01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970316018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897031601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897031601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-16
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Größere Schriften laut unserem Prels» Verzeichnis. Tabellarischer und Zifsernsutz nach höherem Tarif. (sxtra-veilagkn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbesörderung » 60 —, mit Postdrfürdenm- Al 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: klbrnd-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Md rge n»Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Uri den Filiale» und Annahmestellen je »in» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an dir Erpedtttan zu richten. Truck und Verlag von E. Pol» tu Leipzig. 136. DienStag den 16. März 1897. Zur Klärung -er Flottenfrage. Bor einem Bierteljahrbundert beruhte Deutschlands Groß machtstellung allein auf seiner herrlichen HrereSmacht. Und beute ist da» „Volk in Waffen" in der Zahl seiner Kämpfer und der Güte seiner Waffen stärker denn je. Äst nun in zwischen daö deutsche Reich in gleichem Maße mächtiger ge worden und gesicherter gegen feindliche Völker, wie sein Herr gewachsen ist? Wenn wir den Muth haben, ehrlich zu sein, io müssen wir die Frage verneinen. Warum? — Weil das Meer, die allen strebsamen Völkern offene, schier unermeßliche Handels- und Heeresstraße, inzwischen auch für uns Deutsche ein unentbehrlicher Verkehrsweg geworden ist. Wer heute uns Deutsche vom Meere verdrängen würde» der würde unS mehr schädigen, al» wenn er uns einige schöne Grenzländer entrisse. Sonderbare Schwärmer — diese Deutschen, muß der scharfsichtige und gut rechnende Engländer denken: ehe sie sich einen werthlosen sandigen oder morastigen Fetzen ihres Vaterlandes vom Feinde entreißen lassen, gehen sie freudig Mann für Mann in blutigem Kampfe zu Grunde, aber ihr gute» Anrecht auf das Meer, auf die freie ungestörte See fahrt und auf den Handelsverkehr nach aller Herren Ländern, eaS setzen sie leichtsinnig auf'S Spiel, das gilt ihnen nicht- — das überlassen sie den „lieben" Vettern und „getreuen" Rachbarn. Merrfremd ist-derDeutsche geblieben, wobl mehr wegen, als trotz seiner Erfolge am Lande; in der europäischen Fcst- landSpolitik kann die deutsche Landmacht ihr Gewicht auch in -Zukunft nicht verlirren, aber selbst ans unserem kleinen Erd- ibeile liegt die Entscheidung der Völkerkämpfe nur in seltenen, besonders günstigen Fällen beim Heere allein. Bei einem Völkerzweikampse, wie der letzte deutsch-französische Krieg, bleibt die Macht der neutralen Staaten noch groß genug, Laß der secmächtizere Gegner den von der See verdrängten nicht ersticken und ausdungern kann. Leider ist man in Deutschland nur zn geneigt, anS den beispiellosen Erfolgen tm Jahre 1870 den Trugichluß zu ziehen, den Ansschlag im Kriege müsse bei unS immer das Landhecr geben. Vcr- muthlich wird der zukünftige große europäische Krieg ein riesiges Ringen mehrerer Großmächte gegen einander sein. Daß in einem Kampfe irgend einer Gruppe von Mächten gegen das weltbeberrschende England nur die Stärke der Flotten, also die Seemacht, den Ausschlag geben kann, ist wohl Jedem klar, braucht also nicht näher beleuchtet zu werden; in solch einem Kriege würde das deutsche Reich sowohl in neutraler Stellung, wie auch auf der Seile der Festlandsstaaten als Bundesgenosse nur mit seiner Flottenmacht mitsprechen oder die Entscheidung herbeiführen können. Aber auch ein großer europäischer Landkrieg deS Zweibundes gegen den Dreibund wird durch den Kampf um die Seeherrschaft stark beeinflußt, ja unter besonderen Um- fländen sogar entschieden werten