01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971019013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897101901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897101901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-19
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DK Vtorgen-Au-gab» scheint um '/,? Uhr. die UH«ch.U«-gabe Wochentag- »m v Uhr. Krdaction vnd Erpeditio«; -»dtzn»HOff, 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend- 7 Uhr. Filialen: Otto Klemm's Lortim. (Alfred Hahn), Universitöt-stta-e S (Paulinnm), Louis Lösche, Aatdarinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. VezugS-Prrl- kl dl« hauvtexpedition oder den im Gtadt- tza-kk und den Vororten errichteten Not» aadestellen ad geholt! ot»rtiIj<thrlich^4.KO, im »»eimaliger tttglicher Aufteilung in« tzans ^ll b.LO. Durch die Poft bezogen fii, Deutschland und Oesterreich: pürlrNSdrlich >ch t,—. Direkt» »gliche Ereujbaudsenvung tu- Ausland: monatlich ? dü. Morgen-Ausgabe. UchMer TagMak Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nalizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Aazeigen-Peer- die 6 gespaltene Petitzeile 30 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (-ge spalten) üO^j, vor den gamilikniiochrichte» (6 gespalten) 40^. Vrößere Vchrtsten laut unserem Preis- verzeichntß. Tabellarischer und Aissernsatz nach höherem Tarif. — Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung VO—, mit Postbesvrderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Ab end-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 533. Dienstag den 19. October 1897. 91. Jahrgang. Der antisemitische Parteitag. K Mit dem in der verflossenen Woche zu Nordhausen abgehaltenenParteitagderdeutsch-socialen Reformpartei hat sich dir Presse sehr wenig beschäftigt. Wir unsererseits glaubten der Objektivität die Veröffentlichung eine- aus führlichen Brrsammlung-berichte- schuldig zu sein. Daß die antisemitischen Führer dies al- danken-werth empfinden, möchten wir aber bezweifeln. Im Lichte dieser Verhandlungen erscheint die Partei wie ein Aal, an kaum einem Puncte zu fassen, an keinem festzuhaltrn. Gegensätze wirthschaftlicher Natur sind ja, nicht einmal die Socialdemokratie und den Freisinn aus genommen, auch in allen anderen Parteien vorhanden. Aber während sie sonst überall sreimüthig erörtert werden, ver tuscht man bei den Antisemiten ihr Vorhandensein und verleugnet bald die eine, bald die andere Gruppe von Partei genossen, wie man es gerade braucht. Da- „Volk" ist sehr erfreut über den Nordhäuser Parteitag, weil dort der christlich-sociale Gedanke siegreich gewesen sei, die „Schlrs. Ztg." hat dagegen sogar socialdemokratische Spuren entdeckt, die „Staatsbürgerzeitung", da- Hauptorgan der Partei, behauptet heute, der Parteitag habe einen durchaus ablehnenden Standpunkt zu den christlich-socialen Arbeiter forderungen der Hamburger Parteigenossen eingenommen. Die beiden erstgenannten Blätter haben Recht, aber die „Staatsbürgerzettung" kann sehr Vieles für ihre gegen- theiligen Versicherungen anführen. Das liegt am Arrangement. Der Referent und der Korreferent zu dem Thema „Arbeiter frage" hatten eine überaus radikale Resolution auf nicht minder radikale Weise begründet. Hierauf erhob sich eine Reihe von Rednern, um die Ausführungen der Referenten und ihre Anträge als ruinös für den Mittelstand zu bezeichnen, dann wurde die Weiterberathung bis vor Tbor- schluß ausgesetzt. Das Ende war die Annahme von Re solutionen, in