01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970806011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897080601
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897080601
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-06
- Monat1897-08
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Reclamen unter demRedartion-strich (4g» spalten) 50 vor drn FamrliennachrichteH (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernja- uach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderuug ^l 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag» tO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expeditis»» zu richten. Druck und Verlag von E. Pol« in Leipzig 91. Jahrgang. Ein Rundschreiben des Papstes. Mit dem nach Landshut in Bayern gegen Ende dieses Monats einberufenen Katholikentag ist eine Wallfahrt rum Grabe des seligen Canisius nach Freiburg in der Schweiz verbunden, um da« Gedächtniß an seinen vor drei hundert Jahren daselbst erfolgten Tod zu begehen. CanisiuS trat bekanntlich als Erster in Deutschland dem Jesuitenorden bei und war als dessen erster Provinzial in Deutschland, insbesondere in Köln, Bayern und Oesterreich, für die Unter drückung der Reformation thätig. Diese Feier hat nun der Papst zum Anlaß genommen, an den EpiScopat in Deutsch land, Oesterreich und in der Schweiz ein Rundschreiben zu richten, in welchem er „die der Tugend und dem Glauben so feindliche Zeil", in welcher Canisius wirkte, der Gegenwart parallel stellt und, von der Wirksamkeit des ersten deutschen JesuitenprovinzialS ausgehend, für die Umwerthung des Katholicismus auf da- weltliche Gebiet Directiven ertheilt und zugleich Mahnungen zur Einheit, die, ganz offenbar auf die Bewegung innerhalb deS reichsdeutschen EentrumS ge richtet, insbesondere auf die Landshuter Centrumsheerschau zu wirken bestimmt sind. In frischer Erinnerung ist die Bewegung im klerikalen Lager, welche sich an die bekannte Schrift deS Wüzburger Theologie-Professors Or. Schell geknüpft bat, worin Vieser die Abkehr von den unter jesuitischen Machtbedürfnissen cultivirten Formen des teufelsgläubigen und wundersüchtigen Katholicismus verlangt, und als erste Voraussetzung zur Ab stellung der Inferiorität des Katholicismus aus geistigem, gewerblichem und politischem Gebiete, an Stelle der mecha nischen ParitätSklagcn der CentrumSpolitiker, die „persönliche Geistcsbetheiligung" in religiöser Hinsicht und die volle, unbedingte Hingabe an die Anforderungen der Wissen schaft aufstellte. ES war bezeichnend für den deutschen KlerckalismuS, daß diese einsichtige Forderung eine nur geringe Zustimmung, dafür um so größere Zurückhaltung und noch größeren Widerspruch fand, namentlich in CentrumSorganen, obwohl man sich hier nach den Erfahrungen der letzten Jahre hätte sagen müssen, daß keine Schrift mehr geeignet war, ihrer Sache zu dienen, als die deS Professor Schell. Denn ihre Endwirkung würde, wenn sie — was wir bezweifeln — Erfolg hätte, nur die sein, daß sich gerade in gebildeten Kreisen die Grenzen verwischen, welche jetzt auch dem minder aufmerksamen Auge den Bereich und die Gefährlichkeit des nach der Gesammtberrsckaft in allen menschlichen Verhält nissen ringenden, specifisch romanischen Katholicismus er kennen lassen. Und die unmittelbare Folge wäre die Ein schläferung der Wachsamkeit, die Verminderung der Wider standskraft gegen diese Einwirkungen — und eines Tages ein erschreckendes Erwachen. Wie sehr gerade hierin Prof. Sebel! einem Bedürfnisse der Kirche gerecht geworden ist — wir erwähnen