ivnnen. Man nehme nur oen durchaus nicht unmöglichen Fall an, daß der Landkrieg an Deutschlands West- und Oftgrenze mit wechselndem Glücke geführt würde und sich wie die meisten früheren Kriege sehr ui die Länge zöge. Inzwischen gelänge eS den Flotten deS Zweibundes, die Herrschaft zur See zu erkämpfen und die deutschen Küsten zu blockiren. Nun könnten die Zweibund- mächle ungestört Truppen in Dänemark landen, die Dänen würden sich ihnen wobl oder übel anschließen, um einen ge jährlichen Flankenangriff zu Lande und zu Wasser gegen Holstein zu machen, der dem Kriege eine „schlimme Wen dung" geben könnte. Wie bedenklich für die Standhaftigkeit unserer italienischen Bundesgenossen die Seeberrschaft derZwei- bundflotlen im Mittelmeere sein würde, das möge sichJeder selber auSmalen. FürJtalien sind wirumso begriirtereBuiideSgenossen, je mehr wir unsere Flotte stärken, je weniger also Italiens Panzerschiffe den Hauptstoß der französischen Geschwader auf sich zu nehmen brauchen; Oesterreichs kleine Flotte thut schon viel, wenn os die Adria vom Feinde freibält. Hätten wir eine Schlachtflotte, die die Bereinigung der nordfranzösischen mit der russischen Flotte verhindern könnte, so wäre dadurch für uns ein sehr großer Vortheil errungen; denn dir Trennung der Zweibundmächte würde ihre Niederwerfung außerordentlich erleichtern. Die Seeberrschaft deS Zwei bundes sichert dessen Vereinigung und Zusammenwirkung; durch die Seeherrschaft des Dreibünde» würden die Streit kräfte des Zweibunde» getrennt gehalten. Man braucht also nicht viel von Strategie zu verstehen, um einzusehen, baß der Ausschlag in einem großen europäischen Landkriege durchaus nicht allein vom Landheere abbängt. Meerfremd ist der Deutsche geblieben, sonst wäre eS un möglich, daß die Vertreter der Freihandelsinteressen den Ein fluß der Seemacht noch heute völlig mißachten tonnen. Nicht alle Freihändler sind so kurzsichtig; denn die fübrcnden Hanseaten, die hamburgischen Kaufherren und Rheder sind klug genug, einzusehen, daß Deutschlands Zukunft von seiner Seemacht abhängt: der letzte hamburgiscke Hanbelskammer- bericht spricht klar und deutlich dafür! Nein, die Kurz sichtigen sind die freisinnigen Doktrinäre, die au» Princip die Slenerkraft schonen, ohne zu sehen, daß sie damit die Wehr kraft schwächen. Da unter ihnen ohne Zweifel auch ehrliche Gegner sind, die sich aus innerer Ueberzengnng gegen die Ausgaben für die Flotte sträuben, so liegt Denen, die den Einfluß der Seemacht höher schätzen, die Pflicht ob, den Kurz sichtigen Brillen aufzusetzen. Eine der wenigen linksliberalen Zeitungen, die Wohl ernst genommen zu werden verdienen, ist die sehr achtbare „Vossische"; politischer Optimismus und krankhafte Vorliebe für England sind wohl ihre bedenklichsten Fehler, während ihre Vorzüge in ruhigem, überlegendem Wesen und dem Streben nach Zuverlässigkeit sich kund tbun. Dieses Blatt brachte kürzlich einen Aufsatz über Heer und Flotte, der zeigen sollte, daß Vergleiche der Flotten anderer Staaten mit der Deutschlands wenig für die Nothwendigkeit einer „mächtigen Vermehrung" der Marine beweisen könnten. Da Wortklaubereien in ernsten Dingen nur vom Nebel sind, soll hier nicht über den sehr vieldeutigen Ausdruck der „mächtigen Vermehrung" gestritten werden. Aber andere, wichtigere Trugschlüsse fordern dringend eine sachliche Auf klärung. Die „Vossische" schreibt: „DaS deutsche Reich wird im Kriege auch Verbündete haben, und wenn sich ja die französische und die russische Marine gegen die deutsche ver bänden, wäre es für England schon ein Gebot der Klugheit und der Selbsterhaltung, einzuschreilen und mit Deutschland gemeine Sache zu macken." — Das vermag eine deutsche Zeitung ihren Lesern, die hauptsächlich dem Handelsstande angehören, zu sagen! England, der Handelsstaak xar sx- Parteien Waffen nnd Zubehör zu ' „ ganzen leaen,'eilig derart schwachen , daß England oen 9"'» DE Äm« WLerber"an7^ L« L-L'L »WZ § Ze,t; der französische nnd der russische Handel wird ihnen ,n Jal'rz-bnten noch ebenso ungefährlich snn w.e heute D'e Gründe »ür den unmännlichen Verlaß ans k'mli'ch Vetter ist die „Vossische" vorsichtiger We,,r auch schuldig ^Dft"zweite schiefe Behauptung d.