01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970625010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897062501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897062501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-25
- Monat1897-06
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Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernfatz nach höherem Tartj. —-0—0.— / Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung >ll 60.—, mit Postbrfördrrung >lt 70.—. I^nnahmeschluß für Än;eigen: Ab end »Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz tu Leipzig. 318. Freitag den 25. Juni 1897. 91. Jahrgang. Die Professoren und Herr von Ztumm. Die von Herrn von Stumm im Herrenhause angegriffenen Professoren Delbrück, Schmoller und Wagner haben, wie schon kurz erwähnt, diese Angriffe in einem gemeinschaft lichen, an den Vertreter der Universität Berlin im Herren bause, Professor Hinschius, gerichteten offenen Briefe zurückgewiesen, der soeben (Verlag von G. Stille in Berlin) erschienen ist. Die von den drei Professoren gemeinsam ver tretene Einleitung lautet: Hochgeehrter Herr College! In der Sitzung des Herrenhauses voin 28. Mai hat der Frei herr von Stumm gegen uns drei Unterzeichnete schwere persönliche Angriffe gerichtet. Un» gegen diese Angriffe weiter zu vertheidigen, erscheint uns nicht nöthig; aber die Achtung vor der hohen Corpo ration de» Herrenhauses,'ebenso wie die Würde unserer Universität legt uns die Pflicht auf, dafür zu sorgen, daß dir unrichtigen that- sächlichen Behauptungen, auf die jene Angriffe aufgebaut waren, nicht blos etwa literarisch zurückgewiesen, sondern die Widerlegung auch den Verhandlungen des hohen Hauses selbst einverleibt werde. Wir beehren uns daher, an Sie, hochgeehrter Herr College, als den Vertreter unserer Universität, die Bitte zu richten, diese Er klärung dem hohen Hause zur Kenntniß zu bringen. * * * Herr von Stumm behauptet, der KathedersocialiSmus sei feit den 70er Jahren etwa» ganz anderes geworden. „An Stelle der royalistischen Socialpolitik sei ein demagogischer Socialismus getreten", es werde der Classenkampf proclamirt, die Unzufriedenheit und Begehrlichkeit der Massen geschürt, eine Hetze gegen Capital und Besitz eingeleitet, die Gesellschaftsordnung in Frage gestellt, eine andere Giitervertheilung kategorisch gefordert, der Begriff des Eigenthums in Frage gestellt. Die Wahrheit ist, daß die führenden Gelehrten des sogenannten Kathedersocialismus älter und gemäßigter geworden sind, daß sie alle den Socialismus jeder Zeit bekämpft haben, in der social demokratischen Presse als Marxtödter verhöhnt wurden; daß sie namentlich die socialistische Dogmatik, auch chi^-Herrschende mm Marx in deren Hauptlehren, wie nicht minder die darau» für die Umgestaltung der wirthschaftlichen Rechtsordnung abgeleiteten praktischen Forderungen der Socialdemokratie scharf kritisirt und verworfen haben. Alle heute mit Recht zur sogenannten katheder- socialistischen Schule gerechneten Gelehrten haben die btstehende Gesellschaftsordnung und deren Grundlage, da» Prlvateigen- thum, auch an den Produktionsmitteln, Boden und Capital vertheidigt. Herr von Stumm meint, die sogenannten Kathedersocialisten ver- breiten dos Märchen, al» ob in der heutigen Gesellschaftsordnung die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden. Ueber diese Frage herrscht keine Uebeinstimmuiig; der von Stumm gebilligte Roscher lehrte noch 1892 in seiner „Politik", daß auf den höchsten Culturstusen eine Spaltung deS Volke» in wenige Ueberreiche und zahlreiche Proletarier kaum vermeidlich