02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.10.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971014023
- PURL
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seiten doppelt vorhanden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-14
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Vei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen find stets a« die Expedition zu richte». Druck «d Verlag vo» L. Polz in Leipzig, 525. Donnerstag den 14. October 1897. S1. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. October. Die Antwort auf die Frage, wtm die Verhandlungen der bayerischen Kammer über die »rotzen Manöver eine erwünschte Gelegenheit zur Kritik gegeben haben, erhält man in den französischen Zeitungen. Ein Pariser Blatt spricht bereit» von einem »sichtbaren Zerfall" de» deutschen Reichs, eine andere Zeitung frohlockt über den „wachsenden Gegensatz zwischen Nord uad Süd". Wollen wir denn, fragt der „Schwab. Merk.", diesen Leute» wirklich da» Vergnügen bereiten, sich für berechtigt zu halten, derartige Ansichten zu hegen und sich über unsere scheinbare Uneinigkeit zu freuen? W:r sagen ganz ausdrücklich „scheinbar", denn daß es in Wirk lichkeit wieder zu ernstlichen Gegensätzen und Verstimmungen kommen sollte, der Gedanke ist überhaupt gar nicht auS- zudeuken. Die Eifersüchteleien und Gegensätze, die sich ge legentlich der großen Manöver abgespielt haben, sind schließlich weiter nicht» al» die bedauernswerthen Nachklänge früherer Zeiten, die man vergessen glaubte und die bei emtretenden Depressionen de» Politischen Barometer» sich wieder bemerkbar machen. Einen Punct hebt dann da» schwäbische Blatt he- sonder» hervor; er betrifft die Klagen über große An strengungen.diebei Manövern und auch sonst den Soldaten angeblich zugemuthet werden. „Wenn Truppentheile beschmutzt oder ermüdet von größeren Hebungen eiuzurücken pflegen, kann man sehr häufig den Ruf hören: Ach, di« armen Menschen, was müßen die auShalten! Man könnte darauf kurz erwidern: dafür sind eS eben Soldaten und Stra pazen gehören nun einmal zum Handwerk. Warum aber — so fragen wir — hört man nie Worte de» Mitleids mit den Soldaten der Arbeit? Mau denke nur an die mühe- und gefahrvolle Arbeit der Hunderttausende von Bergwerks- Arbeitern, von denen jahraus jahrein Hunderte verunglücken; an die Tausende von Seefijchrrn, die tagtäglich bei ihrem gefahrvollen Berufe dem Tod in- Antlitz schauen! Kurz und gut, wo man hinsieht und hinhört, überall erblicken wir den schweren und unerbittlichen Kampf ums Dasein. Das nimmt man als etwas Gewöhnliches uad Selbstverständliches und nicht Abzuändernde» hin, ohne ein Wort darüber zu verliere«. Bei »nsern in der Vollkraft der Jugend stehenden Soldaten aber wird bei jeder Gelegenheit ein Mitleid verschwendet, daS, von Ausschreitungen abgesehen, nicht begründet ist und in der Regel gar nicht beansprucht wird. Wo hat man denn früher eine so sorgfältige und ausreichende Bekleidung gekannt wie jetzt; wie unzureichend war früher vielfach die Verpflegung im Vergleich mit heute, wenngleich auch heute noch die warme Abendkost fehlt, und wie gnt sind die Leute untergebracht! Wenn nun aber bei einer militairischen Uebung ein paar Leute krank werden, dann wird ein Aushebens davon gemacht, als ob die Welt unterginge. So ängstlich ist