« freisinnigen Blatte» lautet: „Deutschland lann nicht die erste Landmackl ^er Welt und zugleich eine erste Seemacht sein." Angenommen, ca deutsche Reich wäre jetzt wirtlich Landmacht N in Anbetracht der zahllosen lnegerischen Volksstamme des riesigen russischen Reiches zwar durchaus nicht für dre kommenden Zeiten (für die unsere Flotte allmählich auSgebaut werden muß!) unveränderlich bleiben tann, so ist doch der zweite Tbeil der These wieder unlogisch. Denn eS g'ebt nur .eine erste Seemacht" — nämlich England. Nack, altem Brauck. tbeilt man die Flotten der Seeslaaten in solche ersten bi« dritten Rangs. Feste Regeln oder Maßstabe für die Rangeintheilung giebt eS noch nicht; deshalb soll hier versucht werden, solche zu bestimmen. Am verständlichsten für den Laien wird es sein, wenn man unter einer Flotte erste» Ranges nur die versteht, die zwei beliebigen Flotten zweiten Ranges zusammen als Gegner gewachsen ist. Entsprechend soll als Flotte zweiten Ranges die Flotte benannt werden, die zwei Flotten dritten Ranges mit Aussicht auf Erfolg ent gegentreten kann. Diesem relativen Maßstab fehlt nur noch die Maßeinheit: als solche fei die stärkste Flotte, die englische, angenommen. Sie ist die einzige Seemacht ersten Ranges, weil sie den beiden näckstgrößlen flotten, der fran zösischen und der russischen, zusammengenommen mit Aussicht ans guten Erfolg entgegen«««, tann. Erwähnt sei hier, daß viele englische Politiker und Seeossiciere, besonders Lord Charles Beressord, schon jetzt darnach streben, die englische Flotte aus solche Stärke zu bringen, daß sie den drei nächst größten Flotten zusammengenommen überlegen sein würde. Diese Größe, die die nahezu schrankenlose Weltherrschaft Eng lands bedeuten würde, rst fast schon erreicht Aus dem bisher Gesagten folgt al« sehr bemerkenswerthe Thatsache, daß heutzutage die französische Flotte nickt mehr eine Flotte ersten Ranges ist, sondern daß sie zu denen zweiten Ranges gehört. In der Thal bat die moderne kampffähige französische Flotte nur ungefähr den halben GefechtSwertb der englischen, wie der Vergleich der Flotten- lisren beweist. Bleibt man bei der soeben festgesetzten Rang- Sl. Jahrgang. ,in,Heilung, die dem Laien die Stärke der Flotten anschaulich machen soll, so findet man, daß nur dir französische Flotte als solche zweiten Rangs bezeichnet werden kann: denn sie ist stark genug, um den beiden nächststärksteu Flotten, der russischen und der italienischen, mit Aussicht aus Erfolg enlgegenzulreten. Die russische ist etwa» mehr, die italienische etwas weniger al» halb so stark, wie die französische. Demnach müssen die russische und die ita lienisckeFlotte in die dritte Rangclafse versetzt werden; dazu kommen dann auch die noch etwas schwächer» Flotten Nordame rikaS, Deutschlands undJapanS. Vier von diesen Flotten dritten Ranges zusammengenommen, haben noch nicht die GefecktSkrafl der englischen Flotte! Da- läßt sich jederzeit deutlich Nachweisen (siehe z B. die Tabellen auf T. 188 bis ,94 von „Deutschlands Seemacht sonst und jetzt"). Und da wagt die „Vossische" noch gegen die bescheidene Vermehrung der Kreuzerslottc unk gegen den unvermeidlichen Ersatzhau eines (!) neuen Panzerschiffs zu schreiben mit dem polternden Schlagwort: „Deutschland kann nicht die erst« Landmacht