doch den Einfluß einer maritimen Machtentfal- tung auf die Gestaltung der Dinge klar erkennen lassen. Der Umstand, daß Deutschland erst verspätet und ungenügend unter den Flotten ver europäischen Mächte vertreten sein konnte, hat auch in solchen Kreisen gewirkt, dir den Marinesorderungen nicht günstig gegenüber kleben. Schließlich haben auch die in letzter Zeit von au« wärtigen Blattern über die deutsche Flotte gemachten Be merkuugen nicht verfehlt, einen gewissen Eindruck zu machen und zum Nackdenken darüber anzuregen, ob eine Erhaltung der gegenwärtigen Zustände, in unserer Marine, bezw. eine Verschlechterung dieser Zustände mit den Interessen Deutsch lands vereinbar sei. Es hat sich also das Gefühl der Noth- wendigkeit einer Verstärkung, bezw. Auffrischung unserer Marine nicht nur in der öffentlichen Meinung, sondern auch in der Volksvertretung verdichtet. Die in den Zustanden unserer Flotte selbst liegenden Gründe für die Nolhwendigkeit der Vermehrung unserer Marine sind schon so oft erörtert worden, daß eine Wiederholung überflüssig erscheinen muß. Nur auf Eins sei hiligewiesen, wozu wir durch die neulich in der Rechnung-- commission deS Reichstag» gethanen Aeußerungen des Eapitains z. S. Büchse! angeregt werden. Herr Büchsel wies darauf hin, daß im Auslande Ver völlig ungenügende, den neueren Ansprüchen in keiner Weise gerecht werdende Zustand eines erheblichen TheilrS gerade unserer größeren Kriegsschiffe bekannt sei. Da» kann nur bestätigt werden. Wo immer im Auslände unsere KrieaSschiffe sich haben blicken lassen, ist die Meinung in den fachmännischen Kreisen des Auslandes die, daß e< keine Marine ver Welt gebe, dir über ein so hervorragendes Material an Officieren und Mannschaften verfüge, wie die deutsche, und daß eS wirklich bedauerlich sei — natürlich objektiv genommen, denn subjektiv »st es für die englischen und die fran zösischen Marineofficiere sehr angenehm, daß es so ist —, daß ein so vortreffliches Menschenmatenal eia so ungenügendes Schiff-material zur Verfügung habe. So sehr wir nun auf die Tüchtigkeit unserer Märinemannschaflen stolz sein können, so würden im Ernstfälle diese Vorzüge doch nicht zur vollen Geltung kommen können, weil vielfach nicht das Schiffs personal, sondern die Qualität des Schiffe- die Entscheidung bringt. Es ist ebenso, als wenn man deutsche Elitrtruppen mit alten Fruersteinslinten und Zigeuner mit den modernen Repctirgcwehren bewaffnen wollte: dann würde unsere Eiite- lruppe den Zigeunern unterliegen, weil sie zusamuiengeschossen wäre, ehe sie selbst zuin Schutz kommen könnte. Wir können die Verbesserung und geringe Vermehrung unserer Flotte uns auch darum ruhig gestatten, weil wir den traurigen Trost haben können, daß da§ Ausland darum seinerseits nickt zu erhöhten Rüstungen wird greifen müssen. Wenn Deutschland sein Heer verstärkt, so kann man sicher sein, daß Frankreich kurz darauf all seine Kraft zusammen- nimint, um dasselbe Niveau zu erreichen; somit ist die deutsche Maßregel dann in gewisser Weise paralysirt. Wenn aber unsere mäßigen Marineforverungen zur Annahme ge langen, so bleiben uns die in Betracht kommenden Staaten immer noch so weit überlegen, daß diese unsere Vermehrung aus ihre Maßnahmen hinsichtlich ihrer Flotte nicht zu wirken brauchen. WaS will denn unsere Flottenvermehrung bedeuten, wenn man eben liest» daß in England in diesem Zabre 66 Kriegsschiffe fertiggestellt werden uud daß in