02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-30
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970330021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897033002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897033002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 2392-2393 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-30
- Monat1897-03
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Abend-Ausgabe Die Morgen-AuSgabe erscheint um V»? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-artio» und Erpeditio«: Johannes,affe 8. Die Expedition ist Wochentag» unuuterbroch« geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: ktlo Slemm'S Sortim. (Alfred Hahn)» UniversitütSstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche. Katharinenstr. 14, Part, »ad KönigSplatz 7. tWgcr Anzeiger. Äitttsölatt -es Ä'öttiglichen Land- «n- Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes im- Nottzei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Auzeigeu-Prsi- die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Nerlamru unter de«-iedactioa-strich btgo» spalten) 50^, vor den Familien nachcuh»» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unfern» Preis- vrrzetchaiß. rabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Lanf. - Extra-Beilage« (gefalzt), »ur mit d«. Morgen »Ausgabe, ohne Postbeförderum SO.— mit Postbeförderuug 70.—. ^anahmeschlnß siir Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. > Viorgr »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. . Bei den Filialen und Annahmestelle» je eia« halbe Stunde früher. Anzeigen siud stets au die Expedition zu richten. Druck «ud Verlag von E. Polz in Leipzig. -- 162. Dienstag den 30. März 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 30. März. Der „Post" zufolge hat sich die conservative ReichS- kagSsraction gestern „in einer mäßig, aber nicht schlecht be suchten" Fractionssitzung mit der Handwerksorgantfatiou», »orlage, deren erste Berathung heute im Reich»tage be ginnt, beschäftigt und sich dahin entschieden, „daß die Vor lage eine durchaus annehmbare Basis für eine gesetz liche Regelung dieser Materie bilde und mit kleinen, aber nicht wesentlichen Aenderungen gut zu heißen sei". In den Kreisen der Reichspartei herrscht der „Post" zu folge eine „ähnliche günstige Auffassung"; auch diese Fractiou „wird einzelne Abänderungen beantragen, ohne indessen an dem Grundgedanken der Vorlage erheblich zu ändern". Und was das (Le nt rum betrifft, so weiß die „Post" Folgendes zu melden: „In weiten Kreisen des Centrums begegnet man dem Entwürfe gleichfalls mit ganz entschiedenen Sympathien. Zwar kann man sich der Ansicht nicht verschließen, daß im Centrum a.uch Gegner der Vorlage sitzen; allein wenn vom Vergangenen Schlüsse ans die Zukunft berechtigt sind, so darf man annehmeu, daß das Centrum einer Vorlage, die bei so viele» seiner Partei» anhängerBeifall findet, schließlich mit einigen Abänderungen beistimmen wird." Hiernach würde an der Annahme der unwesentlich ver änderten Vorlage kaum zu zweifeln sein, wenn nicht eine Auslassung der „Berl. Polit. Nachr." darauf hindeutrte, daß inan in Regierungskreisen nachträglich eine bedenkliche Lücke in dem Entwürfe entdeckt hat, deren Ausfüllung ge wünscht wird. Die „Berliner Polit. Nachrichten" schreiben nämlich heute: „In dem Entwürfe einer Handwerksorganisation, wie er im Sommer 1893 im „ReichSauzeiger" veröffentlicht wurde, war der Versuch einer gesetzlichen Abgrenzung zwischen Industrie und Handwerk gemacht. Daß die