der Welt und zugleich eine ersteSeemacht sein!" Du lieber Himmel, das bestreitet ja kein Mensch — jeder vernünftige „Flottensckwärmer" und BaterlandSfreund wird beilfroh sein, wenn die deutsche Flotte im Lau e einiger Jahrzehnte zu einer Seemacht zweiten Ranges heranwachsen kann, d. h , daß der große Abstand der deutschen Flotte gegen die franzö sische und die russische Flotte allmählich kleiner wird. Wenn nicht wunderbare Einsicht über die Völker Festeuropas kommt, wird es noch für viele Jahrzehnte, vielleicht für Jahrhunderte nur eine einzige erste Seemacht geben, nämlich die englische. Unlogischer Weise meint nun die „Vossische", jede deutsche Flottenvermehrung wäre deshalb zwecklos, weil dann „die andern Seestaaten ihre Marine noch viel stärker und schneller vermehren" —; sie vergißt dabei, daß z. B. England stets die vier- bis fünffache Zahl von Schiften gleicher Art wie unsere Neubauten neu bauen muß, wenn daS jetzt bestehende Mißverhältnis zwischen der deutschen und der englischen Flotte unverändert bleiben soll. Bei diesem unvermeidlichen Wett kampfe sind wir also allen stärkern Flotten gegenüber in. Vor tbeil; bringen wir Opfer, so bessern wir unsere Lage oder zwingen die anderen zu sehr viel größeren liefern. Außerdem st bekanntlich überall dafür gesorgt, daß die Bäume nickt in den Himmel wachsen. In England ist das Volk stetS bereit, Geld für SchiffSbauten zu bewilligen, aber schon heute fragen sich die Engländer sehr besorgt, ob sie die riesige Flotte im Kriege auch mit kriegstüchligen Seeleuten werden bemannen können Für unsere kleine Flotte ist diese Gefabr deshalb fern, weil die allgemeine Wehrpflicht stets die Bemannung der Flotte sichert, die ja nnr 5. Procent der HeereSftärke ausmachl und aus der seemännischen Bevölkerung, wie auch ans den zahlreichen Freiwilligen leicht gedeckt werden kann. Würden wir aber nach dem Wunsche der „Bossischen" die Hände in den Schoß legen, um die Steuerkraft deS Landes zu schonen, statt die Panzerschiffe zu vermehren, dann würden Rußland, Frankreich und England, auch Nordamerika und Japan sicherlich nicht mit dem Panzerschiftbau innehalten; denn die bauen ihre Schiffe ja nicht deshalb, weil wir welche bauen, sondern weil sie längst wissen, daß nur Seemächte noch zu den Großmächten gerechnet werden können. Deshalb haben FeiiiHetsir. Die Liebe in -er Volkspoejie. Plauderei von M. Uhse. Die Liebe ist überall zu Haus- überall übt sie ihre Herrschaft, schafft sie Leid und Glück, wird sie gesegnet und verwünscht. Schmeichlerisch betbörend beim Werben, im Erobern; Ivrannisch im Besitze, so streift sie sieghaft durch die Welt. Im inneren Wesen stets dieselbe, nur in ihren Acußerungen verschieden, sich dem Worte fügend: „Anderes Land, andere Sitte!" Mit wortreichem Ueberschwang brtheuert ein persischer Jüngling: „Beim Zauber Deines Auges, mein holdes Spiel, Beim Nicken Deines Flaumes, mein Glücksgestirn, Bei Deinem Mundrubin, mein Lebensborn, Bei Deinem Schmelz und Duft, mein Schönheitslenz I Ich schwör' Dir, bist Du nicht Hafisen gut, So bleibt ihm keine Kraft zum Leben." Die Schöne, der diese Verse galten, wird sicher ebenso wenig unbesiegt geblieben sein, wie da» holde Kind, dem folgende serbische Liebeserklärung gesungen wird: „O Du Mädchen! rosrnrothe» Rüslrin l Weder je gepflanzet, noch verpflanzet. Noch mit kaltem Wasser je begossen; Weder je gebrochen, noch gerochen; Dürft' ich Dich, o süße Seele, küssen?" Mit gewichtiger Versprechung lockt ein kurdisches Liebeslied: „Sieh mich lieb', Du schwarzäugige Dirne, an! Deine Wimpern steh'n wohl Deiner Stirne an. Dein« Augen, wie die Beeren der Reben schwarz. O wende, Du Schöne, mein Herzeleid! Komm' zu un» zu Gaste, nach Hause komm! Mit den Gästen der Feier zum