sei. Ich, der mitunterzeichnet« Prof. Schmoller, hab« in einer Untersuchung, welche ich 1895 dem internationalen statistischen Institut vorlegt« (Die Etnkommrnsvrrtheilung in alter und neuer Zeit, in m. Jahrb. XIX (1895), 1067), zu beweisen gesucht, daß di« Lehre von der zu- nehmenden Ungleichheit der Eigenthum»vertheilung falsch sei. Ich habe schon 1864 (Preuß. Jahrb. XIV, S- 413) die Lehre Lassalle'« vom ehernen Lohngesetz bekämpft. Brentano und seine Schüler haben in umfangreichen Untersuchungen bewiesen, daß der Lohn auch innerhalb der heutigen Gesellschaftsordnung steigen könne und gestiegen sei. Ich, Prof. Wagner, habe die ganze socialistische Lehre von Werth, Mehrwerkh und Capital, welche der focialistischen Theorie von der Vertheilung des Einkommens zu Grunde liegt, n meiner Grundlegung der politischen Oekonomi» (bes. 3. Ausl. II, 281 ff.) kritisch erörtert und verworfen und in meiner Rede auf dem ersten evangelisch-socialen Congreß über das Erfurter socialdemo- kratische Programni die in diesem vertretene pessimistische Lehre über unsere Wirthschaftsordnung abgewiesen. Die Behauptung Herrn von Stumm'», daß Schönlank di« alte Marx'sche Lehre von der Verelendung der Massen aufgegeben, die Kathedersocialisten aber sie noch vertheidigten, entbehrt jeder Grundlage. Es wird nicht möglich sein, irgend einen der nam hafteren sogenannten Kathedersocialisten anzuführen, d«r sonach Marxistischer wäre, al» Schönlank und die anderen Social demokraten. Herr v. Stumm hat sich der Ansicht des Freiherrn v. Zedlitz- Neukirch angeschlossen, dir sogenannten Kathedersocialisten hätten nicht di« geringsten praktischen Vorschläge gemacht, um das Wohl der arbeitenden Classen zu verbessern. Sie haben in Wahrheit seit Anfang und Mitte der 60er Jahre, hauptsächlich aber seit 1872, für die Arbetterversicherung, die Reform deS Arbeitsvertrages und der Arbeiterschutzgesetzgebung, für die Reform des Wohnungswesens in den großen Städten, für Reform des Actienweseu«, der Gewerbeordnung, des Lehrlingswesens, für Reform de» Agrarrrechts (Rentengüter, innere Colonisation rc.), für Bekämpfung des Wuchers, für Ordnung deS AuSwanderungswesens, für eine richtigere Handelspolitik, für eine richtige Beurthetlung der Cartelle, der Handwerkerfrage rc., für eine richtige Politik deS Ver- kehrsjpesens, besonders der Eisenbahnen, für eine eingreifende, den JnteWen der arbeitenden Classen mit dienende Reform der direkten Besteuerung gekämpft. Es ist notorisch, daß die 70 Bände der Schriften des Verein» für Socialpolitik, welche sämmtlich von den sogenannten Kathedersocialisten herrühren, fast all« großen wirthschaftspolitischrn Actionen der letzten 25 Jahre in Deutschland theils eingeleitet, theil» gefördert haben, und daß dies nicht minder von den übrigen die WirthschastS-, Finanz-, Socialpolitik behandelnden Schriften der sogenannten Kathedersocialisten sgilt, deren Einfluß auf öffentliche Meinung, Gesetzgebung und Verwaltung leicht nachzuweisen ist-I Es folgt eine Polemik Professor Del brück's gegen den ihn betreffenden Theil der Stnnim'schen Rede, dann eine Erklärung Professor Schmoller's, in welcher die von ihm gleich nach der Stnmm'schen Rede veröffentlichte Er widerung erweitert wird; der Satz über das „Streifen des Zuchthauses mit dem Aermel", der die Wiedergabe einer Aeußerung eines Wiener Börsenspekulanten war, fand sich, wie Professor Schmoller jetzt feststellt, in einem von ihm im März 1874 in der Singakademie gehaltenen Vortrag. Mit Bezug auf denselben bemerkt Schmoller: „Dieser Vortrag und die daran sich knüpfenden Debatten 1874—75 ver anlaßten 