Formolirung der Abgrenzung eine richtige war, wird man nicht behaupten könne»; denn in der weitaus größten Mehrzahl der Gewerbszweige sind auch viele Be triebe, in denen nicht über 20 Arbeiter beschäftigt werden, keine vandwerkZstätten, sondern industrielle Unternehmungen. Viel leicht hätte man einen glücklicheren Griff gethan, wenn man zum Kriterium der Unterscheidung nicht di« Arbeiterzahl, sondern das Anlagekapital gewählt hätte. Jedenfalls »«r der Vtrsuck einer gesetzlichen Festlegung aarrkennenöiverth. Schon km preußischen Anträge beim BundeSrathe fehlte aber eine solche Abgrenzung, und der dem Reichstage vorliegende Gesetz» eniwurf weist sie auch nicht ans. Der letztere hat tm Allgemeinen gegen Len preußischen die Aenderuug erfahre«, daß er den sacul- taliven Charakter der Zwanasinnung noch mehr hervorhrbt. Di« Mehrzahl der in Betracht kommenden Gewerbetreibenden soll ent scheiden können, ob eine Zwanasinnung errichtet werden soll oder nicht. Damit ist zwar dl« Besnguiß zur Entscheidung über die Einrichtung von den Verwaltungsbehörde» de» Gewerbetreibende« selbst überwagen, die Mißstände, welche der Mangel «iuer gesetzliche« Abgrenzung zwischen Industrie und Handwerk im Gefolge hat, sind aber nicht gehoben. Es wird sich vielmehr eine ganz andere Schwierigkeit rinstelle». Durch öffentliche Bekanntmachung sollen dir Gewerbetreibenden zur Abgabe ihrer Ansicht betreffs Errichtnng der Zwangsinnung ausgeforLert werden. Welch» Grroerbetreibenden die» sein sollen, ist aber im Gesetze nicht gesagt. Wenn uun solche, die sich selbst für Industrielle halten, später aber von der Behörde als Handwerker declarirt werden, sich an der Ab stimmung nicht brtheütgeu, »ird dann auch zur Errichtnng einer Innung geschritten werben, wenn die Stimme» dieser Gewerbe treibenden genügt hätten, das Gesammkurtheil zu ändern? Das wird nach dem Gesetze unmöglich sein; denn di« Mehrheit der ab gegebenen Stimmen soll dir Euticheidnng fälle». E» wird also möglich sein, daß Gewerbetreibende znr Innung berangezogeu werden, die nicht einmal von ihrem Widerspruch-recht« Gebrauch gemacht haben. Das wäre doch aber »tue Ungerechtigkeit, dt« mit dem Grundsätze der Entscheidung durch di» Mehrheit der „Betheiligten" nicht in Einklang zu briogeu wäre. SS wird auch jetzt der Erwägung wrrth sein, ob es nicht aagebracht ist, auf den Gedanken tm Ent wurf« von 1893 zurückzukommeu und im Gesetze eine Abgreuzuog der zu de» Zwangrinnungen zuz»ziehenden Handwerker vorzunehmrn." Jedenfalls wird in der Commission eia Antrag auf Ab grenzung der zu den Zwangsinnungen zuzuziehendeu Hand werker einaedracht werden, der nicht nur lange Erörterungen, sondern möglicherweise auch Verschiebungen in der Stellung nahme einzelner Abgeordneter oder ganzer Gruppen zur Vor lage zur Folge haben kann. Da» Schlußresuitat ist also immer noch fraglich und wird jedenfalls im Laufe der jetzigen Session nicht mehr herbeizuführen sein. Der Kronprinz von Griechenland, Prinz Nicolau« und die Kronprinzessin Sophie sind, wie un» an« Athen ge meldet wird, gestern in Larissa eingetroffen und begeistert begrüßt worden. Da» dortige KönigSschloß ist für längeren Aufenthalt hergerichtet, und so rasch wird e» auch nicht gehen, weder mit dem Ausbruch des Krieges, noch mit den Verhand lungen, die neuerdings thatsächlich wieder eingeleitet zu sein scheinen. Nach Athener Meldungen ^ „B. L A." beriethen gestern die dortigen fremden Gesandten über ein neues „Ultimatum", welches die Abberufung des griechischen Heere» von Kreta und von der Grenze verlangt; nach dessen