denen von den vorgeschlagenen obligatorischen ArbeiterauSschüssen zwar nicht mehr die Rede ist, aber die Einführung der CoalitionSpslicht für alle Arbeiter zur Dis kussion in den Parteivereinen empfohlen wird, und die ferner u. A. „Zwangsorganisation der Fabrikindustrie mit gesetz licher Durchführung der Coalition der Arbeiter" und für die Hausindustrie „geeignete Bestimmungen" zum Schutze der Arbeiter und ihrer Hausgenossen verlangen. Da die CoalitionS- pflicht aller Arbeiter in susxeuso gelassen wird, so soll die Arbeiterwelt unter gesetzlichem Schutze der Coalition der Fabrikarbeiter wohl die CoalitionSpslicht für diese Arbeiter verstehen. Die Fassung ist jedoch dunkel genug, um kleinere Arbeitgeber, deren Betriebe aber auch industrielle sind, mit einer anderen, ihnen genehmeren Auslegung zu regaliren. Auch mit den „geeigneten Bestimmungen" für die Hausindustrie läßt sich alles Mögliche ansangen, gar nicht zu reden von dem Fundamentalsatz „Reform unserer wirtbschaftlichen Verhältnisse im Geiste nationaler Wirt schaftspolitik". Da die beiden freundschaftlich in der Partei verbliebenen Referenten der Resolution zugestimmt haben, so gehören Arbeiterausschüsse zur nationalen Wirtschafts politik; sie gehören aber, weil sie von den meisten Rednern vcrurtheilt wurden, auch nicht dazu. Es kommt eben darauf au, waS man gerade für ein vjz-L-ris hat. Hätte sich anstatt der „Schics. Ztg." das „Volk" über den Parteitag beschwert, so würbe die „StaatSbürger- Zeitung." aus das den Hamburger Anträgen entgegen kommende Verhalten des Parteitage- hingewiesen haben. Warum auch nicht? Handelt eS sich doch nur um die Ge winnung von Mandaten. Daß man mit den Christlich- Socialen bei den Wahlen Zusammengehen kann, wurde übrigens ausdrücklich hervorgehoben und die National socialen wurden nur wegen ihres Mangels an Antisemi tismus für bündnißnnfähig erklärt. Sonst ist an den Herren Göhre und v. Gerlach nicht« au-zusetzen, was freilich auch der Auffassung nicht entgeaenstand, daß man mit den Con- servativen in einzelnen Fällen zusammen wählen könne. Im Ganzen kam diese Partei freilich schlecht weg und der Bund der Landwirthe mußte sich wegen seines Verhältnisses zu ihr viel Böses sagen lassen. Interessant war die Drohung, die Antisemiten würden, wenn der Bund der Landwirthe sich ihnen nicht füge, ihrerseits in Bauernbünden eine Concurrenz- Organisation schaffen. Interessant deshalb, weil das anti semitische Hauptorgan kurz vorher erklärt hatte, die Anti semiten seien eine Mittelstandspartei und befänden sich als solche in einem bewußten Gegensätze zu den Lanvwirthen, weil diese eine Besitzstandspartei repräseutirten, die bereits mehr oder weniger der Verjudung anheim gefallen sei. Der Gegensatz zwischen Conservativen und Antisemiten ist nicht durch diesen Parteitag, der überhaupt keine Spuren hinterläßt, sondern durch Wahldifferenzeu und daran geknüpfte Preßerörterungen in neuester Zeit merklich vertieft worden; hat doch die „Cons. Corresp." das gewohnheitsmäßige Fern bleiben der antisemitischen Abgeordneten von den Reichstags sitzungen — der einzige Punct, in dem sie consequent sind — noch schonungsloser gebrandmarkt, als da« national liberale Parteiorgan, da« wegen seiner Statistik des antisemitischen AbsentiSmuö in Nordhausen so arg ge schmäht worden ist. Was der nationalliberalen Fraktion selbst nachgesagt worden ist, werden deren Mitglieder, wenn überhaupt, mit Seelenruhe vernommen haben. Die besonders hervorgehobene Ablehnung des Antrages