1875 den Fürsten Bismarck, zu mir persönlich zu sagen: „Eigentlich sei er auch Kathedersocialist, er habe nur noch keine Zeit dazu." Die Schmoller'sche Zurückweisung schließt: Außerdem weiß der Freiherr von Stumm mir nur noch den Vorwurf zu machen, daß meine Schüler die fortgeschrittensten Kathedersocialisten seien. Daraus habe ich zu antworten, daß die Hörer meiner Vorlesungen nach Taufenden zählen, daß di« durch mein Seminar gegangenen und sich literarisch bethätigenden Schüler auch Hunderte ausmachen, und ich selbstverständlich nicht für die Ansichten der Einzelnen verantwortlich sein kann. Unter denen, die Lehrstühle im In- und Ausland bekleide», die Beamte, Geheimräthe, Landräthe, Ministerialdirectoren, die Handelskammersecretaire und Journalisten, Geistliche und Lehrer sind, kann ich Leute der verschiedensten Parteien ansühren. Natürlich sind darunter auch solche, die vorher und nachher Socialisten waren. Aber daneben hat der Bund der Landwirthe in seinem Bureau eine Reihe meiner Schüler beschäftigt; ebenso die „Volkswirthschaftliche Correspondenz", deren Gönner Herr von Stumm ist, und rheinische industrielle Jnteressen-Verbände. Ich könnte zahlreiche Briese von Schülern vorlegen, die mich versichern, Laß mein Unterricht sie von socialdemokratischen Lehren bekehrt habe. Unter den deutschen Professoren und Docenten, die meine Schüler sind, be schäftigt sich vielleicht die größere Zahl gar nicht mit socialen Dingen, sondern wesentlich mit historischen Forschungen, mit finanziellen und anderen Fragen; auch unter den socialpolitisch thätigen überwiegt weitaus die gemäßigte Richtung. Wenn einige socialpolitisch einen Standpunkt vertreten, der weiter geht als der meinige, so liegt da« theils an der Jugend, dem Temperament, der Weltanschauung der Betreffenden und an der heutigen Jdeeu- bewegung überhaupt, theils an dem Umstand, daß ich nie versucht habe, mein« Schüler auf meine Ueberzeugung einzuschwören, sondern stets in erster Linie bemüht war, ihnen strenge Methode und Wahr heitsliebe, Objektivität und Gerechtigkeit beizubringen. Professor Adolph Wagner antwortet Herrn v. Stumm in elf Punkten, bauptsächlich betreffs der Bochumer Rede. — Der offene Brief schließt: „Fassen wir das Vorstehende zusammen, so dürfen wir sagen, daß die thatsächlichen Unterlagen, auf die sich Herr von Stumm stützt, sich theilweis, als unhaltbar, theils als einseitig aufgefaßt erwiesen haben, daß Herr von Stumm unrichtig über uns unter richtet war, unsere Schriften und unsere Handlungen nicht genauer und nicht im Zusammenhang kennt, daß er ebenso den sogenannten Kathedersocialismus als wissenschaftliche Schule nicht nach seinem Kern, noch seinen Hauptvertretern, sondern vermuthlich nach den Schriften einiger jüngerer Gelehrten beurtheilt, von denen zweifel haft ist, ob sie sich selbst dazu rechnen." Deutsche- Reich. U Berit»«, 24. Juni. Im Jabre 1896 sind im König reich Preußen nach den Berichten d er Fabrikaufsichts - beamten 318485 Arbeiterinnen über 16 Jabre, d. h. 15 857 mehr als im Jahre 1895 in Fabriken beschäftigt worden. Auch die Zahl der in Fabriken beschäftigten jugendlichen Arbeiter hat sich vermehrt und FeuiHeton. Johanniswürmchen und Johanniskäfer. Eine Plauderei von Franz Woeuig. Nachdruck verboten. Und geht'» nach Haufe um Mitternacht, Glühwürmchen trägt das Laternchcn vor, Da küsset der Bursch' sein Dirnel sacht Und sagt ihm leis' ein Wörtchen in» Ohr, Und sie denken beid': „O du selige, fröhliche Maienzeit I" Emanuel Geibrl. Sommer-Sonnenwendabend . . . Tiefer Friede breitet sich über Wiese, Wald und Feld. Vom Wiesenplan