Ablauf würden, fall» Griechenland sich weigert, — die Gesandten sich nach Korfu begeben. Heute soll eine weitere Besprechung de» „Ultimatums" stattsinden. Es wird darin die Zusage gegeben werden, daß nach Abzug de« griechischen Heeres auch die türkischen Truppen abrücken werden; ferner wird Mittheiluog gemacht werden über die Art der Kreta zugevachten Autonomie. In letzterem Punkte scheint man Griechenland noch weiter entgegenkommeu zu wollen, und zwar auf Betreiben England«, das nur eine Maxime kennt: Zeit gewinnen! Wird nichts überstürzt, so kann sich noch Alle- für Albion zum Besten wenden, haben doch schon die Türken in Kandis, natürlich völlig aus freiem Antriebe, den Wunsch ausgesprochen, eine englische Regie rung zu erhalten. Nur von dieser erwarten sie Geldb'lft und — Gerechtigkeit. Die englischen Truppen sind mit unge heuren Massen von Proviant versehe», da« muß den dem Verhungern nahen Muselmanen allerdings impoaireu, und wer weiß, ob nicht schon Sturmpetitione», auch mit christlichen Namen versehen, in Vorbereitung sind, welche dringend die Occupatio» der Insel durch England verlangen. Inzwischen müssen die Admirale, da sie zu der Blockade der griechi sche» Häfen, über die nach einer Meldung der „Franks Ztg." au- Berlin noch durchaus kein volle» Ein- verständniß erzielt sein soll, noch immer nicht commandirl worden sind, sich auf den Landkrieg mit den Insurgenten aus Kreta einrichten. Sie haben beschlossen, eine Position in der Richtung »ns Akrotiri zu besetzen, und 400 Mann von den gestern Vormittag in der Sndabai gelandeten 675 Oestrrreichera vom 89. steierischen Regiment sollen sich heut« de« bei der Bai gelegenen Fort- Jzzedio bemächtige«, nachdem es gestern einer Abtheilung französischer, italienischer und englischer Mannschaften gelungen ist, in da-Fort Buznoariou (Subaschi) eiujuziehe». Gleichzeitig aber haben die Admirale in der Brsorgniß, de» Insnraenlen nicht gewachsen zu sein, von ihren Regierungen die sofortige Sendung je eine« weiterenBataillonSvon 000 Mann telegraphisch verlangt. Die Sprachenverordnung, welche für Böhmen und Währe« nun doch erlaffen werden wird, ist rin neuer Schlag in« Gesicht jür dir Deutschen, deren geschloffenes Sprachgebiet ä« durchbricht und denen sie dort, wo sie in der Mehrheit sind, Eoncessionen gegen die tschechische Sprache rumuthet, welche sie bisher stet- al« unannehmbar von sich gewiesen haben. Lin hochstehender Staatsbeamter, vermuthlich Graf Badeni selbst, der Vater dieser Sprachenverordnung, hat bekanntlich in der „Bohemia" dieselbe dahin erläutert, daß da« Opfer von den Deutschen nun einmal gebracht werden müßte, als Vor bedingung, aber auch als einzige Bedingung für den Ein tritt der Jungtschecheu in eine alle extremen Elemente auSschließeoden Regierungsmehrheit, in der auch die lieberalea Deutschen den ihnen gebührenden (I) Platz einnehmen würden. Wurde die Verordnung von der gegenwärtigen Regierung nicht erlassen, dann sei ein Zusammengehen der Deutschen und der Tschechen nicht möglich, dann käme ein klerikales Regime und die Sprachenverordnung dazu, deshalb müßten die Deutschen den großen Moment richtig erfassen. Der „große Moment" ist also gekommen, in dem die Regie rung erproben will, was sie den Deutschen zumuthen darf. Die Tschechen — dir muß sie kaufen, und zwar mit einem Stück aus der Haut der Deutschen. Die Deutschen — nun, von ihnen verlangt und erwartet die Regierung, daß sie sich nicht nur das Stück Haut gutwillig auSschneideo lassen, sondern daß sie noch froh sind darüber, wenn sie nicht am ganzen Körper geschunden werden, und daß sie aus eitel Freude und Dankbarkeit über die gnädige Strafe der Regierung mit den biederen Tschechen zusammen die feste Regierungsmehrheit liefern, deren Graf Badem bedarf. Fügen die Deutschen sich nicht gutwillig, nun, so erhalten die Tschechen ihre Be ohnung doch, aber Alles, was liberal und deutsch ist in Oesterreich, wird für vogelfrei erklärt und der natioual-klerikal-feudalrn Hetze überliefert. Tie Deutschen haben also zu wählen! Es ist, so schreibt die „Nat.