02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970504025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897050402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-04
- Monat1897-05
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderunn üO.—, mit Postbeförderuag 70.—. —— Ännahmkschlnß für Äuzrigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 225. Dienstag den 4. Mai 1897. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. Mai. Eine anscheinend osficiöse Notiz des „Hamb. Corr." stellt für die nächsten Tage eine „Klärung wichtiger ivebietc unserer inneren Politik" in Aussicht. Fürst Hohenlohe werde nämlich dem Kaiser Bortrag über die Militairstraf- reform und die preußische Vereinsgesetznovelle halten und dabei werde auch das angebliche Telegramm des Kaisers an den Prinzen Heinrich mit seiner Kritik der Haltung der Reichstagsmehrheit in der Marinesrage zur Sprache kommen. Wie die „Klarheit" beschaffen sein werde, die der Officiosus von diesem Bortrage erwartet, sagt er nicht; er hält es sogar nicht für wahrscheinlich, daß die beiden genannten Gesetzentwürfe noch zeitig genug an die Parla mente kommen werden, um im Laufe der jetzigen Tagungen erledigt werden zu können, es scheint also, als ob er vorläufig nicht viel mehr erhoffe, als eine Klärung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Hohenlohe. Damit wird man sich denn Wohl auch einstweilen begnügen und sich mit der Annahme trösten müssen, daß diese Klärung auch eine Verständigung zwischen der Neichöregierung und der preußischen Regierung einerseits und den parlamen tarischen Körperschaften in Aussicht stelle. Freilich ist dieser Trost deshalb ein leidiger, weil man mit Sicherheit voraus sehen kan», daß dieser Klärung die Nothwenbigkeit neuer Klärungen auf dem Fuße folgen werde. Sind es doch keines wegs jene längst in Aussicht gestellten Gesetzentwürfe und die ihre Einbringung verzögernden Differenzen, noch auch die an jenes Telegramm sich knüpfenden Fragen allein, was zu Verlegenheiten für die den Parlamenten vcr- anlwortlichen Rathgcber beS Kaisers und Königs von Preußen führt und führen muß. WaS die innerpolitische Lage zu einer Kette von Krisen macht, kann man am besten aus der Auslassung eines führenden ultramontanen Blattes erkennen, das sich den Anschein giebt, zu glauben, gewisse Kreise wünschten, um der inneren und äußeren Schwierigkeiten Herr zu werden, die Rückkehr des Fürsten Bismarck und als läge es im Bereiche der Möglichkeit, daß dieser Wunsch in Erfüllung ginge. Diese Ausfassung ist einfach absurd. Ganz abgesehen von dem hohen Alter und dem körperlichen Zustande des Fürsten, kann man als sicher «»nehmen, daß er nach den Beobachtungen, die er in Len letzten 7 Jahren von seinem stillen Sachsenwalde aus machen konnte, um keinen Preis wieder seinen Posten würde antreten wollen, selbst wenn er von jener Rüstigkeit wäre, wie sie etwa Graf Moltke im Alter von 82 Zähren noch besessen hat. Zweifellos hat seinem erzwungenen Weggange, der ihn allerdings mit großer Bitterkeit erfüllen mußte, der Fürst schon tausendfach der Vorsehung gebankt, daß Alles so ge kommen ist, wie es gekommen ist. Denn in jenen Märzlagen 1890 wurde ihm der Abschied gegeben und damit war er, wie er selbst meinte, „schön heran»", denn damit entfiel für ihn die Verantwortung für die Folgen seines Fortganges. Seitdem hätte sich der Fürst oft genug vor die Nothweiidigkeit gestellt gesehen, seinen Abschied zu nehmen, weit er empfunden hätte, daß ihm wohl für die Leitung der Staatsgeschäfle die Verantwortlichkeit, nicht aber der bestimmende Einfluß gelassen worden wäre. Und dies ist der Kern- punct der gegenwärtigen Situation, wie es der Kernpunkt der meisten vorangegangenen war und der kommende» sein wird. Ob einige Kreuzer in diesem oder im nächsten Zähre bewilligt werden, ob einige