dies, weil seine Schrift stellenweise eine überschwängliche Zustimmung auf protestan tischer Seite gefunden — gebt aus dem oben erwävnten päpst lichen Rundschreiben hervor, das sich, obwohl Schell gegen den jesuitischen Einfluß sich wandte und die Canisiusseier ein Fest jesuitischer GlaubenSbethätigung ist, sichtlich die Schell scheu Anregungen aneignet. „Es ist von der größten Wichtigkeit", so beginnt der hierauf bezügliche Passus, „daß alle einsichtsvollen und rechtlichen Männer unter euch tbat- kräftig für die Religion eintretcn, ihrer Zierde und ihrem Schutze alle Kraft des Geiste«, alle Macht der Wissenschaft weihen und jede Errungenschaft, sei es aus dem Gebiete der Kunst oder der Wissenschaft, in derselben Absicht sofort zu ihrem geistigen Eigenthum macken. Denn wenn eS je eine Zeit gab, welche zur Bertheidigunz der katholischen Sache das Rü ft zeug der Wissen schaft und Gelehrsamkeit in hohem Grade erheischte, so ist eS sicherlich die unserige, in welcher ein beschleunigter Anlauf, jedes Gebiet des Wissens zu erweitern, den Feinden der Religion bisweilen Anlaß bietet, den Glauben anzu greifen." Und zum Schluß: „Wie viel Zierde und Ansehen aber den heiligen Wissenschaften selbst aus den weltlichen er wachsen, wird derjenige leicht verstehen, welcher die mensch ¬ liche Natur kennt, sie, die so leicht von demjenigen ein genommen wird, was die Sinne angenehm berührt. Daher teht auch bei Völkern, die sich durch Bildung vor anderen »ervorthun, die Weisheit ohne den Schmuck der seinen Bil dung in geringem Ansehen, und wird insbesondere von den Gelehrten daS verachtet, was der äußeren Form und Schön heit entbehrt. Wir sind aber der Weisen nicht minder Schuldner als der Unweisen. Mit jenen müssen wir zu- ammen kämpfen, diese müssen wir, wenn sie wanken, auf richten und stützen." Wie die Curie aber nie bei theoretischen Erörterungen stehen geblieben ist, sondern stets praktische Politik getrieben, so geht auch daS päpstliche Schreiben weiter — und hierin unterscheidet eS sich von der Schrift des deutschen Gelehrten, indem es von jenen allgemeinen Mahnungen sofort zu folgender Praxis überleitet: Auf diese Weise soll die Schule religiös beherrscht werden; eS sollen nicht allein bestimmte Stunden für den Unterricht in der Jugend in der Religion angesetzt sein, sondern der „ganze übrige Unterricht" davon durchsetzt werden. Und nicht nur auf die Volksschulen, von dem die „Mischschule" verdammt wird, werden die Rechte der Herr schaft der Religion geltend gemackt, sondern auck auf die Universitäten, wobei insbesondere die „Studienein richtung gefällt, daß keinem das Vollmaß der Weisheit zu- erkannt wird, der den Doktorgrad der Theologie nicht ge wonnen hätte." Da die hiermit berührte Bewegung von Bayern auS- gegangen ist, ist es wohl unausbleiblich, daß sie aus die Landshuter Tagung reflectirt, zumal wiederholt auf Katholikentagen an geregt worden ist, die Ursachen der Rückständigkeit deS Katho licismus auf geistigem Gebiet zu ergründen. Von unmittel barer praktischer Bedeutung für die Tagung ist schließlich die „dringende Mahnung, unzeitige Meinungsverschiedenheiten und Parteibestrebungcn, welche die Gemütber leicht entzweien, bei Seite zu lassen, das Wohl der Kircke einhellig in Wort und Rede zu fördern, mit vereinten Kräften dieses eine Ziel zu verfolgen und einträchtigen Sinnes anzustreden, die Ein heit des Geistes zu wahren im Bande des Friedens." Die Centrumsblätter hebe» diese letzten Worte durch Sperrdruck hervor und adressiren sie damit an die bayerische centrums feindliche