02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.07.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970716020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897071602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897071602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
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Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abruds 7 Uhr. Filialen: Dtt« Klemm s Sorttm. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Pauliuum), LoniS Lösche, Aatharineustr. 14, Part, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. KipMcrTlWbllck Anzeiger. Ntltiskl'att -es königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfa. Reclamen unter demNedactionsstrich (4ge- spalten) vor den Familiennachlichteo (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifferajas nach höherem Tarif. Vxtra-Bcilagcn (gefalzt), nur mit der, Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderunsi 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ilnnahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. -siorge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 358. Freitag den 16. Juli 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. Juli. 816 ordentliche Professoren der 21 deutschen Uni versitäten erlassen zum Kampfe der Deutschen in Oesterreich folgende Kundgebung: „In dem großen und schweren Kampfe, den heute die Deutschen Oesterreichs um ihre nationale Existenz, ihre berech tigte Stellung in der alten von ihnen geschaffenen und in erster Linie durch ihre Kraft erhaltenen habsburgischen Monarchie zu kämpfen gezwungen sind, hat die Prager Universität, die älteste deutscher Zunge, mannhaft das Wort ergriffen, um auf gesetzlichem Wege die großen Gefahren zu betonen, die ihr, der uralten Stätte deutscher Wissenschaft, und dem ganzen deutschen Vvlksthum in Böhmen und Mähren drohen. Die unterzeichneten ordentlichen Professoren der Universi täten des deutschen Reiches drücken den College» der ehr würdigen österreichischen Schwesteruniversität ihre wärmsten und lebhaftesten Sympathien zu ihrem Borgehen aus und geben der Ueberzeugung Ausdruck, daß Millionen national gesinnter Bürger des deutschen Reiches mit ihnen in diesen Gefühlen sich einig wissen." Von den 82 ordentlichen Professoren der Universität Leipzig haben diese Kundgebung 49 unterzeichnet, nämlich die Herren: Binding. F. von Birch-Hirschfeld. R. Boehm. Theodor Brieger. Karl Brugmann. H. BrunS. K. Bücher. Herm. Credner. H. Curschmann. Degenkolb. Paul Flechsig. Fricke. Albert Hauck. Georg Heinrici. E. Hering. F. Albin Hoffmann. E. Hölder. Otto Kirn. Karl Lamprecht. A. Leskien. Rud. Leuckart. Hermann LipsiuS. Luthardt. Erich Marcks. A. Mayer. W. Ostwald. W. Pfeffer. F. Ratzel. Otto Ribbeck. Georg Rietschel. H. Sattler. W. Scheibner. August Schmarsow. Adolf Schmidt. Gerhard Seeliger. A. Socin. O. Soltmann. F. Stoh- mann. Strohal. Franz Studniczka. F. Trendelen burg. Johannes Volkelt. Adolf Wach. G- Wiede mann. Johannes WislicenuS. R. Wülker. W. Wundt. F. Zirkel. Paul Zweifel. Es ist überflüssig, die Bedeutung dieser Kundgebung her vorzuheben. Auch in Wien wirb man sich nicht darüber täuschen, daß das Votum von 8l6 ordentlichen Professoren der 21 deutschen Universitäten ein vernichtendes rechtliches und politisches Urtheil gegen jene Maßnahmen ist, die den Glauben der deutschen Nation an die