Gesetzentwürfe in diesem oder im nächsten Jahr vorgelegt werden, daö sind Einzelfragen, die gewiß von erheblicher Bedeutung sind, um derentwillen aber daö deutsche Volk nicht in jene politische Mißstimmung zu ge» rathen brauchte, in die es immer mehr hinemzeräth. Es hat eben das ganz richtige Empfinden, daß selbst, wenn diese Fragen sich erledigen lassen, ohne daß eS irgend welcher Ver änderungen in der Perlon der leitenden Staatsmänner be darf und ohne daß dem Reiche ein sachlicher Schaden zugesügt wird, damit noch herzlich wenig erreicht ist, weil man nicht das Gefühl der Sicherheit erlangt, daß dadurch auf absehbare Zeit hinaus neue Krisen vermieden werden. Zn einer ruhigen Fortführung der SlaatSgeschäfte gehört dreierlei: selbstbewußte und sich ihrer Verantwortlichkeit nach Oben und nach Unten hin klar bewußte Staatsmänner, festes Zusammenhalten innerhalb des preußischen Ministeriums und innerhalb der Reichsregierung, Führung des Ministeriums nnd der Reichsregierung durch den Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten. Jene Kreise, die Len Fürsten Bismarck als einen rücksichtslosen Autokraten verdammten, weil er Einmülhigkeit innerhalb des Ministeriums und Unterordnung der einzelnen Minister unter die allgemeinen Auffassungen des leitenden Ministers und Reichskanzlers ver langte, haben längst eingesehen, daß nur auf diese Weise eine ruhige Führung der Regierung möglich ist und daß nur dadurch die Regierung sowohl der Krone wie der Volks vertretung gegenüber den nötbigen Halt gewinnen kann. Ob Männer, die, wie Fürst Bismarck, im Stande sind, diesen Grundsatz mit der ganzen Energie einer machtvollen Persönlich keit durchzuführen, vorhanden sind, wissen wir nicht; ob sie, falls sie vorhanden sind, an die Spitze der Regierung berufen werden, wissen wir noch weniger; ob sie, falls sie an die Spitze der Regierung kommen, sich lange darin zu halten vermögen, wissen wir am allerwenigsten. So wird Wohl daö deutsche Bolk auf absehbare Zeit hinaus nickt von dem unbehaglichen Gefühle unsicherer Zustände in der Re gierung befreit werden. Aller Voraussicht nach werden leider die nächsten Wahlen dem Mißbehagen des Volkes mit diesen ungewissen Zuständen durch einen Sieg des Ravi- calismus Ausdruck geben, ein Ereigniß, dem selbst die fort schrittliche „Vossische Zlg." mit Besorgniß enlgegcnsieht. Wie anscheinend die Novelle zur Invalidenver sicherung nicht in der laufenden Reichstaasfcsston zur Verabschiedung gebracht werden wird, so läßt der Verlauf der Verhandlungen, welche zwischen Vertretern der ver bündeten Negierungen und Vertrauensmännern der für positive gesetzgeberische Arbeit in Betracht komiiienden Parteien über die Novelle zum Unfallver sicherungsgesetze zum Zwecke einer Verständigung gepflogen sind, ein negatives Ergebniß befürchten. Man wagt kaum noch mehr zu hoffen, als daß die Cvmmissionsarbeilen bis zur Erstattung eines Berichts ge fördert werden, aber selbst die Erreichung dieses Zieles scheint zweifelhaft. Ob die Aussichten der Handwertervortage besser sind, ist gleichfalls recht zweifelhaft. Die bisherigen Beschlüsse der Commission finden bekanntlich bei den Regie rungen in wichtige» Puncten lebhaften Widerspruch; gleichwohl sind für die zweite Lesung schon Anträge im Sinne der von dem Handwerkertage principiell verlangten allgemeinen Ein führung der Zwangsinnung angekündigt, über welche eine Verständigung mit den verbündeten Regierungen kaum denk bar ist. Es ist auch wahrscheinlich, daß bei dem noch nickt in erster Lesung in der Commission erledigten -rhesie der Vorlage noch Anträge zur Annahme gelangen werden, die bei den verbündeten Regierungen Widerspru ) st - Cs bestehen daher berechtigte Zwe.sel darüber, °b ^ Comn.issionSberathungen zu einer brauchbaren ^or^age^s^ die Plenarbcralbungeil fuhren werden. Man kann sruchlbarkeil der