eben diesem Jahre die Sckiffemaiinschast um mehr als 6000 Mann erhöht wird? So hoffen wir, daß die Volksvertretung sich nicht nur zu der Bewilligung der gegenwärtigen Forderungen bereit finden lassen, sondern auch für die Zukunft einem maßvollen Auöbau unserer Seemacht sich nicht wiversetzen werde. Werden die Forderungen abgelehnt, so kann eine gewissenhafte Marine verwaltung sie doch nicht fallen lassen und die Folge wäre nur, daß, sei es in einem Zähre oder sei es es später, die Forderungen beträchtlich höher sein müßten. Deutsches Reich. * Leipzig, 5. März. Wir erhalten folgendes gedruckte Eireular: Sehr wichtig! SensaiionellI Geehrte Redaction I Empfehlen Ihnen einClichs von der am 3. März vom hiesigen Schwurgericht zum Lode oerurtheiltrn Mörderin Hebamme Schmidt zum Abdruck in Ihrer w. Zeltuifg. Sir würde» Ihren Lesern damit einen großen Dienst erweise«. Preis de» ElichSs incl. AbdruckSrechi 3.50 gegen Nachnahme. Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß Sie das Llichs später bei der Mittheitung über die Hinrichtung wieder de- nutzen können. Werlhe Bestellungen erbitten wir umgehend. Hochachtungsvoll Verlag des Vrrdener Anzeigenblattes. Verden (Aller), den 6. März 1397. Diese Probe verwerflichster Speculation auf die Sen sationsgier des Publikums sei hiermit tiefer gehängt. 6. LI. Berlin, 5. März. Die Polonisirungcn deutscher Familiennamen bilden in letzter Zeit oster den Gegenstand richterlicher Verhandlungen. So batte sich das Kammergrricht auch gestern wieder mit zwei der artigen Anklagen wegen Uebcrtretung der CabinetSordre vom 15. April 1822 in der Revisionsinstanz zu beschäftigen. Dir erste Anklage betraf den Arbeiter Schmidt zu Wirsitz, der diesen wackeren alten deutschen Namen in einer Ein gabe an dir Behörde in „Szmyt" ilmgeändert hatte. Ter zweite Fall bezog sich auf «inen Hausbesitzer Krüger zu Bischka, welcher diesen biederen Namen in „Krygier" ver arbeitet hatte. Die Anklagebehörde ließ sich nicht weiter auf die Motive dieser Verstümmelungen, welche die betr. Namen als ein kümmerliches Zwitterding zwischen Deutsch und Polnisch erscheinen lasten, ein, sondern erachtete lediglich den Wortlaut der CabinetSordre, wonach ohne landesherrliche Genehmigung eine Umänderung des Familiennamen« verboten ist, für ent scheidend. In beiden Fällen wurde daher auch sowohl vom Stö«-,"'«- wi- kd»"'«"« selben beständig zu ^hren. 3n dme« d«v ^ es sich aber nur um eine einmalige untrrzeiwnu, g instanz rurückzuweisen. . * Berlin 4. März. Eine Volksversammlung, »n der vorgestern Ab'end ReichstagSabgevrdnetrr ^^el prach bean- svrucht ein gewisses Interesse, weil hier eme Absage der Socialdemokralie an Pfarrer Naumann und seine», Anha g ersvlate. WaS Herr Bebel über das Thema -Die Wirren im Orient" sagte, ist für unS gleichgiltig. Au» der Dwcusstoii aber sei nach d« ..Post- Folgendes untSelkeUl: Pfarrer Na»^ mann- Er freue sich, mit den Socialdemokraten darin überein stimmen zu können, daß er die G-h-i-un.nkram.re. m der Politik durchaus verdamme. ES sei zu wünschen, L mehr und mehr Fragen wie B-, d.e kretische, m Volksversammlungen behandelt wurden, tt.) Dir heutige, so sachliche Rede deS Abg Bebel fieb- 'hm, Naumann, den Bewei«, daß auch die Socialdemokrati« sich später mrbi m ein nationale« Empfindcn einlrben werde (Oborus und Z'Ichen) - Sobald die Socialdemokratie äußere Politik treibe, müsse sie nationale Politik bis ,u einem gewissen Grave