auf ein Verbot der Einwanderung russischer Juden verstand sich, von allen anderen Erwägungen abgesehen, aus dem Grunde von selbst, weil ein solches Verbot dem bestehenden Vertrage zuwiderliefe. Der zu Tage getretene Haß gegen die National liberalen konnte nicht mehr überraschen als die Reserve in nationalen Dingen, die sich diese vorgeblich deutscheste aller Parteien auferlegt hat. Der rechte Flügel des Freisinns ist in diesem Puncte weit übertroffen worden. Man hat die Unterstützung antisemitischer polnischer Candidaten für nicht unzulässig erklärt und über die Flottenfrage überhaupt nickt öffentlich verhandelt oder das Verhandelte der Oeffentlich- keit entziehen zu sollen geglaubt. Der Bericht des Berliner Parteiblattes enthielt nichts über die Angelegenheit. Nachträglich will es verrathen, daß die Frage zur Erörterung gekommen sei, „und zwar in einer die innere Lage so klar beleuchtenden Weise, daß wir wünschen möchten, die maßgebenden Regierungs kreise schenkten ihr möglichst weitgehende Beachtung". Wie soll die Regierung etwas beachten, was sie nicht kennt? Deutsche- Reich. * Leipzig, 18. October. In einer Berliner Zeitung wurde vor Kurzem Folgende- mitgrtheilt: „Da sich der Umfang der Geschäfte de- Reichsgerichts mit dem Inkrafttreten des gemeinsamen bürgerlichen Recht bedeutend vermehren dürste, so wird dem Gedanken einer Ver größerung des obersten deutschen Gerichtshofes durch Bildung neuer Senate schon bald näher getreten werden müssen. Während Manche glauben, es dürsten zwei neue Senate kaum genügen, um dem Mehr an Geschästslast gerecht zu werden, hofft man in Regierungskreisen anscheinend noch, nist der Hinzufügung eines neuen Senat- auskommen zu können." Hierzu können wir auf Grund eingezogener Erkundigungen mittheilen, daß man im Reichsgericht selbst der Frage, ob oder inwieweit eine Vergrößerung des obersten deutschen Gerichtshofes nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches nöthig ist, bisher noch nicht näher getreten ist. * Leipzig, 18. October. In Nr. 515 des „Leipz. Tagebl." vom 9. d. M. hat unser Hamburger -?-Corresvondent eine Reihe erfundener Bismarck-Anekdoten kritisch beleuchtet und dabei betont, daß Fürst Bismarck niemals Karten spiele. In Bezug auf diesen Punct hat jetzt Fürst BiSmarck selbst das Wort ergriffen. Wir lesen nämlich im „Chem. Tagebl." Folgende-: „Vom Vorsteher des I. Chemnitzer Skatvereins, Herrn Schäffler, wird uns mitgrtheilt, daß derselbe, veranlaßt durch unsere, dem „Rheinischen Kurier" entnommene Mittheilung, nach welcher Seine Durchlaucht der Fürst BiSmarck dem Skalspiel huldigt, demselben ein Spiel der von ihm (Herrn Schöffler) sinnreich und mit Humor zusammengestellten Skatkarte „Amme" übermittelt hat und daß Herr Schöffler darauf heute folgende- von Sr. Durchlaucht eigenhändig unterzeichnetes Schreiben erhalten hat: „Ich danken Ihnen ver- bindUchst für die mir überjandte Skatkarte, wenn ich sie auch nicht benutzen werde, da mir da- Skatspiel bisher unbekannt geblieben ist. v. BiSmarck." Damit ist die vom „Rhein. Kurier" in die Welt gesetzte Mittheilung über „BiSmarck al« Skatspieler" vom Fürsten selbst in da- Reich der Fabel verwiesen. Berlin, 18. October. Daß bei der künftigen Regelung der Handelsbeziehungen zwischen England und Deutschland nicht allein die politischen ZukunftSpläne der englischen Regierung in der Richtung eines Großbritannien und seine Colonien' umfassenden Zollbundes maßgebend sein dürfen, sondern auch berücksichtigt werden muß, inwieweit