Ne,chstags,e„ion auf den hier >i R^<- stehenden Gebieten bedauern, aber man wird ansangen musteN' ernstlich damit ZU rechnen. Zum Th-il liegt der Grund dieser Erscheinung jedenfalls darin» daß >m Reicks g weilergebende Aenoerungen der jetzigen Gesetzgebung verlöt werden als es die verbündeten Regierungen zur Zeit sur n°"hw"»«iz und .huuüch -m R-;ch« -2° , B in Bezug ans die Aenderungen der Alters- und Invalidenversicherung so radikale Pläne, wie der »on^rr v. Plötz eingebrachte Gesetzentwurf ober der Cenlrums qedanke, die ganze Maßregel aus die Großindustrie zu schränken, ernstlich weiter verfolgt, so i,l zu befurch eii. dall eine Verständigung zwischen den gesetzgebenden §actoren im Reiche über Umsang und Ziel rer Revision der Invaliden versicherung nicht herbeizuführen sein werde. Dies wäre, abgesehen von der Ae'-ideruiigsbedürstigkeit anderer Vorfchrislen, ans dem Grunde im höchsten Maße unerwünscht, weil alsvaun der drückenden Finanzlage einiger V-rsich-rungsan,lallen nicht recht-eilig abgebolsen werden würde. Zm äußersten Notbsalte würve, soweit Preußen in Betracht kommt, immer stioch der vhnc Inanspruchnahme der Reichögesetzgebung mögliche Weg der Berschinelzung der jetzigen Verbände zur Abhilfe übrig bleiben, aber das wäre doch sicherlich ein unerwünschter Nothdehels. Die Tcutschböhmc» rühren sich in erfreulicher Weise, um scharfen Einbruch gegen die Vergewaltigung des Deutsch- lhums durch die böhmisch-mährische Sprachen-Ver- ordnung des Grasen Badeni zu erheben. So fanden, wie gemeldet, am 2. Mai in Eger, Teplitz und Neichenberg zahl reich besuchte Protestkundgebungen statt. Zn Reichend erg wurde eine Entschließung angenommen, in der es u. A. heißt: Wir erklären die von Len Ministerien für Böhmen und Mähre» erlassenen SpracheiiverorLnungen für ungesetzlich; denn sie begründen in ihren Folgen wesentliche Aenderungen der siaatsrechl- lichen Verhältnisse Böhmens und Mährens zu Len übrige» Provinze» des Reiches, indem für beide Länder eigene Sprech- und Spruch- Vorschriften erlassen werden, welche nur im Gesetzgebungswege rechts wirksam zu Stande kommen können. — Diese Verordnungen enthalten eine Verletzung des in den Staatsgrundgcsetzen allen Volks- stämmen gewährleislelen Rechtes aus Erlangung össenilicher Aemler und sind überdies undurchführbar. — Tieie Verordnungen enthalten ferner eine Temüthigung und Zurückietzung des deutschen Volkes, weit sie, die Deutschen aus anderen Provinzen von den öffentlichen Aemtern in Böhmen und Mähren ausjchließen. — Wir erblicken in diesen Verordnungen Len Beginn der Verwirklichung des tschechischen Staatsrechkes; dieselben erlangen hieidurch eine einschneidende Bedeutung nicht nur für die künftige Gestaltung des ganzen Reiches, sondern auch für dle Zuieressen des ge- sammle» deutichen VockS, als dessen untrennbaren Beilandihelt wir uns jederzeit betrachten.—Durch die Ver ordnungen werben die Entscheidungen über privai-, straf- und öffentlich reanuche Angelegenheiten des deutschen Volkes tjchechi>chcn, von ljchechlichem Größen wahne , und Abneigung gegen alles Deutsche erfüllten Beamte» ^ ausgeliesert, deutsche Gemeinden der Uebersluthung durch j tschechische Hetzer preisgegcben. — Eme unerschwingliche Be- ^ lasrung deutscher Gemeinden durch Ausnöthigung neuer und Erweiterung ! bestehender tschechischer Schnlen, sowie durch Vermehrung der Armenlast wird tue unausbleibliche Folge dieses Gcwallactes der Regierung sein. — Wir erwarten von allen deutschen Abgeordneten S1. Jahrgang. den schärfsten und rücksichtslosesten Widerstand bis zum Still stände der Thütigkeit der Bertretungskörper und bis zum Verlassen derselben, um so die Aufhebung der Sprachen verordnungen, die gesetzliche Anerkennung des geschlossenen deutschen Sprachgebietes und dessen selbstständige Verwaltung zu erzwingen; hierbei sprechen wir den