m.tmachen (Große Heiterkeit.) Redner versuchte unter fortgesetzten Zwischenrufen der Zuhörer den Nachweis zu führen, daß auch d,e Arbeiterschaft an der wachsenden Bedeutung Deutschlands im Auslände in hodem Grade interessirt sei; als er erwähnte, daß Fürst Bismarck durch die Socialdemokrattc an der Aus führung seiner Gedanken zum Tbeil gehindert worden sei, wurde er durch einen förmlichen Sturm de» Unwillen» unter, brochen. Naumann resumirte sich schließlich dahin, daß die Socialdemvkratie schon um deßwillen nationale Politik treiben müsse, weil sie von der Geschichte dazu berufen sei, .di« Agrarier in der Herrschaft in Deutschland abzu- lösen." Auch für diese Wendung dankte ibm die Versamm lung nur durch Zischen. Redactrur Ledrbour vom «Vor- wärtS", der nunmehr da» Wort nahm, entfesselte Stürme de» Beifall», al« er mit Bezugnahme aus Pfarrer Nau mann von „merkbarem Ungeschick der national» socialen Politik" und von deren „unvergleichlicher Naivrläl" sprach. Eine noch schlechtere Aufnahme, als Pfarrer Nau mann, fand der nunmehr nationalsociale Agitator Lorenz Leipzig, der schon beim Besteigen der Rednertribüne mit spöttischen Bemerkungen begrüßt wurde. Vergeblich waren seine Anstrengungen, in der immer mehr steigenden Unruhe der Versammelten sich verständlich zu machen- die Be mühungen de- Vorsitzenden, dem Redner Gehör zu ver schaffen, blieben unberücksichtigt. Man rief Lorenz „Pfui" und „Schluß" entgegen und zwang ibn dadurch abzubrrchen. Bebel erklärte in seinem Schlußwort, nach dem, was er beute gehört, sei ihm so recht klar geworden, daß die beiten Richtungen nie einig werden könnten. (Stürmischer Beifall.) Er, Redner, habe früher erwartet, daß seine Partei mit den Nationalsocialen „in nntcrgevrbnrten Fragen" gelegentlich Zusammengehen könnte. Da» sei nun ebenfalls nach den heutigen nationalen Reden ausgeschlossen. Die heutige Debatte habe genüat, um „das Tischtuch für immer zu zerschneiden". Au ein Einlenken der Socialdemokratie auf so genannte nationale Bahnen sei bei der gegen- wärtigen Lage der Dinge nickt zu denken. (Leb hafter Beifall.) — Hat Herr Pfarrer Naumann noch nicht genug? 6.8. Berlin, 5. März. (Privattelegramm.) Nach einer Mittheilung des Ministers der auswärtigen Angelegen- teilen liät der un.idriscsit» »irkSgerichte angewiesen, von dem in Ungarn erfolgten ilbleben Deutscher da» deutsche Generalcoasulat in Pest jedesmal zu benachrichtigen. — Zn eineni „Politik und Kaiserreden" über chriebenen Artikel legen die von dem vereideten Sachver- täudigen für Stenographie in Berlin, Herrn Karl Hempel, herausgegebenen „Kurzschristlichen Blätter" (Verlag A. Zacobi L Co. in Aachen) die Schwierigkeiten der stenographischen Ausuabme unv wortgetreuen Wiedergabe der Reben deS Kaisers dar. Gleichzeitig werden einige Anregungen gegeben, um eine authentische Wiedergabe der kaiserlichen Reden mit Hilfe der Stenographie zu ermöglichen. ES wird dabei auf die That- sacke ausmerksaili gemacht, daß s. Zt. Fürst BiSmarck im Reichstage stets drei Stenographen zu seiner Verfügung hatte. — Zum diesjährigen deutschen Katholikentage schreibt die „Köln. VolkSzeitung": „Für die diesjährige Katholikenversammlung war Freiburg i. Br., Constaiiz, Ravensburg oder Augsburg in Aussicht genommen. Der Canisius-Verein beschloß nun, mit der diesjährige» Versammlung eine gemeinsame Wallfahrt zu verbinden nach dem Grabe des sei. Canisius in Freiburg in der Schweiz. Ta nun