-Ztg." zutreffend, der bitterste Hohn, der den Deutsch-Liberalen da rutaegengebracht wird, eine Mißachtung, die kaum mehr zu uberbieten ist! Und doch genügt den Jungtschecheu auch diese« Entgegenkommen der Regierung nicht, sie verlangen noch mehr und die Haut der Deutschen wird abermals herhalten müffen. Der Ent- scheidungSkamps für das liberale Dentschthum ist gekommen. Allerdings ein großer Moment. Mögen die Deutschen sich seiner würdig zeigen! Wenn in den französische« Panawa-Lcaudal bis jetzt auch nur vier Parlamentarier, ein Senator und drei Deputirte, direct verwickelt sind — für weitere AuSlieferungSbezehren hat die Kammer vorläufig keinen zureichenden Grund finden können — und wenn auch die Einsetzung eines parlamen tarischen Untersuchungsausschüsse« vertagt worden ist, so hat man dock den Eindruck, als ob man erst am Anfang dieser neuen Phase des französischen Corruptions-Dramas stände. Außer Arten kann nämlich auch Charles Lesseps reden und dazu dürste eS noch kommen, wenn, wie eS ven Anschein hat, die Regierung »dermal« die Sache zu vertuschen ent schlossen sein sollte. Schon einmal hat sie den Skandal erstickt. Damals war e« Earnot, der die« Geschäft besorgte. Kürzlich schilderte nämlich ein Pariser Blatt den Verlauf eines in der kritischen Panamazeit zwischen dem Präsidenten Carnot und Charle« Lessep« stattgesundenen Gespräch-, dessen Inhalt zwar zu dementiren versucht, aber von autoritativer Seite aufrecht erhalten wurde. Wahrscheinlich stammt die Schilde rung von Lesseps selbst, der wohl Ursache hat, vor der Ge schichte die Schuld de- Panamakrach» nicht auf sich allein zu nehmen. Nach dieser Darstellung ging Lesseps zu Caraot und childerte ihm. in welcher Weise die Panama-Unternehmung aus- »ebeutet und gebrandschatzt wurde. Wie ein Rudel hungriaer Wölfe sind die tonangebenden Politiker und Finanzmänner über die Gesellschaft hergefallen, und jeder Schritt, den sie machte, mußte mit thrils freiwilligen, theiiS unfreiwilligen Geldspenden an Minister, Abgeordnete, Senatoren, Finanzleute, Besitzer und Redacteure von Zeitungen, sowie an Freunde und Günstlinge der Machthaber bezahlt werden. Der Andrang der Beute gierigen wurde immer größer, und so mußte e» zum Krach kommen, da die Gesellschaft nicht in der Lage war, die Zu- muthungen alle abzuweisen und sich so die maßgebenden Leute zu Feinden zu machen. Selbst der alte Lesseps, der doch im Geben und Bestechen groß war, konnte hier kein Halt mehr zebieten. Charles LeAeps schilderte Carnot dies Alle« und dann legte er dem Staatsoberhaupt die Beweise vor: eine lange Liste klangvoller Namen mit den daneben gesetzten Besteckungssummen. Carnot griff sich betäubt an den Kopf und schwieg lange schmerzlich; dann faßte er einen Entschluß. Caruot war überzeugt davon, daß es der Tod der Republik wäre, wenn dieser Skandal zum Ausbruch käme; er hielt eS daher für seine Pflicht als Republikaner und Oberhaupt der Republik, den Ausbruch des Skandals nach Kräften zu verhüten. Er kam daher mit Lesseps überein, daß die Affaire erstickt werden