herüber führt ein lauer Lusthauch kräftigen Heugeruch und schrillen Singsang zirpender Grillen. Melancholisch rauschen die körnerschweren Aehren der Kornfelder. Ein verstohlener Wachtelruf weit drüben im Aehrenmeere . . . sonst Alles lautlos still. Dunkler breiten sich die nächtlichen Schatten im lauschigen Walde. Kein Blättchen regt sich am Strauch werk und im Gezweig der Laubkronen. Nur der vorsichtige Tritt scheuer Rebe, die nach dem Weiher zur Tränke eilen, ein plötzlich aufspringender Hase, der, aus seinem Halb schlummer geweckt, vor un» die Flucht ergreift, durchbrechen auf Momente die elegische Stimmung de» Juniabend«, die besonder« noch dadurch verstärkt wird, daß auch der Mond hinter dichten Wolkenschleiern in tiefes Nachdenken verfallen ist und über seine Meditation die Stunde seine« Erscheinen« vergessen hat. Auch die Sternlein sind recht schläfrig nach ihrem Erwachen und blinzeln so matt auf die alte Muttererde hernieder, al« wollten sie sagen: „Wir quittiren für heute den Dienst, laß Dir von anderen etwas leuchten!" Und sieh, au« dem nächtlichen Dunkel de« Walde-, wo am Alucksenden Bachgeriesel Erlen- und Weidenbüsche üppig gedeihen und Gräser nnd Waldblumen so hoch empor geschossen sind, daß sie im Aufwärtsstreben mit den Büschen wetteifern, bricht da und dort ein flirrender, flimmernder Schein von hundert und aber hundert schwebenden, tanzenden Lichtlein, hier hellstrahlend, dort verlöschend, hier schnell auf glühend, dort schnell versinkend. Und nicht nur oben zwischen den Büschen und Baumstämmen, nein auch unten im Grase glüht'« und leuchtet'« von beweglichen Lichtlein. Auf und nieder schwebt der lustifl« Reigen. Sind es Blumenelfen und Feen, die sich hier zu einem Feste zusammengefundea haben? S. Lausch. Sind'« Millionen Lternenfunken, Vom Himmel zur Erde Herabgeiunken?... Was ist geschehen Hier in den Hecken? Wolle» mich Feen Aeffen und necken? Blühen di« Büsch» Flämmchen und Funken? Brennend« Kerzen Sind vier erschienen, Tändeln und scherzen Fröhlich im Grünen. Wie e» da blühet Unten nnd oben, Kaum erst erglühet Auch schon zerstoben. Auf und hrronter Lanenr Laternchen Zauber und Wunder: Hüpfende Sternchen!... Lockte sie der Zauber der Johannisnacht, die tausend ge heimen Wundern die Pforten öffnet? . . . Zauberhaft schön und wundervoll ist zwar da« Schau- piel^ daS sich unseren Blicken darbietct, aber an Zauber werden wir nur so lange glauben, bis e« unS gelungen ist, ein solche« Lichtelfchen einzufangen. ES ist so winzig klein und weich und zart, daß wir es kaum in der Hand fühlen, und löscht e« vor Schrecken sein Laternchen nicht gleich voll- tändig au«, so erkennen wir an dem phoSphoreScirenden Schein, den es au-strahlt, daß der kleine Laternenträger ein brauner länglich platter Käfer ist, der an beiden Seiten seine« Halsschildes zwei glasartige Flecke besitzt. Der Leucht apparat befindet sich an den beiden letzten Hinterleibsrinsten. Er zeigt sich als hellgelber Fleck, welcher bei Nacht einen »hoSphoreScirenden Glanz verbreitet, und der Apparat selbst restehl auS zahlreichen, vielseitigen Zellen. Dieselben sind theil« durchsichtig, theils mit einer gelblichen, fettig-schmierigen, körnigen, phosphorhaltigen Masse gefüllt. Der Organismus de« Leuchtapparat- steht mit der Luftröhre in Verbindung, die sich maschenartig in demselben verästelt. Das Leuchten der Masse wird durch die größere oder geringere Menge des einströmenden Sauerstoffs hervorgerufen und die Intensität deS Lichtes ist abhängig von mancherlei thierischen Functionen, wie die des AthmenS, deS Umlaufs der Säfte, der größeren oder geringeren