Schmause komm! Vor allen Andern sollst Du beachtet werden. Der erste Schasbock soll Dir geschlachtet werden I" BeneidenSwerthe Schöne! Wie viel besser ist sie daran, als da» rathlose chinesische Mädchen, da» über „den blöden Mann" Klage führt, denn „Er will nicht sprrchen, er will nickt blicken! Soll ich denn winken, soll ich denn nicken? Er will mich nicht zuerst begrüßen! Ich kann ihn doch zuerst nicht küssen? Und wenn er niemal» will beginnen, Wie soll e» Fortgang denn gewinnen?" Nun» hoffe« wir^ der allzu Schüchtern« wirb st doch «och ein Herz und „beginnen'', Da» Müdcken ist ja auch ein gar bescheiden Ding, nicht so ungebührlich viel verlangend, wie jenes, daS nach Rückert singt: Freier möcht' ich haben, Lann hätt' ich genug, enn alle schön wären und alle nicht klug. — Einen, um vor mir herzulausen, Einen, um hinter mir drein zu schnaufen; Einen, um mir Spaß zu machen, Und einen, um darüber zu lache». Einen traurigen, den wollt' ich schon fröhlich Herzen; Einen lustigen, ich wvllr' ihm vertreiben Las Scherzen. Einem, dem reicht' ich die rechte Hand, Einem, dem gab' ich die linke zum Pfand: Einem, dem schenkt' ich ein freundlich Nicken, Einem, dem gäb' ich ein holdes Blicke»; Noch einem, dem gäb ich vielleicht einen Kuß, Und dem letzten mich selber zum Ucberdruß." Wie sinnig und minnig wirbt dagegen die liebliche Smilje in dem serbischen Volksliedchen: „Smilje pflückt am kühlen Bach, Schön Smilje, Pflückte sich Len Schooß voll und die Aermel, Flechtet« davon zwei grüne Kränzchen. Läßt den einen in da» Wasser gleiten, Biegt sich nieder, leise Worte flüsternd: Schwimme, schwimm, o du mein grünes Kränzchen, Schwimme bis zu Huri'« weißem Hose, Frag, mein Kränzchen dorten Hurt'« Mutter: „Mutter willst Dn Hurt nicht vermählen? Freie ja nicht eine Wittwe für ihn, Freie lieber ihm ein schöne» Mädchen." Nehmen wir an, die alte Madame hätte Smilje » Wink, nicht mit dem Zaunpfahle, sondern mit dem Kranze, ver standen und ihr-m Huri da» schöne Mäbcken gefreit, da sitzt nun da» junge Paar: Und es spricht der junge Neuvermählte: „Warum blickst mich an, Du theurr Seele? Nach Dir blick' ich mein bestimmter Herrscher; Was Du mir nun willst für Lehr' ertheilen. Wie ich'» Deiner Mutter werde recht thun?" „Leicht wirst Du e» mein« Mutter recht thun, Spät entschlafe, wach am Morgen früh ans, Kehre dann den Hof und bringe Wasser, Endlich kämme Dir da» blonde Haar au»." Wohlverstanden, die» ist ein serbische» Hochzeit-lieb, unfern Frauen würde weder solche Frage noch solche Ant wort anstehen, sie würden auch nie in dieselbe trübselige Lage kommen, wie jene» arme litauische Weibchen, da» jung vermählt, singt: „AIS ick nun mit am grünen Lisch« saß, Sah« die Schwieger ans mich mit scheelen Augen. O nehmet, nehmet meinen Brautkranz! Warum verstießt ibr mich in'» Elend? So viel Blätter falle» nicht aof dt» Rausen Al» aak mich der falschen Wort» »netallen " Sie war gewiß nicht so vorsichtig gewesen, wie die russische Braut, die sich das Verhalten der „bösen Schwie ger" gegenüber hübsch bei Zeiten überlegt: „Ach ihr Mägdlein, meine Gespielin! Stehet mir bei zu rathen, zu denken: Wir ich soll leben unter den Fremden. Wie ich den Schwiegervater nenne? Wie ich begrüße die strenge Schwieger? Nimmer möcht' ich ihn Vater nennen - Heiß ich ihn Schwieger, deutet rr'S schlimm; Mmmer möchl' ich sie Mutter nennen — Heiß ich sie Schwieger, deutet sie'» schlimm. Fahre denn Stolz und Hochmuth hin! Will mich ganz verständig berothen Und den Schwieger nenn' ich Papa — Nenne Mama die strenge Schwieger! —" Im „Wunderborn" finden wir Verse, die freilich ganz geeignet sind, den Mädchen da« Heirathen ganz zu verleiden, auch ohne die Furcht vor einer etwaigen Schwiegermutter. Da heißt eS: „Komm' heran», komm' heraus, du