die Städte Freiburg i. Br. und Lonstanz für die Katholikenversammlung ablehnten, Ravensburg sich als unthun- lich erwies, blieb nur Augsburg übrig, das aber für den Ausgangs- punct der geplanten Wallfahrt ganz ungeeignet ist. Es wurde daher in Vorschlag gebracht, die diesjährige Katholikenversammlung «igenl- lich in Freiburg in der Schweiz tagen zu lasse» und den Haupi- Nachdruck auf die Wallfahrt zu legen." (Bekanntlich trat Canisius als Erster in Deutschland in den Jesuitenorden; er hat mit bestem Erfolg für die Ausrottung des Protestantismus be- sonder« lu Köln, Bayern und Oesterreich gewirkl. Red. d. „L. L ") — Wegen MajestäkSbeleikignn g, Beamtenbeleidiaung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Bedrohung und Ruhe störung, alle« auf der Polizeiwache begangen, wurde der Schornsteinfeger Stbcklein zu einer Gesammlstrafe von 2 Jahren Gefängniß verurtheilt. — In vier öffentliche» Versammlungen erklärten dieZimmerer „von weiteren Forderungen in diesem Jahre Abstand nehmen, hin- gegen unter allen Umständen an den Errungenschaften der vor jährigen Lohnbewegung, der neunstündigen Arbeitszeit und dem Mininialstundeiilohn von 55 festhalten zu wollen; alle Eollegen, denen diese Forderungen nicht bewilligt werden, haben dl« Arbeit niederzulegen." — Die bisherigen Bestimmungen über oieRenaturalisativn der in Rußland lebenden ehemaligen Preußen können, wie der M nister des Innern ln einem Nunderlaß vom 30. Januar dieses Jahres mitthellt, zur Zeit Nicht mehr uIS maßgebend be trachtet werden, da sie aul der Voraussetzung beruhten, daß eine Abschiebung von Personen deutscher Abstammung, die ihre Staats angehörigkeit verloren hatten, verhindert werden könne, während gegenwärtig nach dem deutsch-russischen Uebernahmeabkommen von 1894 auch ehemalige Deutsche übernommen werden müssen. Bei der Kürze der Zeit seit dem Inkrafttreten des Abkommens trägt der Minister Bedenken, schon jetzt neue allgemeine Vorschriften über die Behandlung solcher Renaturalisationsanträge zu erlassen; es ioll vtelmedr einstweilen von Fall zu Fall entschieden werden, bis sich eine feste Praxis gebildet hat. * Neuftctlin, 4. März. Anläßlich de» polrnfrrundlichen Auftretens, durch daS der deutsch - freisinnige Landtag«- abgeordnete Iaeckrl sich einen Namen gemacht hat, ist hier eine Ortsgruppe des Verein» zur Förderung de« DculschlhumS gegründet worden. Herr Jaeckrl, reden Sie weiter! * UtlhelmShaven. 5. März. (Telegramm.) De» Kaiser hat heute Nackmittag 12 Uhr 30 Min die Rück reise nach Berlin avgetreten. * Bremen, 2. März. (Telegramm.) DerKaisrr traf, von Wilhelmshaven kommend, in Begleitung de» Prinzen Heinrich Nachmittage 3 Uhr auf dem hiesigen Bahnhöfe ein und begab sich nach der Begrüßung durch Bürgermeister Pauli unv dir übrigen zum Empfange erschienenen Herren in den bereitstehenven Wagen zum RathSkeller. Kurz nach 3 Ubr reiste der Kaiser weiter. tz Votha, 5. März. Während vor einigen Wochen ge meldet wurde, Herzog Alfred sei von einem leichten Frurlletsn. Washington und das Weiße Haus. Skizze zum Präsidrntenwechsrl. Naibdruck vrrkoOn. kd. Washington, D. E., Ende Februar. Zwischen Baltimore, der „Stadt der Eleganz", dir Norden und Süden trennt, und Washington, der Bnndr-Hauptstadt am Pvtvmar, liegt die großartigste Eisenbahnstrecke der Weit. Zwar kann sich ihr« Scenerir nicht mit der geringsten der an Naturschönheiten reichen Bahnen messen; die Schnelligkeit ihrer Züge