es doch in der Wirklichkeit nicht. WaS sagen denn die alten Veteranen von Weißenburg und Wörth, von Sedan, Pari» und Orleans dazu? Jeder Beruf, ohne irgend welche Ausnahme, erfordert seine Opfer. Hüten wir uns, bezüglich uujerer Armee in eine weichliche, zugleich unangebrachte Sentimen talität zu verfallen. Nur ein markiges und kräftiges Geschlecht wird dereinst» falls eS dazu berufen sein sollte, in der Lage sein, den starken Grenzwall des Reiches zu bilden, an dem alle feind- lichen Angriffe scheitern müßen." Unrichtig ist in dieser Ausführung nur, daß man nie Worte deS Mitleides mit den „Soldaten der Arbeit" böre. Es gehört zu den edelsten Bestrebungen unserer Zeit, die Gefahren und Mühseligkeiten, denen so viele Arbeiter aus gesetzt sind, zu vermindern. Wie viel zu diesem Zwecke vom Reiche, den Einzelstaaten, den Gemeinden und den einzelnen Arbeitgebern geschehen ist und noch -»gestrebt wird, braucht nicht aufgezählt zu werden. Aber Äensvviel ist geschehen, um auch den Hütern unserer staatlichen Sicherheit ihren Dienst zu erleichtern und nicht unbedingt uöthige Strapazen von ihnen fern zu ballen. Daß ihnen nicht Alles erspart werden kann, wa» Schweiß Und Mühen kostet, liegt ebenso auf der Hand, wie die Unmöglichkeit, andere Berufsbeschwerden in Vergnügungen umzuwandeln. Selbst die phantasiereichsten Apostel der Socialdemokratie bringe» eS nicht fertig, ein Bild deS Zukunftsstaates auSzumalen, auf dem Gefahr und Mühsal fehlt. Gleichwohl ist es zu verstehen, wenn von dieser Seite über die Anstrengungen der Manöver beweg liche Klagen angestimmt werden. CS soll Stimmung in der Armee für die „guten Seelen" gemacht werden, die solche Klagen erheben. Um so weniger aber ist e» zu verstehen, wenn Anhänger von Parteien, die als Gegner der Social demokratie und ihrer auf Untergrabung der militairischen Zucht gerichteten Ziele sich aufspielen, ,n derartige Klagen, deren Nichtberechtigung aus den humanen Bestrebungen unserer Zeit sich ergiebt, einstimmen und dadurch auch ihrer seits dazu beitragen, daß der im deutschen Heere herrschende gute Geist patriotischer Opferwilligkeit vergiftet wird. Während in Vaden die Conservativen bei der letzten Reichstags-Ersatzwahl in Donaueschingen unbegreif licherweise für einen Klerikalen gegen einen National liberalen stimmten, beabsichtigen sie bei den Landtags wahlen dies Unrecht wieder gut zu machen, indem sie in dem am heißesten umstrittenen Wahlkreise Karlsruhe für die nationalliberalen Candidaten eintreten. Sie haben diese Absicht in einer bereits mitgetheilten, würdig und ruhig ab gefaßten Erklärung kund gethan und eS ehrt sie, daß sie unter Betonung ihres Gegensatzes zu den Nationalliberalen als einziges Motiv ibrer Handlungsweise ihre patriotische und nationale Auffassung angeben. Wenn die Herren Fortschrittler sich manchmal darüber beklagen, daß die Nationalliberalen nicht mit Heller Begeisterung für einen Fortschrittler gegen einen Conservativen stimmen, und wenn sie dann über Berrath an der Sache des Liberalismus schreien, so mögen sie an daS Beispiel von Karlsruhe denken. Hier treten die Conservativen uneigen nützig für nationalliberale Candidaten ein, während die Fort schrittler offen dafür agitiren, daß neben einem Demokraten noch zwei Socialdemokraten an die Stelle der National liberalen treten. ES ist übrigens