solle; bliebe das verhängnisvolle BeweiSmaterial in den Geheim- schubladen der Panamadirectoren, so wurden sie dafür vor Verfolgung sicher sein. DaS war der Pact, den die beiden Männer schloffen. Carnot hat sein Versprechen nicht ganz halten können; er hat zwar den Panamascandal erstickt und eine große Zahl Schuldiger gerettet, aber er hat die Pavama- Directoren nicht vor der Strafverfolgung schützen können. Lesseps, der im Exil weilt, hat trotzdem bisher geschwiegen. Wenn er jetzt zu reden beginnt, so wird er wohl noch mehr zu erzählen haben als seine Unterredung mit Carnot. Deutsche- Reich. Berlin, 29. März. An Herrn Staat-minister vr. Falk, welcher als Oberlandesgerichtspräsident in Hamm am 80. März sein fünfzigjährige« Beamtenjubiläum begeht, hat die national-liberale Kractioa de« Reichstags folgenden Glückwunsch gerichtet: Berlin, den 30. März 1897. Hochverehrter Herr Staat-minister! An diesem Tage blicken Sie in voller Geistrssiische «nd Schaffens kraft auf ein halbes Jahrhundert rrichgesegneler amtlicher Arbeit zum Wohle Ihres Heimathlaodes Preußen und de« gesummten deutschen Vaterlandes zurück. Die national - liberale Fractioa dek Reichstages, welche di« Edre und da» Glück hatte, Sie zu ihren Mitgliedern zu zählen, bi« ihre Berufung an die Spitze deS hohen Gerichtshofes, welcher Ihren henligen Ehrentag an erster Stelle feiert, Ihre politische Laufbahn abschloß, bringt Ihnen zu diesem Feste herzliche und dankbare Glück wünsche dar. Ganz besonders geschieht dies von Seite derjenigen unter uns, denen es vergönnt war, Schulter au Schulter neben Ihnen im parlameutarischen Kampfe zu stehen. Aber Alle sind wir stolz darauf, daß es ein Gesinnungsgenosse war, welcher t» der preußischen Gesetzgebung »ud Berwaltuug au hoher «nd verant wortungsvoller Stelle erfolgreich für Geistesfreiheit «nd -Bildung eintrat, für da» Deutschthnm gegen anti- nationale Bestrebungen getreue Grrnzwacht hielt und als daS deutsche Reich neu erstand, unter der rühm- und segrnS- FertiHstsn» Immer vernünftig. 5) Novelle von August Nieman» (Dresden.) Nachd««1 »Eliten. „Mein Mann wollte beute Abend niit Ihnen sprechen, Herr von Miltenberg", sagte sie, „La ihn jedoch dienstlich« Angelegenheiten abriefeu, hat er mir ausgelragen, Ihnen Kenntniß von drr Sache zu geben. Mein Mann hat mit dem Minister über Sie geredet und ..." „lieber mich?" „Ja. Der Minister stimmte mit meinem Manne darin überein, daß ein rüstiger jugendlicher Osficier wie Sir nicht hätte penfionirt werden sollen und ..." „Aber Gräfin, ich .. „Erlauben Sie. Man hat höberen Ort» die Absicht. Sic zu rcactiviren. Es ist die Rede von drr Stellung de-Platzcommandanten, vorläufig al« Urbergana zur Wieder- aaftrllung in der Front. Drr Charakter al« Major würde Ihnen .. „Aber, Gräfin", rief Theodor, erschrocken aufspringend, „ich denke nicht daran, wieder..." „Mein lieber Herr von Miltenberg, setzen Sie sich und lasten Sie mick auSreden. Di« Aufmerksamkeiten, die Sie meiner Tochter Bertha erwiesen, und die Erklärung, di« Sie ibr gemacht haben ..." „Welche Erklärung?" „Nur nicht so aus^erezt I Sprechkn Sie leiser, mau konnte Sie hören. Setzen Sie sich und hören Sie «ich ruhig an Theodor setzte sich. „Mein Maun und ich habe» gegen tzi, Verbindung nicht« eiozuwendka, wünschen jedoch ganz entschieden, daß Sie wieder eine Stellung einnebmen, d<« unserer Bertha die rechte Position in der Gesellschaft sichert. Sie sind ein wenig Sonderling. Dazu sind Tie zu jung. Unser« Bertha kann gewisse Ansprüche mache», «nd d,e Lieb«, tzi» wir al« Eltern . . „Gräfin, ich