wird von anderen Strecken übrrtroffen, und die staunenSwerthe Ausrüstung, dir z. B. v«n großen Ueberland- zügen eigen ist, fehlt hier ganz — allein in zwei Beziehungen übertrifft sie alle Bahnen der Erde: in der auf die höchste Spitze getriebenen Bequemlichkeit und in der Gewählthrit ihrer Gäste. Drei Kategorien abgerechnet, die der Vrr- gnügung«reisendrn, Kaufleute und Politiker, reisen in Wahr heit nur „gewäbire" Leute über diese Strecke: dir Senatoren nämlich und Congreßniitglieder, die hohen Würdenträger der Regierung und die Beamten aller Grade, denn auch für Die jenigen, dir nicht in der Hauptstadt bleiben, geht wenigsten» ver Weg über jene hin — hier laufen all« politischen Fäden de» mächtigen Staatrnbunde« zusammen. Wer zum ersten Male nach dem Mekka der amerikanischen Patrioten reist und Baltimore hinter sich gelaffen hat, glaubt in einen wundersamen Traum zu versinken. Da» ist kein Fahren mehr, kein Rollen von eisernen Rävera auf Eisen bahnschienen, sondern rin wohlige», geräuschlose» Schweben durch di« Luft. Dir Eisenbadnwagrn hängen in ungezählten elastischen Wiegen, die j«d«n Stoß »rtödtrn, der Bahnkörper selbst gleicht einer einzigen asphaltirten Strecke. Aekinliche» im Eisenbabnbau ist nur noch zwischen Philadelphia und New Aork zu sehen. Gleich einem sanften Rauschen, wie von stürzenden Ge wässern, dringt daS Geräusch deS TrainS an die Ohren der Passagiere, die in bequemen braunen Korbstühlen, die Füße durch lederne Polster gestützt, bedient von schwarzen Stewart», a» den breiten Spiegelfrnstern deS „kwolttuß-car", de» Rauch- Salonwagen», sitzen. Und draußen ziehen an beiden Seiten dichte, „niiatrrbrochenr Wälder vorbei, dir den Blick in die Weite verhüllen und eine Ueberraschung vorbereitet, zu wollen scheinen. Tie Bahn beschreibt viele, aber sehr angenekme, ge- dehne Eurven, so daß die Reisenden jede«mal vom Fenster au« den ganzen Zug überblicken können, aber immer wieder taucht vir Lokomotive hinab in neue grüne Meere der wogenden Wald- rrgion. Erst in nächster Näbr Washington» endet der Wald -- und wirklich endet er mit einer Ueberraschung. Wenn da» Geschick den Neuling mit Sonnenschein segnet, dann wird ihm beim Verlassen de- Walde« ein Anblick zu Tbeil, den er niemals im Leben wieder vergißt. Washington selbst im tiefen Ufer- tbalc de» Polomac (sprich Potümmac) ist noch unsichtbar, aber die weißschimmernden Umrisse deS gewaltigen Kapitol» grüßen schon au» der Ferne, und über ibm schwebt, gleich einem Sterne, seine große, strahlend« Kuppel. Nun ist e« leicht, die Neuling» im Zuge b«rau»zufinbrn. Sie sieben mit angebalrenem Athen, an den Fenstern, ihre Augen sind feucht vor Begeisterung und RÜdrung, und ihre Hände zittern. Zn der Reisezeit sieht man nicht selten ältere Leute in Tbränen au-brechen. Wer den Amerikanern da» Gefühl abspricht, der bat sie nicht richtig kennen gelernt. An Br- geisterunassäbigkeit wenigsten« nehmen sie«» mit jedem anderen Volk« auf. Und wohl haben sie Recht, auf den Wunderbau de« Capitol» und dir zu seinen Füßen liegend« herrliche Garten stadt stolz zu sein. Washington ist eine der schönsten Städte ocr Weil. uuv vrroirnc UNI zo liieyr vielen MUYNI, cu« st es einzig in Folge ihrer Anlage ist. Besteigt man da Washington-Monument, einen einzigen ungcheuren Obelisk?! aus polirtem Granit, dann breitet sich die Stadt tief unte wie rin blühender Garten aus. in welchem die schimmernde! Monumentalgebäude die