wohl nicht allein das Ein treten der Karlsruher Fortschrittler für die Socialdemokratie, WaS dort die Conservativen zum Eintreten für die national liberalen Candidaten veranlaßt. Auch die sehr verschiedene Haltung der Nationalliberalen und der Fortschrittler gegen den UltramontaniSmuS mag zu dem Entschlüße der Karlsruher Conservativen beigetragen haben. Jeder fortschritt liche Wahlsieg bedeutet in Baden eine StärkungdeS Centrums und eine Steigerung seiner Begehrlichkeit und Anmaßung. WaS daS sagen will, haben bei der Reichstagsersatzwahl in Donau eschingen die Conservativen sich nicht hinreichend klar gemacht. Inzwischen ist daS Rundschreiben deS Papstes anläßlich der CanisiuSfeier mit seinen Beschimpfungen der Refor matoren und der Reformation erschienen und hat die ultra montane Presse wieder einmal verrathen, welche Rolle sie im Besitze ausschlaggebenden Einflusses den deutschen Protestanten zuweisen würde. Es ist daher doppelt begreiflich und an- erkennenSwerth, daß die Karlsruher Conservativen nicht Schleppenträger der Schleppenträger des CentrumS werden wollen und für solche Candidaten eintreten, von denen sie energische Abwehr ultramontaner Anmaßung erwarten dürfen. Mm österreichischen MinisterpräsidentenGrafen Badeni mag es augenblicklich nicht besonders wohlig zu Muthe sein. Im Abgeordnetenhause umbrandet ihn die De batte über den Antrag der Opposition auf Erhebung der Ministerklage wegen Verfassungsbruchs, begangen durch die Sprachenverordnungen und einen das Versammlungsrecht ein schränkenden Erlaß und, was ihm persönlich vielleicht noch pein licher sein mag, der Zwischenfall mit dem Duell wird, vom klerikalen Standpunct aus gesehen, immer skandalöser. Jetzt stellt sich nämlich heraus, daß der polnische Graf am Abend des Duell tages bei dem Pfarrer Kurz von der Wiener Hofkirche „zu den sieben Chören der Engel" als sterbenskrank die priesterliche Ab solution in nrticulo mortis erbat und erhielt. Tags darauf stellte sich das als eine Täuschung des Geistlichen heraus, da die Duellverwundung nur leicht und von einer Lebensgefahr auch nicht einen Augenblick die Rede gewesen war. Die „katholische Volkspartei" des Wiener Abgeordnetenhauses hatte sich nach dem Duell mit einer Resolution voll des „tiefsten Bedauerns" über diese Verletzung der Kirchengesetze durch den Ministerpräsidenten begnügt, statt den Austritt aus der Mehrheitscoalition zu voll ziehen; ihr eigener Führer vr. Ebenhoch rügte das in dem von ihm bedienten Theil der österreichischen Provinzialpresse, parla mentarisch aber wagte man nichts weiter zu thun, nachdem Graf Badeni „der Kirche eine schnelle Genugthuung gegeben" haben sollte. Wie man erfährt, bestand diese aber lediglich darin, daß der Minister durch den Wiener Cardinalerzbischof Gruscha die Lösung von den katholischen Kirchenstrafen für die begangene Todsünde in Rom telegraphisch erbat und auf demselben Wege erhielt; mit diesem Vorgang aber ist angeblich nach den Auf schlüssen über die an dem Wiener Pfarrer Kurz von dem Grafen Badeni geübte Täuschung der Nuntius Msgr. Taliani nicht ein verstanden, sondern will die Sache neuerdings in Rom moniren, vielleicht allerdings auch nur, weil Graf Badeni bei Schlichtung jenes kirchlichen Zwischenfalles seine Mitwirkung nicht mit in An spruch genommen hat. So wird reichsdeutschen