verstehe Sie nicht. Bon welcher Erklärung reden Sie?" „Herr von Miltenberg. Sie wollen doch nickt etwa mit dem Herzen de« armen Kinde« ein frevle« Spiel treiben? Sie haben in Bertha'« Brust Gefühle erregt, di« .. „Es thut mir leid, ick weiß nichts davon. Mit aller Entschiedenheit muß ich erkläre«, daß ich Ihrer Tochter einen Antrag gemacht habe, und daß ich nicht daran denke, eS za thnn." „Ich kann mir nicht denken, daß Sie ander» bandeln möchten al» so, wie die Gesetze der Ehre e« einem Osficier vorsckreiben." „Bor Allem so, wie di« Vernunft eS mir vorschreibt. Wen» ich überhaupt heirathe, werde ich ein Mädchen wählen» da» nicht zur Gesellschaft gehört." „Abscheulich!" rief die Gräfin. Theodor sah sich in die Enge getrieben und hielt e« für das Vernünftigste, niit einer Thatsache wie mit einem scharfe« Messer das Netz, worin man ihn fangen wollte, zu zer schneiden. „Ich bin verlobt", sagt» er. „Meinen Grundsätzen zu folge habe ich mich entschlossen, daS junge Mädchen zu heirathen, da« gnädige Gräfin bei mir im Hause gesehen haben." „Herr von Miltenberg', sagte die Gräfin mit versteinerter Miene, „wrau Bertha « Mutter nun auch nicht« mehr mit Ihnen z» reden hat, so wird doch Bertha'« Vater Ihr Be- nehme» nicht ruhig bingeben lassen." Theodor zuckte die Achseln und empfahl sich mit eine, Verbeugung. Er ging ziemlich schnell die Treppe büiab, ver fehlte «in« Stufe, fiel nieder, weil sein von dem Schaß ge schwächte« Bein versagt», und verrenkte daS Knie de« gesunden Beines, so daß er liegen blieb. Da« Gepolter r,«s «inen Burschen de« Generals herbei, diesem folgte Bertha, auch di« Gräfin erschien, und man trug Theodor m da« nächste Zimmer. Der Stab«arzt, de, Theodor schon früher behandelt hatte, wurde gerufen, renkt« da« Bein wieder ein und empfahl kalt« Umschläge. Bertha uah« sich Theodor'« freundlich an, und die Gräfin ging ihr mit schöner Fassung zur Hand. ,,Wa« Teilst!« »ach,» Sie für Geschichten!" sagte de, General, ihn freundlich bedauernd. Der Privatdocent war der erst« Freund, der Theodor aus seinem Krauleobett in der Commandantur besucht». Er kam mit einem Strauß, um zum Geburtstag ru axatuliren. „Ich war aan» bestürzt", sagte er, „in Ihrer Wohnung von Ihrem Unfall zu bören." Wirklich war er betrübt. Er empfand für Theodor eine warme Freundschaft und bedauerte ihn um so mehr, al« er fürchtete, mit seiner Pistole den ersten Anstoß zu dem neuen Unglück gegeben zu haben. „Dir Schuld lag an meiner Hast", sagte Tbeodor. „Ties soll mir eine Lehre sein, immer bedächtig zu handeln. Ich glaube, daß die Besonnenheit gewissermaßen die Vorschule der vernünftigen LebenSsührnng ist." .,d'«8tii>» !snte. Hui v» piano, v» sauo^, sagte Doctor Meier. „ES ist nur schlimm, daß die Sprichwörter sich eine« da« andere aufbeben. Dem Kühnen Hilst das Glück, aber: wer sich in Gefahr begiebt, kommt darin um. Und daun denkt man an d,e richtig« Regel just nicht zur rechten Zeit." „Lieber Freund", sagte Theodor, „mir liegt Etwa« aus dem Herzen. Sie könnten mir einen Gefallen thun. Haben Sie in meiner Wohnung da« junge Mädchen bemerkt, daS mich pflegte?" „Das Dienstmädchen? Die Minna?" „Ja. Sie wird sich beunruhige». Bitte bringen Sie ihr eine» Gruß und sagen Sir ihr, ich würde so bald al« möglick in meine Wohnung zurückkehren." „Gern. Halten Sie da« für notbwenvia?" fragte der Privatdocent mit einiger Verwunderung im Eon. ,Ich will e« Ihnen »ur sagen: ick stehe zu dem Mädchen in e,nem besonderen Berhaltniß. All« die Grundsätze, die ich Ihne» gegenüber kundgegebcn habe, waren ja nur leerer Wortschwall, waren