deutschen klerikalen Abgeordneten für die schmachvolle Verleugnung ihrer deutschen Abstammung und dcii so geübten Verrats» an ihrem eigenen Volke die schärfste Miß billigung ans. Ein anderes Mittel als Obstruction im Reichsrathe und ev. Abstinenzpolitik giebt eS im Augenblick für die Deutschen nicht. Ob damit freilich viel erreicht werben kann, bleibt fraglich, da unter de» Deutschen der Kronländer keine Einigkeit herrscht. Die Schönerianer, die Deutschvolklichen und die Deutschliberalen sind zur kräftigsten Gegenwehr gegen die Vergewaltigung des Deutschthums fest entschlossen. Da gegen haben die verfassungstreuen Großgrundbesitzer und leider auch der größere Theil der „freien Vereinigung" der Liberalen sich nicht dazu entschließen können, den anderen Deutschen auf dem jetzt betretenen Wege der scharfen Abwehr gegen slawisch - klerikalen Ucber- muth zu folgen. Daß sich auch die „Christlich-Socialen" ausschließen, konnte von vornherein erwartet werden. Die „Drohung", daß sich vr. Lueger zum „Führer" der Deutschen ,n dem nationalen Kampfe aufwerfen werke, war ein durch sichtiges Manöver vor der Bestätigung Lueger's zum ersten Bürgermeister Wiens. Jetzt sind solche Aufregungen nicht mehr nöthig und die Christlich-Socialen schwenken prompt zur Regierung ab. Unerfreulich ist es, daß ver Reichen- bcrger Versammluiig ein reichsdeulscher antisemitischer Führer (Ziiilmermann) beiwohnte, ferner, daß auf seine Aufforderung hin am 9. Mai doch noch in Dresden eine Versammlung deutscher Böhmen stattfinden soll und endlich, daß bei einer großen Volksversammlung in Eger die „Wacht am Rhein" und „Deutschland, Deutschland über Alles" gesungen wurden. Dadurch erhalten nur die Gegner des Deulschlhums Waffen in die Hand geliefert, denn sie können sich dann als die berufenen Hüler der Rechte Oesterreichs der österreichischen Krone gegenüber dar- stellen. Gänzlich ungehörig aber ist es, daß politische Persönlichkeiten Reichsdeutschlands sich in eine interne österreichische Angelegenheit einmischen. Jede selbstbewußte Partei in Deutschland wird sicherlich bei deutschen Angelegen heiten auf die Einmischung österreichischer Politiker verzichten und wir sind überzeugt, daß der deutschen Negierung eine Einmischung deutscher Politiker in die österreichischen Angelegenheiten ebenso peinlich ist, wie der österreichischen Negierung eine Einmischung österreichischer Politiker in deutsche Angelegenheiten sein würde. Am 20. Mai werden wahrscheinlich in Paris die Ver handlungen der dcutsch-sranjöftschcn Commission über die Abgrenzung der streitigen Gebiete im inneren Ntgerboncn e> öffnet werden. Dabei handelt es sich nicht allein um eine Abmachung über Gurma, von dem der französische Coloiiialuiiiilsler Lebon am 25. März be- baupiele, daß es unter französisches Proleclorat ge stellt worden sei, sondern zwischen Berlin und Paris ist man dem Vernehmen des „Hamb. Corr." zufolge dahin übcreingekonimen, daß über alle streitigen Gebiete und Orte im ganzen inneren Nigerbecken ein Ausgleich gesucht werden solle. Obne dieses grundlegende Programm würde» die Berathungen in jedem Falle Stückwerk bleiben, und man müßte in absehbarer Zeit mit neuen Feuilleton. Sneewittchen. 27j Roman von A. I. Mordtmann. Nachdruck verböte«. „Ich soll wieder musicieren!" rief sie frohlockend. „Leo, ich soll geigen! Und Du sollst winseln, Du gutes Hundelhier Du! Jetzt sollst Du einmal sehen, wie es Dir gehr!" Und sie umschlang den Hals de» Bernhardiners, als hätte sie daS Bedürfniß, irgend Jemand in dem überquellen- dcn Jubel ihres Herzens zu liebkosen. Wieder losgelassen, sprang der Hund bellend in mächtigen Sätzen um das schöne Kind berum, und sie jagte sich mit ihm, bis Beide ganz außer Athem an ihre Plätze zurückkehrten. Zarnow hatte lachend zugesehen. Der berückende Zauber dieser Scene unterdrückte jeden Groll gegen