einzigen festen Puncte sind. Selb! da« Capitol, dessen Kuppel dock 3VS Fuß Uber die Ebbe de Pvtomac rmporfteigt, ist klein geworden — und da« ist kei Wunder, denn das Washington-Monument ist das höchst au» Stein aufgefübrie Gebäude der Welt. Allein der Eisfr! thurm, der bekanntlich au« eisernem Fackwerk bestebt, ist höbe, Washington steht, nicht nur in seinem «eußrrn, sonder auch berüglich seine« inneren Leben« unter den Städten de Welt als ein Unicum da. An« seinen Grenzen sind Hand, und Wandel verbannt, hier herrscht tagein, tagaus olympisch Ruhe, ein scheinbarer ununterbrochene» Feiertag; um da der Außenwelt feriiznhalten, hat man de StaN selbst eigene Bezirke gesteckt, sie gekört nämlich keine, '"lst 'n ihrem eigenen kleine Staate. „D. E. , dem ,,8i8trict ok Oolumbia". Washinato ist also nichts weniger als eine Hauptstadt in europäische, --»nur, Hauptstädte sind New Bork und Philadelpoic Chicago und Sainr Vom«. San Franzisko und Colorado Washington ,st nicht« al« eine R»gierung«stadt, die Stak ver höchsten Beamten und Behörden der Republik, bi Stadt des Capitol» und der Natwaalschätze — das National heiliaihum selber. ^"hältniffen «ntspricht die eigenartige Bevölkerum Washington». Sie besteht, um e« kurz au«z»drücken, fast nu ^^,^'"""^E>eamtett mit ihren Familien und ver groß«, ^>«n und zur Bequemlichkeit jener notb wendig sind. Nach dem Censu« von 1890 betrug bi« Einwohner zahl etwa 230 000. davon aber bezeichnender Weise naher. Kutscher, kleinen Handwerker, die Barbiere, Stiefelputzer, Gepäckträger und Commissionaire. Zur Ehre der farbigen Raffe sei e» aber erwähnt, daß r» in der Bundrshauptstar! bereits einen schwarzen Congrctzmann, viele Prediger, eini ,- Avvocaten und Arrzte giebt. Unter der weißen Bevölkerung dir ja zum großen Tbtile eine durchziehende ist — wie ti Familie „Seiner Excellenz" des Präsidenten selber — finde» sich vir schönsten unv charakteristischsten Typen unvrrfälschic» Uaiikittlmm«. Der Richter (ckuiizs), der Oberst (Ovlovel der Senator sind hier zu Haust und können im Foyer eines >«den Hole!« zu allen Tageszeiten bewundert werden. Auch höbe Militair« in Uniform, nach denen man sonst die ge sammten 44 Staaten der Union durchsuchen kann, werde» hier gesehen. Ohne Weitere» kann man sogar mit dt» Worten: ,.8a^ clo you cko. M. Ui-esiclönt?- dem Präsidenten die Hand drücken, wenn er seinen Schoppen trinkt — Vas ist er gewöhnt, und man nimmt es ihm Übel, wenn er a„ den Handschünler nicht die Gegenfrage richtet: „8ov cko ^vn cko >oui,vlf, 8lr?I" Der demokratisch» Clrvelanb, der nun leider da« „Weiße HauS" räumen muß, war so leutselig, daß er vom Hanvschütteln kbatsächlich oft geschwollene Hände batte und da» Zimmer hüten mußte. Me. Kialey, den ich I8V3 in Chicago persönlich kennen lernte, ist eine weit stolzere Natur. Allein da» Händeschütteln wird man auch ihm in Washington schon btidringen. Washington wurde N«i nach einem großartigen Plane, der ein Areal von 26 Quadratkilometern umfaßt, angelegt. D" Plan selbst stammt von dem französischen Ingenieur LEnsant. der dir Topographie von Versailles mit seinen ichrägen Alleen zur Richtschnur nahm, e« ist indessen festgestrll,, daß sowohl George Washington al« Tboma» Jessrrson, der damals Staalssecretair war, tdätizrn Anldeil an der Au« ardrttung v.« Plane« nahmen. Da« charakteristische Merkmal von Washington sind auch beut» noch ftn«
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