Centrumsblättern aus Wien gemeldet. Eben dieselbe Seite beklagt auch das Bünd- niß der katholischen Volkspartei mit den Tschechen, das sie ganz unumwunden „hussitisch" nennt. Die norwegischen Storthingswahlen nähern sich nunmehr ihrem Ende. Der Montag brachte zum ersten Male der Rechten insofern ein verhältnißmäßig günstiges Ergebniß, als sie wenigstens keinen Verlust erlitt, vielmehr sieben ihr seit Alters gehörende Sitze ander Christiania-Föhrde behauptete. Bis jetzt ist für 86 Sitze im Storthing gewählt worden, von denen die Linke 68, die Rechte 18 erhielt, gegen bezw. 63 und 33 bei der vorigen Wahl. Noch nicht gewählt ist für 28 Sitze, von denen bisher sechs der Linken, 22 der Rechten gehörten. Ein heißer und spannender Kampf wird für den heutigen Donnerstag in der Hauptstadt erwartet, von deren sechs Vertretern bisher vier der Linken angehörten. Es bleiben dann nur noch ein Paar kleinere Städte und Landstriche übrig. Jedenfalls ist die Linke nicht mehr weit von der Zweidrittelmehrheit entfernt und hofft sie noch zu erreichen. — Eine scharfe Absage wird übrigens, wie die „Tägliche Rundschau" schreibt, Björnstjerne Björnson wegen seiner neulich zu Kopenhagen in einem linken parteilichen Studentenclub vorgebrachten Liebeswerbungen für Dänemark in der dortigen rechten parteilichen „National- tidende" zu Theil. Mit bitterem Spotte wird darauf hinge wiesen, daß derselbe Dichter-Politiker nicht lange vorher Däne mark geschulmeistert und daß überhaupt die zuweilen recht hoch gestimmte Sympathie der skandinavischen „Brudervölke?' Dänemark 1864 mit in den Krieg getrieben habe, ohne ihm in der Stunde der Gefahr wirklich zu Hilfe zu kommen. Der neuerliche Gedanke deS „Staatsmannes Björnson" wegen eines dänisch-norwegischen Waffenbundes gegen Schweden sei übrigens so drastisch, daß alle Verstimmung von selbst verschwinden müsse: also aus reiner Sympathie solle Dänemark bei einem etwaigen Kampfe nicht etwa bloS den platonischen norwegischen Standpunct von 1848 und 1864 einnehmrn, sondern in vollem Ernste seine Geschütze in die kräftigen Choräle ein stimmen laßen, die Norwegen „reine" Flagge und eigenes Ministerium des Aeußeren schaffen sollen. Wenn Björnson auf dem Feste beigestimmt habe, daß jeder Student sich zu vater ländischer Arbeit rüsten solle, so ser die Beseitigung deS„HeringS- salatS" (spöttische Bezeichnung der Norweger für daS vielfarbige Unionszeichen. D. Red.) auS der norwegischen Flagge doch kaum eine vaterländische Arbeit für dänische Studenten. Der Verlust Schleswigs, so schließt der Aufsatz des Kopenhagener Blatte- mit einer unS Deutsche noch besonders angehenden Wendung, deute auf eine vaterländische Arbeit, die der dänischen Jugend und nicht zum Mindesten den Studenten weit naher liege, als der UnionSzank zwischen Norwegen und Schweden. Die spanische Antwortnote auf das neuliche „Ultimatum" des amerikanischen Gesandten Generals Woodford dürfte, wenn die über ihren Inhalt gemachten vorläufigen Mittheilungen genau sind, zur herzlicheren Gestaltung der spanisch-amerikanischen Beziehungen schwerlich beitragen. Denn das Ministerium Sagasta lehnt darin zwar höflich aber bestimmt jedes Eingehen auf die Zumuthungen der Washing toner Regierung nicht nur ab, sondern spielt auch seinerseits einen Trumpf aus, indem es die Vereinigten Staaten wegeck ihrer