N Nadel, S. F. 1903—1955, Ph. D., Dr. phil. Nadi seiner Emigration aus Deutschland betrieb N. Forschungen in Zusammenarbeit mit Malinowski, Radcliffe-Brown und ande ren in England, wo er bis 1950 als Lecturer der Ethnosoziologie an den Univer sitäten London (London School of Economics) und Durham wirkte. Von 1950 bis zu seinem Tode lehrte er als Prof, der Anthropologie an der Australiern National University in Canberra. N., der seine Feldforschungen als Ethnologe vor allem in Afrika durch führte, ist mit seinem Werk über die Grundlagen der Ethnosoziologie (The Foundations of Social Anthropology) und einigen späteren Aufsätzen als Theoretiker hervorgetreten. Er sieht sein Werk im Bezug auf M. Weber (s.d.) und T. Parsons (s. d.) in der Soziologie sowie B. Malinowski (s. d.) und A. R. Radcliffe-Brown (s. d.) in der Ethnologie. Mit diesen teilt er (1) die Auf fassung der Sozial Wissenschaften als den Naturwissenschaften logisch eben bürtiger empirischer Disziplin, (2) die Forderung eines einheitlichen theore tischen Gebäudes für Ethnologie und Soziologie und (3) die scharfe Abgren zung dieser („nomothetischen“) soziologischen Theorie von den („idio- graphischen“) Intentionen historischer Forschung. N.s eigener Beitrag liegt in der Untersuchung der logischen Grundlagen sowie der technischen (Be obachtung, Experiment usw.) und begrifflichen Voraussetzungen soziologi schen Wissens. Die Theorie der Sozialorganisationen hat nach N. von den beiden Elementen der Institutionen (auf der kulturellen Ebene) und Grup pen oder Gruppierungen (auf der sozialen Ebene) auszugehen, deren Inte gration dann mit den Kategorien der Funktion und des Musters oder der Urform (pattem) erklärbar wird. N. steht in der durch Malinowski und Radcliffe-Brown angeregten engli schen Tradition der wissenschaftlichen Ethnologie, die er mit soziologischen und psychologischen Erkenntnissen zu einem Kategoriengebäude, wenn nicht zu einer Theorie zu verbinden sucht. Seine Kritik an früheren Theorien (etwa den Begriffen der Institution, der Funktion u. a.) stellt einen Fort schritt dar, wenngleich auch N. Problemen des sozialen Wandels noch aus weicht. Hauptwerke: A Blade Byzantium, 1942. — The Nuba, 1947. — Foundations of Social Anthropology, 1951 — The Theory of Social Structure, 1957. R. Dahrendorf Naraghi, Ehsan Persischer Soziologe, * 13.9.1926 in Kachan (Iran); Studium an der Rechts fakultät der Univ. Teheran (1946), dann Studium der Wirtschafts- und Sozial wissenschaften an der Univ. Genf (1947—52), Licence en sociologie; 1952 Leiter des sozio-demographischen Forschungsdienstes bei der statistischen Zentralver- waltung des Iran; 1954—57 Stipendiat des französischen Außenministeriums beim Institut d’Etudes Demographiques in Paris, Doktorat in Soziologie an der Sor bonne; danach Berater bei der Sozialwissenschaftlichen Abteilung der UNESCO, untersuchte 1957 im Auftrag der UNESCO die Ansiedlung der Nomaden und die sozialen Folgen der Industrialisierung in den Ländern des Mittleren Ostens; seit 1958 Prof, der Soziologie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Univ. Teheran, sozialwissenschaftlicher Berater im Obersten Wirtschaftsrat