Bauernbewegung. Deutsches Reich. X. Berlin, 5. August. Sie ist da, die durch die bekannte Aeußerung vr. Sigl's, an hoher Stelle wünsche man die Begründung einer bayerischen Partei, angekündigle bayerische Volküpartei. (Vgl. in Nr. 393 des „L. T." die Meldung aus München. Red.) Zwar ist noch keineswegs erwiesen, daß eine entsprechende Aeußerung von boher Stelle gethan worden ist, aber eS weht ohnehin ein für die Begründung einer derartigen streng particularistischen Partei günstiger Wind in Bayern. Wenig imponiren kann cs, daß die Partei mit einer echten und rechten Lüge ins Leben getreten ist. Denn wenn sie behauptet, daß sie als Hauptzweck die Abwehr wirthschaftlicherUnterjockung durch Norddeutsch land habe, so ist das eine Verdeckung der wirklichen Absichten. Man denke doch nur daran, daß die Ziele, die der bayerische Bauernbund und seine Anhänger verfolgen, in vielen Puncten mit den Zielen derjenigen Parteien übereinstimmen» die gegenwärtig ein gewisses Uebergewicht in Norddeutsch land haben. Als es sich um die Handelsverträge handelte, da stimmten die bayerischen Bauernbündler mit den ostelbischen Conservativen zusammen. Ebenso sind die bauernbündlerischen Kreise in der Zunftsrage ziemlich gleicher Auffassung wie die norddeutschen conscr- vativen Parteien. Ja, sie stehen diesen Parteien sogar viel näher als der bayrischen Negierung, die bekanntlich der Zunft frage gegenüber eine vorsichtige Stellung einnimmt. Um was es sich also bei der Begründung der neuen Partei bandelt, das ist die Preußenhetzerci ödester Art, die mit dem selben Eifer betrieben wird, einerlei, ob eS sich um eine ernsthafte Frage, wie die Militairstrafproceßreform, oder um eine lächerliche Kleinigkeitskrämerei, wie der Kampf gegen die Einführung der Pickelhaube an Stelle des Ranpenhelms, handelt. In diesem Sinne wird die neue Partei wirken, und eS wird von Wichtigkeit sein, ob es ihr mit ihrem vor wiegend negativen Programm glücken wird, eine breite Basis in Bayern zu finden. 6. U. Berlin, 5. August. Für die nächsten ReickStagö- wahlen entfaltet die Socialdemokratie eine ganz außerordent liche Rührigkeit, nicht weniger als 13 größere Partei- cong resse, die sich hauptsächlich mit den Rcichstagöwahlen beschäftigen werden, sind einberufen. Die Schleswig- Holsteiner, Hamburger und Lübecker haben ihren Parteitag am 5. September in Neumünster. Die „nordischen" Genossen tragen sich mit großen Erwartungen, sie glauben sicher, ihre Hamburger und schleswig-holsteinschen Wahlkreise zu behaupten, Lübeck wieder zu erobern und noch einen schleswig-holsteinschen Wahlkreis dazu. Der Parteitag für beide Mecklenburg findet ebenfalls am 5. September und zwar in Lübeck statt. Bedeutende Fortschritte Hal die Social demokratie gerade in Mecklenburg gemacht, fast in allen Kreisen kamen das letzte Mal ihre Kandidaten zur Stichwahl, in der sie freilich unterlagen. Die Land agitation hat die Socialdemokratie gerade in Mecklen burg sehr fleißig betrieben, und auf den Ausfall der nächsten Reicdstagswahlen daselbst darf man deshalb sehr gespannt sein. Eine Parteiconferenz für die Provinz Sachsen ist für den 29. August nach Halle einberufen. Die Socialdemokratie Thüringens trifft sich am 15. August in Erfurt. In Thüringen hat die Socialdemokratie in der letzten Zeit sehr fleißig agitirt, der Parteitag in Erfurt dürfte stark beschickt werden. Am 12. September wird vie Parteiconferenz für die Provinz Brandenburg in Berlin abgehalten. Die brandenburgischen Genossen haben außer den fünf Berliner Wahlkreisen drei in der Provinz