Leistungsfähigkeit der einzelnen Industrien und handels gewerbliche Betriebsamkeit politischen Absichten erfolgreich zu begegnen vermögen, da« beweist die Enguete, welche der englische Colonialminister Chamberlain durch die Gouverneure der einzelnen Colonien hat veranstalten lassen und in einem Blaubuch dem britischen Parlamente vorgelegt hat. Diese Untersuchungen, die nun von der „Deutschen Industrie - Ztg." eingehend behandelt werden, sollten in Sonderheit feststellen, aus welchen Gründen fremde Maaren in den Colonien vor den englischen bevorzugt würden. Daß dazu die Prüfung bis „auf Herz und Nieren" gehen sollte, bekundete schon der Fragebogen. Nicht nur sollte über den Preis der fremden Waare im Verhältnis zur englischen, deren Qualität und Aufmachung, ihre Anpassung an den Markt, die Besonderheiten der Verpackung und die Art und Bezeichnung der Muster genau be richtet werden, sondern auch über falsche Marken, falsche Ursprungsbezeichnungen, falsche Gewichts- und Maßangaben. Es kann dem deutschen Gewerb «fleiß zur Genug- thuunz gereichen, daß selbst diese Untersuchung, die sich gerade gegen seine Concurrenz richtete und ihm darum nicht gerade hold war, nichts Abträgliches über den deutschen Export in letzterer Hinsicht zu sagen vermochte. Eine ganze Anzahl Colonien wird hingegen genannt, wo Deutschland den eng lischen Wettbewerb sogar theilweise aus dem Felde geschlagen hat, und wenn man das Verzeichniß der Ursachen durchsieht, findet man unter den angeführten Colonien nur bei Malta und den StraitS-SettlementS die Bezeichnung: „Gering- werthige Strumpfwaaren". Sonst lautet, ob eS um Be kleidungsstücke in Serra Leone oder in Neu-Süd-Wales, Waffen in Lagos, Uhren in der Capcolonie, Werkzeuge an der Goldküste oder in Trinidad, Cement in den östlichen Colonien, chemische Produkte in Australien sich handelt, das anerkennende Prädicat: billiger und passender; auch geringe Qualitäten gut gearbeitet; besseres Fabrikat, wahrscheinlich in Folge besserer wissenschaftlicher Kenntnisse: besserer Ge schmack und mehr künstlerisch gearbeitet u. s. f. Sodann ist auch in den englischen Colonien dem deutschen Export zu Gute gekommen, daß fremde Maaren mit dem Namen des Ursprungslandes bezeichnet werden müssen. So haben die Colonien gelernt, daß viele „englische Maaren" anderswoher stammten; sie haben die ersten Quellen gesucht, und damit ist auch die Versuchung gekommen, der Bequemlichkeit halber zugleich auch andere Maaren zu kaufen. Nur in einer einzigen Colonie, in Süd-Australien, ist diese gesetzliche Bestimmung den englischen Fabrikanten von Vor- theil gewesen. Sodann wird nicht ohne Neid anerkannt, wie der fremden Sprache kundige Reisende und mit Len Bräuchen und dem Geschmack der Exportländer vertraute Agenturen die deutschen Häuser in enge Beziehungen zu den Abnehmern gebracht, und wie sehr den Deutschen die technische und kaufmännische Ausbildung zu Statten gekommen ist. Das Alles sind Erfolge, die durch politische Zukunftspläne, wer weiß welcher Art, nicht bestritten werden können. Und sie rathen eindringlich, bei künftiger Regelung der Handels verhältnisse politischen Rücksichten das zu geben, was ihnen zukommt, ihnen aber kein unkluges Uebergewicht über wirth- fchastliche Berechnungen zu gestatten. Beim Export in fremde Länder bleibt immer wieder in erster Reibe zu be obachten: daß Preiswürdigkeit und Billigkeit im Wellverkehr in der Regel entscheiden, gleichviel, ob eS sich um Stämme auf niedriger Culturstufe handelt oder um civilisirte