Zuverlässigkeit der österreichischen Bundesgenossenschast ernstlich erschüttern. Wie uns der Telegraph aus Hannover meldet, ver anlaßt der nationalliberale preußische Landtags abgeordnete Schoof, bekannt durch sein mindestens zwei ¬ deutiges Verhalten gegen seinen Fractionsgenossen und Collegen Wamhoff („Wamhoff künnt wi nich bruken"), in seinem Wahlkreise Resolutionen zu Gunsten der An nahm e der BereinSgesetznovelle in der ihr vom Herrenhause gegebenen Fassung und bekundet damit, daß er am 24. dsS. im Abgeordnetenhause seine Stimme für diese Fassung abzugeben gesonnen ist. Wer Herrn Schoos kennt, wird sich darüber, trotz der Thatsache, daß auch er gleich seinen übrigen Fractionsgenossen den bei der letzten Ab stimmung des Abgeordnetenhauses aufgetretenen FractionS- rednern Anlaß zu der bestimmten Erklärung gegeben hatte, die Nationalliberalen seien völlig einig in der Verwerfung deS den Herrenhausbeschlüssen zu Grunde liegenden frei- conservativen AbändernngsantragS, nicht wundern. Hoffent lich erkennt jetzt endlich auch die Fraction, daß eS schon längst Zeit gewesen wäre, dieses unsicheren Cantonisten sich zu entledigen, und veranlaßt Herrn Schoof noch vor der definitiven Abstimmung des Abgeordnetenhauses auch formell den Anschluß an Herrn vr. Dietrich Hahn zu suchen, den er innerlich schon längst vollzogen hat. Jeden falls aber erwächst der Fraction durch die Wanvlung des Herrn Schoof die Pflicht, energisch die Anwesenheit aller übrigen Mitglieder bei jener Abstimmung zu fordern, um eine Annahme deS „preußischen Socialistengesetzes" zu ver hüten. Daß das Beispiel des Herrn Schoof ansteckend wirken könne, halten wir für ausgeschlossen; wir erwarten im Gegentheil, daß es abschreckend wirken werde. Daß es von den Conservativen, die sich noch auf dem vielgerühmten Tivolitage gegen neue Ausnahmegesetze so eingenommen zeigten, als Argument für die Noth- wendigkeit ihrer eigenen Wandlung dienen werde, ist voraus zusehen. Aber daS Gewicht dieses Arguments wird völlig aufgehoben dadurch, daß ein Mann, den die preußische Regierung soeben erst durch seine Berufung als außer ordentlicher Professor der VolkSwirthschaftSlehre nach Berlin als Autorität auf socialpolitischem Gebiete an erkannt hat, der Wiesbadener Amtsgerichtsralh und frühere nationalliberale Abgeordnete vr. Rcinholv, dieser Tage in einer Rede sich auf das Schärfste gegen die Vereins gesetznovelle und gegen das ganze System, dem sie ihre Entstehung verdankt, ausgesprochen hat. Er führte, wie der »Rhein. Kur." berichtet, u. A. aus: Seine Berufung in ein akademisches Lehramt habe durch ihr Zusammentreffen mit dem Vorgehen der Regierung (?) gegen Len jogen. Katheder-Socialismus ein Ausleben und einen Lärm erregt, der neben berechtigter Kritik vor Allem wieder die Ge hässigkeit der Parteileidenschaft zeige. Während ihm die Aussicht gewinkt habe, in Wiesbaden, auf „dieser Insel der Seligen", fried lich jein Dasein fortzuspinnen, sei er jetzt wieder in das offene Meer des Streites hineingetrieben und sofort einer derartigen Ent stellung seiner Gesinnung uud seiner politisch - wirthschastiichen Ueberzeugung preisgegeben worden, daß er diese Gelegenheit zur Berichtigung der über ihn geäußerten übelwollenden und einander widersprechenden Meinungen mit Eifer ergreife. Die Einen hüllen ihn eine Kreatur des Königs Stumm genannt und als einen Erz- reactionair und Regierungsknecht