inne, die sie, wie sie erklären, sicher behaupten werden, zwei andere, in denen sie das vorige Mal nach heftigem Kampf in der Stichwahl geschlagen wurden, wollen sie gewinnen. Von einer Gegenagclation der bürgerlichen Parteien hört man noch nichts. * Berlin, 5. August. Der neuesten Bemühungen der „Kreuzztg." um ein Bündniß mit dem Centrum ist im Leitartikel des „Leipz. Tagebl." vom 3. d. MtS. gedacht worden. Unser damaliger Artikel schloß mit dem Satze: „Was das Blatt dem Ceutrum „vorstellt", darauf werden wohl dessen Organe die Antwort nicht schuldig bleiben." Solche Antworten sind inzwischen erfolgt; sie lauteten, wie vorauSzusehen war, ablehnend. Der „Westfäl. Merkur", z. B. schrieb u. A.: „Die „Kreuzztg." will uns verbieten, vom ostelbischen Junkcr- thum zu reden, da wir ja selbst viele Adelige und viele Ostelbier unter uns hätten. Nein, diese Bezeichnung richtet sich weder gegen Len ehrcnwerthen Adelstand noch gegen die Gesammtheit der Mit bürger, die östlich von der Elbe wohnen. Jedermann weiß, was unter ostelbischem Junkerthuin zu verstehen ist. Das ist eine „kleine, aber mächtige" Gesellschaft von Rittergutsbesitzern — auch bürgerliche sind darunter — die steif und fest in der Ueberlieferung beharren, daß sie nicht blos zur Beherrschung, sondern auch zur Ausnutzung des Staates berufen seien. Der Staat ist dazu da, um ihnen ein „standesgemäßes" Einkonimen aus ihren vielfach stark verschuldeten und schwach bcwirthschasteten Gütern zu sichern und ihren Sprößlingen die schönsten Stellen in der Beamten schaft zu geben. Diese Gruppe beherrscht mit ihrer phäno menal entwickelten Selbstsucht die sog. conservative Partei. Ter Bauer ist nur dazu da, um Beiträge für den Bund der Land- wirthe zu zahlen und sich von den Herren die Wahlzettel geben zu lasse»; wenn er Rechtsgleichheit beansprucht, ist er „demokratisch" und wird polizeilich in seine Schranke verwiesen, wie es die „Nordost"-Bauern in Puttkamcrun erfahren haben. DaS ein seitige Interesse der ostelbischen Rittergüter war auch maß- gebend bei der Stellung zu den Staffeltarifen und bei dem Anträge Kanttz. Der junkerliche Uebermuth ist ferner schuld daran, daß der Getreidehandel in die heillose Verwirrung ge- kommen ist, unter welcher auch die Landwirthschast jetzt zu leiden hat. Recht unangenehm trat die Selbstsucht dieser Herren in der Verfechtung des Ajsessorenparagraphen zu Tage. Die Ver waltungsämter waren schon so ziemlich reservirt für die Sproß- linge der bevorzugten Familien: in der Justiz ober mußten sie ohne alle Privilegien in Wettbewerb treten mit ganz „gewöhn lichen" Leuten. Der Nssessorenparagraph sollte auch die Justiz zur Milchkuh für die „herrschende Partei" machen. Wir sind den Nationalliberalen dauernden Tank dafür schuldig, daß sie Viesen Vorstoß des ostelbischen Junkerthums abgewiesen haben. . . Die Conservativen ogitiren gegen das allgemeine Wahlrecht und liefern Wasser auf die Mühlen der Staatsstreich-Politiker, deren Endzweck ist, auch im Reiche die Herrschaft des ostelbischen Junkerthums und der aus ihm hervorgegangenen Bcamtenichafl zu stabiliren. Gegen solche verderblichen Treibereien Widerstand zu leisten, ist nicht nur unser gutes Recht, sondern auch unsere heiligste Pflicht; denn diese Politik der einseitigsten, gewissenlosen Selbst sucht bringt das Vaterland und die Monarchie selbst in Gefahr." Ob nach solchen Bescheiden die „Kreuzztg." ihr Werben fortsetzen wird? d) Berlin, 5. August. (Telegramm.) Im Gefolge des Kaisers und der Kaiserin während deS Aufenthalts derselben in Petersburg werden