Völker mit europäischen Auffassungen und Bedürfnissen. ^1. Berlin, 18. October. Eine neue politische Partei wird diesmal im Osten der Monarchie an dem ReichStagSwahl- feldzuge theilnehmen, die Masuren. Bei den letzten Reichs tagswahlen im Jahre 1893 erschienen auch die Littauer, die in Preußen allerdings nur 145 000 Köpfe zählen, zum ersten Male mit 2 Candidaten. Die Masuren sind wesentlich stärker, sie zählen in Ostpreußen mindesten- 470 000 Köpfe. Die in Lyck erscheinende „Gazeta Budowa", das Organ der Masuren, hat die Wahlcampagne mit einem langen Wahlaufrufe bereits eröffnet. Die erste masurische Wählerversammlung findet am 8. November in Lyck statt. Die Masuren sind sämmtlich Protestanten. L. Berlin, 18. October. (Privattelegramm.) Nach der gestrigen Fahnenweihe hielt der Kaiser an die Parade truppen folgende, von der „Voss. Ztg." ausführlich wieder gegebene Ansprache: „An der Wende des Jahrhunderts hat unsere preußische Armee, da- deutsche Heer, unter den preußischen Königen aus der alten Zeit sich stet« neu ver jüngend, neue Regimenter erstehen sehen. Diesen neuen Regimentern sind heute die neuen Feldzeichen verliehen worden. An einem Fest- und Jubeltage unseres deutschen Volkes, an dem Tage, als es zum ersten Male den Frührothfchein der Hoffnung sich entgegenleuchten sah auf ein Zustandekommen deutscher Einigkeit, an dem Tage der alljährlich wiederkehrenden Oct ob er feier geziemt es sich, vergangener Großlhaten zu gedenken, an jenem Tage, da der herrlichste und gewaltigste Kriegssührer unserem Hause und Volke erstanden ist, an dem Denkmal, vor welchem vor Jahren die Regimenter standen, die unter Meinem verewigten Großvater glorreich gefochten und gesiegt haben. Aus ihnen sind auch die Stämme zu den neuen Regimentern entnommen. Von Priesterhand ist der Segen aus die neuen Feldzeichen herabgefleht worden, und so wünsche Ich denn, daß es dem Herrn im Himmel gefallen möge, den vielen Tausenden von jungen Deutschen, die auf diese Fahne schwören sollen, mit seinem gütigen Rath und Segen von seinem Throne herab als gnädigster EideShelfer beizustehen, wenn sie ihren Fahneneid ablegen. (Zu den Officie ren gewendet.) An Ihnen, meine Herren, ist es, die Heranwachsende Jugend in der alten, strammen Zucht zu erziehen, sich selbst vergessend, nur dem Dienst zu gehorchen, sich selbst aufzuopfern, zusammenzustehen und — wenn eS sein muß — zu fechten für unser großes, herrliches Vaterland. An Ihnen ist eS, die Treue der alten Regimenter auf die neuen zu übertragen und den alten preußischen und deutschen Ruhm an die neuen Stämme zu knüpfen, denn nur so kann unser Vaterland auch fernerhin gedeihen. Darum (zu den Truppen gewendet) fordere Ich von Euch Allen: Treue, Tapferkeit und unbedingten Gehor sam bis zum Tode! Dies ist mein Glückwunsch!" 8. Berlin, 18. October. (Privattelegramm.) Das Togo-Abkomme» wird morgen der französischen Kammer vorgelegt und, wie die „Nat.-Z." hört, gleichzeitig hier im „Reichsanzeiger" veröffentlicht werden. ö. Berlin, 18. October. (Privattelegramm.) Durch Cabinetsordre vom 18. d. M. ist, der „Nat.