bezeichnet, die Anderen als einen Demokraten, einen Radikalen und Freund Eugen Richter's. Bald solle er ein Agrarier, blöder Schutzzöllner und Mililairschwärmer, bald ein krasser Mauchestermann, Freihändler und Gold währungsfanatiker sein. Selbst die Christlich-Socialen halten ihn für sich in Anspruch genommen. So sei ein Berg von Vorurtheilen um ihn gehäuft worden, dessen schleunige Ab- tragung ihm sehr am Herzen liegen müsse. Er nehme daher seine Anwesenheit unter wohlwollender Hörern wahr, um wenigstens in einigen Strichen ein Bild seiner principiellen Stellung zu den für seine künftige Lehrtätigkeit in Betracht kommenden Problemen der Gegenwart zu zeichnen und damit zugleich einer von anderer Seite her auf ihm lastenden Gewissenspflicht zu entsprechen. Es betreffe dies das Verhältniß der gegenwärtigen Regierung zum Volk. Durch seine Vergangenheit, sein Richteramt, seine lieber- zeugung von der Notwendigkeit einer starken Staatsgewalt, seine treue Gesinnung für die Monarchie und seine unerschütterliche Ansicht von der rettenden Bedeutung einer mächtigen Armee aus die Seite der Regierung gewiesen, sehe er, wie unzählige, gleich, gesinnte Freunde, mit wachsender Sorge eine Entfremdung zwischen Regierung und Volk einreißen, welche schwere Ge- fahren berge. Man frage sich erstaunt, ob die Regierung die Stimmung und die Bewegung im Lande nicht sehe oder nicht sehen wolle, und auf welche Elemente sie denn ein halt bares System zu gründen gedenke, wenn sie die breiten Kreise des gebildeten und gemäßigt liberalen Bürgerthums tödtlich verletze und dem ohnehin riesig anwachsenden Radikalismus zutreibe. Ganz Deutschland südlich des Maiuö, so führte er weiter aus, stimme mit demonstrativem Jubel in das Wort des schwäbischen volksparteilichen Reichstagsabgeordneten A. Haus mann ein: „Gottlob, daß wir keine Preußen sind", und ließ keinen Zweifel darüber, daß er die Vereinsgesetznovelle für den schlimmsten aller jener Mißgriffe halte, welche die preußische Negierung in den letzten Jahren gemacht. Schwächte er auch den Eindruck seiner Worte durch Behauptungen wie die, man würde die Socialdcmokratie in demselben Momente los sein, wo man sie völlig ignorire, etwas ab, fo wird sein Gesammturtheil doch ungleich schwerer in die Waagschale fallen, als das des Herrn Schoof, den selbst sein Freund Or. Hahn nicht für fähig erklären wird, einen akademischen Lehrstuhl zu besteigen oder mit dem Inhaber eines solchen in socialpolitischen Fragen sich zu messen. Ueber die Beschlüsse der Togoconfcrcnz verlautet noch nichts Bestimmtes. Dagegen sickert in den französischen Zeitungen sv Manches durch, waS uns nicht mit besonderer Freude erfüllen kann. So viel scheint festzustehen, daß die Nigersrage noch nicht gelöst ist und daß sie demnächst wieder aufgerollt werden wird, um so mehr als in England selbst die Handelskreise gegen das Monopol der Higer- Company aufgebracht sind. Man hofft, daß durch die jetzige Togoconferenz die Solidarität der deutschen und französischen Interessen im Nigergebiete besiegelt sei und daß nun beide Mächte gemeinschaftlich ihreAnsprüche an den Nigerbogen gegen- üver England zur Geltung bringen. DaS ist jedenfalls Wünschenswerth und erfreulich, wenn aber für Deutschland sonst nichts als die Einbeziehung von Sansanne-Mangu er reicht wäre und dagegen an Frankreich das Gebiet von Gurina abgetreten würde, so wäre der