laxen Ueberwachung der kubanischen Zettelungen auf ameri kanischem Gebiet mit der eigentlichen Verantwortung für den un befriedigten Stand der Dinge auf Cuba belastet. Es wird hiermit offenbar ein sehr zarter Punct der amerikanischen Politik berührt; aber eben darin, daß man sich spanischerseits nicht scheut, diesen Punct zur Sprache zu bringen, liegt ein Symptom für die zu nehmende Gespanntheit des Verhältnisses zwischen beiden Staaten. Inwieweit auf die Redigirung des Entwurfs der spanischen Ant wortnote die Wahrnehmung Einfluß geübt hat, daß in dem cubanifchen Streite die Sympathien Europas auf der Seite Spaniens stehen und die Tactik der Vereinigten Staaten fast durchgehends abfällig beurtheilt wird, kann vorläufig dahingestellt bleiben. Soll die Erwiderung Spaniens aber jenseits des Atlantic die gewünschte Wirkung hervorbringen, so wird das nur dann geschehen, wenn das liberale Regime Sagastas nunmehr ungesäumt mit dem kubanischen Problem aufräumt, d. h. allen berechtigten Beschwerden der Jnselbevölke- rung ehrlich und gründlich abhilft und damit auch zugleich dem Aufstande seine raison ä'etro nimmt. Mit halben Maßregeln wird nichts mehr geschafft, ebenso wenig durch die Waffengewalt allein, da Spanien außer Stande ist, die Insel hermetisch gegen Zuzug von Außen abzusperren. Mit dem Zugeständnisse der Autonomie ist an sich auch noch nicht viel gethan, es kommt darauf an, der zu gewährenden Autonomie einen Inhalt zu geben, welcher auf Cuba der Erkenntniß die Wege bahnt, daß es im eigensten Interesse der Kolonie gelegen ist, die Verbindung mit dem Mutterlande auch fernerhin zu pflegen. Ob dem Liberalen Madrider Cabinet die Erreichung dieses Zieles glückt, hängt von dem Maße politischen Verständnisses und Tactes ab, das es im weiteren Verlaufe der kubanischen Dinge bethätigen wird. Deutsches Reich. * Reichenbach, 12. Oktober. Der Vorsitzende der national liberalen Fraction deS sächsischen Landtages, Geh. Commerzien- rath Georgi in Mylau, hat sich in einer vor den Landtags- FerrNlatsn. Götzendienst. S3j Nomau in zwei Theilen von Waldemar Urban. Nachdruck veriote». Dann lächelte sie gemüthlich und überlegen und fuhr fort: „Ich sehe gar nicht ein, was da so viel zu überlegen und zu simuliren ist. Die Sache ist ja höchst einfach. Sie gehen zu Herrn de Melida und bitte ihn, die Ihnen aufer legte Prüfungszeit abzukiirzen und die Einwilligung zur Bekanntmachung Ihrer Verlobung mit Felicia zu geben. Dann werden Sie ja sehen, was geschieht. Sagt er ja, nun, dann ist ja Alles schön und prächtig " „Das ist aber gar nicht anzunehmen unter diesen Um ständen." „Ah, Sie müssen es nur recht machen", entgegnete Frau Courcelles rasch, als ob sie schnell über die Unwahrschein lichkeit ihrer Annahme hinweg kommen wolle. Sie glaubte offenbar auch nicht daran und wollte den jungen Mann nur zu diesem Schritte überreden, damit eine klare Situation entstünde, damit sie ihn vor ein kurz und bündiges Ent weder — Oder stellen konnte, „sagt er aber nein, dann wissen wir ja, wie wir daran sind, dann steht der alte, dicke Mann vor Ihrem Paradies genau so, wie vor meinem und Geor gettes. Dann heißt es einfach: biegen oder brechen." „Ahd was nennen Sie in diesem Falle brechen?" fragte er zögernd und lauernd. FralXAourcelleS stand auf. „BreHen, mein Freund, nennt man, wenn etwas