-Ztg." zufolge, der Hauptmann ä Irr suito deS 2. Seebataillons und stell vertretende Commandeur der Schutztruppe für Kamerun von Kamptz unter Ausscheiden aus der Marine-Infanterie zum Commandeur dieser Schutztruppe ernannt und als Hauptmann mit seinem Patent in derselben angestellt. — Bei den gestrigen Kirchenwahlen sind 5184 Stim men für die liberalen, 3558 Stimmen für die posi tiven Candidaten, 88 Stimmen für Comprcmißcandidaten abgegeben worden, während sich 27 Stimmen zersplittert haben, bez. ungiltig waren. Die Gesammtzahl der abge gebenen Stimmen entspricht einer Wahlbetheiligung von 67>/« Procent. * Potsdam, 18. October. (Telegramm.) Gestern früh 8r/r Uhr legte das Kaiserpaar im Mausoleum Kaiser Friedrich s III. einen Lorbeerkranz, geschmückt mit Veilchen und Tuberosen, sowie mit einer Atlasschleife, welche die Initialen des Kaiserpaares trägt, nieder. Heute trafen außer der Kranzspende der Großherzogin von Baden zahlreiche Kränze und Deputationen mit Kranzspenden von Officier- corps, Vereinen rc. ein. —?— Hamburg, 18. Lctober. (Privattelegramm.) An läßlich des Dankschreiben« de- Herzog- von Cumberland an den welfischen Rittmeister von Reden weisen die „Hambg. Nachr." auf die Gefahr für da« Reich hin, fall- ein welfischcr Hoj in Braunschweig »tablirt werd». Feuilleton. Aus dem Lebe» der deutschen Kriegsmarine. Bon H. von Niessen, Topitainlieutenant a. D. Ha-truck vcrbotni. V. Sin Landung-manöver. Liegt das Schiff im Hafen oder auf einer Rhede vor Anker, so findet fast jedem Mittwoch Bormittags ein Armiren der Boote und daran anschließend ein Landungs- Manöver statt, d. h. das übungsweise Ausschiffen einer Landungs-Abtheilung zu kriegerischer Operation an einer angenommenen feindlichen Küste. Neben dem „Klar Schiff", also dem Bereitmachen des Schiffes zum Kampf gegen seinesgleichen oder gegen Küstenbefestigungen bildet die Lan dung eine der wichtigsten Maßnahmen im Kriege. Bald hier, bald dort erscheint die in ihren Bewegungen nur durch die gegnerischen Eeestreitkräfte gehinderte Flotte an der Küste des Feinde», um entweder im Verein mit auf Dampfern herangeschafften HrereStheilen einen Einfall größeren Umfanges inS feindliche Land hinein auszuführen, öder allein eine Beunruhigung de- Feindes in seinem Rücken, eine Zerstörung seiner Verkehrsmittel, Eisenbahnen, Brücken u. dergl. z,u bewirken, bez. Contributionen einzutreibrn. Das erfordert viel Umsicht und namentlich Schnelligkeit, die unter allen Umständen zu gewährleisten ein häufiges Ueben nothwisndig macht. „Das Ganze schwärmen!" so hallt das Hornsignal zum Boote armiren — von einem zweiten Spielmann ausge nommen — durch das Schiff, in welchem sofort ein Gewühl und Gelaufe entsteht, als gelte es, sich vor dem Untergange zu retten. Die schon vorher sämmtlich ausgesetzten Boote werden von je 4 Mann längsseit des Schiffes an die für sie abgetheilten Plätze geholt, die Dampfboote haben Dampf auf. Es gilt, sie alle so schnell wie möglich zu bemannen. Die Officiere und Bootscadetten erscheinen mit umge schnalltem Säbel, letztere Dolch, das Bootssignalbuch in der Hand, zuerst am Platze. Dann folgen die eigentlichen Bootsbesatzungen, d. h. die Leute, welche die Boote ständig rudern. Diese binden nur die Seitengewehre um, haben sich alsbald in ihre betreffenden Boote zu begeben und die selben zur Abfahrt bereit zu stellen, d. h. sie legen zunächst die in Bezügen untergebrachte Takelage in die eisernen Gabeln auf dem Dallbord (Rand) des Bootes, hängen ihre von der Bootsbemannung mit hrrbeigebrachten Gewehre in Strappen (Tauschlingrn) unter den Duchten (Bänken) auf und verstauen schließlich alle die von den Bootsreserven, sei es mit der Hand, sei es mit Taljen (Flaschenzügen) in in da» Boot gereichten AusrüstungSgegenständr. Da sind zuerst die Landung-geschütze in den Barkassen, den schwer sten Booten, aufzustellen. Bon ihren, mit Revolvern be waffneten Bedienungsmannschaften mit der