Handel für uns nicht günstig. Es scheint aber in der Thal so zu sein und die fran zösischen Blätter können nicht umhin, ihre große Freude darüber auszudrückcn. Einige Blätter sind sogar schadenfroh. Der „Eclair" schreibt z. B.: „Nach achtwöchigen Berathimgen sind die deutschen und fran- zösijchen Commisfäre nun endlich zu einem Einvernehmen gelangt. Die Verhandlungen waren mühsam und drohten wiederholt zu scheitern, aber heute scheint der „Akkord" gesichert. Man glaubt nicht, daß neue Schwierigkeiten erwachsen, obgleich es sich vor läufig nur uni einen Plan zu einem Vertrag handelt, der von den beiderseitigen Regierungen noch zu genehmigen ist. Die beider- seitigeu Commissäre haben sich genau nach den erhaltenen In- structionen gerichtet. Man weiß sogar, daß sich Kaiser Wilhelm, bevor er seine Nordlandssahrt antrat, einen detaillirten Bericbt über i die Unterhandlungen vorlegen ließ und begutachtet hat, was bisher I geschehen war. Daher ist ein Wderruf unwahrscheinlich. Nichts- I destoweniger — denn bei internationalen Angelegenheiten muß man »stels auf unvorhergesehene Umstände gefaßt fein — haben die beiden Regierungen beschlossen, das strengste Geheimniß bis zur Nalificirung des Vertrags zu wahren, was nicht hindert, daß die Berliner Zeitungen cinigcAndeutungen machen, woraus hecvorgeht, daß Deutsch land zufrieden ist mit dem, was cs erhielt. In derThat kann es zufrieden sei», wenn es Sansanne-Mangu und einige andere Punkte des strittigen Gebiets bekommen Hot, doch ist cs klar, daß die fran- zösische Negierung dafür entschädigt werden müßte. Frankreich soll die Suzeraiuetät über Gur in a erreicht haben. Die Verbindung zwischen Tahomcy nnd dem Niger wäre dann gesichert, ebenso diejenige mit unseren nordafrikanischeu Colonien. So scheint der Vertragsplan das Ergcbniß beiderseitiger, weitgehender Zu geständnisse zu sein. Betreffs der Beurtheilung des Vertrags selbst wird man allerdings seine Veröffentlichung abwarteu müssen. Dieselbe soll nahe bevorstehen." Ein abschließendes Urtheil über die Angelegenheit ist nicht eher möglich, als bis der Vertrag wörtlich vorliegt. Unsere Vermuthung, daß der Hinweis der Türkei auf die angebliche Erregung, die durch ein Aufgeben Thessaliens hervorgerufen werden würde, nur ein Vorwand sei, der bald fallen gelassen werden würde, wenn die Mächte eine feste Haltung zeigten, scheint sich rasch bestätigen zu wollen. Man hört von der angeblichen Erregung nichts mehr, wohl aber scheint es, als ob der Sultan das Spiel für verloren ansehe und nachgeben wolle. Sollten aber doch noch wider Erwarten Demonstrationen, womöglich sogar gegen die europäische Diplomatie, in Scene gesetzt werden, so hat die „Nowoje Wremja" deutlich genug ausgesprochen, daß die Mächte solchen Demonstrationen nnt Entschiedenheit ent gegenzutreten wissen würden. WaS nun die streitigen Puncte anbetrifft, so wird die Gebietsfrage vielleicht um deswillen die rascheste Erledigung finden, weil die Mächte hier gar nicht mit sich reden lassen, sondern ihren Standpunct mit Entschiedenheit fcstgestellt haben. Anders verhält eS sich vielleicht noch mit der Entschädigungsfrage. In diesem Puncte werden wohl die Großmächte aus einer bestimmten, ihrer Meinung nach allein zulässigen Maximalhöhe nicht eine conäitio 8w6 guu non machen. So wünschenöwerth eS ist, Laß die so wie so elenden griechischen Finanzen durch eine hohe Kriegsentschädigung