Cäcilie, der sonst wohl in ihm aufgestiegen sein würde. Es war ja nun Alles gut — wozu noch zürnen über das, was rückwärt- in nächtliches Dunkel versank? Als Juanita freudestrahlend, mit gerötheten Wangen und fliegendem Athem wieder neben Zarnow faß, überkam es ihn wie rin großes GlückSgefühl, daß es ihm beschieden gewesen war, der Sendbote so großer Freude für die- holdselige Menschenkind zu sein. In merkwürdigem Gegensatz dazu, und doch in Folge einer naheliegenden Jdeenverbindung, kehrte ihm gerade in diesem Augenblick die Erinnerung an die Nacht zurück, da er nabe daran gewesen war, mit diesem Leben abzuschließen. Wie tböricht war er gewesen! Dann hätte er den heutigen Tag nicht mehr erlebt! Und wie würde Juanita zugleich mit der Freudenbotschaft von ihrem Glück die Kunde von seinem Tode ausgenommen haben? Zarnow war nicht eitel, aber er fühlte, daß die Trauerkunde einen schwarzen Schleier über ihr neugegründetes Glück geworfen und eS ihr für alle Zeiten vergällt haben würde. So fiel ihm wieder ein, wesbalb er eigentlich hergekommen war, und was er während seiner bisherigen Unterredung mit Juanita ganz vergessen hatte. Er erfaßte die Hano des Mädchens und begann etwas unsicher nach einer Einleitung für daS Folgende suchend: „Nun muß ich Ihnen noch zu einem großen Glück gratuliren, da» Sie betroffen hat . . . Sie verstand ihn nicht und sah ihn auS großen glänzenden Augen staunend an. „Mich hat ein großes Glück betroffen?" fragte sie. „Welches? Davon weiß ich nichts." „Nein, Sie wissen es nicht, aber ich weiß es; nnd ich bin gekommen, um es Ihnen mitzutheilen. Hören Sie mir aufmerksam zu." Nun erzählte er von dem großen Vermögen, das ibr zu gefallen war, und wie er auf dem einsamen AbrolhoS-Leucht- lhurm an der brasilianischen Küste diese Entdeckung gemacht. Juanita hatte die Hände in den Schooß gelegt; keine Se kunde verließen ihre Augen sein Gesicht. „So, Juanita, da» ist Alles", schloß er. „Sie sind nun frei und unabhängig, und wenn Sie die Schule verlassen, dürfen Sie mit sich selbst anfangen, was Sie wollen." „Darf ich Alles tbun, was ich will?" fragte sie. „Alles — aber mit einer kleinen Einschränkung. Bei uns können Frauen nicht ganz selbstständig über ior Ver mögen verfügen; sie müssen einen Vormund haben. So will e» das Gesetz." „Das ist ein dummes Gesetz!" erklärte Juanita mit rück sichtsloser Offenheit. „Wenn man nun einen schleckten Vor mund bat?" „Er kann auch nicht thun, was er will. Aber WaS würden Sie z. B. thun, wenn Sie ganz nach Belieben mit Ihrem vielen Gelbe schalten könnten?" „O ich würde.... aber nein — erst sagen Sie mir, wer wird Wohl mein Vormund sein? Vielleicht darf ich ihn mir selbst wählen?" „Und wen würden Sie wählen?" Juanita ergriff, wie von einer plötzlichen Eingebung getrieben, seine Hand und legte sie an ihre weiche Wange. Ein jäher Schreck durchzuckte ihn Uber die Wonne, die diese leichte Berührung ihm verursachte. Auch Juanita fuhr zusammen und ließ erschrocken seine Hand wieder fahren. — „Also mich?" fragte er, um rasch über die augenblickliche Verlegenheit hiowcgzukommen. Sie nickte ihm zu. „Ich habe e» mir gedacht", fuhr er fort. „Ein gewisses Anrecht auf diesen Ehrenposten habe ich ja auch al» der Entdecker Ihre» Glücke»." Sie schwieg. Zarnow sah sie verstohlen von der Seite an. Welch' ein merkwürdiges Mädchen sie warl AuSgelafsen vor Freude über die Erlaubniß, wieder musiciren zu dürfen, batte sie die Nachricht von dem großen Glücksfall, der sie betraf, mit einer an Kühle grenzenden Gleichgiltigkeit aus genommen. Entweder hatte sie alle Fädigkeit, sich zu freuen, schon bei seinem Wiedersehen und jener erste» Freuden botschaft vollständig verausgabt, oder neben ihrer Leiden schaft für Musik kam alles Andere, was Menschen sonst erregt, nicht in Betracht. Sie mochte ihrer Unabhängigkeit froh sein, aber die