nur, wie der Apostel sich auSdrückt, ei» tönende« Erz und eine klingende Schelle, wenn ich nicht ein Mal mit den mich umgebenden Verhältnissen völlig bräche. Da« aber werde ich niemals fertig bringen, wenn ich keine Unterstützung finde. Ein ullverhriratheter Mann stößt auf gar zu viele Hindernisse, wenn er vernünftig leben will. Ich habe den Plan, auf da« Land zu ziehe», und will Minna heirathen, vorausgesetzt, daß sie mich nimmt. Ich theile Ihnen Alle« die« mit» weil ich wünsche, daß während meiner Ab wesenheit und meine« Leiden« eine befreundete Hand sich Uber da« Mädchen auSstrecke." „Lieber Freund", entgeguete der Privatdocent, „ich werde thun, wa« Die wünschen, jedoch zuvor al« aufrichtiger Freund meine Anficht über Ihren Plan auSsvrechrn. Dieses von Ibnrn erwähnte Mädchen mag vom vestrn Charakter und sehr bübschfrin, sie stammt jedoch auS Kreisen, die von der aebildeten Welt getrennt sind. Fische au« süßem Wasser und Seefische vereinigen sich nicht. Die Ehe zwischen dem Ge bildeten und der Ungebildeten trägt in ihrem Schooße die größten Gefahren." ,Ha gewissem Sinne haben Sie Recht, doch übersehen Sie, daß mein Fall ein besonderer ist. Für einen Mann, der in der Gesellschaft zu verharren wünscht, paßt die Vermählung mit einem Dienstmädcken allerdings sebr Wenig. Aber da ich der Vernunft folgen »nd den Borurtheilen Valet geben will, paßt sie für mich sehr gut." „Nun denn, ich bescheidc mich. Es ist immer thöricht, Rath ertheilen zu wollen, da dir Zukunft dunkel ist. Wir beurtbeilen ja auch die Dinge nur nach unserer persönlichen Auffassung, und was für den Einen richtig ist, da« ist falsch für den 4mdern. Denn unsere Persönlichkeit erst formt und bildet die an sich gleichgiltigen Ereignisse zu dem, wa« wir Glück oder Unglück nennen." „Da« ist sehr wahr", bemerkte Theodor. Der Privatdocent übernahm e«, Minna zn grüßen und ein wachsame« Auge auf de» Freundes Heim zu halten. Drr Geueral erschien bicrauf und überbrachte Tbeodor zu seiner Erheiterung einige Witzblätter und ein Berliner Blatt. Tbeodor la« zncrst diese Zeitung und fand darin die Notiz, daß die Dircctorcn des niederländischen Depot-Verein- verschwunden wären. Da diese Bank gerade diejenige war, wo er nachträglich von Neuem sein Vermögen deponirt hatte, so berührte ihn die Notiz sehr »»angenehm. Er ließ sich Papier und Feder bringen und schrieb an «inen ihm bekannten Rechtsanwalt, um sich nach den näheren Umständen deS FalleS zu erkundigen. Nach einiger Zeit kam der Genrral wieder und reale ein Gespräch an, da» er offenbar für aufmunternd hielt. Er schien lebhafte Tbcilnalnne für Theodor zu hegen, der nun schon zum zweiten Male innerhalb kurzer Lei» niedergeflreckt worden war. Der General sprach die Ansicht au«, daß wenia« Wochen genügen würden, da- Bein wieder herzuflellen, und knüpfte hieran die Bemerkung, er hoffe, Theodor werde von seinen Beinen »och tüchtige» Gebrauch im Dienst« de« Könia- machen. Als Theodor schmcrilich lächelnd nach der Bedeutung dieser Worte fragte, wiederholte der General Das. was am Abend vorher schon seine Frau über den Major und die Reactivirung grsaat hatte. Theodor'- EinbilduugSlrast war rege. Er derfolßte im Geiste di« verschwundenen Bankdirectoren über» Meer hin, und wenn er auch bossle, daß sein Devot noch vorhanden wäre, so hielt er sich doch di« Möglichkeit po, Augen, daß die Directoren de« niederländischen Depot-Vereins eS mit genommen oder verspielt hätten. So antwortete er denn weniger ablehnend al« am Abend vorder.
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