schöne, schöne Braut! Deine guten Tage sind alle, alle aus. Mußt die Jungfern lassen steh'n. Zu den Weibern mußt du geh'n. Lache nicht, lache nicht, deine rothe, rothe Schuh' Werden dich wohl drücken, sind eng genug dazu O Wevlr Weh, o Weyle Wehl Wenn die Andern tanzen geh'n, Wirst du bei der Wiege steh'n. Goldne Ketten legst du an, Mußt in ein Gefängniß gähn. Mußt die Blumen lassen steh'n, Auf den Acker mußt du geh'n!" Daß eS ein ernste» Ding um das Heirathen ist, erkennt Samoieden Hochzeit-lied an, da« nach einer Ueberseyung Schwsner S folgendermaßen lautet: „Höre mich Vetter Meine -vochter habe ,ch deinem Sohne gegeben, um sie nicht wieder zurück zu erhalten! Sieh, der Kopf de» ReninhiereS wird m Rauch gebraten und deshalb ist eS nicht erlaubt, noch eine Aenderuna zu machen. Ich bitte verfahrt nicht streng mit meiner Tochter. Ich habe sie ge^ ^ Manne gut zu leben und ibm zu gehorchen M-.ne Gatttn bat sie ebenfalls ermahnt, in Eintracht zu T°ckte/h,°^° w" nun nach Hause; du aber, meine Achter, blicke un« nicht nach und weine nicht l" Ob sie nun wobl auch dem Manne „da« Licht im Hause" sein wird, von dem e,n chinesische» Liebeslied bericht«? „Die ausgegang'ne Sonne: schöne« Weib in klarer Wonne, verweilt in mttn^ Haas«, Mitte». all» Schritten. Der Mond, Ler aokgegang'n«: Ds» delßt. da, kLön» V»<b. da» -k-n,umsan,'n». Lehnt an meine» Hause» Pforten, Und folgt mit Lächelblick mir hin „ach allen Orten." Und doch ist daS Glück noch nicht vollständig. Da» wird'S erst, wenn eingetroffea ist, was ein englisches Ge Lichtchen so entzückend besingt: „Nichts als rin kleiner Säugling, vom Himmel un» geschickt; Nichts als ein lächelnd Antlitz, zwei Aeoglein lichtbeglückt. Nichts als zwei Rosenlippen, ein Näschen stumpf und klein, Nichts als zwei Händchen, zehn Zehen obenein: Nichts als ein golden Köpfchen, so lockig und io weich, Nicht» als eia stammelnd Zünglein, rin Lant so deutung-reich. Nicht» als rin klein Grhirachen, noch von Gedanken leer. Nichts als ein kleine» Herzchen, von keinen Sorgen schwer; Nichts als ein zarte» Blümchen, zur Pflege uns bescheert, Nichts als znr Lieb ein Leben, so laug' da« uns'r« währt." Aber der Mutter, der geliebten Gattin ward nicht lange vergönnt, sich ihres Glücks zu freuen, statt de» Lustaesangeo ertönt die Todtenklage. Alexander Petöfi mag hier das Wort nehmen: „Ich bin an ihrem Grab gestanden, Gekreuzt die Hände stand ich da — Gleich einem Steinbild, da» beständig Hinstarrrnd nach dem Hügel sah. So steht der Schisser stumm am Strand« Und blickl auf's Meer, stiert nach der Fluih, Tie ihn zum Bettler machte, raubend Ihm alle Schätze, alle» Gut!" Eine grönländische Todtenklage beschließ« die Rund schau: „Wehe mir, daß ich Deinen Sitz ansehen soll, der nun leer ist. Deine Mutter bemüht sich vergeben», Dir die Kleider zu trocknen! Sieh' meine Freude ist in'» Finst're gegangen und in den Berg gekrochen! Ehedem ging ich des Abends aus und freute mich! Ich strengte meine Augen au und wartete aus Dein Kommen. Du kamst nie leer von der See, Dein Kajack war stets rnil Seehunden oder Vögeln beladen. Deine Mutter machte Feuer und kochte. Von dem Ge kochten, da» Du erworben hattest, ließ Deine Mutter den übrigen Leuten dorlegea, und ich nahm mir auch ein Stück Deine Mutter nahm von den Seehunden de» Speck ab und dafür bekamst Du Hemden und Pfeileisea. Aber da» ist nun au»! Wenn ich an Dich denke, so Krauset mein Eingeweide. Was soll ich mir wünschen? Der Tod ch mir selbst annehmlich gewordenl Aber wer soll mein Weib und meine übrigen kleinen Kinder versorgen? Ick will noch eine Zeit lang leben; aber meine Freude soll sein m Enthaltung dessen, was den Menschen sonst lieh ist."
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