Anregung der Nerven rc. Die Weibchen sind flügellos und können sich nicht aus dem thauigen Grase erheben. Die „irrenden Funken" aber sind die geflügelten Würmchen, die die Männchen aufsuchen und im lebhaften Hochzeitsreisen auf und niederschweben: WaS tanzen für goldene Slernlein Umher in funkelnder Pracht? Da« sind Käfer mit ihren Latecnlein, Die fliegen spazieren Vie Nacht. Wenn einer begegnet dem andern, So grüßen sie sich, wie man thut, Erzählen sich wa« und wandern Dann weiter wohlgemuth. Und kehret der Morgen wieder, Sucht jeder eilig sein Haus, Doch eh' er sich liget nieder, Löscht er sein Latrrnlein aus. Auch dir Eier und Larven der Käfer leuchten. Daher nennen die Landleute di« Larven „Feuerwürmer". In unserem Vaterlande sind zwei Arten diese« Leuchtkäfers gemein, und zwar da« kleine Johanniswürmchen (L.ampynis 8pleuäiäulu k'.) und das große Johannis würmchen (I-. uoctiluoa L,.). Schon Plinius nennt daS italienische Glühwürmchen (I-. Italien L,.) poetisch „Ltellao volantss", d. h. „fliegende Sterne", und weiß in seiner Natur historie (XVIII, o. 27) zu berichten, daß da« Erscheinen der Leuchtkäfer für den römischen Bauer daS sicherste Anzeichen von der Reife der Gerste sei; zudem mahne e« den Laadmann, an daS AuSsäeu der Hirse und Kolbenbirs« zu denken. Griechen und Römer hatten ca. fünfzehn Namen zur Be zeichnung de« Glühwürmchen«. Die Italiener nennen es lucio, luoiola, — da da« Käserckien der heiligen Lucia geweiht ist —, ferner „forasieps," „firrstilla," „distola". Di« Fran zosen bezeichnen eS als „monckv clalro" und „ver luissaut." Die Engländer nennen eS „glovorm", „glas-vorm" und „skine-vorm", die Polen „slcotoilce" und die Ungarn „e^alvnclveülo" und „dogaruerlca vilantso". In Sicilien heißt da« Glühwürmchen da« ,Lichtchen deS Schäfer«", wahr scheinlich, weil eS zu leuchten beginnt, wenn der Schäfer seine Heerde heim treibt. Merkwürdig ist es und schwer erklärbar, weshalb im To Scanisch en die Kinder dem „Feuerwurm" mit Stock schlägen drohen: Johanniswürmchen, Johanniswürmchen, Komm zu mir. Ich will dir rin Königsbrod geben Mit gesottenen Eiern, Speck und — Schlägen I DaS bekannte Johanniskäferchen oder Marien- käfercben, auf dessen interessante Naturgeschichte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen kann, spielt schon im indo germanischen Mythus eine wichtige Rolle. Nach einer in dischen Legende werden die rothen und braunen Käferlein von der Sonne geboren und fallen auS der Sonne auf die Erde herab. Hieraus erklären sich die verschiedenen Namen: „Sonnenkind", „Sonnenkälbchen", „Sonnenkübchen", „Sonnen hühnchen", „Kleine Sonne", „Sonnenpferdchen", „Sonnen küchlein" rc. Andere Namen dieses niedlichen Käferchens sind: „Herrgottssöhnchen", „Herrgottsvögelchen", „Herrgotts- würmcben", „Unserer lieben Frauen Küchlein, Marienküchlein", „Goldhühnchen". Die Engländer nennen das Käferchen „laäyeov", „goläon Knox", „luclzchirä", „lucl^ti^", die Sici- lianer: xulumoclcla, d. h. kleine Taube. Von den verschiedenen Arten der Coccinellen stehen der „Siebenpunct" (Ooccinellu septeu-punctirtL 1^.) und der Neun- punct, wegen Heiligkeit der Zahlen Sieben und Neun, als Orakelthierchin in ganz besonderem Ansehen, und zwar glaubt man nicht nur aus der Richtung, den das Käferchen beim Aufstiegen von der Hand einschlägt, sondern auch au« der Zeit, die vom Aussetzen bis zum Aufstiegen verstreicht, Günstiges oder Ungünstiges für sich herauslesen zu können. Fliegt das Marienkaferchen nach Süden, so hofft man auf eine glückliche Lösung der Frage, die man im Stillen an daS Thiercben gestellt bat, fliegt es aber nach