sich befinden: der Reichs kanzler Fürst zu Hohenlohe, der Oberhofmarschall Graf zu Eulenburg, der Commandaut des Hauptquartiers General lieutenant von Plessen, der Chef deS Militaircabinets General der Infanterie von Habnke, der Chef des Civilcabinets Wirkliche Geheime Rath Or. von LucanuS, der Chef des Marinecabinels Contreadmiral Freiherr von Senden-Bibran» der deutsche Botschafter in Rom von Bülow, die Flügel adjutanten Oberst von Scholl, Oberst v. Löwenfeld, Oberst Gr. von Klinckowström, ferner Oberst von Villaume, Wirkt. Geheimer Ober-Negierungsrath Freiherr von WilmowSki, Generalarzt Or. Leutholv; Frl. von Gersdorf, Gräfin Bassewitz, Oberhofmeister Freiherr von Mirbach, Kammerherr von dem Knesebeck. L. Berlin, 5. August. (Privattelegramm.) Gegen über der (vom „Leipz. Tagebl." bisher nicht erwähnten. Red.) Mittheilung eines hiesigen Blattes, der deutscke Botschafter in Washington Freiherr von Thielmaim habe bereits die Geschäfte des Staatssecretairs des Reichsschatzamtes über nommen, muß hervorgehoben werden, daß in dieser Beziehung bisher nichts bekannt geworden ist. Auch ist die amtliche Ernennung noch nicht erfolgt; diese dürfte aber bevorstehen. — Die „Kreuzzeitung" schreibt: „Wenn die Völker durch programmatische Reden be friedigt werden könnten, dann wäre es nicht schwer, sie zu be glücken. Wo es an Thate« fehlt, stellt man gern Pro- gramme auf. Praktisch läßt sich in der Regel wenig damit an sangen. Immerhin wird die öffentliche Erörterung dadurch an geregt, und zuweilen gewinnt man interessante Einblicke in den Gedankenkreis der betreffenden Herren." Diese Sätze richten sich nicht etwa gegen die Programm reden vr. von Miquel's, sondern gegen eine Rede, die der Curator der Universität Bonn, I)r. von Rotten burg, auf dem Festcommers der landwirthschaftlichen Akademie Poppelsdorf gehalten hat. — Dem Vernehmen der „Schles. Ztg." nach sind im Schooße des preußischen Staatsministeriums auf Allerhöchsten Befehl bereits Verhandlungen eingeleitet, wie angesichts der durch das Hochwasser entstandenen Noth Hilfe zu schaffen sei. — Ueber die Ernennung deS Herrn von Köller zum Oberpräsidenten von Schleswig-Holstein schreibt die „Nat.- Lib. Corr." u. A.: „Inwieweit er zur Versöhnung der Gegensätze in der Provinz beitragen wird, und ob sich in Bezug hierauf die Besorgnisse in der Provinz vor einem ausgesprochen rechtsconservativen Oberpräsidenten als be gründet erweisen werden, bleibt abzuwarten." — Wie nach der „M. Z." verlautet, sollen die Verhand lungen wegen Vereinbarung eines neuen Handelsvertrages zwischen dem Reiche und England in London staltfinden. — Ein Handwerkerblatt, die „Frankfurter B.cker- und Conditor-Ztg.", wendet sich in einem sehr sckarfrn Artikel gegen die bekannte Eingabe des Bundes der Land wirt he, betr. ein Einfuhrverbot für Getreide. — Wie der Berliner „Volksztg." mitgetheilt wird, ist daS DiSciplinarverfahren gegen den Professor Rosenthal in Erlangen jetzt eingestellt worden. Feuilleton. Thränen. Nachdruck »erbot««. Die bildenden Künste stellen bekanntlich wirkliche Tbränen nicht selten dar; wir sehen solche z. B. auf Guido Reni'S Bildniß als große runde Tropfen die Wange herabfließen, während weitere Nachzügler nock an den Wimpern bangen over das Ange von ihnen überzuströmen droht. Sie sind zu einem allgemein verstäi blichen Symbol der Trauer geworden, wie denn auch die Dichtkunst den Seclenschmerz, die Trauer, die Sehnsucht in Tbränen sich Luft machen laßt. „Wer nie sein Brod in Thränen aß", singt schon Meister Goetbe und Schiller läßt den