zugehörigen Boots- und der besonderen LandungSlaffete, sowie der Protzen herbeigeholt, finden diese Geschütze vorn im Bug des BootrS Platz, während die Radlaffeten und die inzwischen mit Munitionskasten versehenen Protzen am Heck an jeder Seite mit je einem Rade über den Dallbord gehängt und fest gebunden werden. Andere Leute schleppen in Blechkasten verschlossene Gewehrmunition herbei, ferner eine Feldküche, Kambüse genannt, Brennholz, Proviantkisten, einen Com- paß, sowie mit Trinkwaffer gefüllte Fässer. ES scheint, als ob da- Schiff ausgeräumt werden sollte. — In den Booten sind inzwischen noch die Anker klar zum Fallen am Heck hinaufgezogen, die Flaggen aufgesetzt und im Dampfbeiboot, welches meist das Maximegewehr führt, ein Mast errichtet worden, an welchem nachher die kleinen Signalflaggen gehißt werden. Mit Hilfe derselben ertheilt der Commandeur der Landungs-Abtheilung seine Befehle, während die einzelnen Boote, zum Zeichen, daß sie dieselben verstanden haben, ein am Bootshaken befestigtes Contre- Signal Hochhalten. Sind die Boote soweit armirt, so sehen sich die Boots gäste (Ruderer) auf ihre Duchten und nehmen die Riemen hoch, wobei sie die an Bändeln befestigten Holzeinsatzstücke der Runzeln (Oeffnungen im Dallbord) entfernen. Erst dann dürfen die Bootsbemannungen einsteigrn und sich neben den BootSgästcn, oder wo sonst noch Raum ist, niedrrlassen. Alles dieses geschieht in kürzester Zeit. Einzeln, sobald sie fertig sind, legen die Boote ab. Wenn mit Bootshaken kräftig abgestoßen, sind sie bald frei vom Schiff und gleichmäßig auf Commando fallen die Riemen in die messingbeschlagenen Runzeln, um auf das nächste Commando: „Ruder an überall!" in da» Wasser zu tauchen und durchgrzogen dem Boote Fahrt Vorau» zu geben. Die Leute der vordersten und hintersten Ducht, die allein bis zu diesem Augenblick im Boote stehen durften, um die Bootshaken zu bedienen, legen diese nieder, setzen sich und betheiligen sich nunmehr auch am Rudern. Das ganze Ablege-Manöver, namentlich das der Kutter, die meist zuerst fertig sind, und deren Bootsgäste am Besten zu rudern verstehen, bietet ein äußerst interessantes Bild. Die plumperen Barkassen, bei denen die Riemen nicht direct in die Dollen fallen gelassen werden können, ohne daß sie, wie die Vorschrift besagt, ins Wasser kommen, die aua; länger zur Armirung gebrauchen, machen keinen so schnei digen Eindruck. Immerhin lenkt aber das gleichmäßige Klappen ihrer Riemen in den Dollen, das Blitzen ihres Bronze-Geschützes und die eigenartige Gestalt des armirten Bootes bald die Blicke auf dasselbe. Am Heck des von der zurückbleibenden Mannschaft ge fechtsbereit gemachten Schiffes, im Kielwasser der Dampf- pinasse, sammeln sich die Boote hintereinander in bestimmter Reihenfolge, die Barkassen zuerst, dann die schon viel schlankere Ruderpinaß, die beiden Kutter, die beiden Jollen, in deren einer der Arzt mit Krankenträgern, Verband material und Tragbahren unter dem Schutze der Lazareth- flagge Platz genommen hat, sowie schließlich eine oder beide Gig». Die so gebildete Boots-Abtheilung verläßt nun das Schiff, um dem Orte, wo die Landung stattfinden soll, zuzu streben. Ist dieser weit entfernt, so schleppt die Dampf- pinaß die übrigen Boote, die hierbei jedoch mitrudern. In der Nähe der Küste wird jedoch losgeworfen und die Boote setzen sich in einer Linie, die dem Strande gleichläuft, neben einander, wobei die vordersten nur wenig, die hintersten
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