Norden, so bedeutet sein Flug Unglück für den Fragenden. Will man in Schlesien wissen, wie viel Lebensjahre einem noch beschicken sind, so zählt man langsam, bis der Sonnenkäfer vom Finger auf fliegt. Ebendaselbst benutzen die jungen Mädchen den Käfer al« Liebesorakel. Sie zählen, bis der Käfer vom Finger auffliegt, und wissen alsdann, wie viel Jahre sie noch ledig bleiben. In Schweden lassen sich die Mädchen das Johannis käferchen über die flache Hand kriechen. Beschreibt e» dabei einen vollständigen Umriß derselben, so sagt das Mädchen: „Er hat mir das Maß zu den Brauthandschuhen gegeben; ich werde noch in diesem Jahre beiratben!" Fliegt er ins Weite, so merkt eS sich genau die Richtung, nach der er ent schwunden ist, denn von dorther kommt der zukünftige Bräutigam. In der schwedischen Provinz Upland dient er auch als Liebesbote. Die liebende Maid entsendet ihn zu ihrem entfernten Liebsten und singt oder spricht dabei: „Jungfrau Marie, Schlüsselmagd, Fliegt nach Osten, flieg' nach Westen, Flieg' dahin, wo mein Liebster wohnt." Zeigen sich im Frühling die Siebenpunct-Käfer recht zahl reich, so glauben die Landleute, daß das Jahr eine reiche Kornernte bringt, tritt dagegen der Neunpunct häufig auf, so befürchten sie Mißwachs und Theuerung. DaS „Sonnenkälbchen" ist überall der Liebling der Kinder welt. Die Kinder schonen und schützen das Thierchen, daS au« der Sonn« auf die Erde herniedergefallen ist. Wer eS muthwillig zertritt oder tödlet, kommt nicht in den blauen Himmel und nicht in daS schöne blumige Paradies. „Marienwürmchen, setze Dich Aus meine Hand, auf meine Hand, Ich thu' Dir nichts zu Leide. Es soll Dir nichts zu Leid' gescheh'», Will nur Deine braunen Flügel seh'», Braune Flügel, meine Freude." AuS: „Des Knaben Wunderhorn." Auch ihnen ist e« Orakeltbierchen. In vielen Gegenden Norddeutschlands singen die Kinder, wenn sie das Käserchen von der Hand auffliegen lassen: „Sunnekinken ick siege di: Wie lang« schell ick lewen? Eene Jaar, tween Jaar, irren Jaar" rc. Da das Thierchen von der Sonne geboren worden ist, kann es auch als „Sonnenkind" Sonnenschein und gutes Wetter bringen. Daher auch das Bittverschen der Kinder in der Altmark: „Hergottswörmken fleeg naon Himmel, Seeg dien Vaader un Mutter, Tat morgen un üwermorgen goad Wader wart." In OstfrieSland lautet der Wunsch der Kinder, den man so lange wiederholen muß, bis sich da« Thierchen zum Fluge anschickt: „Sunnenküken fleeg up, Brang mi morjen moje Waar." In Ummendorf und Dreileben: „Harrgottsoenek'n flaich im Boemeken Un bestell die dien'» Vaad'r un Mutter, Tat morjen gut Wetter wärt." Die Jugend in Alvenüleben und Schaken-leben zieht auch den „Grotvaoder" und die „Grotmutter" deS Sonnenkäferchens noch mit in den Kreis. Damit da« „Hergottssöhncken" ja recht schnell seine Reise in den Himmel oder in die Sonne beenden kann, schenken ibm die Kinder in Heblingen einen Schimmel. Der Schwan und der Schimmel sind im indogermanischen Mythus Attribute des Sonnengottes: „Herrgottsoenken fett dik opp'n Schimmel Riet noan Himmel, Sech tau dien' Voad'r un tau dien' Mutt'r, Scholl all« Doagr gut Wett'r waar'n." DaS reisende Sonnenkäferchen soll den braven Kindern aber auch etwa« Schöne» von der Fahrt mit Heimbringen, und kleine Leckermäulchen in Rossau und BiSmark bitten recht herzlich: „Herrgottseongel fleeg up'n Himmel, Brang mät Zuck'r un Krengl mrt raff." und in der Landdrostei Lüneburg: „Svnn'nkind, fleeg up, fleeg up, Fleeg toon hoog'n Himmel, Hoal mi «n »ors vull Srtig'l, Mi eeu', Ljeen' Annern Meienkind ook an'."
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