zu- sammenbHcht. und zwar so, daß es nicht wieder aufsteht. Wenn Si» mir nicht glauben, nun, so können Sie sich ja meinetwegen bei Don Salvatore oder bei seinem Sprach lehrer erkuWsigen, was brechen heißt. Adieu." „Sie wWen gehen?" „Was fcW ich denn noch hier? Ich habe alle Hände voll zu thun. IM muß noch Besuche bei der alten Baronin Lüders und Hki dem Hofmarschall von Zossen und noch bei einem halben Ä-utzend solcher Krippenreiter machen, um das Ceremoniell für den Empfang am nächsten Sonnabend fest zustellen. Ich kann mich also nicht mehr auf linguistische Studien mit Ihnen einlaffen, Herr Graf. Wenn Sie nun noch nicht wissen, was brechen heißt, so gebe ich Ihnen mein Wort, man wird es Ihnen binnen Kurzem an Ihrem eigenen Körper, an Ihrer eigenen Existenz klar machen. Adieu, mein Freund." Und mit einer liebenswürdig lächelnden Verbeugung verließ sie das Zimmer. Gleich darauf aber kam sie noch einmal zurück und sagte hastig und halblaut: „Apropos, wenn Sie mich noch einmal sprechen wollen, so warten Sie nicht, bis ich hierher komme. Ich werde nicht mehr hierher kommen. Aber ich werde jeden Abend von jetzt ab nach dem Diner in dem kleinen blauen Rauchsülon, der nach dem Park hinausgeht, für Sie zu sprechen sein. Sie werden wohl verstehen, warum das so sein muß. Es hat leinen Sinn, daß wir uns jetzt so häufige und officielle Be suche machen, Adieu." Damit verschwand sie und Graf Victor blieb nachdenk lich und eigenthümlich nervös aufgeregt allein. Es wollte ihm scheinen, als ob diese Frau für ihn immer mehr und mehr verhängnißvoll würde. Wie war es nur gekommen, daß er mit ihr so eng liirt war? Sie war doch eigentlich bei all' ihrer glatten feinen Vornehmheit, bei ihrer lächelnden, graziösen Beherrschung der äußeren Form doch ein wahrer Dämon, aber — das mußte er auch anerkennen: sie war klug und findig wie selten eine. Und dann: er zog mit ihr an einem und demselben Strang. Er hatte ja nichts von ihr zu fürchten. Wozu sich also vor ihr fürchten? Freilich, wenn all' die kleinen halbversteckten flüchtigen Fäden ihrer Unterhaltungen vor aller Welt zu Lage gelegen hätten, so würde daS häßlich ausgeseGM hkchen und Graf Victor hätte ffck> einer solchen Äerbündeten wohl zu schämen gehabt. Aber das war ja nicht der Fall und sein inneres Seelenleben zu kritifiren, das hatte sich Graf Victor schon längst abgewöhnt. Wenn nur die äußere Form bewahrt wurde, so genügte ihm das. Und daS that Frau Courcelles so peinlich, so exact wie selten Jimand. DaS war die große Touliffe, hinter der sich ihr herrschsüchtigeS, geldgierige», schmutzige» Treiben verbarg. IX. Es begann bereite zu dämmern. Die Schatten der Bäume im Park zu He-nngen wurden länger und länger, der Abendwind rauschte in dm Baumkronen und bog sie anmuthig zu einander hin, da und dort stiegen weißliche Nebelschleier aus den Drainirgräben, die das Land durch zogen. Herr de Melida stand nachdenklich am Fenster und überschaute von seinem Salon aus die Landschaft. Der Maler hatte ihn soeben verlassen und die Unterhaltung mit ihm schien ihn ernster als je gestimmt zu haben. Sein Kopf war tief auf die starke, breite Brust herabgesunken, die Augm, wie gewöhnlich, nur halb geöffnet, blickten trübe, fast traurig. Hin und wieder fuhr er sich mit der flachen Hand über den mächtigen, kurz geschorenen Schädel und seufzte tief