nicht völlig ruinirt werden, so wird man doch um des Geldpunctes willen nicht neue Verwickelungen entstehen lassen wollen. Denn Verwickelungen schwerer Art würden sich jedenfalls ergeben müssen, wenn die Mächte zu Zwangsmaßregeln gegen die Türkei schreiten müßten. Mögen die Nollen für die Zwangsmaßregcln vorher noch so genau vertheilt sein, wie sie z. B. von englischen Zeitungen an gegeben werden, das Zusammenspiel würde doch schlecht klappen. Und billiger Weise wird man außerdem zugeben müssen, daß die Türkei, wenn sie schon aus Thessalien heraus muß, doch eine leibliche Entschädigung für den ihr auf gezwungenen Krieg beanspruchen darf. Jahrzehnte bindurch hat zwischen den Vereinigten Staaten und England wegen des Robbenfanges im VchringSmcere Streit geherrscht und in den Jahren zwischen 1886—1893 nahm dieser Streit sogar zeitweilig recht bedenkliche Formen an. Erst die Entscheidung des Pariser Schiedsgerichtes im August 1893, durch die sowohl hinsichtlich der für die Erhaltung der Robben notbwendigen Schonung, wie auch binsichtlich des Rechtes des Robbenfanges Bestimmungen getroffen wurden, machte dem Streite ein Ende — wie man jetzt siebt, allerdings nur ein vorläufiges Ende, denn den Vereinigten Staaten erscheinen die Bestimmungen des Pariser Gerichtes, nach denen in bestimmten Gegenden die Feuilleton. Nanny Trauner. 2lj Roman von C. Schrorder. Nachdruck »ertöten. Wenn er sich nur nicht eine andere verschaffte? Unmög lich! DaS litt die Müllerin nicht. Sie wachte ja über ihn bei Tag und bei Nacht. — Bei Nacht? Unausgesetzt doch wohl nicht? Schlafen mußte sie doch auch zu Zeiten wie andere Menschen. Wenn — er sich dann sachte von seinem Lager erhob, ihr den Schlüssel stahl, sich hinaus schlich — Bah! zur Nachtzeit konnte er nicht viel Unheil aurichten! Aber — leben mußten die Beiden! Wenn sie auch nicht mehr auf Taglobn ausaing — die Müllerin — Nahrungs mittel einzukaufen war sie doch mitunter gezwungen. Freilich — dann schloß sie die Tbür hinter sich ab! Und die Fenster? Tie ließen sich ja nicht öffnen! Meistens schlief er ja auch — der Anton. Meistens. Konnte aber auch einmal passiren, daß er auf wachte aus seinem Schlaf — waS dann? Er rief nach der Mutter — bekam keine Antwort — ging a» die Thür — fand sie verschlossen! Ob er sich da geduldig wieder setzte, um weiter zu schlafen? Ob nicht vielmebr plötzlich die Wuth in ihn fuhr — jene Wuth, die dem Wahnsinn mitunter Riesenkräfte verlieh — daß er vie Thür packte, rüttelte und schüttelte, bis sie in ihren morschen Fugen krachte und aus- einandrrbarst? Und wenn ihm der Weg der Freiheit offen stand, ob er sich wohl lange besann, ihn zu nehmen? Gewiß nicht! Wie rin Rasender stürmte er über die Haide in den Wald und hier — irgendwo im Dickicht verborgen — lauerte er — lauerte er, bis sie kam, die er haßte. Dann — aus dem Hinterhalt — wi« ein Tiger auf sein« Beute — stürzte er sich auf sie und — bevor ihr noch Zeit geblieben, einen Hilfeschrei auSzustoßen — hatte er mit den nervigen Fingern ihre Kehle umspannt, hatte er — großer Gott — großer Gott! Nanny war eben aus der Tannenanpflanzung in den Wald getreten, als ihr die erregte Phantasie den erdrosselten Leich nam Anna von Hellbronn'S auf den Weg malte. Ein Grauen packte, schüttelte sie, hinderte sie am Weiterschreiten, wollte sie zwingen umzukehren, von der unglücklichen Müllerin daS Wort zurückzufordern, das