„unter Zensur gestellt" wurde, indem er für jede Lehrstunde eine Zensur erhielt, nach deren Ausfall der Tutor seine Maßnahmen traf. Ein Beweis für das einstige fast familiäre Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist die im J.-B. 1862 S. 29 abgedruckte Notiz über die Senioren des Inter nats: „Am Schlüsse jeder Woche erscheinen dieselben vor der Konferenz, um aus dem Munde des vorsitzenden Rektors ein Urteil über ihre Tätigkeit und über das Verhalten des Cötus, Ausstellungen und Vermahnungen, sowie diejenigen Beschlüsse des Lehrerkollegiums zu vernehmen, welche sie durch zuführen haben; dagegen ist ihnen gestattet, etwaige Wünsche oder Be schwerden in bescheidener Form vorzubringen." Vor allem wuchs mit der Zeit die Schwierigkeit, das Leben der ferner Wohnenden außerhalb der Schule zu überwachen. Die ursprüngliche Bestimmung, daß „die Studier zeit des Internats im allgemeinen auch auswärts obhgatorisch sein solle", Heß sich nicht lange aufrecht erhalten. Eine genaue Vorschrift über Zeit und Dauer der häusUchen Arbeit greift wohl auch zu tief in das Familien leben der einzelnen ein. Selbst die an anderen Schulen noch bestehende Einrichtung der Studiertage ist bei uns wieder aufgegeben worden, obwohl die Lehrer erst jahrelang mit deren Erfolgen außerordentlich zufrieden waren. Allmählich aber scheinen die Schüler — vor allem wohl die externen — an diesen Arbeitstagen bedenklichen Gefallen gefunden zu haben, denn im Jahre 1871 wurden einer unbotmäßigen Klasse die Studiertage zur Strafe entzogen. Auch wurden mit der Zeit öfters dafür Arbeitstage im Klassenzimmer zur Anfertigung von Aufsätzen angesetzt, bis allmählich die ganze Einrichtung der Vergessenheit anheimfiel. Nur für das Internat wurde 1865 der „gegenseitige Unterricht" eingeführt: ältere Schüler hatten ihren jüngeren Kameraden wöchenthch zwei Unterrichtsstunden in den verschiedenen Sprachen oder der Mathematik zu erteilen; man hoffte, daß dabei auch die Lehrenden gewönnen, da man von ihnen erwartete, daß sie sich in dem Bestreben, nicht an Achtung und Ansehen zu vertieren, recht sorgfältig auf den Unterricht vorbereiteten. Diese Einrichtung bewährte sich zunächst, wurde aber später aufgegeben, weil sie zu Ausschreitungen führte. Zu den wichtigsten Pflichten des Lehrers gehört die sorgfältige Rege lung der Aufgaben. Obgleich man sich von Anfang an in den Lehrer konferenzen oft über diesen Punkt beriet, wurden in gewissen Zeitabständen immer wieder Klagen über Überbürdung der Schüler laut. Inwieweit solche berechtigt sind, ist nicht immer leicht zu entscheiden. Wenn einstige „Vitz- thümer" Schulerinnerungen austauschen, werden wohl ebensoviele die Frage, ob die Anforderungen an den häuslichen Fleiß sehr groß waren, be jahen wie verneinen. Und das ist begreiflich: wenn an eine größere Anzahl von Schülern, die eine Klasse bilden, dieselben Forderungen gestellt werden müssen, läßt es sich gar nicht vermeiden, daß der eine sich mehr als der