auf. Plötzlich öffnete sich eine Thüre und Felicia steckte neugierig und lebhaft den Kopf herein. „Ist er fort, Papa?" fragte sie, als sie nur ihren Papa im Zimmer gewahrte. Langsam wandte sich Herr de Melida nach ihr um. „Ah, Du bist's, Felicia? Was willst Du?" Felicia kam näher, mit raschen, kleinen Schritten trippelte sie heran, halb verlegen, halb schmeichelnd, als ob sie Etwas wissen wollte und sich doch nicht zu fragen getraue. „WaS wollte er denn? Ihr habt ja so lange mit einander gesprochen. Hat er ?" Sie stockte. „WaS denn?" „Ich meinte . Nun, er wird doch wohl einen be ¬ sonderen Grund gehabt haben, mit Dir zu reden. Warum kam er denn nicht zu mir? Er muß doch auch mit mir reden. Wenn ich nicht will, so so " Sie stockte schon wieder, machte sich rasch mit einem Bouquet zu schaffen, daS auf dem Tische stand und zupfte die Blätter aus, um ihre plötzliche Verlegenheit zu verbergen. Ihr Vater beobachtete sie schärfer. „Nun?" fragte er dann, „was ist denn dann, wenn Du nicht willst?" „Ich meinte nur, daß Ihr doch von mir gesprochen habt", erwiderte sie verwirrt und roth werdend, dann brach sie wieder ab. „Hast Du gehorcht?" fragte ihr Vater immer aufmerk samer. „Papa, wahrhaftig nicht! Frag' Salvatore, ich habe ihm seine Lection abgehört. Er ließ mich nicht loS, mit seiner albernen Grammatik. Aber sage doch endlich, von 'was Ihr gesprochen habt." - „O, nichts Besonderes. Er hat mir von dem neuen Bild erzählt, das er für mich malt." „Weiter nichts?" fragte Felicia enttäuscht, „aber doch nicht drei Viertelstunden lang." „O nein. Dann wollte er noch wissen, wann Du Deine Verlobung feierst " „Nun, nun?" fragte sie begierig. „Mit dem Grafen Victor!" setzte ihr Vater langsam und nachdrücklich hinzu. „So?" fragte sie gedehnt, als ob ihr der Ton im Halse stecken bliebe. „Und was hast Du ihm gesagt, Papa?" „Was soll ich sagen? Das kommt doch mehr auf Dich an, als auf mich." „Na, Gott sei Dank! Weißt Du, Papa " Es war eine merkwürdige Unterhaltung. Sie fing immer heftig, aufgeregt an, die Worte überstürzten sich, ihre Augen leuchteten, bis sie plötzlich wieder stockte, die Augen senkte und an sich herumzupfte, um ihre Verlegen heit zu verbergen. „Was denn, mein Kind?" „Ach das ist — das " Sie brachte es nicht heraus. Endlich warf sie sich mit all' ihrer ungestümen, kindlichen Lebhaftigkeit an seine Brust und weinte ihre bittersten Thränen. „Papa, Papa ", schluchzte sie nochmals, aber es kam nicht weiter über ihre zuckenden Lippen, sie, deren Züngelchen sonst ging wie ein Mühlrad, konnte keine drei Worte mehr zusammenhängend sprechen. Herr de Melida legte seine Hand auf ihre Haare und fuhr ihr langsam, wie tröstend über den Scheitel. So standen sie eine Weile, ohne daß ein Wort fiel. Da trat Herr Delorme ins Zimmer, wie gewöhnlich seine große Ledermappe unterm Arm. Als er die Gruppe merkte, sagte er rasch: „O, ich bitte um Verzeihung. Ich wußte nicht, daß Sie nicht allein waren, Excellenz", und wollte sich wieder zurückziehen. „Bleiben Sie nur, Herr Delorme", rief Herr de Melida und ließ seine Tochter los. „Geh, mein Kind, geh zu Deinem Bruder. Ich habe mit Herrn Delorme zu reden." Felicia fuhr etwas hastig mit dem Taschentuche über die Augen und sah ihren Vater fast ängstlich an. Dany gab sie ihm die Hand.
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