fürstlichen Kammerdiener der Lady Milford das bittere Wort „Perlen bedeuten Thränen" zurufen; ja, das „Lob der Tbränen" ist schon in Versen auS- gedrückt worden. Wenn wir auch Zustände tiefster und zumal plötzlicher Trauer kennen, in denen da« Auge keine Tbränen absondert, weil eine zu schwere Erschütterung fast lähmend aus die Cenlralorgane wirkt, bi- dieser Zustand sich allmäblich in weichere Empfindungen der Trauer und in Tbränen auf- zulösen im Stande ist, so sind doch solche Momente in der Minderzahl gegen diejenigen, in denen die GemütbSbewegung zum Weinen führt. E« giebt einen thränenlosen Schmerz. Ihn zeigen ernste, verschlossene, im Schmerz dabin- brütende und zusammensinkende Charaktere, die „nicht weinen können", obwohl ihr Herz von Empfindungen der Trauer fast erdrückt und zerrissen wird, Menschen, von denen man, mit Wertheimer, sagen kann: „In den Mienen sind oft mehr Thränen verborgen, al« in den Augen." Andere giebt eS, denen beim leichtesten Anlaß Tbränen über die Wangen fließen, deren Augen so zu sagen stets auf „Ueberlaufen" eingestellt sind. Wenn wir einem sentimen talen Bolksstück im Theater beiwobnen und in den heftigen Nührscenen verstohlen unsere Umgebung mustern, so können wir oft — zumal bei der empfindsamen weiblichen Zuhörer schaft — feststrllen, daß „kein Auge thränenleer" bleibt. Ja, einige Gemüther werden sogar, wenn sie sich auch einige Zeit standhaft dagegen wehren, ihr Mitgefühl äußerlich zu zeigen, durch die Thränen Anderer förmlich angesteckt; sie müssen „mitweinen". Es ist die« derselbe auf unwillkührlicker Nachahmung beruhende psychische Vorgang, den man beobachtet, wenn man Jemanden sprechen hört, der an heftigem Schnupfen mit näselnder Sprache und Uebersecretion der Auaenbindehaut leidet und der nun scheinbar — denn er ist dabei ost ganz lustig — diese« UeberschufleS von Secret in Gestalt von Thränen sich entledigt. WaS sind nun die Tbränen? Und wodurch entstehen sie? Die Beantwortung dieser Fragen muß, vom mediciniscken Stand punkte auS, etwa« prosaisch ausfallen und wird vielleicht auch den poetischen Schimmer, der die Tbränen »mgiebt, ein wenig be einträchtigen; aber die Naturwissenschaft ist eben nüchtern und prosaisch; sie gebt mit manchen poetischen Bildern, wie mildem vom „gebrochenem Herzen", der „Sprache des Auges" und dem „Duft der Seele" ebenfalls unbarmberzig zu Gericht. Eine Ruptur de« Herzens gehört zu den seltensten Vorkommnissen, die Augen sind, wie man an jeder „schönen Maske" sehen kann, ohne die Mimik völlig ausdruckslos, die Seele duftet nur für «in so feines Riechorgan, wie es Jäger und seine Anhänger besitzen, welche au« bestimmten specifischen Gerüchen de« Menschen auf dessen GemüthS- und Charaktereigenschaften schließen. Die Tbränen sind «ine salzige Flüssigkeit, krystallklar (die berühmten „blutigen Thränen" bat noch Niemand gesehen), ein wenig eiweiß- und schleimhaltig, aber zu 99 Procent Wasser. Sie entstammen je einer kleinen Drüse, welche unter dem Knochen, etwa da sitzt, wo die oberen Augenbrauen außen endigen. Diese Drüsen sondern ununterbrochen jene Flüssig keit ab, welche — o wie nüchtern, und doch wie weise von der Natur eingerichtet — unausgesetzt die vordere Fläche des Augapfels feucht und rein erhält. DaS ist ihr Zweck. — Es ist eine Art von automatischem Berieseluugsapparat, der, für unS ganz unmerklich, functionirt, die Hornhaut vor dem Vertrocknen bewahrt, ihm jene durchsichtige, klare Beschaffen heit erhält, welche für das Sehen nötdig ist, und, zugleich mit dem ebenso unwillkürlichen Lidschlag, alle