sie ihr leichtsinnig ver pfändet batte. Im Kampf mit sich selber stand sie, die Augen am Boden und keine Ahnung sagte ihr, daß diejenige, um deren zu künftiges Schicksal ihr so furchtbar bange war, eben jetzt lächelnden Antlitzes dahergeglitien kam. Jawohl, daher geglitten — kein anderes Wort giebt die Weiche Geschmeidig keit wieder, mit der Anna von Hellbronn ihre schlanke Person fast lautlos durch daS Gebüsch wand. Sie war, als sie Nanny in der Ferne erblickt hatte, vom Wege ab ¬ gebogen, hatte sachte ein braunes Bückelchen aus der Tasche gezogen, das sie seit einigen Tagen für alle Fälle bei sich trug und nahm nun mit heiter glänzen den Augen die geradeste Richtung auf unsere Freundin zu. Allein — nicht zwanzig Schritte von dieser entfernt — im Begriff auf den Pfad hinauszutreten, stutzte sie und fing dann blitzschnell an sich rückwärts zu schlängeln bis hinter einen dicken Eichenstamm — einen auSerwählten Lauscherposten. Kaum war sie in Sicherheit, als aus der entgegengesetzten Richtung, d. h. von der Landstraße herkommend, ein Mann auftauchte, der eS anscheinend eilig hatte, denn, statt eine breite Wasserlache, ein Andenken an die vorgestrigen Regen güsse, bedächtig zu umgehen, war er mit einem Satz hinüber und stand vor Nanny. „Endlich!" rief er tief aufathmend wie Einer, der nach unsäglicher Mühsal sein Ziel erreicht hat. Sie war leicht zusammengezuckt. Jetzt hob sie die Augen, ward blaß bis auf die Lippen und wich zurück — langsam, wie vor einer Geistererscheinung. „O weh! Da habe ich Sie erschreckt!" fiel eS dem neuen Ankömmling auf daS Gewissen — doch nicht allzu schwer, denn in leichtem scherzhaften Ton — fuhr er fort: „Da müssen Sie mir schon zugute halten, Fräulein Nanny! Ich wußte selber nicht, wie mir geschah, als ich Ihrer plötzlich ansichtig wurde. ES fuhr mir in die Glieder und ich fand mich vorwärts geschnellt wie durch Elrktricität!" Er lachte, aber wie sie so gar nicht einstimmte und ein gewisser ängstlicher Ausdruck gar nicht weichen wollte auS ihren Augen, da schwand auch die heitere Freudigkeit auS seinen Zügen und mit einem hörbaren Beben der Stimme stieß er hervor: „Ich — flöße Ihnen doch keine Furcht ein, Fräulein Nanny?" Jawohl, da- that er — die wahnsinnige Furcht, sie möge sich verrathen in der tollen Freude, die ihr da- Wiedersehen verursachte, die ihr das Her; zum Zerspringen klopfen machte, irgend etwas sagen oder thun, das sie vor ihrem Stolz nicht verantworten konnte. Doch das war gerade das letzte, was sie ihm eingestehen durfte, deshalb legte sie sich — wenn auch mit gesenkten Blicken und erglühenden Wangen — aufs Leugnen. „O! nein," stammelte sie, „ich — ich glaubte nur, Sie — wären in Spanien, Herr Professor." „Da könnte ich jetzt ungefähr angelangt sein," meinte er nachdenklich, „aber es ließ mich nicht hin, Fräulein Nanny. Bis in unsere liebe Residenz — weiter kam ich nicht." „Bis in die Residenz?" Ach! Sie verstand. ES versetzte ihr einen Stich in das Herz, gab ihr zugleich jedoch einige Haltung wieder. „Ich kann es mir denken!" preßte sie hervor in einem Ton, der seltsam hart und schroff ausfiel und ihn aufhorchen machte. Wußte sie wirklich schon, wo er hinaus wollte und wünschte sie vielleicht ihm gleich von vornherein klar zu machen, daß er seine Mühe vergebens haben werde? Aber nein — wie sollte sie wissen — auch nur ahnen? War er nicht im Ver kehr mit ibr die Zurückhaltung