Freude darüber war nicht intensiver, a!S wenn man ihr etwa einen schulfreien Nachmittag ange kündigt hätte. „äch habe mit Herrn Gerard verabredet", so begann er wieder, „daß wir drei, Gerard, Mauvillon und ich, gemeinsam die Vormundschaft über Sie führen wollen. Ist Ihnen bas recht?" bat. Aber die ist ja selbst eine Frau — nicht wahr, ! hat nicht- dabei zu thun?" „Nicht das Mindeste. Wenn sie ihren Einfluß c Gerard auSüben wollte, dann sind wir Anderen ja noch ! Und wir werden Ihnen freie Hand lassen, wenn Sie ni ganz unvernünftige Dinge tbun!" „Das thue ich gewiß nicht. Ich möchte nur bald a der Schule — ick lerne ja doch nickt viel mehr." „Zu den Sommerferieu dürfen Sie hinaus. Oder bau Ihnen das zu lange?" „Nein so lange kalte ich eS schon aus. Dann miei ich mir ein Häuschen mit Garten, nehme mir eine Gest schafterm, die gut Clavier spielen kann, und abonn mi Theater — denn ich muß alle Opern sehen — u Concerte will ich besuchen — und im Sommer »r ich reisen — und — und — und daS ist Alles, was letzt weiß. DaS ist doch nicht unvernünftig, nicht wabr?" „Nicht ,m Geringsten — da« Alle« dürfen Sie sich , statten und würden noch immer viel Geld übrig behalter aber ich mochte noch etmaö tbun." „Und das wäre?" Die nnr «S Uebel nebmen, wenn ich .. tich Sie doch nickt zum Vormunde baden möchte?" Er blickte erstaunt auf, aber indem er ibr ere «"rsicht sab. blitzte das V-rständn.ß für ihren Geva ibm auf. „Ja — Uebelnkbmen würde ich eS wobl ein sagte er. „Und eS dürste Jtznen auch nicht« nützc Sie mich nickt zum Vormunde batten. Denn die beiden Anderen, die Herren Gerard und Mauvillon, würden eS doch nickt leiden, daß Sie von Ihrem Vermögen unvernünftige Geschenke machen. Gerade weil Frauen in ibrer Gulmülbig- keit oft so unverständig sind, hat das Gesetz ihnen Vormünder heigeordnet." „Dann freut mich all mein Geld nicht", schmollte Juanita. „Aber wenn ich nun Papa Gerard und Onkel Mauvillon recht bäte, sie sollten mir erlauben, Jemand, der nicht gar so viel Geld hat wie sie, und dem ich großen Tank schuldig bin, und den ich so gern, ja so recht von Herzen gern leiden mag, von meinem Ueberfluß zu geben, den ich doch nicht verbrauchen kann — würden sie eS nicht vielleicht doch zu geb en?" „Vielleicht, liebe Juanita", antwortete Zarnow ernst. „Aber so lange ich Ihr Vormund bin, würde ich es nie er lauben. Und dann weiß ich auch noch mehr . .." „Ich auch!" siel ihm Juanita in die Rede. „Ich weiß es auch. Der Mann, den ich meine, ist stolz und eigenwillig, und würde mit Verachtung zurückstoßen, WaS ich ibm geben will. Da ist der Leo besser — viel besser — er nimmt Alles mit Dank, was ich ibm gebe. Nicht wahr Leo, Du nimmst Alles?" Leo drückte mit blinzelnden Augen und leisem Schweif wedeln seine Zustimmung aus. Zarnow mußte über die drollige Wendung lachen, und Juanita, die eben wirklich ein zorniges Gesicht gemacht hatte, stimmte halb widerwillig in das Lachen mit ein. „Seien Sie vernünftig, Juanita . . ." „Wenn das vernünftig ist, daß man Alles für sich allein bcbält, so will ich nicht vernünftig sein!" sagt denn, daß Eie Alles für sich behalten sollen? Uber an mich dürfen Sie nicht denken, wenn Sie Geschenke machen wollen. Wäre ich arm, müßte ich mir Entbehrungen auserlegen, dann wäre eS etwas Anderes. Wenn ich wirklich einmal in Noth komme, so will ich mich um Hilfe an Sie wenden. Das verspreche ich Ihnen. Aber damit müssen Sie auch zufrieden sein." „Ich muß wohl", antwortete sie niedergeschlagen. „Ich sehe es ein. Aber es verleidet mir mein Glück, dag ich nicht auch Sie glücklich machen kann." „Glücklich macken in der Weise, wie Sie meinen, nicht. Aber glauben Sie nickt, daß Alles, was wir eben gesprochen haben, genügt, um mich auch glücklich zu macken?" „Ein wenig vielleicht." Sir sah ihn an, ihr Gesicht
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