Stäubchen entfernt, die auS der Luft ins Auge gelangen. Wenn ein schwer kranker Mensch keinen Lidschlag mehr bat, sondern seine Augen, wie in der Agonie, Stunden und Tage lang weit offen stehen, jeder Reflex ver schwunden, die Thränen-Secretion fast völlig gesunken ist, dann haben wir jenes traurige Bild deS gebrochenen AugeS, der sich trübenden, vertrocknenden, ja zu Grunde gehenden Hornhaut vor uns, eine Erscheinung, welche zu den schlimmsten Begleitern eines langen Todeökampfes gehört. Eine gute Pflegerin, welche dies weiß, wird, um den Sterbenden mög lichst lange die Feuchtigkeit seiner Augen, die Durchsichtigkeit seiner Hornhaut und damit daS Sehvermögen zu erhallen, durch häufiges Benetzen mit lauem, schwach salzigem Wasser die verflechten Thränen, daS gelähmte Spiel der Augenlider ersetzen. Äeder Zufluß muß auch einen Abfluß haben. Die Ab sonderung der Thränendrüsen macht von diesem Gesetz keine Ausnahme. Und so fließt denn die Flüssigkeit unmerklich, auch während des Schlafs ununterbrochen, über die Vorder fläche de« Augapfels nach dem inneren Augenwinkel zu, wo in einer kleinen Grube, dem Thränensee, zwei feine Oeff- nungen der „Tbränencanäle" münden. Die Flüssigkeit rinnt nicht über den Lidrand, weil eine Reihe dort befindlicher feiner Drüsen sie durch ein abgesonderte- Fett davon abhält. Jene Canäle leiten die Flüssigkeit ganz regelmäßig durch den Thränensack in die Nasenschleimhaut, von wo sie mit deren Secret gemischt, in gewissen Zeiträumen durch das Schnäuzen mit entleert wird. Uebersteigt die Tbränendrüsen-Absonderung nicht das normale Maß, so bilden sich also überhaupt keine Tbränentropsen; wir bemerken von dem Abgang der Thränen- flüssigkeit ebenso wenig, wie von ihrem Entstehen. DaS Bild ändert sich aber sofort, wenn ein Augenkatarrh mit stärkerer Absonderung und mit Reizung der Thränendrüsen entsteht, wie bei Schnupfen, bei Masern und Influenza. Die massen haft nach dem Thränensee strömende Flüssigkeit drängt sich rasch durch die Thränencanäle in die Nase; diese „fließt", so daß der Betreffende fortwährend daS Taschentuch benutzen muß; ja die Quantität wird zuweilen so hochgradig, daß dieser natürliche Abfluß, zumal da auch die Schleimhaut dieser Canäle geschwollen ist, die Tbränenflüssigkeit nicht mehr schnell genug fassen und durch die Nase weiter befördern kann. Sie fließt tropfenweise über den Lidrand, ganz wie bei alten Leuten, deren Thränencanälchen sich ost durch Atrophie ver engen. Das Auge „thränt". ES ist dies derselbe Vorgang, den wir beim starken Weinen beobachten; auch hier dieselbe überstarke Flüssigkeitsmenge, die zunächst die Taschentücher in Bewegung setzt, wie man in jeder Trauerversammlung, in jedem Rührstück sehen und kören kann; dasselbe llcberperlen in Gestalt von Thränen, sobald das natürliche Abfließen nicht mehr der Tbränen- drüsen-Secretion entspricht. Daher kommt es auch, daß z. B. eine Schauspielerin das Weinen dadurch zu markiren pflegt, daß sie da- Taschentuch vor die Nase hält, da sie nicht immer wirkliche Thränen zur Verfügung bat, so ruft sie dadurch in Verbindung nut entsprechendem Mienrnfpiel und schluchzender Stimme die Illusion des Weinen- hervor. Wenn Kinder so reckt berzlick geweint haben, so ist die« schnüffelnd«, geräusch volle Schluchzen, daS letzte AuSklingen ihre« Schmerze«, auch nicktS, als ein häufige« kurze« Zurückzieben des allmählich aufhörenden ThränensturzeS in die höheren Regionen der Nase. Ein« recht prosaische Ursache der Thränen können wir in
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