selber gewesen, hatte er ihr auch nur mit einem Blick verrathen, daß er — Thorheit! nur vorwärts! Und sich leicht zu ihr niederbeugend, mit den Augen un ruhig in ihren Zügen forschend, fuhr er fort: „Aber dort, das sah ich mit jedem Tage deutlicher ein, batte ich gar nichts verloren und so zog es mich denn — an allen HerzcnS- fasern — sachte, sachte wieder kierher nach Heilbronn zurück." So! Jetzt mochte sie begriffen haben, ober — doch noch nicht? In dem Gesichtchen stand eS nicht zu lesen; daS blieb so still, so undurchdringlich und — er wollte doch so gern Klarheit haben. „Wissen Sie weshalb, Fräulein Nanny?" setzte er mit bebenrer Hast hinzu. Ein bitterer Zug legte sich um ihre Lippen. Es war kein allzu schweres Näthscl, das er ihr anfgab. Die er gesucht, hatte er eben nicht gesunden in der Residenz. Graf Wengheim und — Familie befanden sich wohl noch in Hoheneck und — von Hellbronn bis Hoheneck war eS kauni eine halbstündige Fahrt. „Wissen Sie weshalb, Fräulein Nanny?" wiederholte er leidenschaftlich dringend. „Nun, eS ist ja ganz hübsch hier bei unS", stieß sie ge ¬ foltert hervor, „obgleich — mit Spanien verglichen —" sie brach ab, das Heucheln ward ihr schwer. Er wartete noch einen Moment, ob sie den gleichgiltigen Worten nicht wenigstens einen freundlichen Blick beigesellen werde. Als sie die Augen gar nicht vom Boden hob, trat er seufzend zurück. „Spanien", sagte er mit einem halb schmerzlichen, halb spöttischen Zucken der Lippen, „kommt gegen Hellbronn nicht ans, denn Hellbraun ist das Paradies für den, der Augen hat. Aber stockblind, wie ich Narr nun einmal — halt! nein, mit Blindheit darf ich mich nicht entschuldigen. Ich sah die Himmelsherrlichkeit ganz gut, aber ich redete mir ein: Es ist Fata Morgana, die dich schon einmal geäfft hat. Als du dich am Ziel glaubtest, sank das schöne Trugbild in nichts zusammen und du standest nach wie vor verschmachtend in der dürren Sandwüste des Lebens. Nimm dirs zum Exempel, sei gescheidt diesmal, kehr' ibr bei Zeiten den Rücken! — DaS that ich denn auch, Fräulein Nanny, sv dumm-gescheidt war ich und nun — ja, nun stehe ick als reuiger Bettler an der Paradiesespforte und poche an. Ob man mir wohl auf- thun wird?" Sie hatte staunend die Lider gehoben, um sie erschrocken wieder zu senken. Sein Blick, der ihr begegnete, war ihr ebenso unverständlich wie seine Worte und machte ihr bange obendrein. „Sie ahnen nicht, wo ich hinaus will mit meinem schönen Gleichniß?" lächelte er ein bischen bitter. „Nnn, vorerst handelt eS sich nur darum, ob auch in Zukunft auf der Bank unter der Linde für mich ein Plätzchen srei sein wird, wenn ich komme?" „Gewiß^, murmelte sie, „der Onkel wird sich freuen —" „Und Sie, Fräulein Nanny?" „Ich — selbstverständlich auch!" „Selbstverständlich?" wiederholte er unzufrieden. „DaS Wort ist Phrase, eS klingt nicht übel, sagt aber nichts. Selbstverständlich — damit ist mir wirklich nicht geholfen, Fräulein Nanny. Können Sie es mir nicht ein klein biSchen deutlicher geben, ob ich kommen oder fortbleiben soll?" Er trat einen Schritt vor, nahm die schmale Hand, die sie ihm willenlos überließ und sah ihr flehend ins Gesicht. „Fräulein Nanny!" Golt! wie er sie quälte! „Fräulein Nanny!" „Ich bin fest überzeugt", stammelte sie, „daß der Onkel „Ihren Herrn Onkel in allen Ehren, aber eö handelt sich
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